Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik True RMS - Behauptungen richtig??


von Messmann (Gast)


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Hallo!

Ich habe drei Behauptungen bzgl. True RMS und würde gerne wissen, ob sie 
stimmen oder nicht. (Oder vl nur teilweise)

Danke schon mal im Voraus!


1) Billige nicht-True-RMS Messgeräte setzen immer einen Sinus voraus und 
rechnen einfach den Spitzenwert der Spannung durch Wurzel 2. Ist die 
gemessene Spannung kein Sinus, wird ein falscher Effektivwert angezeigt.

2) Solange eine Sinusspannung vorliegt, ist die Frequenz egal, es wird 
auch von nicht-True-RMS-Geräten stets der richtige Effektivwert 
angezeigt.

3) True-RMS-Messgeräte messen stets den richtigen Effektivwert. Egal wie 
die Spannung aussieht. Kann ein Rechteck oder Dreieck oder Sinus oder 
Sägezahn sein. Selbst wenn die Spannung Mickeymaus-förmig ist, zeigen 
sie den richtigen Effektivwert an.

von Paul M. (paul_m65)


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2 und 3 sind falsch

von Harald W. (wilhelms)


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Messmann schrieb:

> Ich habe drei Behauptungen:

Antwort: Fast richtig, Nein, teilweise rchtig.

von Bernd (Gast)


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> 1)
Soweit korrekt

> 2)
Nö. Es gibt eine Grenzfrequenz bis wohin das mit hinreichender 
Genauigkeit funktioniert.

> 3)
Nö. Der Crest-Faktor ist hierbei der limitierende Faktor.

Die Mickeymaus-Signalform wurde jedoch mit Sicherheit noch nicht 
getestet und verifiziert.

von U. M. (oeletronika)


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Messmann schrieb:
> 1) Billige nicht-True-RMS Messgeräte setzen immer einen Sinus voraus und
> rechnen einfach den Spitzenwert der Spannung durch Wurzel 2. Ist die
> gemessene Spannung kein Sinus, wird ein falscher Effektivwert angezeigt.
Ist in der Regel so.
Aber man man so ein Gerät auch auf Dreieckspannung oder Rechteckspannung 
kalibrieren.

> 2) Solange eine Sinusspannung vorliegt, ist die Frequenz egal, es wird
> auch von nicht-True-RMS-Geräten stets der richtige Effektivwert
> angezeigt.
"Stets richtige Anzeigen" kann man nicht erwarten.
Die Frequenz ist auch nie ganz egal. Nur innerhalb des spezifizierten 
Bereichs kann man von einem Messgerät erwarten, dass Abweichungen des 
Messwertes innerhalb der spezifizierten Toleranzen liegen.

> 3) True-RMS-Messgeräte messen stets den richtigen Effektivwert. Egal wie
> die Spannung aussieht. Kann ein Rechteck oder Dreieck oder Sinus oder
> Sägezahn sein. Selbst wenn die Spannung Mickeymaus-förmig ist, zeigen
> sie den richtigen Effektivwert an.

Auch diese Aussage kann in solcher Verallgemeinerung nicht korrekt sein.
Man kann auf kein Messgerät vertrauen, wenn die Anwendung außerhalb der 
spezifizierten Werte liegt (siehe oben, z.B. Frequenz).
Das gilt ganz besonders für Tue-RMS, weil die korrekte Abtastung nur 
dann möglich ist, wenn gilt: Abtastfrequenz >> Messfrequenz.

Die meisten True-RMS-Messgeräte sind nur für max. ca. 400...500Hz 
spezifiziert.
Gruß Öletronika

von U. B. (Gast)


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> 1) Billige nicht-True-RMS Messgeräte setzen immer einen Sinus voraus und
> rechnen einfach den Spitzenwert der Spannung durch Wurzel 2.

Bei denen wird der arithmetische Wert gemessen und mit dem Formfaktor 
für Sinus (≈1,11) multipliziert.

von Chris R. (hownottobeseen)


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Messmann schrieb:
> Selbst wenn die Spannung Mickeymaus-förmig ist, zeigen
> sie den richtigen Effektivwert an.

Vielleicht blöde Frage - Erstsemester Hochschule Ulm? Wenn ja glaube ich 
den Prof zu kennen - viel Spaß noch mit ihm ;)

duckundweg

von Helmut S. (helmuts)


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So wäre es besser beschrieben.

1) Nicht-True-RMS Messgeräte setzen immer einen Sinus voraus und
rechnen einfach den Spitzenwert oder den Mittelwert um. Je nach Methode 
ist der Umrechnungsfaktor 0.707.. oder 1.1107. Ist die gemessene 
Spannung kein Sinus, wird ein falscher Effektivwert angezeigt.

2) Solange eine Sinusspannung vorliegt, ist die Frequenz egal solange 
man innerhalb des spezifizierten Frequenzbereiches des Messgerätes 
bleibt. Das gilt auch für nicht-True-RMS-Geräte.

3) True-RMS-Messgeräte messen stets den richtigen Effektivwert 
unabhängig von der Kurvenform an solange der erlaubte Crest-Faktor nicht 
überschritten wird und die obere Grenzfrequenz eingehalten wird.

http://de.wikipedia.org/wiki/Scheitelfaktor

von MT (Gast)


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Helmut S. schrieb:
> oder 1.1107

Oder 2.2214 bei Einweggleichrichtung.

von Helmut S. (helmuts)


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MT schrieb:
> Helmut S. schrieb:
>> oder 1.1107
>
> Oder 2.2214 bei Einweggleichrichtung.

Genau genommen ist der Faktor pi/sqrt(2) für Zweiweggleichrichtung.

von U. B. (Gast)


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>> oder 1.1107

> Oder 2.2214 bei Einweggleichrichtung.

Ich habe eine ganze Reihe einfacher (und auch "besserer") 
AC-Spannungsmesser zum Kalibrieren, Justieren und Reparieren vorliegen 
gehabt.

Geräte mit Einweggleichrichtung waren nicht darunter.

Demnach hätte man (fast immer) den Faktor   Pi/Wurzel(8)≈1,1107 .

von Harald W. (wilhelms)


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U. B. schrieb:

> Geräte mit Einweggleichrichtung waren nicht darunter.

Einfache Multimeter haben als kleinsten Wechselspannungsbereich 200V.
Die verwenden m.W. nur eine  einfache Diode, was beim Messen von
Mischstrom manchmal zu Überraschungen führt.
Wer misst, misst Mist. :-)
Gruss
Harald

von MT (Gast)


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U. B. schrieb:
> Geräte mit Einweggleichrichtung waren nicht darunter.

... und?

Das war ein Hinweis auf die Theorie.
Wir haben die Studenten immer eines mit Einweggl. mitmessen lassen, 
Unigor oder Elavi oder sowas.

von MaWin (Gast)


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Messmann schrieb:
> 3) True-RMS-Messgeräte messen stets den richtigen Effektivwert.

Nö, die meisten bestehen sogar auf einem recht engen Frequenzband, so 
50-60 oder 47-450Hz und werden ausserhalb schnell schlechter.

True-RMS braucht man selten, nur wenn der Strom strikt U=c*I eine 
Spannung ergibt und man an Effekten der Leistung interessiert ist, z.B. 
Erwärmung eines Leiters, oder die Spannung strikt einen Strom ergibt 
I=k*U und man an der Verlustleistumg interessiert ist.

Was beispielsweise beim Akkuladestrom nicht gilt (da WILL man den 
Mittelwertstrom messennund angezeigt bekommen) oder der Erwärmung einer 
Diode, oder dem Leistungsbedarf eines Kondensatornetzteils 
(Phasenverschiebung).

von foo (Gast)


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1) Nicht immer, aber meistens.
Auch kostengünstige Weicheiseninstumente, wie sie oft in Schalttafeln zu 
finden sind, zeigen prinzipbedingt den Effektivwert an.

2) Generell falsch.
Praktisch alle Meßverfahren sind mehr oder minder frequenzabhängig.
Am breitbandigsten dürften noch Verfahren sein, die die Erwärmung eines 
Widerstands auswerten. Das funktioniert durchgehend von Gleichstrom bis 
zu vielen Gigahertz.

3) Im Maßen.
Die Frequenzabhängigkeit hatte ich ja schon erwähnt, aber es gibt auch 
noch Einschränkungen hinsichtlich des Verhältnisses von  Spitzenleistung 
zum Mittelwert. Der Sender einer Radaranlage z.B. kann Impulsleistungen 
von einigen Megawatt erzeugen, und trotzdem beträgt die mittlere 
Leistung nur einige hundert Watt.
Bei weitem nicht jeder Sensor hält das aus.

von Ralph B. (rberres)


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U. M. schrieb:
> Die meisten True-RMS-Messgeräte sind nur für max. ca. 400...500Hz
> spezifiziert.

Es gibt aber auch eine Menge True RMS Geräte die einen weiteren 
Frequenzbereich haben.

z.B. Die Agilent Tischmultimeter 34401 ( geht bis 1MHz ) 34405 ( geht 
bis 100KHZ ) es gab sogar in den 70ger Jahren eins welches bis 10MHz 
geht.

Rohde&Schwarz hat auch welche URE3 geht bis 30MHz.

Gab es nicht auch ein Handmultimeter UT70 oder so ähnlich welches bis 
100KHz geht?


Ansonsten gilt was einige Vorredner schon erwähnt haben. Der maximale 
Crestfaktor beachten. Der kann je nach Aussteuerung und Gerät zwischen 3 
und 50 betragen.

Am besten schneiden hier Geräte mit thermischen Messverfahren ab.

Ralph Berres

von U. B. (Gast)


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@ MT (Gast):

>> Geräte mit Einweggleichrichtung waren nicht darunter.

> ... und?

> Das war ein Hinweis auf die Theorie.
> Wir haben die Studenten immer eines mit Einweggl. mitmessen lassen,
> Unigor oder Elavi oder sowas.

Hat man wirklich Einweggleichrichtung und misst dann eine unsymmetrische 
Spannung (z.B. Sinushalbschwingungen), erhielte man (nicht nur 
theoretisch) je nach Polarität verschiedene Messwerte.

Zumindest beim Unigor A43 sind sie gleich.

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