Forum: PC-Programmierung Darf man das?


von Mehmet K. (mkmk)


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Servus allerseits

Keine technische, sondern mehr 'ne ethische Frage:

Ich habe vor Jahren für eine IT-Firma eine Applikation geschrieben, die 
von denen verkauft wird.
Nebst einer pauschalen Abfindung (die recht hoch war) erhalte ich netto 
12,5% vom Verkauf. Alle sind zufrieden: die Endkunden, die IT-Firma und 
ich.
Letzthin wollte die IT-Firma wegen eines möglichen Verkaufs eine 
Aenderung auf der Webseite des Systems.
Wenn der User auf der Webseite seine Eintraege gemacht hat und es 
abspeichert, wird dies online auf dem Desktop-Program angezeigt. 
Gleichzeitig wird eine Email generiert, die im Briefkasten des 
Desktop-Benutzers landet.
Irgendeine Firma will nun, dass zuaetzlich zu all dem noch vom 
Email-Client des Web-Besuchers eine Email abgeschickt wird.
Ich fand das zu hirnrissig und sagte "nein". Als die IT-Firma dann den 
moralischen Druck auf mich verstaerkte und jammerte, sie könnten sonst 
an diese Firma nicht verkaufen, habe ich einen absurden Preis verlangt.
Als das angenommen wurde, habe ich auf vollstaendige Vorauszahlung 
bestanden. Aber auch das wurde prompt bezahlt (und zwar vom Endkunden 
und nicht von der IT-Firma).

Die Aenderung ist nun abgeschlossen. Aber anstatt mich zu freuen habe 
ich ein mulmiges Gefühl. Denn ich finde es gar nicht in Ordnung, dass 
wenn ich auf die "Okay" Taste klicke, ungefragt mein Email-Client 
startet und mir ein fixfertiges Mail zum Abschicken praesentiert.
Ich bat die IT-Firma das Ganze rückgaengig zu machen. Die wollen aber 
von dem nichts wissen und sind von dieser Funktion ganz begeistert. Zu 
meiner Argumentation sagen sie, dass alle sich gegenseitig kennen würden 
und dass deshalb das ungefragte Starten eines Programms nicht zu 
beanstanden sei.

Ich habe nun die "Okay" Taste unbenant: "Abspeichern und Email 
abschicken ..."
Aber das ist in meinen Augen nur Kosmetik. Denn der Web-User hat zwar 
die theoretische Möglichkeit das Webformular nicht auszufüllen. Aber da 
die jeweilige Einladung von einer viel maechtigeren Firma kommt, von der 
er wirtschaftlich abhaengig ist, hat er praktisch keine Möglichkeit, das 
Formular nicht auszufüllen.

Würde mich sehr interessieren, wie Ihr diese Situation beurteilt.

von Oliver S. (oliverso)


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Na ja, solch eine email-Funktion war früher (tm) weit verbreitet, und 
findet sich wohl auch heute immer noch ab und zu.

Mit der neuen Beschriftung des Buttons weiß der Benutzer ja, was auf ihn 
zukommt, und es passiert auch nichts im verborgenen.

Oliver

von Blinky (Gast)


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Kommt drauf an wie genau es umgesetzt ist und ob der Anwender darauf 
hingewiesen wird das von seinem Client eine Mail versendet wird.

Wird die Mail im Client zwar erstellt aber der User muss nochmal 
explizit auf "Senden" klicken dann hat er eine Wahl die automatische 
Mail abzusenden oder nicht. Wenn er diesen Vorgang dann abbrechen kann 
und nur die Daten auf dem Webformular verwendet werden sehe ich kein 
Problem.

Wird die Mail im Hintergrund automatisch gleich verschickt finde ich das 
bedenklich weil der Anwender ja in seinem Mail-Client eine andere 
Defaultadresse haben könnte wie er auf der Webseite angegeben hat.

von Helge A. (besupreme)


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Rechtlich sehe ich keinen Mangel. Wobei mich als Benutzer sowas ärgern 
würde, aber diesen Ärger abzubekommen ist ist Sache deines Kunden ;)

von Rolf K. (spiky)


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Das Öffnen eines Fensters mit einem vorgefertigten Mailformular ist 
nicht zu beanstanden - zumal die Schaltfläche zur Bestätigung mit einem 
entsprechenden Hinweis ("Abspeichern und Email
abschicken") versehen wurde.

Zur Verbesserung der Benutzerfreundlichkeit und um ein versehentliches 
Betätigen der Schaltfläche per Mausklick oder Eingabetaste zu 
verhindern, könnte eine weitere Schaltfläche "Vorgang abbrechen" 
eingefügt werden.
Wenn diese beim Öffnen des Fensters auch noch den Fokus erhält, würde 
ein unbeabsichtigter Mausklick oder das Drücken der Eingabetaste den 
Vorgang ohne Speichern und Mailversand beenden.
Außerdem könnte der Anwender den Vorgang damit auch bewusst abbrechen.

Rolf

von Mehmet K. (mkmk)


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Solange der Enduser explizit die Email selbst abschicken muss, steht 
auch kein juristisches Fragezeichen im Raum. Das ist mir schon klar.
Der Enduser hat natürlich die Möglichkeit, die Email nicht abzuschicken; 
aber wegen der wirtschaftlichen Abhaengigkeit ist das mehr 'ne 
theoretische Möglichkeit.
Mir geht es nur um die Frage, wie Ihr das selbstaendige Starten eines 
Programms beurteilt. Bei meinen Tests fühle ich mich selbst heute noch 
unwohl ... und waere ich Enduser, vermutlich würde ich recht heftig 
reagieren.

von Klaus I. (klauspi)


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Wenn ich das richtig verstanden habe, würde ich mir soetwas sogar 
manchmal bei Webformulare wünschen: Dann hätte ich die Nachricht sich im 
gesendet-Archiv.

von DL4BM (Gast)


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Ich kann das 'ethische' Problem in keinster Weise nachvollziehen:
Ob der User in einem Formular auf einer Website seine Daten eingibt und 
abschickt oder ob alternativ bzw. zusätzlich die Informationen von 
seinem Email-Client abgeschickt werden, ist doch Jacke wie Hose ?!?!

Ist aber ein gutes Beispiel dafür, wieso man immer den Quellcode und 
kein geschlossenes Programm kaufen sollte. Was machen die denn, wenn es 
Dich bspw. bei einem Verkehrsunfall mal erwischen sollte???

BTW: Was passiert, wenn der User gar kein eigenständiges Email-Programm 
installiert hat, weil er nur webbasierte Oberflächen nutzt (gmx, hotmail 
usw.). Im gewerblichen Umfeld ungewöhnlich, aber nicht ausgeschlossen.

von Rufus Τ. F. (rufus) Benutzerseite


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Mehmet Kendi schrieb:
> Denn ich finde es gar nicht in Ordnung, dass wenn ich auf die "Okay"
> Taste klicke, ungefragt mein Email-Client startet und mir ein
> fixfertiges Mail zum Abschicken praesentiert.

Das einzige, was hier fragwürdig ist (resp. war), ist der Name der 
"Okay"-Taste. Durch Deine Umbenennung hast Du das Problem gelöst.

Es ist völlig legitim, das Standard-Email-Programm aufzurufen und eine 
Mail (mit Inhalt, Betreff und Empfängeradresse) vorzubereiten.

Ethisch problematisch wäre es, wenn Dein Programm dafür sorgen würde, 
daß diese Email ohne weiteren Benutzereingriff auch abgesendet wird, so 
daß der Benutzer gar nicht mitbekommt, daß da eine Email erzeugt und 
versendet wird.

Solange Du sie aber nur vorbereitest und anzeigst ... ist alles in 
Butter. Das ist vollkommen in Ordnung, da brauchst Du überhaupt keine 
Bedenken zu haben.

von Mehmet K. (mkmk)


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Danke für all die (beruhigenden) Antworten. Vermutlich bin ich in 
solchen Sachen etwas zu empfindlich.

DL4BM schrieb:
> BTW: Was passiert, wenn der User gar kein eigenständiges Email-Programm
> installiert hat, weil er nur webbasierte Oberflächen nutzt (gmx, hotmail
> usw.). Im gewerblichen Umfeld ungewöhnlich, aber nicht ausgeschlossen.
Danke für den Hinweis. Diese Möglichkeit ist mir tatsaechlich nicht in 
den Sinn gekommen.
Werde mal schauen, ob ich eine solche email-clientlose Maschine zum 
Testen finden werde.

von Tmega (Gast)


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Mehmet Kendi schrieb:
> habe ich einen absurden Preis verlangt.

ich glaube nicht dass der Preis zu hoch war.

Wenn der Preis hoch genug wäre, dann würde es dich der Rest nicht 
interessieren
MfG

von Blinky (Gast)


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Mehmet Kendi schrieb:
> Mir geht es nur um die Frage, wie Ihr das selbstaendige Starten eines
> Programms beurteilt. Bei meinen Tests fühle ich mich selbst heute noch
> unwohl ... und waere ich Enduser, vermutlich würde ich recht heftig
> reagieren.

Na ja, Dann sind die ganzen "mailto: ...." Links auf Seiten auch von 
Übel. Da wird nämlich auch automatisch der Mail-Client gestartet und die 
Empfängeradresse eingetragen.

Der selbstständige Start von Programmen (oder das Öffnen falls sie schon 
laufen) ist nur dann Bedenklich wenn sie weitere Aktionen ohne das 
Wissen des Anwenders ausführen und ohne das dieser diese Aktion 
beeinflussen kann.

von MaWin (Gast)


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Mehmet Kendi schrieb:
> Irgendeine Firma will nun, dass zuaetzlich zu all dem noch vom
> Email-Client des Web-Besuchers eine Email abgeschickt wird.

Sicherlich ist das völliger Blödsinn, bei mir z.B. findet das System gar 
keinen installierten eMail-Client.

Aber rechtlich in Ordnung, schliesslich kann man bei der eMail auf 
cancel drücken.

Es gibt Millionen von grässlich programmierten WebSeiten, deine gehört 
nun dazu.

von )tsaG( (Gast)


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Mehmet Kendi schrieb:
> Danke für den Hinweis. Diese Möglichkeit ist mir tatsaechlich nicht in
> den Sinn gekommen.

Wenn Du den Anwender auswählen lässt, ob er seine Antwort lieber als 
E-Mail oder mittels Web-Formular verschickt, dann kannst Du es allen 
recht machen. Das klappt dann auch ohne E-Mail-Client.

von gg (Gast)


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Das mit mailto:  und subject und Text ausfüllen machen tausende Seiten 
schon seit den 1990er Jahren.
Keine Ahnung worüber Du Dich aufregst oder warum jemand dafür (eine 
Zeile Code) große Summen zahlt...

von Mehmet K. (mkmk)


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gg schrieb:
> Keine Ahnung worüber Du Dich aufregst

Einer der verschiedenen Gründe, warum ich in dieser Sache Bedenken hatte 
(z.Teil immer noch habe): wenn ich auf irgendein mailto klickte, 
sprangen bei mir stets leere IE-Seiten am laufenden Band auf und ich 
musste stets den Rechner neu starten.
Weshalb ich stets darauf achtete, nicht auf ein mailto zu klicken. 
Manche waren aber als solche nicht erkennbar, weshalb ich dann 
wiedereinmal den Rechner neu starten musste.
Wegen diesem Projekt kam ich dann nicht umhin, solange an irgendwelchen 
Einstellungen herumzudoktern, bis ich von diesem Fluch befreit war.
Ich gehe also mal davon aus, dass ich nicht der einzige bin, der 
versucht, nicht auf mailto zu klicken.

MaWin schrieb:
> Es gibt Millionen von grässlich programmierten WebSeiten, deine gehört
> nun dazu.
Da kann ich Dir leider nicht widersprechen :)

von Oliver S. (oliverso)


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Mehmet Kendi schrieb:
> wenn ich auf irgendein mailto klickte,
> sprangen bei mir stets leere IE-Seiten am laufenden Band auf und ich
> musste stets den Rechner neu starten.

Was allerdings bei einem professionellen Webdesigner doch eher komisch 
klingt...

Oliver

von Mehmet K. (mkmk)


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Oliver, ich glaube nicht, dass dieses Forum der bevorzugte Tummelplatz 
der professionellen Webdesigner ist.

von Rolf M. (rmagnus)


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Mehmet Kendi schrieb:
> DL4BM schrieb:
>> BTW: Was passiert, wenn der User gar kein eigenständiges Email-Programm
>> installiert hat, weil er nur webbasierte Oberflächen nutzt (gmx, hotmail
>> usw.). Im gewerblichen Umfeld ungewöhnlich, aber nicht ausgeschlossen.
> Danke für den Hinweis. Diese Möglichkeit ist mir tatsaechlich nicht in
> den Sinn gekommen.
> Werde mal schauen, ob ich eine solche email-clientlose Maschine zum
> Testen finden werde.

Noch eine andere Variante: Was ist, wenn der default-Mail-Client des 
Browsers nicht der ist, denn der Benutzer tatsächlich verwendet? Dann 
geht auf einmal irgendein ihm unbekanntes und nicht konfiguriertes 
Programm auf, um die Mail zu senden.

Mehmet Kendi schrieb:
> Einer der verschiedenen Gründe, warum ich in dieser Sache Bedenken hatte
> (z.Teil immer noch habe): wenn ich auf irgendein mailto klickte,
> sprangen bei mir stets leere IE-Seiten am laufenden Band auf und ich
> musste stets den Rechner neu starten.

Das klingt aber doch eher nach einer kaputten Installation. Oder ist 
sowas unter Windows normal (nutze es selbst eher selten)?

von Wolfgang A. (Gast)


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Rolf Magnus schrieb:
> Was ist, wenn der default-Mail-Client des
> Browsers nicht der ist, denn der Benutzer tatsächlich verwendet? Dann
> geht auf einmal irgendein ihm unbekanntes und nicht konfiguriertes
> Programm auf, um die Mail zu senden.

Dann soll der Benutzer seinen Rechner sinnvoll konfigurieren.

Rolf Magnus schrieb:
> Oder ist sowas unter Windows normal ...?
Wohl kaum

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