Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik nichtlinearer Stromwandler


von Michael W. (Gast)


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Wieder mal Stromwandler:

Worauf lässt sich bei einem Ringkern-Stromwandler eine 
amplitudenabhängige Phase I(prim)-I(sek) zurückführen? (z.B. ändert sich 
die Phase um 0,1° wenn ich von 1A auf 10A gehe. Da der Effekt auch bei 
schnellen Änderungen beobachtbar ist, schließe ich - obwohl das Thema 
natürlich kritisch ist - einen Erwärmungseffekt erst mal aus. Ich weiß 
auch, dass ein Ferritkern im Grunde nichtlinear ist (H-B), jedoch würde 
ich mir dann Oberwellen im Sekundärstrom erwarten. Diese sind aber nicht 
vorhanden bzw. zu klein, um den Effekt zu erklären (Klirrfaktor < 
10^-3). Gibt es da noch andere Effekte? Die Physik des Kernmaterials ist 
leider alles andere als trivial...

Danke!

von Falk B. (falk)


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@ Michael W. (armeinsteiger)

>Worauf lässt sich bei einem Ringkern-Stromwandler eine
>amplitudenabhängige Phase I(prim)-I(sek) zurückführen? (z.B. ändert sich
>die Phase um 0,1° wenn ich von 1A auf 10A gehe.

Hast du das WIRKLICH gemessen oder ist das hier alles nur eine 
Gedankenspiel oder eine Simulation? 0,1° Phasenverschiebung misst man 
auch bei 50 Hz nicht mal ebenso.

> Da der Effekt auch bei
>schnellen Änderungen beobachtbar ist, schließe ich - obwohl das Thema
>natürlich kritisch ist - einen Erwärmungseffekt erst mal aus. Ich weiß
>auch, dass ein Ferritkern im Grunde nichtlinear ist (H-B), jedoch würde
>ich mir dann Oberwellen im Sekundärstrom erwarten.

Wenn Oberwellen dazu kommen, ist eine Phasenmessung im Zeitbereich auch 
betroffen, weil ja das Signal verzerrt wird (Nulldurchgang).

> Diese sind aber nicht
>vorhanden bzw. zu klein, um den Effekt zu erklären (Klirrfaktor <
>10^-3).

Auch das ist alles andere als leicht messbar.

> Gibt es da noch andere Effekte? Die Physik des Kernmaterials ist
> leider alles andere als trivial...

Die Netiquette aber schon.

Sag doch mal konkret, was du da vor dir hast.

von oszi40 (Gast)


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Michael W. schrieb:
> Gibt es da noch andere Effekte?

1.Dein Sinus im Netz kann durch Schaltnetzteile versaut werden.
2.Mehr auch bei LEM faq zu lesen. 
http://www.lem.com/hq/de/content/view/208/406/

von Michael W. (Gast)


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@falk:

gemessen wird das über einen hochlinearen Verstärker+DSP, welcher für 
jede Periode (ca. 20ms) ein Oberwellenspektrum berechnet. Heraus kommen 
Betrag und Phase für die Oberwellen. Die Abweichungen sind also 
gemessen. Es ist übrigens kein Sinus aus dem Netz sondern ein Signal 
einer Eichbank. Es geht auch nicht so sehr um den gemessenen Absolutwert 
der Phase, sondern um eine Phasenänderung bei Amplitudenänderung.

von U. B. (Gast)


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> ... z.B. ändert sich
> die Phase um 0,1° wenn ich von 1A auf 10A gehe.
  ...
> jedoch würde
> ich mir dann Oberwellen im Sekundärstrom erwarten. Diese sind aber nicht
> vorhanden bzw. zu klein, um den Effekt zu erklären
> (Klirrfaktor < 10^-3)

sin(0,1°)= 0,00157  => liegt doch in der Grössenordnung ?

von Michael W. (Gast)


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0,1° Abweichung ergeben bei mir einen (Leistungs-)Messfehler von 0,3%.
Die gemessenen Oberwellen sind in der Größenordnung 0,01%. D.h.

Amplitude Grundwelle Strom: 100%
Amplitude Oberwellen: < 0,01%

Ob das nun Rauschen ist oder echte Oberwellen weiß ich nicht.

von Possetitjel (Gast)


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Michael W. schrieb:

> Ich weiß auch, dass ein Ferritkern im Grunde nichtlinear
> ist (H-B), jedoch würde ich mir dann Oberwellen im
> Sekundärstrom erwarten. Diese sind aber nicht vorhanden
> bzw. zu klein, um den Effekt zu erklären (Klirrfaktor <
> 10^-3). Gibt es da noch andere Effekte?

Hmm. Kann sich die Streuinduktivität (als Folge der
Nichtlinearitäten im Kern) ändern?

von Michael W. (Gast)


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Possetitjel schrieb:
> Hmm. Kann sich die Streuinduktivität (als Folge der
> Nichtlinearitäten im Kern) ändern?

Hab ich mir noch nicht überlegt...
Wie kann man diese Hypothese bestätigen oder wiederlegen?

Die Kurve des Herstellers ist jedenfalls im Anhang:
Hier sieht man, dass die Phase um bis zu 0,25° abnimmt, wenn man den 
erlaubten Strombereich durchfährt. Diese Strombhängigkeit würde ich 
gerne verstehen. Ich kenne andere Kurven, wo L als Funktion von I(eff) 
ebenfalls abnimmt. Was heißt das konkret? Eine Nichtlinearität müsste 
sich doch auch in einer Zunahme der Oberwellen bei größeren Strömen 
äußern? Oder stimmt das in diesem Fall nicht?

Vielleicht hilft das, meine Frage etwas zu erhellen...

von Ulrich H. (lurchi)


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Der Strom der gemessen wird setzt sich zusammen aus dem übersetzten 
Strom am Shunt, also das was man am Ausgang misst, und dem Strom zur 
Magnetisierung des Kerns. Die Magnetisierung des Kerns ist abhängig von 
der Spannung am Shunt. Wie viel Strom dafür nötig ist, und wie sehr der 
der Spannung vorauseilt ist abhängig vom Kernmaterial. Die 
Magnetisierungskennlinie ist halt nicht perfekt linear und auch auch 
nicht einfach eine Ellipse (so wie ein lineares System mit Phase), 
sondern halt halt die typische Hystereseform. Ich wüste jetzt nicht das 
man die Größe der Oberwellen direkt in den Phasenfehler umrechnen kann.

Wenn es um einen kleineren Fehler geht, wäre ein Stromwandler mit 2 
Wicklungen wohl die passende Wahl: einer zur Messung und eine andere 
Spule für den Kompensationsstrom. Mit nur einer Spule sonst ein 
kleinerer Shunt, oder ein Transimpedanzverstärker statt dem Shunt: Damit 
wird die Spannung und damit die Magnetisierung kleiner.

von Michael W. (Gast)


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Ulrich H. schrieb:
> Der Strom der gemessen wird setzt sich zusammen aus dem übersetzten
> Strom am Shunt, also das was man am Ausgang misst, und dem Strom zur
> Magnetisierung des Kerns. Die Magnetisierung des Kerns ist abhängig von
> der Spannung am Shunt. Wie viel Strom dafür nötig ist, und wie sehr der
> der Spannung vorauseilt ist abhängig vom Kernmaterial. Die
> Magnetisierungskennlinie ist halt nicht perfekt linear und auch auch
> nicht einfach eine Ellipse (so wie ein lineares System mit Phase),
> sondern halt halt die typische Hystereseform. Ich wüste jetzt nicht das
> man die Größe der Oberwellen direkt in den Phasenfehler umrechnen kann.

Ich versuche das, mit dem Hysteresemodell von LT Spice zu simulieren.
Noch weiß ich nicht, wie das geht, aber es lässt sich herausfinden.
>
> Wenn es um einen kleineren Fehler geht, wäre ein Stromwandler mit 2
> Wicklungen wohl die passende Wahl: einer zur Messung und eine andere
> Spule für den Kompensationsstrom. Mit nur einer Spule sonst ein
> kleinerer Shunt, oder ein Transimpedanzverstärker statt dem Shunt: Damit
> wird die Spannung und damit die Magnetisierung kleiner.

Das stimmt, man darf aber nicht vergessen, dass der ohmsche Widerstand 
der Sekundärspule vorgegeben und etwa gleich groß ist, wie die 
empfohlene Bürde. Da müsste man einen NIC verwenden, um diesen zu 
kompensieren. Glaubst du, dass der beobachtete Effekt aufgrund einer 
nichtlinearen Magnetisrungskurve zustande kommt? Ich bin zwar versucht, 
das auch zu glauben, jedoch verstehe ich nicht, dass der gemessene 
Klirrfaktor bei steigender Amplitude kleiner wird...

von voltwide (Gast)


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Du erwähntest dass die Induktivität mit wachsendem Strom abnimmt.
Das ist typisch für Sättigungserscheinungen des Kernmaterials.

Das Bürde-R stammt ja wohl aus der Herstellerspezifikation - es spricht 
imho nichts dagegen, hier auf Null-Ohm zu gehen 
(Transimpedanz-Verstärker), allein schon um den etwaigen Unterschied zu 
erfahren.

von Ulrich H. (lurchi)


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Bei einer Spule hat man den Spulenwiderstand als Limit. Bürde gleich 
Spulenwiderstand ist halt Leistungsanpassung für ein großes Signal. 
Kleiner ist aber erlaubt. Mit dem Transimpedanzverstärker kann man die 
Spannung und Magnetisierung etwa halbieren, weil die Bürde gegen Null 
geht. Kompensieren muss man da nichts - auch da wird der Strom gemessen.

Mit der 2 Spulen Variante kann ein großer Teil des Widerstandes 
Kompensiert werden, aber wohl nicht alles, weil dann die 
Verstärkerschaltung instabil wird.

Die Simulation mit dem Hysteresemodell sollte schon ein passender Weg 
sein. Ich gehen schon davon aus, dass die nichtlineare Hysteresekurve 
die Ursache ist. Schließlich braucht man dafür Energie und entsprechend 
eine Phasenverschiebung gegenüber der reinen Induktivität. Wie hoch das 
Magnetfeld wird könnte man ausrechnen, wenn man die Maße für den Kern 
hat - damit könnte man sehen wie weit man noch von der Sättigung weg 
ist.

Je nach Kern könnte man ggf. auch noch Wirbelströme haben, die auch eine 
Phasenverschiebung erzeugen. Allerdings sind die Linear, sollten also 
von der Amplitude unabhängig sein.

von Michael W. (Gast)


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voltwide schrieb:
> Du erwähntest dass die Induktivität mit wachsendem Strom abnimmt.
> Das ist typisch für Sättigungserscheinungen des Kernmaterials.
>
> Das Bürde-R stammt ja wohl aus der Herstellerspezifikation - es spricht
> imho nichts dagegen, hier auf Null-Ohm zu gehen
> (Transimpedanz-Verstärker), allein schon um den etwaigen Unterschied zu
> erfahren.

Ich habe jetzt den Übertrager mit Hilfe des LTSpice Hysteresemodells 
simuliert (siehe Anhang). Die Spice Parameter habe ich so lange 
variiert, bis die Magnetisierungskurve in etwa dem Datenblatt des Kerns 
entsprach (Bild). Dabei wurde mir allmählich bewusst, dass der 
Sekundärstrom I(sec) einen um k kleineren Klirrfaktor ausweist, als der 
Magnetisierungsstrom I(mag), wobei k das Verhältnis aus I(sec)/I(mag) 
ist. Dieser Faktor ist bei mir etwa 1:10 - klar, dass ich das nicht 
messen konnte, obwohl der Kern längst in Sättigung geht. Interessant 
eigentlich...

Allerdings wird die Phase zwischen I(sek) und I(prim) bei steigendem 
I(prim) größer, was ja auf eine kleiner werdende Induktivität hindeuten 
würde (Sättigung). Leider ist die Abhängigkeit der Phase laut 
Hersteller-Datenblatt genau umgekehrt (das zeigen auch meine Messungen): 
die Phase wird mit steigendem Strom kleiner...Knapp daneben ist auch 
daneben ;-)

Ich denke, ich muss erst mal darüber schlafen...

Danke für die Hinweise...
Michael

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