Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Galvanische Trennung mit Übertrager


von Kai K. (klaas)


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Für eine knifflige Audioanwendung mußte ich eine vollständige 
galvanische Trennung des Audiosignals realisieren. Dabei ist eine recht 
universelle Lösung entstanden, die auch andere interessieren könnte.

Ursprünglich wollte ich das "rein elektronisch" mit einem linearen 
Optokoppler vom Typ IL300 (HCNR200) lösen. Eine Recherche ergab aber, 
daß das Eigenrauschen dieser linearen Optokoppler offenbar recht stark 
ist. Um bipolare Audiosignale verarbeiten zu können, muß die interne LED 
mit einem Gleichstrom vorgespannt werden. Dabei entsteht wohl 
erhebliches "shot noise". Selbst mit der besonders verzerrungsarmen 
Beschaltung im Photovoltaic-Modus ergibt sich ein recht bescheidener 
Dynamikumfang. Mehr als rund 80dB Fremdspannungsabstand bei 0,1% Klirr 
im gesamten Audiobereich lassen sich kaum erzielen. Mit zunehmender 
Aussteuerung steigt zwar der Fremdspannungsabstand aber leider auch die 
Verzerrungen. Außerdem erfordert der IL300 eine Beschaltung mit einigen 
zusätzlichen Bauteilen auf beiden Seiten und natürlich auch zwei 
galvanisch getrennte Versorgungsspannungen.

Übertrager erlauben einen erheblich größeren Dynamikumfang. Also sollte 
eine Übertragerlösung gefunden werden. Doch schon bei der Wahl des 
Übertragers muß man aufpassen. Es gibt Ausgangsübertrager und 
Eingangsübertrager. Die ersten haben in der Regel keinen Schirm zwischen 
Eingangs- und Ausgansgwicklung. Aufgrund des speziellen Aufbaus findet 
man dort auch riesige Koppelkapazitäten zwischen den Wicklungen von bis 
zu 10nF, die auch noch stark unsymmetrisch sein können. Damit lassen 
sich keine hohen Gleichtaktunterdrückungen (CMRR) erzielen. Wie die 
Erfahrung zeigt, sind bei 50Hz so um die 60dB CMRR erreichbar. Mit 
steigenden Frequenzen nimmt die CMRR zusätzlich stark ab. Bei 1kHz sind 
es kaum noch mehr als 30dB CMRR. Ausgangsübertrager werden 
beispielsweise in DI-Boxen eingesetzt. Der Einsatz von DI-Boxen auf der 
Bühne hat mich früher schon mehrfach entäuscht. Oft waren höherfrequente 
Störungen immer noch gut hörbar und wurden nur unwesentlich 
abgeschwächt.

Wer eine richtig gute CMRR erreichen will, muß einen Eingangsübertrager 
mit statischem Schirm und Abschirmgehäuse verwenden. Damit sind rund 
100dB CMRR bei 50Hz und rund 70dB CMRR bei 3kHz erreichbar. Ursprünglich 
wollte ich einen Übertrager von Neutrik einsetzen. Aber deren 
Datenblätter sind derart katastrophal, daß ich dann lieber den E-1220 
von Experience Electronics gewählt habe. Das ist ein in Mu-Metall 
gekapselter 1:1+1 Mikrofonübertrager, der immerhin 2Veff am Eingang 
verkraftet. Das sind dann 4Veff am Ausgang. Kosten tut das Teil rund 
45.-€. Bei 1,5Veff Eingangssignal, 2k Last und 600R Quelle wird der 
Klirrfaktor mit rund 0,08% bei 40Hz, 0,24% bei 20Hz und um die 0,001% 
bei >=1kHz angegeben. Bei niedrigeren Signalpegeln nimmt der Klirrfaktor 
rasch ab. Und der hohe Klirr bei sehr sehr niedrigen Frequenzen ist vom 
menschlichen Gehör sowieso nicht wahrnehmbar. Das Eigenrauschen dieses 
Übertragers ist extrem gering und rührt lediglich von den endlichen 
Kupferwiderständen der Wicklungen her.

Ein Manko von Übertragern ist die ausgeprägte Welligkeit des 
Frequenzgangs, wenn sie zu hochohmig beschaltet werden. Ich habe deshalb 
eine 33k Grundlast am Ausgang vorgesehen, um die Resonanz annehmbar zu 
bedämpfen. Mit der zusätzlichen Last des nachfolgenden 
Verstärkereingangs ist die Resonanz dann kein Problem mehr. Mit den 
Ausgangswicklungen in Serie habe ich bei 700mVeff Eingangssignal, 33k 
Last und 0R Quelle einen Frequenzgang von +0,4dB bei 16kHz und +0,9dB 
bei 23kHz gemessen. Die Resonanzspitze von +8,7dB lag bei rund 67kHz. 
Mit 10k totaler Last und 220R Quelle waren es dagegen nur noch +0,2dB 
bei 16kHz und +0,6dB bei 23kHz. Es ergab sich damit eine Resonanzspitze 
von +2,0dB bei rund 65kHz. Eine totale Last von rund 10k erscheint also 
optimal. Viel kleiner sollte sie aber auch nicht ausfallen, wegen der 
Impedanztransformation. Für den treibenden Verstärker am Eingang 
erscheint die 10k Last nämlich nur 1/4 so groß. Natürlich kann man sich 
die Impedanztransformation ersparen, wenn man auf die Serienschaltung 
der beiden Ausgangswicklungen verzichtet. Allerdings wird dann die 
Geschichte mit der Resonanz kritischer und man benötigt eine noch 
stärkere Bedämpfung mit einer noch niederohmigeren Last. Man hat dadurch 
also nicht viel gewonnen.

Da Übertrager schon kleinste Offsetspannungen "krumm" nehmen, habe ich 
"bipolare Elkos" am Eingang und Ausgang in den Signalweg eingefügt. 
Offsetspannungen lassen Gleichströme durch die Übertragerwicklungen 
fließen, die den magnetischen Arbeitspunkt verschieben und zusätzliche 
Verzerrungen bewirken können.

Im Anhang ist ein Bild des Aufbaus und des Schaltplans zu finden. Bei 
50Hz habe ich eine CMRR von immerhin rund 110dB messen können. Die 
Streukapazität zwischen Eingangswicklung und Schirm im Inneren des 
Übertragers beträgt nur gemessene 80pF. Die eigentliche Koppelkapazität 
zwischen Eingangswicklung und Ausgangswicklung im Übertrager selbst 
liegt dagegen im pF-Bereich. Das sind mehrere Größenordnungen weniger 
als beim typischen Ausgangsübertrager. Dementsprechend besser ist die 
CMRR bei höheren Audiofrequenzen! Es muß beim Aufbau unbedingt darauf 
geachtet werden, daß die Streukapazität zwischen Eingangssignal und 
Ausgangssignal des Übertragers, und allem was noch mit dem 
Ausgangssignal verbunden ist, möglichst gering ist!

Einen guten Übertrager einzusetzen, ist allerdings nur die halbe Miete. 
Für eine wirklich gute CMRR ist auch noch entscheidend, wie mit den 
Kabelschirmen, dem statischen Schirm im Übertrager, den Signalmassen und 
den zusätzlichen Abschirmungen verfahren wird! Grundsätzlich sollte eine 
galvanische Trennung vollständig sein, also auch keine Verbindung über 
die Kabelschirme zugelassen werden. Das setzt voraus, daß die 
beteiligten Signalmassen ungefähr auf gleichem Potential liegen. Bei 
SK-I-Geräten ist das in der Regel der Fall, wenn die Geräte nicht sehr 
weit auseinanderliegen. Bei SK-II-Geräten ist das nicht der Fall, weil 
deren Signalmassen wegen der Streukapazität zwischen Eingangswicklung 
und Ausgangswicklung des Netztrafos auf irgendeinem Potential zwischen 
0V und 230Veff floaten. Dann ist ein Potentialausgleich zwischen den 
Geräten dringend erforderlich und es ist doch sinnvoll, die Kabelschirme 
durchzuverbinden. Bei SK-I-Geräten sollte der eingangsseitige 
Kabelschirm dagegen nur einseitig aufgelegt werden und zwar auf der 
Senderseite! Da dann der Kabelschirm auf dem gleichen Potential wie das 
Nutzsignal liegt, können Gleichtaktstörungen über Unsymmetrien der 
Kabelschirmkapazitäten keine schädliche Wirkung entfalten. Dann darf das 
Eingangskabel auch länger sein.

Der interne Schirm des Übertragers und sein Gehäuse sind mit dem 
Anschluß "S" verbunden. Dieser wird direkt mit einem Anschluß der 
Ausgangswicklung verbunden. Dieser Anschluß ist damit als Signalmasse 
der Übertragerausgangs festgelegt. Nur damit bleibt die Abschirmung auch 
für höhere Frequenzen wirksam, weil zusätzliche Leitungsinduktivitäten 
und damit ein HF-mäßiges "Hochlegen" des Schirms vermieden werden. 
Allerdings wird der Ausgang des Übertragers damit unsymmetrisch, was 
aber überhaupt kein Problem ist, da eine symmetrische Leitungsführung 
hinter dem Übertrager nicht erforderlich ist. Die Arbeit der 
Unterdrückung der Gleichtaktstörungen hat der Übertrager ja schon 
geleistet. Auch ein symmetrischer Eingangsverstärker im nachfolgenden 
Gerät ist nicht erforderlich, sondern sogar eher kontraproduktiv, weil 
Störungen, die den internen, statischen Schirm des Übertragers 
beaufschlagen, möglichst unmittelbar gegen Masse abfließen sollten. 
Wichtig ist nur, daß das Kabel am Ausgang des Übertragers äußerst kurz 
ist, damit keine unzulässigen Spannungsabfälle auf der ausgangsseitigen 
Masseleitung stattfinden können! Auch wirkt sich eine zu große 
kapazitive Last am Ausgang des Übertragers negativ auf den Frequenzgang 
aus.

Ich hoffe, daß die Bilder im Anhang selbsterklärend sind. Wird der 
Ausgang des Übertragers an einen symmetrischen Eingangsverstärker mit 
Stereoklinkenbuchse angeschlossen, sorgt der Monoklinkenstecker des 
Verbindungskabels dafür, daß der "-" Eingang auf Masse gelegt, der 
Eingangsverstärker also unsymmetrisch gemacht wird. Wird statt Klinke 
XLR verwendet, müssen die Anschlüsse entsprechend ausgeführt werden.

Wie ist nun die Übertragungsqualität der Schaltung? Wer viel im 
Musikerbereich zu tun hat, kennt auch so manche schlechte oder gar sehr 
schlechte Übertragerschaltung und weiß deshalb, worauf er beim Klangtest 
achten muß. Die hier vorgestellte Schaltung ist aber ganz anders. Der 
Klang ist völlig neutral. Es konnten von mir keinerlei 
Klangverfälschungen wahrgenommen werden. Sehr angenehm ist das völlige 
Fehlen der üblichen Störgeräusche.

von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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Interessant!! Und was hälst du von den aktiven Eingangsschaltungen wie 
sie z.B. THAT OpAmp verwenden? Die haben auch einen dritten Anschluß für 
die virtuelle Masse.

von Kai K. (klaas)


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Auf jeden Fall mal erheblich besser als die üblichen aktiven 
Schaltungen.

Allerdings besitzt der E-1220 eine Isolationsfestigkeit von 1500V...

von Jan W. (terminal)


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Danke, das sieht auf den ersten Blick sehr gut aus! Werde ich mir Morgen 
mal genauer anschauen.

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Schön, das mal endlich jemand eine Lanze für den guten alten Übertrager 
bricht und gründlich forscht. Vielen Dank an dich, Kai! Ich habe die 
Dinger immer gerne verwendet, wenn ich auch meistens keine für 45 Mäuse 
verbaut habe. Aber Probleme lösen kann man damit oft genug.
Das mit dem welligen Frequenzgang finde ich besonders interessant, da 
werde ich mal bei einigen vorhandenen DI-Boxen messen gehen.

von Jan W. (terminal)


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Kai Klaas schrieb:
> Ein Manko von Übertragern ist die ausgeprägte Welligkeit des
> Frequenzgangs, wenn sie zu hochohmig beschaltet werden. Ich habe deshalb
> eine 33k Grundlast am Ausgang vorgesehen, um die Resonanz annehmbar zu
> bedämpfen.

Kurze Frage dazu...
Gilt das für Übertrager allgemein?
Woher kommt die Welligkeit im Frequenzgang?
Liegt das wirklich nur and der hochohmigen Last?
Und wann spricht man im Zusammenhang mit Übertragern von "hochohmig"? 
100k+? >1M+?

: Bearbeitet durch User
von Kai K. (klaas)


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>Woher kommt die Welligkeit im Frequenzgang?

Naja, das induktive Wirkungsprinzip hat ja zur Folge, daß die 
Quellimpedanz einen starken induktiven Anteil hat. Mit der 
Wicklungskapazität, Streukapazitäten und der kapazitiven Last dürfte das 
eine Resonanz bewirken. Der Hersteller hat die Wicklungsparameter im 
Griff und kann deshalb für eine bestimmte Quell- und Lastimpedanz einen 
optimalen Frequenzgang erzeugen. Bei einem Mikrofonübertrager sind die 
Verhältnisse bezüglich Quell- und Lastimpedanz ja ziemlich eindeutig. 
Der Übertrager funktioniert dann nur zufriedenstellend, wenn man ihn mit 
den richtigen Impedanzen abschließt.

von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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Kai Klaas schrieb:
> Auf jeden Fall mal erheblich besser als die üblichen aktiven
> Schaltungen.
>
> Allerdings besitzt der E-1220 eine Isolationsfestigkeit von 1500V...

... und einen Preis von 45 Euronen :-)

von Gerald B. (gerald_b)


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Interessanter Beitrag! Für 45 Äste sollte man doch alternativ auch das 
Signal über einen AD-Wandler jagen können, dann einen Optokoppler nehmen 
und hinterher wieder auf einen DA-Wandler gehen können. Ist zwar auf den 
ersten Blick aufwendiger, aber man kann dann so nebenbei das Signal auch 
optisch per Toslink übertragen ;-)

Gruß Gerald

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Kai Klaas schrieb:
> Bei 1,5Veff Eingangssignal, 2k Last und 600R Quelle wird der
> Klirrfaktor mit rund 0,08% bei 40Hz, 0,24% bei 20Hz und um die 0,001%
> bei >=1kHz angegeben.

Gerald B. schrieb:
> Für 45 Äste sollte man doch alternativ auch das
> Signal über einen AD-Wandler jagen können, dann einen Optokoppler nehmen
> und hinterher wieder auf einen DA-Wandler gehen können.

Die obigen Daten mit einer AD/DA Kette hinzubekommen, wirst du nicht für 
45 Euro schaffen. Der grosse Dynamikumfang des Trafos ist hier auch 
nicht zu verachten. Ausserdem entsteht hier ein grösserer 
Entwicklungsaufwand, die Apparatur muss gespeist werden usw.
Ein sorgfältig aufgebauter Übertrager ist da doch deutlich problemloser 
und man kann das gesparte Geld in ein gutes Gehäuse und feine Buchsen 
investieren.
Kleiner Seitenhieb zu Kai - denn die Klinkenbuchsen im ersten Bild sind 
einfach nur schlecht.

: Bearbeitet durch User
von Kai K. (klaas)


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>Kleiner Seitenhieb zu Kai - denn die Klinkenbuchsen im ersten Bild sind
>einfach nur schlecht.

Ja, Billigmurks von Reichelt. Ließen sich nur mit Mühe richtig 
festschrauben. Tun jetzt aber was sie sollen. Hatte ursprünglich auch 
nicht vor, das Ganze zu veröffentlichen, sonst hätte ich mir mehr Mühe 
gegeben...

von voltwide (Gast)


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Bei Bürklin gibt es Mu-Metall-geschirmte Audio-Übertrager für rund 20 
Euronen.

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Kai Klaas schrieb:
> Hatte ursprünglich auch
> nicht vor, das Ganze zu veröffentlichen, sonst hätte ich mir mehr Mühe
> gegeben...

Naja, auch mir geht es ja nicht um die Optik, sondern ums elektrische. 
Die hier sind besser, weil da die Masseverhältnisse geregelt sind, bzw. 
man sie im Griff hat:
http://www.reichelt.de/EBS-63P/3/index.html?&ACTION=3&LA=446&ARTICLE=7303&artnr=EBS+63P&SEARCH=6%2C3mm+Klinke

von Oliver F. (ollif)


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Hallo Klaas,

danke für den guten Artikel hier gibt es, nach Registrierung, auch noch 
nützliche Infos....



http://www.jensen-transformers.com/application-notes/


Gruß
Oliver

von oldeurope O. (Gast)


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Kai Klaas schrieb:
> Grundsätzlich sollte eine
> galvanische Trennung vollständig sein, also auch keine Verbindung über
> die Kabelschirme zugelassen werden. Das setzt voraus, daß die
> beteiligten Signalmassen ungefähr auf gleichem Potential liegen. Bei
> SK-I-Geräten ist das in der Regel der Fall, wenn die Geräte nicht sehr
> weit auseinanderliegen. Bei SK-II-Geräten ist das nicht der Fall, weil
> deren Signalmassen wegen der Streukapazität zwischen Eingangswicklung
> und Ausgangswicklung des Netztrafos auf irgendeinem Potential zwischen
> 0V und 230Veff floaten. Dann ist ein Potentialausgleich zwischen den
> Geräten dringend erforderlich und es ist doch sinnvoll, die Kabelschirme
> durchzuverbinden.

Sehe ich nicht so.
Dass man den Kabelschirm irgendwo auftennen muss, erfordern
zwangsläufig Brummschleifen bei SK1.
Daraus zu schliessen, dass man die Schirmung grundsätzlich aufzutrennen
hat, ist falsch. Dann noch zu jammern, dass man bei Verwendung
der so beschädigten Leitung bei SK2 keinen Potentialausgleich
mehr hat ist grotesk.
Man führt bei SK1 alle Massen an einem Punkt (im Keller) zusammen.
Dadurch ist keine vollständige Schirmung mehr gegeben.
Denn das Gehäuse der Audioanlage ist nun das schlecht geschirmte Haus
mit Massepunkt im Keller (Potentialausgleichsschiene).
Da muss man schonmal schleifen Trennen, (genau so wie beim routen einer 
Leiterplatte im Kleinen).


Bei SK2* wo die Abschirmung an beiden Seiten verbunden ist,
hast Du eine komplette Schirmung. Du kannst da die Schirmung
als Teil eines komplett geschlossenen eigenständigen Gehäuses für Sender
und Empfänger betrachen.
Symmetrischer Ausgang zum asymmetrischen Eingang bei quasisymmetrischer
Verdrahtung ist die Beste aller Lösungen.

http://www.mikrocontroller.net/attachment/238659/IMG_1968.JPG

Es gibt auch elektronische Schaltungen die einen schwimmenden
symmetrischen Ausgang, für diese Anwendung, bereitstellen können.
Die sind in dieser Zusammenstellung Übertragern weit überlegen.

* Bei SK1 macht man es ganz gerne so, bis zu ein paar ungefährlichen
Volt den Schutzleiter hochohmig zu verbinden. Dann kann man wie für
SK2 beschrieben die beste Option zur Verdrahtung anwenden ohne
SK1-Kompromisse eingehen zu müssen.

LG

old.

von Kai K. (klaas)


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>Daraus zu schliessen, dass man die Schirmung grundsätzlich aufzutrennen
>hat, ist falsch. Dann noch zu jammern, dass man bei Verwendung
>der so beschädigten Leitung bei SK2 keinen Potentialausgleich
>mehr hat ist grotesk.

Ich gehe hier nicht von idealen Verhältnissen aus, sondern vom 
Problemfall. Bei einem Gerät mit bekanntem Pin-1-Problem beispielsweise 
wird der Schirm ins Innere des Geräts geführt und über "Umwege" mit der 
zentralen Signalmasse verbunden. An diesem Drahtgespinnst verursacht der 
Strom einer Erdschleife dann Spannungsabfälle die direkt in den 
Signalweg eingekoppelt werden. Das führt wieder zu einer starken 
Verschlechterung der CMRR. Dann braucht es auch den Trennübertrager 
nicht mehr.

>Man führt bei SK1 alle Massen an einem Punkt (im Keller) zusammen.
>Dadurch ist keine vollständige Schirmung mehr gegeben.
>Denn das Gehäuse der Audioanlage ist nun das schlecht geschirmte Haus
>mit Massepunkt im Keller (Potentialausgleichsschiene).

Ich verstehe dich nicht. Bei einem SK-I-Gerät ist das Gehäuse doch 
direkt mit dem Schutzleiter verbunden.

>Bei SK2* wo die Abschirmung an beiden Seiten verbunden ist,
>hast Du eine komplette Schirmung. Du kannst da die Schirmung
>als Teil eines komplett geschlossenen eigenständigen Gehäuses für Sender
>und Empfänger betrachen.

Nur fließt dummerweise in den meisten Fällen über diesen Schirm, der 
gleichzeitig Signalmasse ist, ein Potentialausgleichststrom. Sein 
Spannungsabfall wird dann direkt in den Signalweg eingekoppelt.

>Symmetrischer Ausgang zum asymmetrischen Eingang bei quasisymmetrischer
>Verdrahtung ist die Beste aller Lösungen.

Aber nicht bei Geräten mit Pin-1-Problem. Außerdem ging es mir hier um 
eine universelle Lösung, die auch funktioniert, wenn man gerade keinen 
symmetrischen Ausgang hat. Nochmals, ich gehe hier vom Problemfall aus, 
nicht von einem idealen Zustand.

>Es gibt auch elektronische Schaltungen die einen schwimmenden
>symmetrischen Ausgang, für diese Anwendung, bereitstellen können.
>Die sind in dieser Zusammenstellung Übertragern weit überlegen.

Nein, sind sie nicht. Sie neigen bei komplexer Last zum Schwingen und 
werden heute kaum noch verwendet. Außerdem bestehen die Probleme am 
Schaltungseingang und nicht Schaltungsausgang, wenn hohe CMRR erreicht 
werden sollen!

Nochmals, im Problemfall hat man keine symmetrischen Ein- und Ausgänge. 
Dann braucht man eine extrem hochohmige Trennbarriere, damit die 
unsymmetrischen Quell- und Lastimpedanzen über die unweigerlichen 
Spannungsteilungen gerade nicht Gleichtaktstörungen in den 
Nutzsignalbereich "falten". Diese Hochohmigkeit muß auch für die hohen 
Audiofrequenzen gewährleistet sein. Das können nur optische Trennungen 
(IL300, Toslink, etc.) oder Eingangsübertrager mit internem statischen 
Schirm erreichen. Bei beispielsweise 10pF Koppelkapazität hat man dann 
bei 20kHz eine Eingangsimpedanz von immerhin noch fast 1M.

Die üblichen symmetrischen Eingangsverstärker haben Eingangsimpedanzen 
im 10k Bereich, die sich bei hohen Audiofrequenzen durch Tiefpaßfilter 
nochmals erheblich verringern. Nur Spezialschaltungen, wie die von Abdul 
erwähnte, können mit Übertragern mithalten, weil sie durch zusätzliches, 
kunstvolles Bootstrapping, und zwar für DC und AC getrennt (!), 
ebenfalls hohe Eingangsimpedanzen erzeugen können.

: Bearbeitet durch User
von oldeurope O. (Gast)


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Kai Klaas schrieb:
> Bei einem Gerät mit bekanntem Pin-1-Problem

Pin-1-Problem  - sagt mir jetzt nichts.


>>Man führt bei SK1 alle Massen an einem Punkt (im Keller) zusammen.
>>Dadurch ist keine vollständige Schirmung mehr gegeben.
>>Denn das Gehäuse der Audioanlage ist nun das schlecht geschirmte Haus
>>mit Massepunkt im Keller (Potentialausgleichsschiene).
>
> Ich verstehe dich nicht. Bei einem SK-I-Gerät ist das Gehäuse doch
> direkt mit dem Schutzleiter verbunden.

Der Schutzleiter endet wo?

>>Bei SK2* wo die Abschirmung an beiden Seiten verbunden ist,
>>hast Du eine komplette Schirmung. Du kannst da die Schirmung
>>als Teil eines komplett geschlossenen eigenständigen Gehäuses für Sender
>>und Empfänger betrachen.
>
> Nur fließt dummerweise in den meisten Fällen über diesen Schirm, der
> gleichzeitig Signalmasse ist, ein Potentialausgleichststrom. Sein
> Spannungsabfall wird dann direkt in den Signalweg eingekoppelt.

Nein, es ist ja kein Schutzleiter vorhanden, der Stromkreis ist offen.

>>Symmetrischer Ausgang zum asymmetrischen Eingang bei quasisymmetrischer
>>Verdrahtung ist die Beste aller Lösungen.
>
> Aber nicht bei Geräten mit Pin-1-Problem.

So, jetzt habe ich mal gegoogelt:

http://pin1problem.com/

Das Problem gab es zu meiner Zeit nicht.
Bis 1994 habe ich an Studiotechnik gearbeitet.
Da kamen schon die AD-DA-Wandler

Beitrag "Re: Galvanische Trennung mit Übertrager"

auf, wenn auch nicht optisch.

Das Pin-1-Problem gibt es bei Klinke und RCA gar nicht.
Bei XLR kann man es sich schaffen und man soll
überhauptkeine Signalmasse mehr an den XLR führen, right?
Wattn dattan?



Außerdem ging es mir hier um
> eine universelle Lösung, die auch funktioniert, wenn man gerade keinen
> symmetrischen Ausgang hat. Nochmals, ich gehe hier vom Problemfall aus,
> nicht von einem idealen Zustand.

Ich tendiere eher dazu das Problem anzugehen als damit zu leben.

>>Es gibt auch elektronische Schaltungen die einen schwimmenden
>>symmetrischen Ausgang, für diese Anwendung, bereitstellen können.
>>Die sind in dieser Zusammenstellung Übertragern weit überlegen.
>
> Nein, sind sie nicht. Sie neigen bei komplexer Last zum Schwingen und
> werden heute kaum noch verwendet. Außerdem bestehen die Probleme am
> Schaltungseingang und nicht Schaltungsausgang, wenn hohe CMRR erreicht
> werden sollen!

Bitte? Wo hast Du das denn her?
Ich habe mir ja erst vor kurzem einen Line-Pre gebaut.
Zeige mir mal eine Last, welche den zum Schwingwen bringen kann.

http://1mucathodyne.blogspot.de/2014/09/line-pre-2014-einfuhrung.html

> Nochmals, im Problemfall hat man keine symmetrischen Ein- und Ausgänge.

An einen, für einen 50K Abschluß gedachten Standard Line RCA Ausgang,
darfst Du Deinen Übertrager eigentlich gar nicht dranhängen.
Auch keinen 10K Eingang darfst Du da dranhängen.
Es kann aber funktionieren.

LG

old.

von Kai K. (klaas)


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>Der Schutzleiter endet wo?

An jedem SK-I-Gehäuse?

>Nein, es ist ja kein Schutzleiter vorhanden, der Stromkreis ist offen.

SK-II-Geräte hängen über die Streukapazität zwischen Primär- und 
Sekundärwicklung des Netztrafos kapazitiv an der Netzspannung. Da kommen 
mindestens 200pF schon bei kleinen Trafos zustande. Bei großen 
Rinkerntrafos habe ich auch schon mal um die 10nF gemessen. Jeder 
schnelle Spike auf der Netzleitung wird über diese Streukapazität auf 
die Signalmasse eingekoppelt und fließt dann über den Kabelschirm der 
unsymmetrischen Leitung, also Signalmasse, letztlich irgendwo zur Erde 
ab. Der dabei entstehende Spannungsabfall auf der Masseleitung wird 
direkt in den Signalweg eingekoppelt.

>Das Problem gab es zu meiner Zeit nicht.
>Bis 1994 habe ich an Studiotechnik gearbeitet.

1996 kam CE und infolge davon bekamen die meisten Studiomischpulte 
Probleme beim Einstrahlungs- und Abstrahlungstest. Als Ursache wurde 
schnell die falsche Schirmanbindung bei Pin-1 der dort üblichen 
XLR-Buchsen identifiziert.

>Das Problem gibt es bei Klinke und RCA gar nicht.

"Pin-1-Problem" gilt im übertragenen Sinne auch für Klinke und RCA, 
nicht nur für XLR. Von Pin-1-Problem spricht man immer dann, wenn die 
Abschirmung einer Leitung nicht direkt an der Buchse mit dem Gehäuse 
verbunden wird, sondern in das Innere des Geräts geführt wird und dort 
über Umwege und vor allem nicht sternförmig zum zentralen Massepunkt 
geführt wird. Ströme auf den Kabelschirmen können dann auf der internen, 
unvorteilhaften Massedrahtung Spannungsabfälle verursachen, die direkt 
in den Signalweg eingeschleift werden.

>Bei XLR kann man es sich schaffen und man soll
>überhauptkeine Signalmasse mehr an den XLR führen, right?
>Wattn dattan?

Nein, man soll Pin 1, bzw. die Signalmasse direkt mit dem Gehäuse 
verbinden. Wird so schon seit geraumer Zeit bei den Mackie-Mischern 
gemacht. Sogar Behringer hat das Konzept mittlerweile übernommen.

>Ich tendiere eher dazu das Problem anzugehen als damit zu leben.

Ja, ich sage jetzt jedem Musiker: "Hey du, ich muß mal deinen Verstärker 
aufschrauben und drinnen herumlöten. Iss ok, oder?"

>Bitte? Wo hast Du das denn her?
>Ich habe mir ja erst vor kurzem einen Line-Pre gebaut.
>Zeige mir mal eine Last, welche den zum Schwingwen bringen kann.

Ich dachte, du meinst die typischen, kreuzgekoppelten Schaltungen.

>http://1mucathodyne.blogspot.de/2014/09/line-pre-2...

Hast da eine schöne Seite!

>An einen, für einen 50K Abschluß gedachten Standard Line RCA Ausgang,
>darfst Du Deinen Übertrager eigentlich gar nicht dranhängen.
>Auch keinen 10K Eingang darfst Du da dranhängen.
>Es kann aber funktionieren.

Da hast du Recht. Eine zu hohe Quellimpedanz in der Schaltung, die den 
Übertrager treibt, ist in der Tat unvorteilhaft. Nicht nur, weil das 
Signal dann abgeschwächt wird, sondern auch, weil der Klirr von 
Übertragern dann wieder ansteigen kann. Der E-1220 soll laut Hersteller 
aber bis rund 1k Quellimpedanz unkritisch sein.

von Kai K. (klaas)


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>danke für den guten Artikel hier gibt es, nach Registrierung, auch noch
>nützliche Infos....
>
>http://www.jensen-transformers.com/application-notes/

Hier ist auch eine nette Zusammenfassung der Thematik:

http://sound.westhost.com/articles/balanced-2.htm


>Naja, auch mir geht es ja nicht um die Optik, sondern ums elektrische.
>Die hier sind besser, weil da die Masseverhältnisse geregelt sind, bzw.
>man sie im Griff hat:
>http://www.reichelt.de/EBS-63P/3/index.html?&ACTIO...

Ich wollte schon die direktverbindenden Buchsen haben, die einen 
großflächigen Massekontakt ohne Spalt in der Abschirmung erlauben.

von oldeurope O. (Gast)


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Kai Klaas schrieb:
>>Der Schutzleiter endet wo?
>
> An jedem SK-I-Gehäuse?

Und die werden an der Potentialausgleichsschiene zusammengeführt ...

>>Nein, es ist ja kein Schutzleiter vorhanden, der Stromkreis ist offen.
>
> SK-II-Geräte hängen über die Streukapazität zwischen Primär- und
> Sekundärwicklung des Netztrafos kapazitiv an der Netzspannung. Da kommen
> mindestens 200pF schon bei kleinen Trafos zustande. Bei großen
> Rinkerntrafos habe ich auch schon mal um die 10nF gemessen. Jeder
> schnelle Spike auf der Netzleitung wird über diese Streukapazität auf
> die Signalmasse eingekoppelt und fließt dann über den Kabelschirm der
> unsymmetrischen Leitung, also Signalmasse, letztlich irgendwo zur Erde
> ab. Der dabei entstehende Spannungsabfall auf der Masseleitung wird
> direkt in den Signalweg eingekoppelt.

Die 200pF lasse ich noch gelten.
Bei Übertragern ist die Kapazität höher, wegen der Schachtelung.
Bei SK2 weit geringer als bei SK1 Trafos, wegen des Abstandes
zwischen Primär- und Sekundärwicklung.
Sei mal dahingestellt ob der Strom der da zustande kommt,
an einem dicken Schirmgeflecht einen relevanten Spannungsabfall
generieren kann.
Und wenn dann:



> ab. Der dabei entstehende Spannungsabfall auf der Masseleitung wird
> direkt in den Signalweg eingekoppelt.

Nein, der symmenrische Ausgang der Quelle floatet und unterbricht
damit den Störstrom auf der Masseleitung.
Der Strom auf dem Schirmgeflecht verursacht keine Störungen mehr.

LG

old.

von oldeurope O. (Gast)


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Kai Klaas schrieb:
> Ich dachte, du meinst die typischen, kreuzgekoppelten Schaltungen.

Was sagst Du zu dieser?

http://ppdriver.blogspot.de/2009/07/differenzverstaerker.html

Werde sie mal LTSpicen. Das konnte ich damals nicht.

Die OP-Schaltungen haben ein Laufzeitproblem ...

LG

old.

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