Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Messgenauigkeitangaben Multimeter


von Bastler (Gast)


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Hallo Forum,

Spezifikation Spannungsmessung bis 20V: +-(1% + 2Digit)

Wenn ich vom wahren Spannungswert von 1V ausgehe, dann lässt 1% den
Anzeigebereich auf 0.99 .. 1.01 Volt auffächern. Das Display ist 3 1/2
und wie ich das verstanden habe, ist es in der Lage die Werte von
0 bis 2000 darzustellen. Wenn ich den Messwert mit 1% Fehler in
den Darstellungsbereich "2000" caste, bekomme ich 0.990 .. 1.010.
Wenn ich nun 2Digits berücksichtige, dann kann mir Multimeter bei
anlegen von wahren 1V alles zwischen 0.988 .. 1.012V anzeigen.

Ist diese Interpretation/Verständnis der Spezifikation korrekt?

Gruß

von René S. (thebit)


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Die 1% beziehen sich auf den Messbereichsendwert, bedeutet z.B. 
Messbereich 20V +-1% = 0,2V Abweichung. 2 Digits bedeuten Messbereich 
geteilt durch Anzahl der Digits. Bei 3 1/2, also von 0000 bis 1999 = 
2000 Digits, sowie 20V MB bedeutet das 20V/2000 =0,01V. Insgesamt eine 
Abweichung von +- 0,21V

Gruß René

von oder (Gast)


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René S. schrieb:
> 0,21V

0 , 2 2 V

von René S. (thebit)


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ups ... ja +-0,22V waren ja 2 Digits... sei mal der Uhrzeit geschuldet 
:)

Noch als Anmerkung: Immer versuchen im letzten Drittel des Messbereichs 
zu messen, heißt wenn du 1 V messen willst ist der 2V Messbereich, 
sofern vorhanden, genauer als der 20V Bereich. Allerdings sind die 
absoluten Fehlergrenzen rein zur Interpretation des Messergebnisses 
nützlich. Es sei denn du hast eine geeichte Referenzspannungsquelle.


Gruß René

von Bastler (Gast)


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Vielen Dank
Was dazugelernt.

Ist dieses, wie soll man es nennen, "Algorithmus" eine Art 
Quasistandard?
Konkret suche ich mir ein Multimeter und vergleiche Benning MM 7-1
und Fluke 175. Habe mich etwas reingelesen.

Fluke schreibt
Genauigkeit ( ± [ % des Meßwerts ] + [ Zählimpulse ] )
es hätte dann heißen sollen
Genauigkeit ( ± [ % des Meßwertbereiches ] + [ Zählimpulse ] )
Die Tatsache, dass die Messungen im autorange getätigt werden,
verkompliziert die Genauigkeitsüberlegungen. Woher weiß ich,
ob das Ding den kleinsten Messbereich auswählt?

Schade, dass weder im Benning noch im Fluke Datenblatt keine
eingehende Erklärungen gibt.

von René S. (thebit)


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Bei Autorange wählt das Messgerät normalerweise den kleinstmöglichen 
Messbereich, heißt das Komma soweit links wie es der Messwert zulässt. 
Die Messbereiche des Autorange entsprechen dabei normalerweise denen die 
man auch manuell einstellen kann. Wenn die Messwert schreiben vermute 
ich das die so geschickt A/D wandeln und rechnen das der Wert 
entsprechend genau ist.

Ich nutze beruflich ein Fluke 115 dort ist das für die Spannungsbereiche 
auch so angegeben. Daher da Messwert +- % aber die Digits berechnet über 
Messbereich / Digits. Für alle anderen Messfunktionen sind auch beim 115 
nur % und Digits angegeben, daher dann auf den Messbereichsendwert 
bezogen.

Gruß René

von oder (Gast)


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Ja, bei DMM finde ich die Fluke auch nicht schlecht. Für andere 
Messgeräte nehme ich aber lieber andere Marken.

von Oliver R. (orb)


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Bastler schrieb:
> Die Tatsache, dass die Messungen im autorange getätigt werden,
> verkompliziert die Genauigkeitsüberlegungen.

Bei digitalen Messgeräten bezieht sich die prozentuale Abweichung auf 
den angezeigten Wert, bei analogen auf den Skalenendwert.
Bei analogen Instrumenten ist der Messfehler nicht linear und an 
Skalenende am kleinsten, bei den digitalen gibt dieses mechanische 
Problem nicht.

von Reinhard #. (gruebler)


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René S. schrieb:
> Die 1% beziehen sich auf den Messbereichsendwert,

Nicht bei Digital-Multimetern.

Oliver R. schrieb:
> Bei digitalen Messgeräten bezieht sich die prozentuale Abweichung auf
> den angezeigten Wert, bei analogen auf den Skalenendwert.
> Bei analogen Instrumenten ist der Messfehler nicht linear und an
> Skalenende am kleinsten, bei den digitalen gibt dieses mechanische
> Problem nicht.

Genau so.

von Harald W. (wilhelms)


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René S. schrieb:

> Es sei denn du hast eine geeichte Referenzspannungsquelle.

Mit so etwas beschäftigen sich die Eichämter nicht.

von oszi40 (Gast)


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Es gibt allgemein 2 Genauigkeiten:
-die analoge
-die digitale (die scheinbar durch xxxxxx Stellen "genau" angezeigt 
wird, aber nicht genauer sein kann, als der ins Digitale umgewandelte 
Wert). Hinzu kommt noch, daß man nicht bei jeder Umgebungstemperatur die 
selben Werte messen wird.

von RainerK (Gast)


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Harald Wilhelms schrieb:
> Mit so etwas beschäftigen sich die Eichämter nicht.

Aber von der PTB zugelassene private Dienstleister / Prüfinstitute

Es grüßt RainerK

von Anja (Gast)


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Bastler schrieb:
> dann kann mir Multimeter bei
> anlegen von wahren 1V alles zwischen 0.988 .. 1.012V anzeigen.
>
> Ist diese Interpretation/Verständnis der Spezifikation korrekt?

Prinzipiell ja sofern die 1% sich auf den Messwert beziehen.
Digitale Instrumente sind oft prozentual auf den Messwert + Anzahl 
counts bezogen.
Analoge Instrumente haben normalerweise immer bezogen auf den 
Skalenendwert.

Natürlich gilt die Angabe nur bei der Kalibriertemperatur.
(Meist 23+/-5 Grad).
Außerhalb dieses Bereiches kommt noch eine Temperaturdrift dazu.
Bei billigen Multimetern sind dies bis zu 150 ppm/K.

Gruß Anja

von thomas s (Gast)


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Es ist ja schon fast alles gesagt, nur noch nicht von allen.

Die oben angegebene Fehlergrenze von ± (1% ± 2 Digit) ist noch nicht 
ganz aussagefähig, es muss irgendwo dabei stehen, ob es auf den Messwert 
oder auf den Endwert bezogen ist. Wenn nix dabei steht, ist der Endwert 
zu unterstellen, da hier die Zahlen schön klein sind, das machen manche 
Hersteller ganz gerne. Die Fehlergrenze ist rechteckverteilt, gilt nur 
in einem angegebenen Temperaturbereich und ist bei Neugeräten für zwei 
Jahre zu garantieren.

Bei der DAkkS-Kalibrierung eines Multimeters wird neben den 
Eigenschaften der verwendeten Normale und dem Einfluss des Verfahrens 
das Verhalten des Kalibriergegenstandes berücksichtigt. Hier ist der TK 
eingerechnet. Die im Kalibrierschein angegebene Messunsicherheit ist 
normalverteilt mit einem Vertrauensniveau von 95 % und enthält i.d.R. 
eine Aussage zur Konformität des Kalibriergegenstandes zum Datenblatt, 
wenn eindeutig zuordenbar. Was nicht enthalten ist, ist eine Prognose 
des Langzeitverhaltens: Im Kalibrierschein stehen nur Messergebnisse, 
die zum Zeitpunkt der Kalibrierung gültig sind.

Das Langzeitverhalten ist dem Datenblatt zu entnehmen und muss bei der 
Interpretation der Messergebnisse berücksichtigt werden.

Der Kalibrierschrat

von oszi40 (Gast)


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> Der Kalibrierschrat

Auch ein 101% genaues Messgerät schützt den DAU nicht vor 
Elektronik-Rauch oder einer Fehlmessung. :-)

von Guido C. (guidoanalog)


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Hallo,

ich hänge mich kurz an dieses Thema ran. Kennt jemand von Euch ein Buch 
oder eine "Application Note", in der die Problematik bezüglich "v. E" 
(vom Endwert) bzw. "v. M" (vom Messwert) näher beschrieben wird. Dies 
wäre manchmal als Argumentationshilfe hilfreich.

Mit freundlichen Grüßen
Guido

von m.n. (Gast)


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Guido C. schrieb:
> Kennt jemand von Euch ein Buch
> oder eine "Application Note", in der die Problematik bezüglich "v. E"
> (vom Endwert) bzw. "v. M" (vom Messwert) näher beschrieben wird.

Das Datenbuch (oder auch Blatt) von besseren Herstellern. In der Regel 
in Englisch oder auch in Deutsch - aber nicht auf Chinesisch!

Bastler schrieb:
> Fluke schreibt
> Genauigkeit ( ± [ % des Meßwerts ] + [ Zählimpulse ] )
> es hätte dann heißen sollen

Dann 'hätte es nicht heißen sollen' sondern muß so sein und ist ein 
Reklamationsgrund, wenn es nicht so ist.

von René S. (thebit)


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Reinhard ## schrieb:
> René S. schrieb:
>> Die 1% beziehen sich auf den Messbereichsendwert,
>
> Nicht bei Digital-Multimetern.

Da irrst du dich. Auch bei DMM gilt Messbereichsendwert solange nicht 
explizit Messwert dabei steht. Das wurde mir einerseits von Agilent mal 
bei nem Measurement Day gesagt und auch unser Prof. in Messtechnik lehrt 
das so.
Das betrifft allerdings meist nur Geräte ohne Autorange weil hier nicht 
unbedingt der D/A Wandler das Problem ist sondern das 
Widerstandsnetzwerk welches in den Messzweig geschaltet wird.

Agilent geht sogar noch einen Schritt weiter.

Steht da ±(1% + 2 Digits) heißt das die prozentuale Abweichung und die 
Digits gehen in beide Richtungen

Steht da ± 1% + 2 Digits heißt das prozentuale Abweichung in beide 
Richtungen, Digits nur positiv


Gruß René

: Bearbeitet durch User
von Harald W. (wilhelms)


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RainerK schrieb:

> Harald Wilhelms schrieb:
>> Mit so etwas beschäftigen sich die Eichämter nicht.
>
> Aber von der PTB zugelassene private Dienstleister / Prüfinstitute

Nein, "Eichen" können nur Eichämter und zwar nur wenige, gesetzlich
vorgeschriebene Meßgrößen. Selbst die PTB kann und darf nicht eichen.

von thomas s (Gast)


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> oszi40 (Gast)

Das ist allerdings ein weites Feld. Andererseits lebt unsere 
Service-Abteilung auch zum Teil davon, was andere nicht so unbedingt 
richtig machen...

von Dieter W. (dds5)


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René S. schrieb:
> Da irrst du dich. Auch bei DMM gilt Messbereichsendwert solange nicht
> explizit Messwert dabei steht. Das wurde mir einerseits von Agilent mal
> bei nem Measurement Day gesagt und auch unser Prof. in Messtechnik lehrt
> das so.

Das ist allerdings wirklich erstaunlich.

Wenn die prozentuale Abweichung auf den (festen) Messbereichsendwert von 
z.B. 2000 bezogen wäre, ergibt sich daraus nämlich eine Konstante.

0,1% von 2000 sind bekanntlich 2, da fragt man sich was die Angabe +-2 
+-2 für einen Sinn ergeben sollte.

Rein rechnerisch wäre auf die Weise auch eine Anzeige von -4 bei 
Eingangsgröße 0 möglich, finde ich ziemlich abwegig.

Ich habe 15 Jahre bei einem Hersteller von analogen und digitalen 
Messgeräten gearbeitet und da war die prozentuale Abweichung bei 
Digitalgeräten immer auf den Messwert bezogen, auch ohne zusätzliches 
v.M.

: Bearbeitet durch User
von René S. (thebit)


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Dieter Werner schrieb:
> Wenn die prozentuale Abweichung auf den (festen) Messbereichsendwert von
> z.B. 2000 bezogen wäre, ergibt sich daraus nämlich eine Konstante.
>
> 0,1% von 2000 sind bekanntlich 2, da fragt man sich was die Angabe +-2
> +-2 für einen Sinn ergeben sollte.
>
> Rein rechnerisch wäre auf die Weise auch eine Anzeige von -4 bei
> Eingangsgröße 0 möglich, finde ich ziemlich abwegig.

hmmm ich glaube da reden wir gerade aneinander vorbei. Mit 
Messbereichsendwert ist ja nicht die größte darstellbare Zahl gemeint. 
Hier ist der höchste im Messbereich messbare Wert gemeint. Messgeräte 
mit 3 1/2 stelliger Anzeige gehen ja von 0000 bis 1999. Hier beziehen 
sich die 2% nicht auf die 1999 sondern auf den eingestellten Messbereich 
z.B. 1V, das wären dann ±0,02V bei Messbereich 1000V wären es ±2V. Wenn 
jetzt noch ±2 Digits dazu kommen wären das bei 1V Messbereich 1V/2000 * 
2 = 0,001V, beim 1000V Messbereich 1000V/2000 * 2 = 1V

Insgesamt ergibt sich dann im Messbereich 1V
Anzeigewert ± 0,021V heißt wenn ich 1V Messe Anzeige von 0,979 - 1,021

im Messbereich 1000V
Anzeigewert ± 3V heißt Anzeige von 0997 bis 1003

Dazu kommen in beiden Fällen noch Abweichungen durch den Widerstand der 
Messleitung, Übergangswiderstand der Messspitze zum Messpunkt sowie bei 
hochohmigen Schaltungen der Innenwiderstand des Messgerätes der ja bei 
Spannungsmessung einen Parallelwiderstand zur RLast darstellt was dann 
wenn wir mal auf Ersatzschaltung vereinfachen bedeutet:

UMess = (Ri_u/(Ri_u+RLast||Ri_m))*Uq.
Wobei sich Ri_u zusammensetzt aus dem Innenwiderstand der 
Spannungsquelle + aller Leitungswiderstände + Übergangswiderstände der 
Messpunkte/Steckbuchsen am Messgerät

Das wird dann allerdings sehr wissenschaftlich. Solche genaue Messungen 
sind doch eher theoretisch in Laborversuchen der Raumfahrtindustrie zu 
hause. Ich denke da bloß an die Aktivierungssequenz der Apollo 
Raumfahrzeuge bei denen es drauf ankommt in welcher Reihenfolge die 
Instrumente zugeschaltet werden damit nicht mit den Einschaltströmen die 
Spannungsversorgung zusammenbricht.

Gruß René

von m.n. (Gast)


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René S. schrieb:
> im Messbereich 1000V
> Anzeigewert ± 3V heißt Anzeige von 0997 bis 1003
>
> Dazu kommen in beiden Fällen noch Abweichungen durch den Widerstand der
> Messleitung,

Nicht zu vernachlässigen sind ferner die Thermospannung und der Stand 
des Mondes :-(
So eine Spannungsmessung darf eigentlich nur von zertifiziertem Personal 
durchgeführt werden.

von René S. (thebit)


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m.n. schrieb:
> Nicht zu vernachlässigen sind ferner die Thermospannung und der Stand
> des Mondes :-(

Stimmt hatte ich komplett übersehen. Da durch wird jetzt endlich alles 
klarer :-)

Aber wie oben schon gesagt man muss das im Gesamten betrachten

Die Genauigkeitsangaben sind Grenzwerte. Das Vertrauensniveau liegt bei 
95%, bedeutet ja 5% aller Geräte haben exakt die angegebene Abweichung 
an einem der beiden Grenzwerte, 95% alle Messgeräte sind noch genauer.
Das heißt am Ende nicht anderes als nach Gaußscher Normalverteilung ist 
der Angezeigte Wert zu 95% auch der tatsächlich gemessene Wert. Wobei 
das wiederum nicht heißt der Wert weicht um 5% ab sondern es gibt eine 
5%ige Chance das der angezeigte Wert nicht der wahre Messwert ist. Aber 
auch das ist abhängig davon wo und wann dein Messgerät hergestellt 
wurde, welche Mondphase beim Herstellen des A/D Wandler vorlag und in 
welchem Tierkreiszeichen sich der Mond gerade befand oder ob man sich 
beim dotieren der pn-Übergänge bei den Atomen verzählt hat (^^ SCNR)


Gruß René

von Ulrich H. (lurchi)


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Die Aufteilung in eine prozentuale Abweichung und einen Angabe in Digits 
macht man weil es einen Fehler Anteil proportional zum Wert gibt (z.B. 
die Ref. Spannung oder die Teiler) und einen Fehler der ungefähr 
unabhängig vom Wert ist (etwa Nullpunktfehler des ADCs oder Rauschen bei 
AC Bereichen).
Es würde keinen Sinn machen die Angabe +-1% und +-2 Digits beides auf 
den Messbereich zu beziehen, dann könnte man die beiden Größen nämlich 
auch gleich zusammenfassen.

Bei guten Geräten gibt es ggf. Angaben wie +-0.001% vom Messbereich +- 
0.01% vom Messwert. Die Angabe vom Messbereich ersetzt dabei die Angabe 
der Digits - im Prinzip ist das aber äquivalent.

Bei den analogen Geräten konnte man meist auf den Anteil proportional 
zum Messwert verzichten, weil da der der konstante Teil überwogen hat. 
Im Prinzip hatte man auch da beide Teile.

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