Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik 100nF Kondensator an VCC von MC. Wofür?


von muhh (Gast)


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Hey Leute,

ich habe in schon vielen Schaltungen gesehen, dass man an VCC eines 
Mikrocontrollers einen 100nF gegen Masse lötet. Wozu dient das und wie 
berechne ich es?

Wenn ich einen Anhaltspunkt hätte könnte ich mir das selber alles 
herleiten.

Viele Grüße
muhh

von Daniel H. (Firma: keine) (commander)


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von Old P. (Gast)


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muhh schrieb:
> Hey Leute,
>
> ich habe in schon vielen Schaltungen gesehen, dass man an VCC eines
> Mikrocontrollers einen 100nF gegen Masse lötet. Wozu dient das und wie
> berechne ich es?
>
> Wenn ich einen Anhaltspunkt hätte könnte ich mir das selber alles
> herleiten.
>
> Viele Grüße
> muhh

Hmmm, ein Anhaltspunkt wäre zumindest das Datenblatt zum MC....

Kurzform: Er unterdrückt/puffert Stromspitzen die beim Arbeiten eines 
jeden MC entstehen.

Old-Papa
(Daniel war schneller... ;-))

von muhh (Gast)


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Danke für die schnellen Antworten :) Stromspitzen meint, dass der MC in 
manchen Momenten einen höheren Strombedarf hat und der Kondensator das 
abfangen soll?

von Gerd (Gast)


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In dem MC arbeiten Millionen von FETs, diese sind auch noch
mit dem Prozessortakt gekoppelt. Wenn der Prozessor jetzt
arbeitet schalten immer x-Tausende von Transisitoren
gleichzeitig, so fließt beim "Schalten" immer kurzzeitig ein
sehr großer Strom.
Die Zuleitung selber hat eine Induktivität, sodass der Strom
im "Umschaltmoment" durch die Zuleitung gedrosselt wird,
im Extremfall könnte die Versorgungsspannung so weit einbrechen, dass
der Controller "abschmiert".
Um das zu vermeiden lädt man den Kondensator möglichst nahe an den
Versorgungspins auf, sodass dieser die kurzen starken Stromspitzen
liefert und verhindert, dass die Spannung einbricht.

von Old P. (Gast)


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muhh schrieb:
> Danke für die schnellen Antworten :) Stromspitzen meint, dass der MC in
> manchen Momenten einen höheren Strombedarf hat und der Kondensator das
> abfangen soll?

"In manchen Momenten" ist schön formuliert. ;-) Diese Momente passieren 
x-tausend mal in der Sekunde!

Old-Papa

von uwe (Gast)


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> im Extremfall könnte die Versorgungsspannung so weit einbrechen, dass
> der Controller "abschmiert".
Im besten Fall schmiert er ab, im ungünstigsten Fall schalten halt ein 
paar transistoren nicht um, und der Controller oder die Peripherie 
(UART,Timer usw.) geht in einen undefinierten Zustand und macht 
seltsamme Dinge, die eigentlich unmöglich vorkommen können.

von Andreas D. (rackandboneman)


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Der Pessimalfall sieht sogar so aus dass die Versorgungsspannung auf 
einen Pegel weit unterhalb des Pegels diverser Eingangssignale 
einbricht, und das kann für CMOS-ICs recht ungesund werden und/oder 
dieses Eingangssignal durch die Schutzdioden auf die eingebrochene 
Versorgungsspannung klemmen und für alle anderen Empfänger ungültig 
machen... oder es werden selbst Signale mit ungültigen weil zu niedrigen 
Pegeln generiert... abgesehen davon dass ohne den Kondensator hohe und 
hochfrequente Wechselströme durch die Zuleitungen fliessen würden die 
alles im Umkreis kurz-und kleinstören.

von Praktiker (Gast)


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Hallo,

sehr anschauliche und gut verständliche Erklärung von dir Gerd - ergänzt 
mit den Hinweis von Uwe und fast alles ist für die praktische Anwendung 
auf Hobbyniveau gesagt.
Jetzt noch eine solch gut verständliche Herleitung wie der erforderlich 
Kondensatorwert berechnet wird (oder warum "immer" 100 nF geeignet ist 
-?-) und jeder Hobbyanwender ist zufrieden gestellt.

Warum wird im gehobenen Profibereich bzw. Ausbildung hierzu alles so 
kompliziert und fast nur von der mathematischen Seite her möglichst 
unverständlich für den "Normalmenschen" dargestellt ?

Praktiker

von jo (Gast)


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Ihr redet von Ablockkondensatoren beschreibt aber das Prinzip von 
Pufferkondensatoren.

Abblockkondensatoren sind notwendig um eingehende HF-Strahlung zu 
unterdrücken. Eingangswiderstand + Abblockkondensatoren bilden dabei ein 
rc-glied. Ansonsten pildet der erste pn-Übergang eine diode und richtet 
die eingehende HF gleich...

Gruß Jonas

von Myxo M. (myxom)


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jo schrieb:
> Abblockkondensatoren sind notwendig um eingehende HF-Strahlung zu
> unterdrücken.

Wo, als in einem Sender (z.B. Radar-Gerät) sollte die denn (bei einem 
Bastler) herkommen?

von jo (Gast)


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Wlan-Router? Dein Handy? Irgendwelche Sender in deiner Nähe...Die Liste 
lässt sich beliebig fortsetzen. Ich hatte mal eine Wohnung in der Nähe 
eines Radiosenders...

Gruß Jonas

von Arc N. (arc)


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Praktiker schrieb:
> Warum wird im gehobenen Profibereich bzw. Ausbildung hierzu alles so
> kompliziert und fast nur von der mathematischen Seite her möglichst
> unverständlich für den "Normalmenschen" dargestellt ?
>
> Praktiker

Ist zwar etwas länger, in englisch und für einen DSP, aber was ist 
hieran 
http://www.analog.com/static/imported-files/application_notes/EE-253.pdf 
unverständlich?

von Schlumpf (Gast)


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Praktiker schrieb:
> Jetzt noch eine solch gut verständliche Herleitung wie der erforderlich
> Kondensatorwert berechnet wird (oder warum "immer" 100 nF geeignet ist
> -?-)

So pauschal kann man auch nicht sagen, dass 100nF IMMER geeignet sind.
Aber in den meisten Fällen sind sie geeignet.

Ein Kondensator hat eine Impedanz. Also einen Scheinwiderstand.
Dieser setzt sich zusammen aus dem kapazitiven Anteil (was man ja bei 
einem Kondensator erwarten wird) aber auch einem induktiven Anteil (das 
ist leider bei einem realen Kondensator immer der Fall)

Bei einer bestimmten Frequenz hat dieser Scheinwiderstand sein Minumim. 
Das ist dann die Frequenz, wo der Kondensator den geringsten Widerstand 
für diesem, ich nennen sie mal "Ausgleichsströme" darstellt. Also der 
Punkt, wo der Kondensator am Besten den nötigen Strom in den uC "pumpen" 
kann.

Und bei einem üblichen 100nF Kondensator liegt dieser Wert eben in den 
Frequenzbereichen, wo sich "normale" digitale Schaltungen bewegen.

Bei schnellen Digitalschaltungen geht man auch oft dazu über, neben dem 
100nF noch nen weitern, kleineren Kondensator zu setzen, der dann die 
noch höheren Frequenzanteile "bedinet".
Bei Leiterplatten mit Masse- und Versorgungslagen können die dann auch 
oft entfallen, da die beiden Lagen ja zusammen auch einen Kondensator 
bilden, der bei hohen Frequenzen sehr wirksam ist.

Ich hoffe, das war verständlich erklärt.

von muhh (Gast)


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Danke für Eure tollen Hilfen, ich war gerade echt überrascht das mir so 
viele geschrieben haben, ich dachte schon das wäre ne doofe Frage 
gewesen, die hier bestimmt auch schon einige male gestellt wurde.

Besonders gut gefallen tut mir der Link von Arc Net und die Erklärung 
von Gerd und Schlumpf, dass ist da echt super erklärt :) Danke!

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