Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Suche Gatetreiber mit einstellbarer Slewrate


von Martin D. (martin_d69) Benutzerseite


Lesenswert?

Hallo,

ich suche einen Treiber Baustein mit der Möglichkeit die Slewrate 
einzustellen. Einer der mir ziemlich gut gefällt ist dieser:

http://tec.icbuy.com/upload/database/20070409-16/1145003230.pdf

Nur leider ist der wohl zu alt, keine Bezugsquellen mehr.

Natürlich wird in der Regel nur ein größerer Gatewiderstand verwendet? 
Das ist mir schon klar, ich würde es aber gern einstellen können um die 
Verlustleistung und weitere Effekte zu beeinflussen und daraus zu 
lernen.

Ach ja, was bringt es denn zusätzliche Kapazität vor das Gate zu packen?

Hättet ihr ein paar tips?

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


Lesenswert?

Martin D. schrieb:
> Ach ja, was bringt es denn zusätzliche Kapazität vor das Gate zu packen?

Für nicht-Forschungszwecke gar nichts. Die meisten Leute wollen die 
MOSFet so rasch wie möglich schalten. Ein zusätzlicher C am Gate wirkt 
wie eine höhere Gatekapazität, etwas anderes bleibt ja nicht. Muss also 
mehr umgeladen werden ohne sinnvollen Zweck, daswegen macht man das 
nicht.

von 0815 (Gast)


Lesenswert?

Matthias Sch. schrieb:
>> Ach ja, was bringt es denn zusätzliche Kapazität vor das Gate zu packen?
>
> Für nicht-Forschungszwecke gar nichts.

Doch, in Brückenschaltungen kommt das durchaus real vor. Mit dem Ziel, 
die negativen Effekte der Millerkapazität zu verringern. Manchmal auch 
in Zusammenspiel mit Pulstrafos.

von gateC (Gast)


Lesenswert?

Extra C am gate nimmt man z.B. wenn man mit dem FET eh nicht so oft, 
dafür aber sanfter schalten will, z.B. weil dahinter hohe Kapazitäten 
hängen die man lieber langsamer laden will.

von Martin D. (martin_d69) Benutzerseite


Lesenswert?

gateC schrieb:
> Extra C am gate nimmt man z.B. wenn man mit dem FET eh nicht so
> oft,
> dafür aber sanfter schalten will, z.B. weil dahinter hohe Kapazitäten
> hängen die man lieber langsamer laden will.

Macht absolut Sinn! Solchen Fall hatte ich noch nie, gut zu wissen.

von Udo S. (urschmitt)


Lesenswert?

gateC schrieb:
> Extra C am gate nimmt man z.B. wenn man mit dem FET eh nicht so oft,
> dafür aber sanfter schalten will,

Dann könnte man genausogut einen höheren Gatewiderstand nehmen, das 
belastet dann auch den Treiber weniger.

von voltwide (Gast)


Lesenswert?

Extra C macht Sinn, wenn der Gate-Treiber selbst nicht in der Lage ist, 
die pos Ladungsinjektion von drain auf das gate im Abschaltmoment 
hinreichend abzuleiten. Hierbei entsteht eine kurze Spannungsspitze, die 
auch schon mal 4V erreichen kann: Der MOSFET wird noch mal ganz kurz 
eingeschaltet. Das ist natürlich fatal.
Verdoppelt man die gate-Kapazität auf diese Weise, ist die Gefahr eines 
solchen "shoot-through" deutlich verringert.

von Martin D. (martin_d69) Benutzerseite


Lesenswert?

0815 schrieb:
> Matthias Sch. schrieb:
>>> Ach ja, was bringt es denn zusätzliche Kapazität vor das Gate zu packen?
>>
>> Für nicht-Forschungszwecke gar nichts.
>
> Doch, in Brückenschaltungen kommt das durchaus real vor. Mit dem Ziel,
> die negativen Effekte der Millerkapazität zu verringern. Manchmal auch
> in Zusammenspiel mit Pulstrafos.

Habe ich schonmal gelesen. Der Miller Effekt ist ja dieses 
Spannungs-Plateau während des ladevorganges. Und dieses wird dadurch 
unterdrückt?

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


Lesenswert?

Martin D. schrieb:
> Der Miller Effekt ist ja dieses
> Spannungs-Plateau während des ladevorganges. Und dieses wird dadurch
> unterdrückt?

Man verspricht sich dann (obwohl ich es in praktischen Schaltungen noch 
nicht gesehen habe) vermutlich, das der Kondi am Gate das Plateau 
'überbrückt' und den Spannungeinbruch abfängt. Das ist mit einem 
kräftigen Gatetreiber aber sicherer zu machen, denn auch Kondensatoren 
können an Kapazität verlieren und dann kommt man wieder in die 
Bredouille.

Ich hatte jedenfalls mit ausreichend dimensionierten Treibern noch nie 
Probleme mit dem Miller Plateau - und das bei Schaltungen mit bis zu 
300-400A MOSFet/IGBT Schaltern.

von Thomas (kosmos)


Lesenswert?

Ich würde einen langsameren Stromanstieg per Drosselspule auf der 
Lastseite bewerkstelligen.

von voltwide (Gast)


Lesenswert?

Matthias Sch. schrieb:
> Das ist mit einem
> kräftigen Gatetreiber aber sicherer zu machen, denn auch Kondensatoren
> können an Kapazität verlieren und dann kommt man wieder in die
> Bredouille.

Die mir geläufigen kräftigen Gate-Treiber haben On-Widerstände im 
einstelligen Ohm-Bereich.
MLCCs mit Kapazitäten zeigen ESRs im milliohm-Bereich.
Kapazitätsverluste sind mir da noch nicht untergekommen, oder 
verwechselst Du das mit Elkos?
Es ist hier hilfreich die Herstellerangaben zu den Ladungen zu 
studieren.
Qgd ist meist ein Mehrfaches der Ladung die erforderlich ist um das gate 
von Null bis zum Millerplateau anzuheben. Mit dem Parallel-Kondensator 
wird eine "Ladungsbarriere" geschaffen.
Die Königslösung sind hier  gate-Ansteuerschaltungen die +/-15V liefern.
Wirklich kritisch ist dies alles immer bei "hard-switching" - 
Anwendungen.

von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


Lesenswert?

Der Gate-Treiber sollte schon deutlich hochohmiger als der innere 
Gate-Widerstand des MOSFETs sein, sonst schaltet dieser nur noch 
partiell und das ist der GAU. 10 Ohm sind ein guter Wert. Damit gibts 
auch durch die Bedämpfung keine unangenehmen Resonanzen mit Cg und der 
parasitären Leitungsinduktivität.

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


Lesenswert?

Zum Thema gibts gerade eine Werbekampagne von Infineon:
http://www.infineon.com/cms/de/about-infineon/press/press-releases/2014/INFIPC201405-040.html
"Infineon stellt Slew Rate Control EiceDRIVER™ vor"

von 0815 (Gast)


Lesenswert?

voltwide schrieb:
> Wirklich kritisch ist dies alles immer bei "hard-switching" -
> Anwendungen.

Aber genau dafür werden Parallelkondensatoren genutzt. Also in sehr 
schnellen Brücken.
Zwar braucht man so noch stärkere Treiber als ohnehin schon benötigt, 
aber die Millerkapazität kann das Gate z.B. des unteren Transistors 
nicht mehr so leicht aufsteuern, wenn der obere Mosfet einschaltet.
Das Ganze wird natürlich grundsätzlich durch den internen Gatewiderstand 
begrenzt.
Wie ein Zusatzkondensator bei Einzelfet-Anwendungen Vorteile bringen 
soll, kann ich bisher nicht erkennen. OK, wenn man den Fet künstlich 
verlangsamen will...aber das ginge doch echt auch über den 
Gatewiderstand.
Hier hat man doch sowieso nur das übliche Plateau, die zu dessen 
Überwindung notwendige Ladung muss ohnehin bereitgestellt werden. Ob der 
Fet nun langsam schaltet oder schnell.
Bei der Brücke ist der Fet meist längst aus, aber wird plötzlich über 
Miller hart eingeschaltet...

von voltwide (Gast)


Lesenswert?

Dem stimme ich 100% zu!

von Martin D. (martin_d69) Benutzerseite


Lesenswert?

> Bei der Brücke ist der Fet meist längst aus, aber wird plötzlich über
> Miller hart eingeschaltet...

Aha, sehr interessant! Kannst du mir kurz erklären wie das zu stande 
kommt und wie man dies verhindert?

Ich hatte mal so einen fall das mir IGBTs explodiert sind wenn der Strom 
von ein paar mA auf ein paar Amp. erhöht wurde. Hört sich sehr ähnlich 
wie deine Beschreibung an...

von 0815 (Gast)


Lesenswert?

Martin D. schrieb:
> Kannst du mir kurz erklären wie das zu stande
> kommt und wie man dies verhindert?

Ist doch eigentlich bekannt? Die Millerkapazität bildet mit der 
Gate-Source-Kapazität einen Spannungsteiler. Steigt nun Drain sehr 
schnell an, wird auch das Gate kapazitiv mit angehoben. Nur daher gibt 
es auch das übliche Miller-Plateau, also das Gate kann z.B. nur langsam 
weiter entladen werden, weil die Spannung an Drain ja währenddessen 
stark steigt. Man lädt in diesem Moment praktisch ausschließlich in die 
Millerkapazität.
Bei Brücken ist es halt noch deutlich schlimmer, hier wird Drain des 
unteren Mosfets plötzlich vom oberen Fet stark angehoben. Beim oberen 
Fet ist es natürlich genauso, während der Untere einschaltet.

Verhindern kann man das eigentlich nur mit langsamer Ansteuerung, oder 
durch geeignete Fets. Ungünstig sind z.B. Logik-Fets, die eine kleine 
Gate-Source-Ladung im Vergleich zur Gate-Drain-Ladung haben.

von 0815 (Gast)


Lesenswert?

Nachtrag: bei Topologie mit nur einem Fet bleibt es normalerweise nur 
ein Plateau. Logisch, weil es ja nur den Fet selbst betrifft, und nur 
dieser das aktive Bauteil ist. Bei der Brücke kann es ein ungewolltes, 
volles Einschalten des Fets geben, gern auch z.B. 15V am Gate. Obwohl 
der Treiber währenddessen low ausgibt. Weil nicht dieser Fet 
DeltaV/DeltaT an Drain bestimmt, sondern ein Anderer. Deswegen sind 
Brücken da deutlich kritischer.

von Martin D. (martin_d69) Benutzerseite


Lesenswert?

Danke für die Erklärung 0815! Jetzt ist mir so einiges klar geworden.

Jetzt aber nochmal zurück zu meiner eigentlichen Frage:

> ich suche einen Treiber Baustein mit der Möglichkeit die Slewrate
> einzustellen. Einer der mir ziemlich gut gefällt ist dieser:

> http://tec.icbuy.com/upload/database/20070409-16/1...

> Nur leider ist der wohl zu alt, keine Bezugsquellen mehr.

Gibt es Alternativen dazu?

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.