Forum: Platinen 200 A über die Leiterplatte führen


von Robert M. (andro86)


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Guten Morgen,

vor mir habe ich eine Leiterplatte liegen mit 4 Synchronwandlern und der 
entsprechenden Ansteuerelektronik drauf. Es fließt ein Versorgungsstrom 
von 200 A, der über eine Kupferschiene (ca 10 cm lang, 1 mm dick, ca 1 
cm breit) geleitet wird. Die Kupferschiene erstreckt sich dabei fast 
über die gesamte Leiterplatte und das beinahe im Zentrum der ganzen 
Elektronik. Ich habe jetzt die Aufgabe bekommen mir Gedanken über das 
Redesign zu machen und vor allem wie der Versorgunsstrom besser geführt 
werden kann. Da ich an den geometrischen Maßen der Platine und der 
Platzierung der Bauteile nicht viel ändern darf, habe ich mir 2 
Varianten überlegt.

1. Multilayer. Dabei soll eine Schicht nur zur reinen Versorgung dienen. 
Ich weiß jetzt nicht wie dick so eine Schicht beim Multilayer werden 
kann, aber der Strom könnte sich auf eine Fläche von ca. 20cm x 5cm 
ausbreiten, auf die zusätzlich viele Thermalvias vorgesehen sind.

2. Eingebettet Stromschienen. Dabei sollen nur dort, wo tatsächlich hohe 
Ströme durch die Leiterplatte fließen, massives Kupfer – sei es als 
Profil oder in Drahtform – in die Leiterplatte integriert werden.

Nun wollte ich die Erfahrungen von erfahreneren Leuten einholen. Wo seht 
ihr die Vor- und Nachteile von diesen beiden Varianten? Für 
entsprechende Anregungen wäre ich euch sehr dankbar.

von Georg (Gast)


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Robert Malle schrieb:
> Multilayer. Dabei soll eine Schicht nur zur reinen Versorgung dienen.

Das löst das Problem nicht. Erstens ist die Wärmeabführung von 
Innenlagen schlechter als aussen, deshalb kann man sie Pi mal Daumen nur 
halb so hoch belasten. Daher ist es besser, den Hochstrom auf den 
Aussenlagen zu führen und wenn es notwendig ist, Logik auf Innenlagen.

Zweitens ist der Übergang auf Anschlüsse ein Problem, das mit einer 
Fläche nicht gelöst wird - es muss ja Anschlüsse geben (Löt-, Schraub- 
Presskontakte, Bauteilanschlüsse) wo der Strom drüber fliesst, z.B. die 
Versorgungsanschlüsse. Dafür ist eine Mindestkupferdicke um den 
Anschluss herum notwendig, wie sie auch für einzelne Leiterbahnen nötig 
ist. Der Strom fliesst sowieso vorwiegend auf dem kürzesten Weg.

Auf jeden Fall musst du das VOR dem Layout mit dem Hersteller 
besprechen, da es verschiedene Techniken gibt. Die Fa. Würth z.B. stellt 
solche LP her und dazu Einpresskontakte für extrem hohe Ströme und kann 
beurteilen, was nötig ist, es gibt auch Unterlagen mit technischen 
Hinweisen dazu. Such mal nach "wuerth 
elektronik_massive-einpresstechnik.pdf".

Am besten machst du eine grobe Zeichnung der LP mit der gewünschten 
Stromführung und fragst bei den herstellern von Hochstrom-LP nach.

Georg

von foo (Gast)


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Georg schrieb:
> Die Fa. Würth z.B. stellt
> solche LP her und dazu Einpresskontakte für extrem hohe Ströme und kann
> beurteilen, was nötig ist, es gibt auch Unterlagen mit technischen
> Hinweisen dazu. Such mal nach "wuerth
> elektronik_massive-einpresstechnik.pdf".


Würth ist eine sehr gute Adresse dafür, in dem Fall würd ich mal einen 
Ausdendienstler von Würth zum Besuch einladen:


http://www.we-online.de/web/de/leiterplatten/kontakt_leiterplatte/contacts.php

von Sebastian (Gast)


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Hallo,

es gibt eine Firma Namens Schoeller Electronics. Diese haben bei uns mal 
Leiterplatten für hochleistungs LEDs vorgestellt. Sie können Kupferkerne 
in der Leiterplatte verpressen und darüber enorme Ströme abführen. 
Vielleicht findest du bei denen was.

Ansonsten würde ich die 200A nicht über eine LP führen. Mit 105µm 
Kupferauflage (was als Leiterplattenmaterial schon selten angeboten 
wird) kommt man nicht sehr weit. Zudem müssen die Pins der Bauteile 
angebunden werden und die Wärme abgeführt werden, was meine Vorredner 
auch schon zu Wort gebracht haben.

von foo (Gast)


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Hier gibts auch noch einen Artikel über die technischen Möglichkeiten:

http://www.elektroniknet.de/elektronikfertigung/leiterplatten/artikel/84736/

von Georg (Gast)


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Sebastian schrieb:
> Mit 105µm
> Kupferauflage (was als Leiterplattenmaterial schon selten angeboten
> wird) kommt man nicht sehr weit.

210 µ sind noch Standard, aber für 200 A bräuchte man eine Leiterbahn 
von mehr als 50 mm Breite - nicht praktikabel. Also eingebettete 
Kupferschienen oder die bisherige Lösung, eine reine Preisfrage.

Georg

von 0815 (Gast)


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Sebastian schrieb:
> Ansonsten würde ich die 200A nicht über eine LP führen. Mit 105µm
> Kupferauflage (was als Leiterplattenmaterial schon selten angeboten
> wird) kommt man nicht sehr weit.

Es kommt zu 95% darauf an, wie die Stromführung geschieht, also vor 
allem, wie kurz die Wege sind. Dann gehen 200A auch mit 2x18µ.

von GB (Gast)


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von Hans L. (hans_l12)


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Ich habe vor kurzem mit Herrn Müller von der Firma becker & mueller 
gesprochen, er hatte auch ein Muster dabei von einer Leiterplatte mit 
integrierter Stromschiene, das wäre meine erste Wahl. Dort wird man auch 
gut Beraten.

hier der Link zu der Dickkupfergeschichte:

https://www.becker-mueller.de/bm_dickkupfer_inlay5.html


Gruß Hans

: Bearbeitet durch User
von Robert M. (andro86)


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Ich habe mich jetzt ein wenig in die verschiedenen Techniken eingelesen 
und würde noch gerne eine Frage geklärt bekommen.

Es gibt unteranderem die Techniken mit dem Wirelaid und dem Combi-Board. 
Beim ersteren werden Kupferdrähte auf die Kupferfolie gebracht und 
laminiert. Beim Combi-Board hin gegen wird Dickkupfer in der benötigten 
Form und in dem benötigten Bereich eingesetzt. Wo sind da jetzt die 
Unterschiede aus der Anwendersicht? Welche Vor- und Nachteile haben 
beide Techniker untereinander bzw. wann sollte welche Technik bevorzugt 
eingesetzt werden.

Über ein paar Erklärungen würde ich mich freuen.

von oszi40 (Gast)


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200A sind nicht von Pappe. Selbst wenn die Kühlung und Leiterbreite 
stimmt, könnte das Layout noch weitere Tücken haben, wie man schon an 
einfachen Beispielen wie bei Lohrar sieht. 
http://www.lothar-miller.de/s9y/categories/40-Layout-Schaltregler 
Außerdem sind Aufbau und Wartungsfreundlichkeit weitere Gesichtspunkte.

von Nachtaktiver (Gast)


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Suche mal "Leiterplattentechnik und Anschluss effizient gestalten".

Am Anfang des Jahres gab es einen Artikel in der Elektronikpraxis zum 
Thema Hochstromleiterbahnen und passender Anschlusstechnik. Das ganze 
wird aber nicht gerade günstig.

von Georg (Gast)


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Robert Malle schrieb:
> Beim Combi-Board hin gegen wird Dickkupfer in der benötigten
> Form und in dem benötigten Bereich eingesetzt.

Das sagt zunächst wenig - die Frage ist, wie dick das Kupfer sein kann. 
Galvanisch gehen so etwa 200 µ, darüber nimmt man Stanzteile aus 
Kupferblech. Für 200 A musst du wahrscheinlich das dickste nehmen was 
der Hersteller liefern kann, oder es geht garnicht.

Teuer wird es in jedem Fall. Z.B. 1mm dickes Kupfer einbetten ist 
aufwendig, und ätzen kann man es vernünftigerweise auch nicht, daher die 
Stanz- oder Frästeile. Für den Anwender ist die Technologie eigentlich 
egal, wenn die LP funktioniert. Von Vorteil ist es natürlich, wenn man 
Bauteile normal einlöten kann. Bei einer extra Kupferschiene braucht man 
Schraubanschlüsse und Kabel, das dürften die eigentlichen Kostenfaktoren 
sein.

Es gibt aber LP für 200 A und mehr, also ist das Problem durchaus lösbar 
und du bist auch nicht der erste, wir haben Dickkupfer-LP für Antriebe 
schon im vorigen Jahrhundert gefertigt.

Georg

von Frankman (Gast)


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von Christian B. (luckyfu)


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Frankman schrieb:
> 
http://www.haeusermann.at/de/leiterplatten/anwendungsspezifische-leiterplatten/hochstrom-leiterplatten
>
> 200A sind da kein Problem!

währe auch mein Tip. Die sind zwar etwas teurer als Würth, haben aber 
deutlich längere Erfahrung, für Würth ist der Prozess relativ neu, 
Häusermann macht das schon mindestens 5 Jahre.
Außerdem ist die Vorbereitung bei denen wirklich top. Man bekommt 
detailierte Ausarbeitungen kostenlos als Angebot wie so etwas zu 
realisieren ist, eine Simulation der Wärmeverteilung auf der späteren 
Platine u.s.w. Dieser Service ist besonders bei jmd, der mit der 
Technologie noch nicht vertraut ist, Gold wert. jedenfalls in meinen 
Augen.

von Jens B. (fernostler)


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Sebastian schrieb:
> Mit 105µm
> Kupferauflage (was als Leiterplattenmaterial schon selten angeboten
> wird) kommt man nicht sehr weit.

Man bekommt bis 400µm Kupferauflage, wenn man weiss wo dann ist es kein 
Problem.

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