Forum: Offtopic Hubschrauber und Erdroation


von Slippin J. (gustavo_f)


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Hallo,

neulich hatten wir eine interessante Diskussion im Kollegenkreis. Ich 
würde gerne mal die Meinung eines Physikers dazu hören.

Idealisiert betrachtet:
Angenommen ein Hubschrauber fliegt einen Meter hoch und verhaart in 
exakt dieser Position für eine beliebig lange Zeit.

Würde der Hubschrauber nach einer bestimmten Zeit gegen ein fest auf dem 
Boden stehendes Hindernis (z.B. einen Berg) prallen? Die Erde dreht sich 
ja unter dem Hubschrauber weiter.

Hört sich erstmal komisch an, aber wenn man einen Gegenstand aus 78 
Meter Höhe fallen lässt, hat dieser schon aufgrund der sich drehenden 
Erde eine theoretische Abweichung von 10,7mm senkrecht zum Lot.
Quelle: 
http://de.wikipedia.org/wiki/Fallexperimente_zum_Nachweis_der_Erdrotation#Experimente

von Klaus W. (mfgkw)


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Gustavo F. schrieb:
> fliegt einen Meter hoch

Das ist schon nicht ganz eindeutig.
1. Eigentlich könnte man meinen, daß der Hubschrauber sich dadurch mit 
seiner ursprünglichen Geschwindigkeit (also der Erdoberfläche mit h=0) 
auf einer einen Meter weiter außen liegenden Bahn befindet.
Dann würde er tatsächlich von einem Berg oder einem Beamten o.s.ä. 
irgendwann überholt werden.
2. Andererseits wird es der Pilot in der Praxis kaum schaffen, genau 
einen Meter hoch zu fliegen und dabei nicht schneller zu werden. Denn er 
orientiert sich ja an seiner Umgebung, wird also auf der einen Meter 
höheren Bahn wieder so steuern, daß sich die Gegend um ihn herum nicht 
bewegt ihm gegenüber.
Damit hat er auf der höheren Umlaufbahn eine dazu passende höhere 
Geschwindigkeit und rotiert mit der Erde mit, ohne mit jemandem zu 
kollidieren.

Für den Fall 1 müsste er beim Steigen genau die Bahn fliegen, die dein 
fallender Gegenstand in der anderen Richtung durchfliegt.
Die ist etwas aus dem Lot, wodurch sich anschaulich die 
Relativgeschwindigkeit gegenüber der Erdoberfläche ergibt.

Abgesehen davon ist der Effekt sowieso eher gering, und bevor man etwas 
merkt ist sein Sprit alle :-)

: Bearbeitet durch User
von Yalu X. (yalu) (Moderator)


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Gustavo F. schrieb:
> Angenommen ein Hubschrauber fliegt einen Meter hoch und verhaart in
> exakt dieser Position für eine beliebig lange Zeit.

Auf welches Koordinatensystem bezieht sich diese Position?
Wird sie, wie auf der Erde üblich, in Längengraden, Breitengraden und
Höhe über dem Meeresspiegel gemessen, wird der Hubschrauber nicht
kollidieren.

Wenn man hingegen irgendein intergalaktisches Koordinatensystem als
Bezugssystem nimmt, ist ein Crash bereits nach sehr kurzer Zeit zu etwa
50% wahrscheinlich, sofern der Hubschrauber überhaupt in der Lage ist,
in diesem Koordinatensystem in einer festen Position zu verharren.

: Bearbeitet durch Moderator
von Rufus Τ. F. (rufus) Benutzerseite


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Gustavo F. schrieb:
> Würde der Hubschrauber nach einer bestimmten Zeit gegen ein fest auf dem
> Boden stehendes Hindernis (z.B. einen Berg) prallen? Die Erde dreht sich
> ja unter dem Hubschrauber weiter.

Nein, der Hubschrauber verwendet die Atmosphäre als Bezugssystem (im 
Vakuum kann er schlecht fliegen), und die rotiert im großen und ganzen 
mit der Erde mit.

von Jürgen S. (jurs)


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Gustavo F. schrieb:
> Idealisiert betrachtet:
> Angenommen ein Hubschrauber fliegt einen Meter hoch und verhaart in
> exakt dieser Position für eine beliebig lange Zeit.
>
> Würde der Hubschrauber nach einer bestimmten Zeit gegen ein fest auf dem
> Boden stehendes Hindernis (z.B. einen Berg) prallen? Die Erde dreht sich
> ja unter dem Hubschrauber weiter.

Ja.

Unter der Annnahme, der Hubschrauber behält seinen Drehimpuls, den er 
beim Start auf dem Erdboden hat, dreht sich die Erde an der Stelle mit:
d*PI/24h

Mit 1 Meter Flughöhe befindet sich der Hubschrauber auf einem 
Durchmesser, der 2m größer als der Erddurchmesser ist, d.h. er müßte 
sich drehen
(d+2m)*PI/24h

D.h. die Abweichung in 24h beträgt:
2m*PI = ca. 6,28 m

Wenn der Hubschrauber nach dem Start den Drehimpuls nicht durch 
Korrekturmanöver ausgleicht, dreht sich die Erde unter ihm um ca. 6,28 m 
in 24h weiter.

von (prx) A. K. (prx)


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Ein Hubschrauber ist nicht eigenstabil und benötigt somit permanent 
Korrekturbewegungen, in denen dieser Effekt völlig verschwindet. Auch 
aufgrund des chaotischen Einflusses der selbst verursachten Wirbel.

Zudem hat Rufus schon angemerkt, dass Hubschrauber im Vakuum nicht 
funktionieren und folglich die Athmosphäre hier die gegenüber der 
Erddrehung dominantere Rolle spielt.

Also ist durchaus anzunehmen, dass der Hubschrauber irgendwann gegen 
Hindernisse kracht, wenn der Pilot nur stabilisiert und nicht steuert. 
Aber nicht so sehr aufgrund der direkten Wirkung der Erddrehung, sondern 
weil er dann ungefähr in der gleichen Situation wie ein Ballon ist, der 
bei unachtsamem Fahrer auch schon mal gegen irgendwas kracht.

: Bearbeitet durch User
von Jürgen S. (jurs)


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Ergänzung zu meiner Rechnung:
Die Rechnung gilt so nur, wenn der Hubschrauber am Äquator startet.

Startet er am Nordpol, ist der Effekt nicht nur praktisch, sondern auch 
rechnerisch bei 0.

Korrekterweise müßte man für eine exakte Berechnung also den Breitengrad 
kennen, auf dem der Hubschrauber startet, und die 6,28 mit dem Cosinus 
des Breitengrads multiplizieren.

Allerdings sind 6,28 m / 24 h = 6,28 m / 86400 s = ca. 0,00007 m/s auch 
am Äquator ja bereits nahezu 0.

von Fabian F. (fabian_f55)


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A. K. schrieb:
> Ein Hubschrauber ist nicht eigenstabil und benötigt somit permanent
> Korrekturbewegungen, in denen dieser Effekt völlig verschwindet. Auch
> aufgrund des chaotischen Einflusses der selbst verursachten Wirbel.
>
> Zudem hat Rufus schon angemerkt, dass Hubschrauber im Vakuum nicht
> funktionieren und folglich die Athmosphäre hier die gegenüber der
> Erddrehung dominantere Rolle spielt.

Wenn es kein Hubschrauber, sondern eine Art Rakete wäre, würde es aber 
klappen...
Nehmen wir an man hebt am Äquator senkrecht nach oben ab. Dann hat man 
eine Radialgeschwindigkeit von 1600 km/h von der Oberfläche mitgenommen. 
In 1000km Höhe bräuchte man aber 2000 km/h um über einem Punkt zu 
schweben. Von da bewegt sich dann die Erde mit rund 400km/h unter einem 
weg.
Wäre aber eine recht unökonomische Transportform, nachdem man konstant 
gegen die Schwerkraft ankämpfen müsste...

von c. m. (Gast)


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Fabian F. schrieb:
> Wenn es kein Hubschrauber, sondern eine Art Rakete wäre,

wenn es ein pendel wäre (WAS gegen die gravitation wirkt ist irrlevant) 
dann müsste es irgendwann vom lotrechten hängen gegen den erdmittelpunkt 
seitlich abweichen. naaaah.

von Detlef K. (adenin)


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Seh ich das richtig, wenn ich meine Hand eine beliebig lange Zeit ca. 
1.0m über dem Erdboden halte, dann kann es passieren, das ich gegen 
einen Berg geschleudert werde oder ein Beamter sich relativ auf meine 
Hand und mich sich zu bewegt (vielleicht auf Grund der Gravitation 
zwischen uns), oder?  ;)

von c. m. (Gast)


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Detlef Kunz schrieb:
> Seh ich das richtig, wenn ich meine Hand eine beliebig lange Zeit
> ca.
> 1.0m über dem Erdboden halte, dann kann es passieren, das ich gegen
> einen Berg geschleudert werde…

scnr, aber

keken einen perk kechleutert? purche!

von Detlef K. (adenin)


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c. m. schrieb:
> Detlef Kunz schrieb:
>> Seh ich das richtig, wenn ich meine Hand eine beliebig lange Zeit
>> ca.
>> 1.0m über dem Erdboden halte, dann kann es passieren, das ich gegen
>> einen Berg geschleudert werde…
>
> scnr, aber
>
> keken einen perk kechleutert? purche!

Jaja, ich hab das Rechtschreibmodding vernachlässigt.

Nagut, der Berg wird gegen meine Hand geschleudert.
Schlieslich kann der Berg nicht wissen, das meine Hand kein 
Hubschraubääär ist.

Und so ein Hubschrauber steht entweder still an einer Positon, dann kann 
natürlich die Kondinentaldrifft vorbeischauen und mal Hallo sagen, oder 
er bewegt sich, aber dann steht er nicht sill an einer Position.

Und ja, die EinPostTrolle sind wieder unterwegs. ;)

: Bearbeitet durch User
von Kurt B. (kurt-b)


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Yalu X. schrieb:
> Gustavo F. schrieb:
>> Angenommen ein Hubschrauber fliegt einen Meter hoch und verhaart in
>> exakt dieser Position für eine beliebig lange Zeit.
>
> Auf welches Koordinatensystem bezieht sich diese Position?


Ich erlaube mir vorzuschlagen das vom GPS zu verwenden.

 Kurt

von Bernd S. (bernds1)


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Kurt Bindl schrieb:
> Yalu X. schrieb:
>> Gustavo F. schrieb:
>>> Angenommen ein Hubschrauber fliegt einen Meter hoch und verhaart in
>>> exakt dieser Position für eine beliebig lange Zeit.
>>
>> Auf welches Koordinatensystem bezieht sich diese Position?
>
>
> Ich erlaube mir vorzuschlagen das vom GPS zu verwenden.
>
>  Kurt

In diesem Falle kann der Hubschrauber hundert Jahre in der Luft bleiben 
und wird mit keinem Berg kollidieren...

von Klaus W. (mfgkw)


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Hundert Jahre schon, aber du weisst doch: die Kontinentaldrift schlägt 
irgendwann zu!

von Slippin J. (gustavo_f)


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Erstmal Danke für die Antworten! Sehe ich das richtig, die Sache ist 
nicht so einfach wie sie auf den ersten Blick scheint?

Yalu X. schrieb:
> Wird sie, wie auf der Erde üblich, in Längengraden, Breitengraden und
> Höhe über dem Meeresspiegel gemessen, wird der Hubschrauber nicht
> kollidieren.

Das verstehe ich nicht. Wieso sollte der Abstand zwischen Hubschrauber 
und Berg ein anderer sein, je nachdem welches Bezugssystem ich verwende.

Jürgen S. schrieb:
> D.h. die Abweichung in 24h beträgt:
> 2m*PI = ca. 6,28 m

Das klingt für mich bisher noch am Logischsten. Allerdings setzt du auch 
ein Vakuum vorraus. Würden wir eine ideale Atmosphäre haben ohne 
Seitenwinde würde die Rechnung schon nicht mehr gelten, oder?

Bernd S. schrieb:
>>> Auf welches Koordinatensystem bezieht sich diese Position?
>>
>>
>> Ich erlaube mir vorzuschlagen das vom GPS zu verwenden.
>>
>>  Kurt
>
> In diesem Falle kann der Hubschrauber hundert Jahre in der Luft bleiben
> und wird mit keinem Berg kollidieren...

GPS ist ja kein Koordinatensystem, sondern eine Technologie. Wie schon 
gesagt, der Hubschrauber kann/soll keine Korrektur durchführen.

von Harald W. (wilhelms)


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Detlef Kunz schrieb:

> ein Beamter sich relativ auf meine Hand und mich sich zu bewegt

Das kann nicht passieren, denn ein Beamter bewegt sich nicht!
SCNR

von Bernd S. (bernds1)


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Gustavo F. schrieb:
> Bernd S. schrieb:
>>>> Auf welches Koordinatensystem bezieht sich diese Position?
>>>
>>>
>>> Ich erlaube mir vorzuschlagen das vom GPS zu verwenden.
>>>
>>>  Kurt
>>
>> In diesem Falle kann der Hubschrauber hundert Jahre in der Luft bleiben
>> und wird mit keinem Berg kollidieren...
>
> GPS ist ja kein Koordinatensystem, sondern eine Technologie. Wie schon
> gesagt, der Hubschrauber kann/soll keine Korrektur durchführen.

Das ist erstmal richtig. Aber mittels GPS werden die Koordinaten in 
Bezug zur Erdoberfläche bestimmt. Von daher wäre ein Hubschrauber, der 
in Bezug zu den GPS-Koordinaten in der Luft "stillsteht", immer an der 
gleichen Position zur Erdoberfläche. Denn das Koordinatensystem macht ja 
die Erddrehung mit.
Um mal auf deine ursprüngliche Frage zurück zu kommen:
Du schriebst: "verharrt in exakt dieser Position". In Relation zu 
welchem Bezugssystem soll er verharren? Eine Position kann man nur 
bestimmen, wenn man ein Bezugssystem hat. Und wenn man das Bezugssystem 
der Erd-Koordinaten nimmt, wird sich der Hubschrauber mit der Erde 
fortbewegen. Einen "universellen", oder "absoluten" Stillstand gibt es 
nicht. Denn in Bezug auf ein beliebiges System (die Sonne, der Pluto, 
der Mond, die Erde...) findet immer eine Bewegung statt.

von Bernd S. (bernds1)


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Harald Wilhelms schrieb:
> Detlef Kunz schrieb:
>
>> ein Beamter sich relativ auf meine Hand und mich sich zu bewegt
>
> Das kann nicht passieren, denn ein Beamter bewegt sich nicht!
> SCNR

Doch, manchmal schon. Denn sonst gäbe es das Beamten-Mikado nicht :-))

von (prx) A. K. (prx)


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Harald Wilhelms schrieb:
>> ein Beamter sich relativ auf meine Hand und mich sich zu bewegt
>
> Das kann nicht passieren, denn ein Beamter bewegt sich nicht!

Muss er auch nicht. Der gibt dir keine Ohrfeige. Nein, deine Backe 
bewegt sich schnell auf seine Hand zu.

von Yalu X. (yalu) (Moderator)


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Gustavo F. schrieb:
> Yalu X. schrieb:
>> Wird sie, wie auf der Erde üblich, in Längengraden, Breitengraden und
>> Höhe über dem Meeresspiegel gemessen, wird der Hubschrauber nicht
>> kollidieren.
>
> Das verstehe ich nicht. Wieso sollte der Abstand zwischen Hubschrauber
> und Berg ein anderer sein, je nachdem welches Bezugssystem ich verwende.

Es ist doch ein riesengroßer Unterschied, ob der Hubschrauber bezogen
auf zur Erdkugel in seiner Position verharrt oder bezogen auf den Mond,
die Sonne, die Milchstraße oder was auch immer.

> GPS ist ja kein Koordinatensystem, sondern eine Technologie. Wie schon
> gesagt, der Hubschrauber kann/soll keine Korrektur durchführen.

Mindestens seine Höhe sollte durch Aktivierung seines Antriebs
korrigieren, sonst sackt er sofort herunter ;-)

Du meinst damit wahrscheinlich, dass der Hubschrauber keinen
horizontalen Schub generieren soll, ähnlich einem Ballon, der völlig
passiv in der Luft schwebt.

Nun, dann bewegt er sich – mit etwas Verzögerung auf Grund der
Masseträgheit – mit der ihn umgebenden Luft. Da sich die Luft mit der
Edkugel mitdreht, wird er bei Windstille nicht kollidieren, bei Wind
aber irgendwann schon.

von Slippin J. (gustavo_f)


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Bernd S. schrieb:
> Um mal auf deine ursprüngliche Frage zurück zu kommen:
> Du schriebst: "verharrt in exakt dieser Position". In Relation zu
> welchem Bezugssystem soll er verharren?

Okay stimmt hast recht. Ich meinte natürlich schon in Relation zur Erde.

Yalu X. schrieb:
> Nun, dann bewegt er sich – mit etwas Verzögerung auf Grund der
> Masseträgheit – mit der ihn umgebenden Luft.


Kann man meine Ausgangsfrage also so beantworten:
1. Gibt es keine Atmosphäre*, dann bewegt sich der Hubschrauber 
horizontal zur Erdoberfläche in 24h um 6,28m, d.h. er könnte nach 
einigen Tagen/Wochen/Monaten gegen einen Berg stoßen.

2. Gibt es eine Atmosphäre, so ändert der Hubschrauber seine horizontale 
Position relativ zur Erde nicht.

--
* Wie der Hubschrauber dann seinen Auftrieb erzeugt lasse ich mal außer 
Acht ;-)

von Yalu X. (yalu) (Moderator)


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Gustavo F. schrieb:
> Kann man meine Ausgangsfrage also so beantworten:
> 1. Gibt es keine Atmosphäre*, dann bewegt sich der Hubschrauber
> horizontal zur Erdoberfläche in 24h um 6,28m, d.h. er könnte nach
> einigen Tagen/Wochen/Monaten gegen einen Berg stoßen.

Ja, wobei man aber genau genommen

Jürgen S. schrieb:
> die 6,28 mit dem Cosinus des Breitengrads multiplizieren

und die 24h (Sonnentag) durch 23 Stunden, 56 Minuten und 4,099 Sekunden
(Sterntag) ersetzen muss (http://de.wikipedia.org/wiki/Siderischer_Tag).

> 2. Gibt es eine Atmosphäre, so ändert der Hubschrauber seine horizontale
> Position relativ zur Erde nicht.

Ja, sofern kein Wind weht.

von Timm T. (Gast)


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A. K. schrieb:
> Ein Hubschrauber ist nicht eigenstabil und benötigt somit permanent
> Korrekturbewegungen,

Uninteressant für die Fragestellung. Nimm halt einen beliebigen Körper, 
der einen Meter angehoben wird und dort verharrt.

Jürgen S. schrieb:
> Startet er am Nordpol, ist der Effekt nicht nur praktisch, sondern auch
> rechnerisch bei 0.

Dafür darf er dort beobachten, wie sich die Erde unter ihm wegdreht => 
Foucaultsches Pendel.

Harald Wilhelms schrieb:
> Das kann nicht passieren, denn ein Beamter bewegt sich nicht!

Zumindest nicht merklich schneller als ein Berg.

von Timm T. (Gast)


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Bernd S. schrieb:
> Und wenn man das Bezugssystem
> der Erd-Koordinaten nimmt, wird sich der Hubschrauber mit der Erde
> fortbewegen. Einen "universellen", oder "absoluten" Stillstand gibt es
> nicht. Denn in Bezug auf ein beliebiges System (die Sonne, der Pluto,
> der Mond, die Erde...) findet immer eine Bewegung statt.

Das ist richtig, und das ist gut so. Sonst würde Dir regelmäßig 
schlecht, weil Du mit 1000km/h um die Erdachse rotierst und oder mit 
100.000km/h um die Sonne fliegst. Auch der "Hubschrauber" unterliegt der 
Trägheit und bleibt erstmal relativ zur Unterlage an der gleichen Stelle 
(genauso wie Du nicht mit 1000km/h rückwärts gegen die nächste Hauswand 
donnerst, wenn Du hochspringst.

Zusätzlich zur Trägheit spielt allerdings der oben angegebene Effekt der 
Drehimpulserhaltung bei Vergrößerung des Durchmessers eine Rolle, der 
für den Versatz von 6m in 24h sorgt. Außerdem gibts da noch die 
Corioliskraft - die es ja eigentlich nicht gibt ;-) -, die für eine 
Drehung des Hubschraubers relativ zur Erdoberfläche sorgt.

von B. O. (t_65)


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Das Beispiel Helicopter ist ein bischen unglücklich gewählt, weil hier 
der Pilot für die Navigation zuständig ist, also die Position seines 
Fluggerätes immer bezogen auf den Startpunkt ausregelt, er kompensiert 
die äußeren Einflüsse.

Es müsste also eine Rakete sein, die genau ihre Gewichtskraft 
beschleunigt (auf 1m Höhe verharrt) und ihre Schubkraft immer direkt 
gegen den Erdmittelpunkt richtet.
Dann könnte man diskutieren, was mit der Position zur Erdoberfläche 
passiert. Immer vorausgesetzt, es weht kein Wind und die Dichte der 
Luft, sowie der Luftwiderstand (cw-Wert) der Rakete sind definiert.

Ich behaupte, dass die Rakete während ihres Aufstieges auf 1m Höhe 
(abhängig vom cw-Wert) ihre Position verändert, in Verharrung nach ihrer 
Horizontalbeschleunigung aber die Position wieder hält.

: Bearbeitet durch User
von Joachim B. (jar)


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Gustavo F. schrieb:
> Kann man meine Ausgangsfrage also so beantworten:
> 1. Gibt es keine Atmosphäre*, dann bewegt sich der Hubschrauber
> horizontal zur Erdoberfläche

ne dann würde er sich vertikal bewegen!

von J.-u. G. (juwe)


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Timm Thaler schrieb:
> Uninteressant für die Fragestellung. Nimm halt einen beliebigen Körper,
> der einen Meter angehoben wird und dort verharrt.

Ja aber was heißt denn nun "verharrt"? Ein Hubschrauber funktioniert 
doch nur aufgrund des Vorhandenseins einer Atmosphäre. Es ist doch 
sinnlos, bei der Betrachtung eines Einzelaspekts des Hubschrauberflugs, 
den Einfluss der Atmosphäre vernachlässigen zu wollen. Letztendlich ist 
die Ausgangsfrage viel zu ungenau spezifiziert.

Im Falle eines "beliebigen" Körpers. Welche Kräfte sind denn nun 
zugelassen und welche nicht? Wenn diese nicht spezifiziert, sondern frei 
wählbar sind, kann jedes Verhalten herbeidiskutiert werden.

Andererseits: Würden die zugelassenen und vernachlässigbaren Kräfte in 
der Fragestellung genau angegeben werden, wäre die Beantwortung der 
Frage einigermaßen trivial.

: Bearbeitet durch User
von Timm T. (Gast)


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J.-u. G. schrieb:
> Welche Kräfte sind denn nun
> zugelassen und welche nicht?

Es sind natürlich alle auftretenden Kräfte zugelassen.

Das Beispiel "Hubschrappschrapp" ist hier ungünstig, weil der sich immer 
in der Luft abstößt und dass zusätzliche Kräfte impliziert.

Als Gedankenexperiment nimm einen Körper, der ohne direkte Kopplung zur 
Erde in einer definierten Höhe schweben kann, und packe ihn zusätzlich 
in ein Vakuum. Also keine Winde, keine Mitnahmeeffekte durch die Luft. 
Wie der Körper schwebt (abstoßendes Magnetfeld, elektrostatisches Feld, 
Antigravitation...) ist erstmal egal.

Dann wirkt immer noch:
- Trägheit => der Körper bewegt sich mit der Erde mit in seiner 
vorherigen Bewegung
- Drehimpulserhaltung => der Körper bleibt etwas zurück aufgrund des 
größeren Radius
- Corioliskraft => der Körper ändert seine Ausrichtung zur Erde

von Michael B. (alter_mann)


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Interessantes Gedankenspiel.
Also ein Körper in einer gewissen Höhe über der Erdoberfläche, keine 
Luftreibung, nur eine konstante?? Ausgleichskraft zur Schwerkraft.
Das übrige Universum existiert noch?
Dann werden Gezeitenkräfte auf unser Objekt wirken und seine Bahn 
allmählich zur Ellipse strecken. Wird die kleine Halbachse dann <= 
Erdradius, erfolgt der "Impakt".
Eine vorsichtige Schätzung der Zeitdauer traue ich mir nicht zu, aber es 
würde ziemlich lange dauern. Eventuell könnte sogar die Präzesion der 
Erdrotation, die ja unser Objekt nicht mitmacht, eher zum Kontakt 
führen.
Klar ist, daß die Landung westlich vom Startpunkt erfolgen würde.

: Bearbeitet durch User
von J.-u. G. (juwe)


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Timm Thaler schrieb:
> Es sind natürlich alle auftretenden Kräfte zugelassen.

> Als Gedankenexperiment nimm einen Körper

Gedankenexperimente sind mit Vorsicht zu genießen und wurden hier schon 
oft (nicht von Dir, Timm) als Belege für allen möglichen Dünnpfiff 
herangezogen.

> Als Gedankenexperiment nimm einen Körper, der ohne direkte Kopplung zur
> Erde in einer definierten Höhe schweben kann, und packe ihn zusätzlich
> in ein Vakuum. Also keine Winde, keine Mitnahmeeffekte durch die Luft.

D.h. keine Reibungskräfte. Die Annahme finde ich ok. Muss halt vorher 
geklärt werden.

Was ist mit "schweben" gemeint? Wenn der Körper eine konstante Höhe von 
1m über der (zunächst als kugelförmig angenommenen) Erdoberfläche 
einhalten soll, müssen sich die Kräfte, die radial zum Erdmittelpunkt 
hin und vom Erdmittelpunkt weg gerichtet sind, ausgleichen.

In einem klassischen Orbit würden sich Zentripetal- (Gravitations-) und 
und Zentrifugalkraft ausgleichen. Da unser Körper keine kosmische 
Geschwindigkeit erreicht, muss die fehlende Zentrifugalkraft durch 
andere, auf den Erdmittelpunkt ausgerichtete Kräfte, kompensiert werden. 
Z.B. durch die von Dir genannten Magnet-, Elektrostatik- oder 
Antigravitationskräfte.

Damit würde sich ein Orbit des Körpers in 1m Höhe ergeben. Das würde zum 
Crash mit Objekten führen, die höher als 1m sind und sich in der Bahn 
des Orbits befinden.

Viele Grüße
Juwe

: Bearbeitet durch User
von Mani W. (e-doc)


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Gustavo F. schrieb:
> Idealisiert betrachtet:
> Angenommen ein Hubschrauber fliegt einen Meter hoch und verhaart in
> exakt dieser Position für eine beliebig lange Zeit.
>
> Würde der Hubschrauber nach einer bestimmten Zeit gegen ein fest auf dem
> Boden stehendes Hindernis (z.B. einen Berg) prallen? Die Erde dreht sich
> ja unter dem Hubschrauber weiter.

Wenn im Umkreis eines steht?
Der Hubschrauberpilot entgegen der Erdrotation steuert?

Wie wird die Position des Hubschraubers bestimmt, damit er auf dieser
theoretischen Stelle verharrt?

Ja, Theorie und Vorstellung schliessen sich nicht aus...
Mani

von Kurt B. (kurt-b)


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Mani W. schrieb:


>
> Wenn im Umkreis eines steht?
> Der Hubschrauberpilot entgegen der Erdrotation steuert?
>
> Wie wird die Position des Hubschraubers bestimmt, damit er auf dieser
> theoretischen Stelle verharrt?

Er beruft sich auf das Koordinatennetz vom GPS mit Hilfe des 
GPS-Systems,
verwendet als Sollpunkt einen Punkt im GPS Koordinatensystem.

 Kurt

von Joachim B. (jar)


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Gustavo F. schrieb:
> Würde der Hubschrauber nach einer bestimmten Zeit gegen ein fest auf dem
> Boden stehendes Hindernis (z.B. einen Berg) prallen? Die Erde dreht sich
> ja unter dem Hubschrauber weiter.

Kurt Bindl schrieb:
> Er beruft sich auf das Koordinatennetz vom GPS mit Hilfe des
> GPS-Systems,
> verwendet als Sollpunkt einen Punkt im GPS Koordinatensystem.

dann hätte er die Frage nicht gestellt, das GPS stellt sicher das der 
Hubi immer an der selben Stelle über der Erde bleibt.

Was denn nun? geostationär oder nicht?

von Paul B. (paul_baumann)


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Der Hubschrauber wird an Höhe gewinnen, sonst wird nichts passieren.
Warum? Der Hubschrauber übt in Form des nach unten gerichteten
Luftstromes der Rotorblätter eine Kraft auf die Erde aus und drückt
die Erde von sich weg nach unten. (Aktion/Reaktion)
Demzufolge entfernt sich die Erde vom Hubschrauber, so daß der relativ
zur Erdoberfläche an Höhe gewinnt, aber sonst die Koordinaten beibehält.
;-)

MfG Paul

von Kurt B. (kurt-b)


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Joachim B. schrieb:
> Gustavo F. schrieb:
>> Würde der Hubschrauber nach einer bestimmten Zeit gegen ein fest auf dem
>> Boden stehendes Hindernis (z.B. einen Berg) prallen? Die Erde dreht sich
>> ja unter dem Hubschrauber weiter.
>
> Kurt Bindl schrieb:
>> Er beruft sich auf das Koordinatennetz vom GPS mit Hilfe des
>> GPS-Systems,
>> verwendet als Sollpunkt einen Punkt im GPS Koordinatensystem.
>
> dann hätte er die Frage nicht gestellt, das GPS stellt sicher das der
> Hubi immer an der selben Stelle über der Erde bleibt.
>
> Was denn nun? geostationär oder nicht?

Da ist er dann geostationär.
Er ist halt einfach nur schneller unterwegs (bezogen auf die Wegstrecken 
Erdoberfläche und 1m drüber des Koordinatensystems), wie schnell er 
unterwegs ist nur dann bezifferbar wenn klargestellt ist gegen was er 
unterwegs ist.
Also ohne Festlegung geht hier Garnichts, denn jeder kann das rauslesen 
was ihm gerade gefällt.

 Kurt

Wenn wir wissen wollen wies in der Natur, also in der Realität ist dann 
ist da eine andere Sichtweise anzusetzen.

von Erwin M. (nobodyy)


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Gustavo F. schrieb:
> Hallo,
>
> neulich hatten wir eine interessante Diskussion im Kollegenkreis. Ich
> würde gerne mal die Meinung eines Physikers dazu hören.
>
> Idealisiert betrachtet:
> Angenommen ein Hubschrauber fliegt einen Meter hoch und verhaart in
> exakt dieser Position für eine beliebig lange Zeit.
>
> Würde der Hubschrauber nach einer bestimmten Zeit gegen ein fest auf dem
> Boden stehendes Hindernis (z.B. einen Berg) prallen? Die Erde dreht sich
> ja unter dem Hubschrauber weiter.

Ja, logisch und das ist auch der Grund weshalb es am Äquator so laut 
ist: Die Erde dreht sich unter der Luft mit Überschallgeschwindigkeit!

Und wenn der Hubschrauber richtig verharrt, keine Rotation mitmacht, ist 
er entweder in sekundenschnelle aus der Atmosphäre oder am Boden 
zerschellt, denn die Erde rotiert um den gemeinsamen Schwerpunkt mit dem 
Mond, um die Sonne, um das galaktische Zentrum, in der Lokalen Gruppe 
usw..
Nur gibt es bisher keinen Antrieb, mit dem ein solches rotationsloses 
Verharren möglich ist.

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