Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Rth von Kühlkörper und Wärmeleitfolie


von Thermimox (Gast)


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Hallo,

im Wiki-Artikel IGBT http://www.mikrocontroller.net/articles/IGBT gibt's 
grad ein Hin und Her zwischen den RTh Werten von Kühlkörper und 
Wärmeleitfolie. Und ich möchte es lieber hier diskutieren, als in der 
Diskussionsseite des Wikiartikels, oder gar im Änderungslog.

Die bisherigen (beispielshaften) Werte von 2K/W eines Kühlkörpers und 
0.2K/W einer Wärmeleitfolie wurden vertauscht.

Ich bin jedoch der Ansicht, dass in einem Aufbau der thermische 
Widerstand der Wärmeleitfolie deutlich geringer ist, als der des 
Kühlkörpers.

Beide Beispiele bei Raumtemperatur 20 Grad:

A)
Rth KK: 2K/W, Folie: 0.2K/W
Temperatur des Halbleiters: 130Grad. Temperatur auf der 
gegenüberliegenden Seite der Wärmeleitfolie, also Oberfläche Kühlkörper: 
120Grad.

B)
Rth KK: 0.2K/W, Folie: 2K/W
Temperatur des Halbleiters: 130Grad. Temperatur auf der 
gegenüberliegenden Seite der Wärmeleitfolie, also Oberfläche Kühlkörper: 
30Grad.

Was sind denn Werte aus der Praxis?

von Thermimox (Gast)


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Wenn ich mir die 2 Datenblätter anschaue und beide auf 10x10cm 
"normiere", dann würde ich sogar sagen, dass die RThs von KK und 
Wärmeleitfolie in ähnlichen Dimensionen liegen:

http://www.reichelt.de/Profilkuehlkoerper/V-PR173-100/3/index.html?&ACTION=3&LA=2&ARTICLE=35401&GROUPID=3383&artnr=V+PR173%2F100
(1.3K/W)

http://www.farnell.com/datasheets/1844663.pdf
(1,1K/W, bzw 0.5K/W)

von Possetitjel (Gast)


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Thermimox schrieb:

> Wenn ich mir die 2 Datenblätter anschaue und beide auf 10x10cm
> "normiere",

Ist unrealistisch.

Ein Kühlkörper von (100x160x40)mm^3 ist zwar ein ganz schöner
Klotz, aber noch machbar. Kühlkörper bis ungefähr 0.3K/W
sind handelsüblich; als mittleren Wert für ein Rechenbeispiel
würde ich 2K/W gelten lassen.

Die Kontaktfläche eines TO220 oder TO264 ist aber halt so,
wie sie ist. Das sind 2...3 cm^2, wenn es gut kommt. 1K/W
halte ich für deutlich zu optimistisch. Glimmer kommt ganz
gut weg, aber die Datenblatt-Werte für die Wärmeleitfolien
finde ich gräuslich bis katastrophal. Bin selber überrascht.

Grobe Überschlagsrechnung für die Fischer-Folie von Reichelt
liefert ungefähr 4K/W (für 1cm^2, also ungefähr TO220).

von Michael K. (Gast)


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Possetitjel schrieb:
> die Datenblatt-Werte für die Wärmeleitfolien
> finde ich gräuslich bis katastrophal

Was erwartest Du ?
http://de.wikipedia.org/wiki/W%C3%A4rmeleitung
Schau Dir mal 'Elektrisch leitfähige Festkörper'
und 'Dielektrische Festkörper' an.

Ein elektrischer Isolator ohne frei bewegliche Elektronen, ohne 
Metallgitterbindung kann nur die Unebenheiten überbrücken und damit 
besser als Luft sein.

Warum glaubst Du werden so große Klimmzüge unternommen um mit komplexen 
Kühlsystemen und Bauteilanbindungen die Wärme wegzubekommen ?

von Volker K. (powerfreak)


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Hallo,
ja, ich gebe zu, die 0,2K/W vom Kühlkörper ist schon ein recht guter 
Wert. Ich komme aus einem Bereich, in dem auch mehrere kW kein Problem 
sind. Unabhängig davon sind 0,2k/W schon mit einem "kleinen" Kühlkanal 
mit Luft-Zwangskühlung erreichbar, 
[http://de.rs-online.com/web/p/kuhlkorper/6920663/].

Als nächstes such bitte mal nach elektrisch isolierenden Folien (nein, 
nicht die mit Kohlenstoff Nanopartikel, die sind VIEL zu teuer und 
besitzen keine elektrische Isolationsfähigkeit) mit einer "1" vor dem 
Komma - immer bezogen auf einen TO220.
Wenn Du bereit bist Geld auszugeben, dann findest Du unter Anderem 
1,2..1,4K/W - laut Datenblatt - und wenn man das dann Aufbaut, mißt und 
nachrechnet, sind es ca 1,7..2,0 K/W. Auch hier wiederum aufpassen, denn 
der Wert sollte kein "Zufallserfolg" sein, sondern reproduzierbar.
Warum gibts die Unterschiede von "Datenblatt" zu "Realität"?
1. Der Wärmeübergang von Gehäuseboden IN die Folie und von Folie IN den 
Kühlköfper ist nicht Bestandteil des Datenblattwertes, und sowohl von 
der Oberfläche des Kühlkörpers, als auch von Struktur und Beschaffenheit 
der Folienoberfläche abhängig.
2. Oft werden Angaben mit Gehäuseformen bzw. der Fläche eines Bauteiles 
(z.B. TO220 = ca 1,6cm) gemacht, aber die WIRKSAME Gehäusefläche eines 
TO220 ist im Bereich von ca 1cm² siehe 
[Beitrag "Re: Suche Schaltplan Labornetzteil Conrad NG-302"]. Die 
Kunststoffpressmasse hat eine deutlich schlechtere Wärmeleitfähigkeit 
und kann gegenüber Kupfer fast ignoriert werden.

Fazit:
- Wenn Du eine gute Isolierfolie Dein Eigen nennst, dann kannst Du die 
2k/W schaffen. Wenn Du es nicht glaubst, bitte miß nach... ich habs 
gemacht.
- Den Wert kann man jedoch nicht einfach mit der des Kühlkörpers 
tauschen... außerdem fliegt dann die gesamte Berechnungskette DES 
BEISPIELS nicht mehr, da die Bauteiletemperatur dann zu hoch wird.

von Pandur S. (jetztnicht)


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Eine handeluebliche Kaptonfolie (77um) fuer einen TO247, TO218, TO248 
(21 x 24mm) ist mit ca 0.2 K/W  spezifiziert.

Man muss ja keinen gepressten Muell verwenden .. :-)

: Bearbeitet durch User
von Gerd E. (robberknight)


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Jetzt Nicht schrieb:
> Eine handeluebliche Kaptonfolie (77um) fuer einen TO247, TO218, TO248
> (21 x 24mm) ist mit ca 0.2 K/W  spezifiziert.

hast Du nen Link auf ein konkretes Datenblatt?

Wie sieht es da dann mit der Isolation aus? Es geht hier um den 
IGBT-Artikel, das impliziert mindestens ein paar Hundert Volt.

: Bearbeitet durch User
von Thermimox (Gast)


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Bedeutet das dann für die Praxis, dass bei einer Wärmeleitfolie mit 2K/W 
ein Kühlkörper mit 10mal besserem Rth eigentlich überdimensioniert ist?

von Possetitjel (Gast)


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Michael Knölke schrieb:

> Possetitjel schrieb:
>> die Datenblatt-Werte für die Wärmeleitfolien
>> finde ich gräuslich bis katastrophal
>
> Was erwartest Du ?

Ich habe nichts spezielles erwartet. Ich war einfach nur
überrascht. Passiert Dir das nie?

von Pandur S. (jetztnicht)


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@ Autor: Gerd E. (robberknight)

>> Jetzt Nicht schrieb:
>> Eine handeluebliche Kaptonfolie (77um) fuer einen TO247, TO218, TO248
>> (21 x 24mm) ist mit ca 0.2 K/W  spezifiziert.

>hast Du nen Link auf ein konkretes Datenblatt?
>
>Wie sieht es da dann mit der Isolation aus? Es geht hier
>um den IGBT-Artikel, das impliziert mindestens ein paar
>Hundert Volt.

Aeh. Ja. Die Folie macht 7kV oder so. Datenblatt siehe :

http://www.fischerelektronik.de/web_fischer/de_DE/K%C3%BChlk%C3%B6rper/E01.05/Kapton%20Isolierscheiben/PR/KAP218_/index.xhtml

Dann einfach die spezifizierten 0.15K/W  von 1 quadratzoll auf die 
effektive Flaeche runterskalieren.

von siggi (Gast)


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Thermimox schrieb:
> Bedeutet das dann für die Praxis, dass bei einer Wärmeleitfolie mit 2K/W
> ein Kühlkörper mit 10mal besserem Rth eigentlich überdimensioniert ist?

Du hast das Prinzip nicht verstanden.

von Volker K. (powerfreak)


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Jetzt Nicht schrieb:
> Eine handeluebliche Kaptonfolie (77um) fuer einen TO247, TO218, TO248
> (21 x 24mm) ist mit ca 0.2 K/W  spezifiziert.

Ja, ist schon richtig, aber warum nimmt dann nicht jeder Kapton Folie? 
(auf einen TO220 umgerechnet sind das übrigens auch wieder ca. 1k/W... 
für die Folie...)



@Thermimox:
Jeder Wärmeübergangswiderstand = R_th sorgt für eine entsprechende 
Temperaturerhöhung.

Da jedes Bauteil eine zulässige Maximaltemperatur hat, und auch die von 
Dir gewünschte Lebensdauer der Bauteile direkt von der Temperatur 
abhängt, muß Du eine "Gesamtlösung" wählen, die zu Deiner 
Problemstellung paßt.
Wenn für Dein Problem die zulässige Bauteiletemperatur d.h. hier die 
Junction Temperatur 150°C betragen darf, dann wäre in meinem Beispiel 
auch 1K/W ausreichend gewesen... aber das Beispiel an sich ist nicht 
falsch.
In diesem speziellen Fall wäre dann der Kühlkörper überdimensioniert.

von Thermimox (Gast)


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>Du hast das Prinzip nicht verstanden.
Kann sein. Dann erklär mal!

Beispiel: 25Watt. 20°C Raumtemperatur.
Kühlkörper hat bei 0.2K/W dann 25°C
IGBT hat bei der 2K/W Folie dann 75°C

Nehme ich jetzt einen halb so großen KK, wäre der IGBT 80°C heiß. Also 
nur 5K mehr. Kaufe ich mir einen sehr sehr großen mit Lüfter, dann kann 
ich die Temperatur auf 70°C senken. Mehr aber nicht.

von Kai K. (klaas)


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>Was sind denn Werte aus der Praxis?

Völlig unterschiedlich, weil extrem abhängig von der Dicke des 
Isolierplättchens bzw. der Isolierfolie. Dickere Wärmeleitfolien aus 
Kunststoff leiten erschreckend schlecht. Da ist die Bezeichnung schon 
fast Betrug.

Wenn große Isolierabstände gefordert sind, würde ich Al2O3 nehmen. Ein 
TO220 mit 1,5mm Dicke bringt es immerhin auf 0,3K/W.

von Thermimox (Gast)


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OK. Am Parameter der Folie kann ich natürlich nicht beliebig drehen.

von Kai K. (klaas)


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Wie dick soll die denn überhaupt sein?

von Volker K. (powerfreak)


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Kai Klaas schrieb:

> Wenn große Isolierabstände gefordert sind, würde ich Al2O3 nehmen. Ein
> TO220 mit 1,5mm Dicke bringt es immerhin auf 0,3K/W.

Stimmt, DAS ist wirklich ein guter Wert für den Durchgangswiderstand.
Und welchen Wert erreichst Du mit Wärmeleitpaste zwischen TO220 und 
Al2O3 und Wärmeleitpaste zwischen Al2O3 und Kühlkörper?

von Kai K. (klaas)


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>Und welchen Wert erreichst Du mit Wärmeleitpaste zwischen TO220 und
>Al2O3 und Wärmeleitpaste zwischen Al2O3 und Kühlkörper?

Wenn die Wärmleitpaste richtig eingesetzt wird, also extrem dünn, sodaß 
nur die Gaps gefüllt werden, erhöht sich der Wert nicht nenneswert. Wenn 
aber ein Anfänger Wärmeleitpaste dick wie Butter auf einem Brot 
aufträgt, ist der gute Wert natürlich futsch! Wärmeleitpaste leitet 
überhaupt nicht gut, aber natürlich besser als Luft. Deswegen darf man 
Wärmeleitpaste immer nur extrem sparsam auftragen und muß danach das 
Bauteil vorsichtig bis zum "Anschlag" andrücken.

von Volker K. (powerfreak)


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Ja, im Prinzip stimme ich Dir zu... die Realität zeigt halt doch einen 
Einfluß durch die Pampe, denn reproduzierbar dünnes aufbringen ist nur 
mit großem Aufwand möglich. Eigentlich sollte man nur die Unebenheiten 
füllen, und den direkten Materialkontakt nicht verhindern. Schau Dir mal 
an wie Infineon das mit seinen Modulen vorschlägt.

Unabhängig davon beforzuge ich Folien, denn so unschöne Themen wie 
"Pumpeffekt" und "Austrocknung" mit Paste tritt bei den Folien nicht 
auf.

von Pandur S. (jetztnicht)


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Naja, von wenig kommt wenig. Wenn ich sicheren Waermekontakt haben will, 
nehm ich eine Aluplatte, groesser wie der Transistor, 4mm 3 Loecher 
durch und druecke das Sandwich bestehend aus Kuehlkoerper, 
Waermepastenfilm, Folie, Waermepastenfilm, Transistor mit 3 M3 Schrauben 
satt zusammen. Wegen der weggedrueckten Waermepaste muss man noch einmal 
nachziehen.

von siggi (Gast)


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Thermimox schrieb:
> Kann sein. Dann erklär mal!

Du mußt mit Wärmewiderständen Rechnen.
Die Wärmewiderstande addieren sich.
Nehmen wir an, Du hast ausgerechnet, daß ein Wärmewiderstand von 5K/W 
ausreicht um Die Wärme Von der Sperrschicht zur Umgebungsluft zu 
Transportieren.
Wenn der Wärmewiderstand Sperrschicht-Gehäuse 1K/W und der 
Wärmewiderstand der Isolation 1K/W beträgt, dann hast Du für den 
Kühlkörper noch 3K/W übrig.
Wenn Du jetzt mehr Leisung verbraten mußt und du auf einen 
Wärmewiderstand von 3K/W (Sperrschicht-Umgebungsluft) kommst, hast Du 
nur noch 2K/W für den Kühlkörper ubrig.

von Kai K. (klaas)


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>Ja, im Prinzip stimme ich Dir zu... die Realität zeigt halt doch einen
>Einfluß durch die Pampe, denn reproduzierbar dünnes aufbringen ist nur
>mit großem Aufwand möglich.

Also, bei mir war das noch nie jetzt das ganz große Problem. Man muß 
einfach die Wärmeleitpaste dünn auftragen und das Bauteil vollständig 
andrücken, bis alle überflüssige Wärmeleitpaste vollständig 
herausgedrückt wurde. Die verbleibende Wärmeleitpaste ist dann so dünn, 
daß ihr Wärmewiderstand praktisch keine Rolle mehr spielt.

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