Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Bessel-Filter-Dimensionieren


von MaxK (Gast)


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Hallo,

ich hoffe hier im Forum kann mir jemand weiterhelfen.

Und zwar brauche ich für eine EKG-Schaltung einen Filter. Der Filter 
soll Frequenzen unterhalb von 10 Hz durchlassen und alles was drüber ist 
rausfiltern.

Nun nach einiger Recherche habe ich erfahren dass ein Bessel-Filter 4. 
Ordnung sich gut dafür eignet als ein Tiefpass-Filter. Und da ein 
IC-Baustein sehr teuer ist, möchte ich einen Filter selber 
dimensionieren.

Mein Problem aber ist, wie ich diesen Filter dimensionieren soll.

http://www.analog.com/designtools/en/filterwizard/#/specifications

Auf dieser Seite kann man den Filter modifizieren, jedoch verstehe ich 
nicht ganz welchen Wert ich für Gain benutzen soll (0 dB?)

Passband steht ja dafür, welche Frequenzen durchkommen dürfen (also bis 
10 Hz, aber wieviel dB?).
Stopband müsste ja bei einem Bessel-Filter egal sein, denke ich (ist 
wahrscheinlich bei einem Bandpass-Filter von Bedeutung)

Und welche Ordnung sollte mein Filter haben, wonach richtet sich dieser 
Wert? Würde mir ein Bessel-Filter 1. Ordnung nicht ausreichen?

von Jochen F. (jamesy)


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Der MF10 ist ein IC, sollte das schaffen. Auch für den gibt es Design 
Tools. Ansonsten mal in den Tietze-Schenk gucken oder ein freies 
Filterdesignprogramm aus dem Netz bemühen.

: Bearbeitet durch User
von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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MaxK schrieb:
> Auf dieser Seite kann man den Filter modifizieren, jedoch verstehe ich
> nicht ganz welchen Wert ich für Gain benutzen soll (0 dB?)

Jo, 0db ist erstmal deine Referenz. Das Filter soll ja nicht verstärken, 
sondern unerwünschte Frequenzen abschwächen.

MaxK schrieb:
> Passband steht ja dafür, welche Frequenzen durchkommen dürfen (also bis
> 10 Hz, aber wieviel dB?).

Im Allgemeinen ist die Grenzfrequenz des Filters diejenige, bei der das 
Signal um -3db abgeschwächt wird.

MaxK schrieb:
> Und welche Ordnung sollte mein Filter haben, wonach richtet sich dieser
> Wert? Würde mir ein Bessel-Filter 1. Ordnung nicht ausreichen?

Schau dir die Grafik an. Wenn dir das Filter steil genug ist, nimm eines 
der 1. Ordnung, ansonsten musst du höher gehen. Bassel ist recht 
unkritisch in der Bauteiletoleranz, das steht aber auch bei Analog in 
der Beschreibung der Filtertypen.

: Bearbeitet durch User
von Dennis X. (Gast)


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Mache doch deine -3dB Grenze auf deine gewünschte Frequenz von 10Hz. 
Dannach erreichst du bei einem Bessel 4. Ordnung ungefähr bei 180Hz 
-80dB. Die komplette Auslegung macht dir doch das Online Tool.
Das von dir gewünschte Verhalten gleicht einem perfekten Tiefpass... Ob 
du wirklich einen solch starken TP brauchst musst du ja wissen.
Was eben bei solchen Filterberechnungen immer ist, dass du deine 
Knickfrequenz bei -3dB angiebst. Heißt du verliest kurz vor diesem Punkt 
schon an Amplitude. Wenn du dem entgegenwirken willst, nimmst du ein 
Gain von +3dB und deine Knickfrequenz liegt genau bei 0dB. Ab da geht es 
dann steil bergab ;-)

von Helmut S. (helmuts)


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> Wenn du dem entgegenwirken willst, nimmst du ein
Gain von +3dB und deine Knickfrequenz liegt genau bei 0dB. Ab da geht es
dann steil bergab ;-)

Dafür hat man bei tieferen Frequenzen dann +3dB. Somit gewinnt man 
dadurch bezüglich Bandbreite und Dynamikumfang gar nichts. Also besser 
bei Verstärkung 1 bleiben. Bei Verstärkung 1(0dB) hat man 2 Bauteile 
weniger die in die Toleranz des Tiefpasses eingehen.

: Bearbeitet durch User
von Dennis X. (Gast)


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Helmut S. schrieb:
> Dafür hat man bei tieferen Frequenzen dann +3dB. Somit gewinnt man
> dadurch bezüglich Bandbreite und Dynamikumfang gar nichts. Also ruhig
> bei Verstärkung 1 bleiben.

Ich dachte bei einem eher schwachen Signal (EKG?) lieber im Pass-Bereich 
auch wirklich durchzulassen und dafür in Kauf nehmen, dass man weiter 
oben dann halt keine -60 sondern vielleicht "nur" -57 hat, oder hab ich 
was übersehen?

von MaxK (Gast)


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Okey, erstmal vielen Dank für die Antworten.

Also d.h. wenn ich keine Verstärkung bzw. eine Verstärkung von 1 möchte, 
so setze ich den Wert bei Gain auf 0dB.

Den "Stopband" brauche ich nicht zu berücksichtigen, wenn ich das 
richtig verstanden habe.

Und den "Passband" setze ich ja auf die 10Hz, da ich Frequenzen oberhalb 
von 10Hz rausfiltern möchte.

Der einzige Punkt ist, was ich nicht verstanden habe, was unterscheidet 
-3dB von -20dB. Also klar, ich sehe das bei -20dB die Kurve steiler 
abfällt als bei -3dB, aber inwiefern ich das berücksichtigen muss, ist 
mir noch nicht ganz klar.

Wenn oberhalb von 10Hz die Kurve steil abfällt z.B. mit -20dB oder ganz 
im Gegenteil nur mit -3dB, kann mir doch egal sein, da für mich nur 
Frequenzen unterhalb von 10 Hz wichtig sind, oder nicht? Habe ich da 
eventuell einen Denkfehler?

von F. F. (foldi)


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Filterlab von Microchip ist dein Freund.
Alleine mit dem Handbuch dazu wirst du eine Menge mehr von dem 
Filterdesign verstehen.

: Bearbeitet durch User
von Guest (Gast)


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Sicher dass du einen Besselfilter brauchst? Maximalflache 
Gruppenlaufzeit ist relevant? Ansonsten waere eine Tschebyschef oder 
Cauer Filter vielleicht wegen steilerem Frequenzgang besser.

Du musst deine Anforderungen genauer spazifizieren. 10Hz Grenzfrequenz 
und 0db Passbandgain heissen lediglich, dass bei 0Hz die Verstaerkung 1 
ist und bei 10Hz 0,5. 20db entsprechen wenn ich mich recht erinnere 
Faktor 10 in der Amplitude, -20db Daempfung bei 100Hz heisst also, dass 
Signalanteile von 100Hz mit 0,1 gewichtet werden.

von Günter R. (guenter-dl7la) Benutzerseite


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Du bist dir hoffentlich darüber im Klaren, dass der qrs-Komplex hinter 
dem Filter  - mal milde ausgedrückt - 'anders' aussehen wird. Falls du 
nur die Pulsfrequnez brauchst oder Myo-Signale oder den 50 Hz-Brumm 
unterdrücken willst, ok. Ansonsten empfiehlt sich aber, das Ganze erst 
einmal zu simulieren. Vernünftige EKG-'Filterung' ist ein ziemlich 
dickes Brett.

von Helmut S. (helmuts)


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Als erstes sollte man mal den Stand der Technik ergründen. Dazu nimmt 
man Google und ackert sich mal durch ein paar Dutzend Treffer durch.

Google: tiefpass ekg

von F. F. (foldi)


Angehängte Dateien:

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Ich möchte dir doch noch mal FilterLab ans Herz legen. Damit kannst du 
auch ohne tiefere Kenntnisse deine Filter ausprobieren.
Dazu hat das Programm auch noch einen Wizard.

von Ulrich H. (lurchi)


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Sofern man das Signal nicht direkt analog darstellen will, sondern 
digitalisieren will, wird man die Grenze für die analoge Filterung höher 
(z.B. 40-100 Hz)legen, das Signal dann digitalisieren und die 
entscheidende Filterung digital machen.  Ein analoger Notch bei 50 Hz 
macht ggf. noch Sinn. Je AD Wandler und Abtastrate ist das analoge 
Filter dann recht unkritisch.

von MaxK (Gast)


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Also das Signal gelangt von der Elektrode direkt zum 
Operationsverstärker, wird hier erst verstärkt, anschließend wird es 
gefiltert (50Hz rauschen soll rausgefiltert werden) und dann zum A/D 
Wandler des Mikrocontrollers.

von Günter R. (guenter-dl7la) Benutzerseite


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direkt von der Elektrode? Vermutlich/hoffentlich hast du da noch einen 
Trennverstärker wie den guten alten AD284J mit etwas Gain dazwischen und 
benutzt auch driven ground. 50 Hz zu notchen ist analog zwar gangbar, 
aber aufwendig (gibt hässlichen Phasengang wie alle analogen Filter, 
Bessel ist schon das Beste hier) und wird deswegen heute nur noch 
digital gemacht (lässt sich z.B. durch geeignete Wahl der Abtastfrequenz 
recht einfach realisieren).

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