Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Thermoelement K, Kaltstellenkompensation und Genauigkeit des Messwertes


von Huy Nguyen (Gast)


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Hallo allerseits,

ich hab da mal eine Frage an die Forengemeinschaft bezüglich des 
Thermoelements K. Bin Werkstoffwissenschaftler und habe nur wenig 
Erfahrung mit Elektronik und die nötigen Schaltungen. Daher laufe ich 
Gefahr,
sinnlose Fragen zu stellen. Also bitte nicht gleich sauer werden.

Es geht um folgenden Sachverhalt: Ich habe ein Werkzeug, welches aus 3 
Platten besteht und möchte versuchen die Werkzeuginnentemperatur so 
einfach wie möglich zu bestimmen. Mein Gedanke bzw. der meines Betreuers 
ist es die Temperatur mittels einem Temperaturfühler mit Schraubgewinde 
und Thermoelement K zu messen. Das Werkzeug soll vor jedem Einsatz bei 
150°C für 8 Stunden gehalten werden, also sollte die Messapperatur bzw. 
das Thermolement inkl. Stecker die permanenten Temperaturwechsel 
aushalten. Nach einigen Anrufen mit einem Hersteller konnten einige 
Fragen meinerseits beantwortet werden. So war geplant ein Thermoelement 
K mit Glasseide als Leitungsabschirmung und Miniatur-Stecker zu 
bestellen. Meinem Betreuer stellt sich nun trotzdem noch die Frage, wie 
genau mein Messwert bzw. wie groß die Abweichung ist, wenn mein 
Thermoelement am Werkzeug angeschlossen ist und ich alles mit Stecker in 
den Ofen bei bereits besagten 150°C stelle, nach den 8 Stunden raushole 
und nach 1-2 Minuten den Stecker gern an mein Messgerät(RT) anschließen 
möchte. Da also mein Kabel keine konstante Temperatur aufweist und ich 
durch den plötzlichen Temperaturunterschied keine genaue 
Offset-Temperatur einstellen kann, kann der Messwert dann möglicherweise 
verfälscht werden?
Jetzt ist halt nun die Frage besitzt mein Messgerät "FLUKE Serie 54 II", 
eine Kaltstellenkompensation bzw. ist diese in dem Fall überhaupt nötig 
und falls ja, wie genau funktioniert diese?

Auf jeden Fall schon mal Danke für die Aufmerksamkeit
Ich hoffe mal, hier gibt es Leute, die mir dabei weiterhelfen können.

Freundliche Grüße
Huy

von Pandur S. (jetztnicht)


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Das Kabel ist egal.
Das Fluke hat eine Kompensation.
Was sagt der Hersteller des Thermoelementes zur Genauigkeit ?
Weshalb brauchst du welche Genauigkeit ?
Bitte mit Fehlerrechnung belegen.

von Ulrich H. (lurchi)


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Die Leitung von der Messstelle zu Stecker ist an sich kein Problem. Man 
muss nur aufpassen die Thermoelementdrähte nicht zu sehr zu knicken.

Der Stecker ist ggf. nicht ganz unproblematisch. Es gibt passende 
Versionen mit angepassten Kontakten, so dass ein Paar Grad 
Temperaturunterschied über den Stecker nichts ausmachen. Nach der 
Beschreibung soll der Stecker aber auch auf 150 Grad geheizt werden, und 
da reduziert sich die Auswahl der Stecker dann schon sehr stark. 
Immerhin ist Typ K ein sehr gängiges Thermoelement, so dass man da noch 
eine Chance hat einen Stecker für zu finden, der bis 150 Grad und mehr 
vorgesehen ist. Bei einem Normalen Stecker (nicht spezielle für Typ K 
Thermoelemente) müsste man auf geringe Temperaturunterschiede im Bereich 
des Steckers achten - dann geht auch das noch, mit nur geringem Verlust 
an Genauigkeit.

Bei einem Sensor zum Anschrauben sollte man ggf. einen PT1000 Sensor als 
Alternative in Betracht ziehen. Da hat man das Problem mit dem Stecker 
nicht so, und die Genauigkeit ist oft auch besser als per Thermoelement.

Thermoelemente wäre vor allem interessant wenn es sehr schnell gehen 
soll oder der Sensor sehr kleine (< 3 mm) sein muss. Als 
Mantelthermoelement gibt es die auch als 0,5 und 1 mm Dicke (incl. 
Schutz und Isolierung), so dass man einfach in einer Bohrung, auch 
wirklich im inneren messen kann.

von U. M. (oeletronika)


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Hallo,
> Huy Nguyen schrieb:
> Meinem Betreuer stellt sich nun trotzdem noch die Frage, wie
> genau mein Messwert bzw. wie groß die Abweichung ist,
grundsätzlich haben Thermoelemente nur eine begrenzte Grundgenauigkeit.
Die sollte bei Standardelementen so um +/-2,5K sein. Es gibt auch noch 
eine etwas genauere Klasse mit +/-1,5K.
http://www.roessel-messtechnik.de/webro-wAssets/docs/product-information/german/pi-071-metal-sheathed_de.pdf

Dazu kommt der Fehler des Messwandlers.
Da der Typ K nur einen Messeffekt von ca. 40uV pro K hat, muß der 
Messverstärker sehr driftarm sein. Der muß auch den Messwert 
linearisieren.
Die Kaltstellenmessung hat natürlich auch noch eine Toleranz.
Wenn du dazu ein Multimeter verwenden willst, schau in die techn. Daten 
des Gerätes für den Gesamtfehler.

Als Anschlussstecker sollte man unbedingt passene Teile für 
Thermoelement Typ K nutzen, wie hier auf dem Bild zu sehen.
http://www.roessel-messtechnik.de/rm-de/products/thermocouple/mineral-insulated-metal-sheathed-thermocouples.php

Zusätzlich komen natürlich Fehler durch die Applikation.
Dazu kann ich nix sagen. Je nach Methode kommt da auch noch ein gewisser 
Fehler dazu.

> wenn mein
> Thermoelement am Werkzeug angeschlossen ist und ich alles mit Stecker in
> den Ofen bei bereits besagten 150°C stelle,
Der Stecker muß man nicht in den Ofen tun. Da ist doch ein dünnes Kabel 
dran, das man problemlos durch die Dichtung nach außen ziehen kann.
Dann ist es auch kein Problem, während der Temperierung zu messen.

Das Kabel kann bei max. 150°C auch Teflonisoliert sein. Ist unter 
Umständen günstiger. Glasfaserislolierungen trieseln auch leicht auf.
Teflon ist bis ca 250°C beständig.

> nach den 8 Stunden raushole
> und nach 1-2 Minuten den Stecker gern an mein Messgerät(RT) anschließen
> möchte.
Wie gesagt, so macht man das eher nicht.

Um die Genauigkeit insgesamt zu erhöhen, kannst du den verwendeten 
Fühler zusammen mit dem Messgerät abgleichen.
Gruß Öletronika

von Pandur S. (jetztnicht)


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Die 40uV/K eines Typ K Thermoelementes kann ein heutiger 24 bit Wandler 
genuegend genau aufloesen. Die Fehler geschehen eher bei der Messung 
selbst.

von Huy Nguyen (Gast)


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Danke, erstmal für die zahlreichen Antworten.

@Jetzt Nicht
> Was sagt der Hersteller des Thermoelementes zur Genauigkeit ?
Der gibt eine Toleranzklasse von 1 an.
Außerdem sollte das Element möglichst genau sein, da ich bei der 
Reaktion meiner Schmelze eine exotherme Reaktion zu erwarten haben, die 
im Temperaturverlauf zu sehen sein müsste und die Wärmeabgabe sollte 
möglichst qualitativ bestimmt werden.

@Ulrich H.
>Der Stecker ist ggf. nicht ganz unproblematisch.
Also der Hersteller versicherte mir, dass der Stecker unproblematisch 
bis 250°C aufgeheizt werden kann.

>Bei einem Sensor zum Anschrauben sollte man ggf. einen PT1000 Sensor als
Alternative in Betracht ziehen.
Das hab ich mir auch schon überlegt, aber da hab ich vom Hersteller 
gehört , dass diese Sensoren sehr stoßempfindlich sind, es könnte halt 
mal passieren, dass das Werkzeug mal einen Stoß abbekommt. Außerdem bin 
ich mir nicht sicher, ob mein Gerät (FLUKE Serie 54 II) mit dem PT100 
Sensor kompatibel ist, da laut Bedienungshandbuch nur Thermoelemente 
konfigurierbar sind.

>Thermoelemente wäre vor allem interessant wenn es sehr schnell gehen
soll oder der Sensor sehr kleine (< 3 mm) sein muss.
Wie schon gesagt, sollte ich halt die exotherme Reaktionswärme gut 
messen können, die kann bis zu 50°C und für weitere Berechnungen sollte 
diese möglichst genau sein.

@U.M.
>Wenn du dazu ein Multimeter verwenden willst, schau in die techn. Daten
des Gerätes für den Gesamtfehler.
Der Hersteller des Messgerätes gibt eine Messgenauigkeit von 0,05% der 
Messung plus 0,3°C, ich denke das ist genau genug.

>Der Stecker muß man nicht in den Ofen tun. Da ist doch ein dünnes Kabel
dran, das man problemlos durch die Dichtung nach außen ziehen kann.
Das habe ich mir auch schon gedacht, jedoch besteht mein Betreuer darauf 
bzw. will diesen Gedanken nicht loslassen.

Nochmals vielen Danke für die Antworten und die Aufmerksamkeit

Grüße Huy

von Georg (Gast)


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Huy Nguyen schrieb:
> nach den 8 Stunden raushole
> und nach 1-2 Minuten den Stecker gern an mein Messgerät(RT) anschließen
> möchte.

Das ist eigentlich messtechnisch indiskutabel. Wenn du einen Braten aus 
dem Rohr nimmst und nach einer Weile die Kerntemperatur messen willst, 
brauchst du dir über die Genauigkeit des Thermometers garkeine Gedanken 
mehr machen, denn du musst schon froh sein, wenn das Ergebnis weniger 10 
oder 20 Grad vonm ursprünglichen Wert abweicht.

Huy Nguyen schrieb:
> jedoch besteht mein Betreuer darauf
> bzw. will diesen Gedanken nicht loslassen

Offensichtlich hat er nicht die erforderliche Qualifikation, mein 
herzliches Beileid. Das kannst du ihm natürlich nicht sagen, da ist 
Diplomatie erforderlich. Eine gute Vorübung für das spätere Berufsleben.

Georg

von Pandur S. (jetztnicht)


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Wenn man nur Temperaturdifferenzen messen will, so ist die 
Genauigkeitsklasse nicht wirklich wichtig. Dann braucht man nur die 
Aufloesung des Wandlers, die Stabilitaet des Sensors, und mit der 
Integrationszeit macht man das Rauschen weg.
Das naechste Augenmerk ist somit die Montage des Sensors. Welcher Sensor 
laesst sich besser montieren. Thermoelemente gibt's in einem 
Edelstahlrohr, von 0.5mm und dicker. Ein PT1000 oder so ist viel 
klotziger. Wie soll der Sensor mit demm Messgut kontaktiert werden ?
Wie gross ist die Zeitkonstante des Messprozesses ?

: Bearbeitet durch User
von Huy Nguyen (Gast)


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@Georg
ja ich werde ihn versuchen nochmal davon zu überzeugen. Kommt mir so 
auch viel sinnvoller vor.

@ Jetzt Nicht
>Wie soll der Sensor mit demm Messgut kontaktiert werden ?
Der Sensor wird auf die oberste Platte meines Werkzeuges verschraubt, so 
dass sich zwischen Sensor und Schmelze noch eine 2mm dicke Stahlschicht 
(Baustahl) befindet. Für den besseren Kontakt wird noch eine 
Wärmeleitpaste verwendet.

>Wie gross ist die Zeitkonstante des Messprozesses ?

Nach dem rausholen aus dem Ofen wird innerhalb von 1-2 Minuten die 130°C 
heiße Schmelze in das auf 150°C temperierte WZ gegossen, Reaktion sollte 
im Schnitt innerhalb von 5 bis 10 Minuten abgeschlossen sein. Genaueres 
versuchen wir ja zu ermitteln.

von Pandur S. (jetztnicht)


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Eine Zeitkonstante in den Minuten ist gut machbar. Kupfer waere besser 
als Baustahl. Moeglicherweise ein Frage der Festigkeit. Ich wuerd das 
Ganze nun noch gegen unten isolieren. zB ein paar cm Steinwolle.

von gk (Gast)


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Dein Thermoelement misst die Differenztemperatur zwischen der Spitze und 
dem Ende des Kabels. Beim Herausnehmen aus dem Ofen ist die 
Differenztemperatur erstmal null. Beim korrektem verbinden 
(Ausgleichsleitunng) mit dem Meßgerät entsteht zwischen dem Stecker und 
der geräteinternen Vergleichstelle eine Thermospannung gemäß der 
Differenz Thermoelemnt - Vergleichsstelle. Soweit so gut.

Die Temperatur des Kables wird sich aber dann auch auf die 
Ausgleichsleitung übertragen und irgendwann auch an der Vergleichstelle 
ankommen. Wenn die Temperatur der Vergleichsstelle korrekt erfasst wird 
und die beiden Übergänge von der Ausgleichsleitung aufs Messgerät auf 
gleicher Temperatur bleiben(isotherm), ist alles in Ordnung.

Aber in der Regel wird als Ausgleichsstellentemperatur einfach die 
Temperatur auf der Platine in der Nähe der Anschlüsse der 
Ausgangsleitung  gemessen. Manchmal auch nur die Umgebungstemperatur. 
Selbst in einem Fluke, ist an dieser Stelle vermutlich kein  massiver 
Kupferblock eingebaut, der die Temperatur an beiden Kontakten gleich 
hält und deren korrekte Temperatur berücksichtigt.

Es wird sich also irgend ein Ausgleichsvorgang einstellen, den man nur 
schwer definieren kann.

gk

von Ulrich H. (lurchi)


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Wenn der Stecker für das Thermoelement und die Temperatur geeignet ist, 
sollte man trotzdem vermeiden den heißen Stecker direkt ins Messgerät zu 
stecken, weil nicht klar ist wo genau die Kaltstelle gemessen wird. 
Lieber ein Kabel mit Ausgleichsleitung oder Typ K Leitern dazwischen.

Wie große der Einfluss vom heißen Stecker ist kann man ggf. nachmessen, 
indem man so eine heißes Kabel nutzt um eine feste Ref. Temperatur (z.B. 
Wasserbad) zu messen. Da hilft ein Messung am konkreten Teil mehr als 
viel Theorie.

Beim Thermoelement geht viel Wärmeübergang auch über die Leitungen. Beim 
Einbau also besser die Zuleitung auch schon im Kontakt zum Werkzeug 
montieren.

Wärmeleitpaste hilft nur sehr bedingt. Da sollte man sich das Datenblatt 
ansehen - wirklich gut ist die Wärmeleitfähigkeit da nicht, aber immer 
noch besser als Luft.

Auch wenn das Messgerät PT1000 nicht direkt unterstützt, kann man erst 
einmal den Widerstand messen und dann nach der Messung umrechnen.

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