Forum: Offtopic Probleme bei hydr. Positionsregelung


von Jan K. (madengineer)



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Hallo zusammen,
ich stehe gerade vor einem Regelungstechnischem Problem, dass mir etwas 
Kopfschmwerzen bereitet.
Erstmal etwas zum Aufbau:
Es soll ein hydraulischer Kolben bewegt werden, dessen Position von 
einem 4-20mA Wegaufnehmer bestimmt wird. Die Ansteuerung erfolgt über 2 
Proportionalventile, eins für Auf und eins für Ab.  Zur Ansteuerung der 
Ventile werden 3 Parameter festgelegt:  Standbystrom (das Ventil ist 
hier noch vollständig geschlossen), Minimalstrom (bei dem das Ventil 
gerade öffnet) und der Maximalstrom (bei dem Ventil voll geöffnet ist). 
Zu den Ventilen ist nicht wirklich viel bekannt, außer der Aufschrift 
aus 24V, 100% ED, Datenblätter sind nicht verfügbar. Die Elektronik 
daran ist eine Eigentwicklung auf Basis eines STM32.
Die Reglung der Position erfolgt über 2 hintereinandergeschaltete 
Regelkreise. Der erste PID-Regler regelt die Position und stellt ein 
Ansteuersignal für den Stromregler der Ventile zur Verfügung. Dort 
steuert ein PI-Stromregler die Magnete der Ventile per PWM mit einem 
konstanten Strom an. Für positive Werte wird das Einlass und für 
negative das Auslassventil angesteuert.  Der Strom wird linear zwischen 
dem Minimal und Maximalstrom interpoliert.
Meine Erfahrungen mit Hydraulik beschränken sich neben den angelesenen 
theoretischen Grundlagen nur auf kleinere Bastelein..

Das Ganze funktioniert auch schon prinzipiell, aber ich habe noch ein 
Problem mit dem Regelverhalten, bei dem ich mit meinem Grundwissen aus 
den Regelungstechnikvorlesungen nicht weiter komme.
Und zwar kommt es bei der Ansteuerung mit einem Dreieckssignal zu einer 
Art Schwingung in den Bewegungen. Der Istwert pendelt quasi um den 
Sollwert. Zur Fehlersuche gibt es eine Art Oszilloskopfunktion auf dem 
PC, so dass man dem Mikrocontroller etwas bei der Arbeit zusehen kann. 
Leider gibt die USB-Bandbreite und Prozessorlast nur zwei Signale her, 
aber immerhin lässt sich so schon einiges anzeigen:

Im Anhang sind folgende Bilder:
Regelbetrieb1: Gerade in der steigenden Flanke ist das Problem zu sehen. 
Bei der fallenden Flanke wurde die „Agressivität“ der Ansteuerung durch 
einen gerineren Minimalstrom herabgesetzt.

Regelbetrieb2: Ähnliches Bild wie 1, aber vergrößert und der 
Minimalstrom an der fallenden Flanke noch weiter herabgesetzt. Hier ist 
der Strom zu viel gering, und der Sollwert wird nicht mehr erreicht.

Dreieck_istwert_ventilstrom: Der Ventilstrom hat folgende Werte: Standby 
300mA, Minimal 960mA, Maximal 1400mA. In den breiteren „Lücken“ des 
Ventilstroms wird meistens sogar noch das entgegengesetzte Ventil kurz 
angesteuert.

rechteck_istwert_ventilstrom
rechteck_aollwert_istwert
Das Ganze noch einmal im Falle eines Rechtsignals. Aber hier gibt es 
eigentlich nicht viel Grund zur Kritik und mit dem Ergebnis wäre ich 
zufrieden. Das einzige was etwas stört, ist das Ventilgeflatter kurz vor 
erreichen des Endwerts, aber dies lässt sich durch einfügen eines 
Tobereichs um den Nullpunkt der Regelabweichung sicher entfernen.


Zur Fehlersuche habe ich den Stromregler bereits ausführlich getestet. 
Dazu wurde der Regelkreis aufgetrennt und Testsignale als Istwert 
eingespeist. Die Ströme folgten auch an den Sprüngen der 
Rechtecksignale, desweiteren gab es keine Schwingungen oder 
Regelabweichungen. Von daher betrachte ich diesen Teil als fehlerfrei.

Von dem PID-Regler wurde bisher nur der P-Anteil verwendet. Versuche mit 
einem geringen I-Anteil führten immer zu Schwingungen. Ich befürchte das 
mein Ansatz wohl etwas zu naiv wahr und es ein paar Details gibt, die 
mir hier in die Suppe spucken.

So langsam bin ich mit meinem Latein am Ende und würde mich über 
Hinweise, Tipps, Anregungen, Vorschläge zum weiteren Vorgehen oder 
Ansätze, die ich weiter untersuchen kann sehr freuen..

Schöne Grüße
Jan

: Verschoben durch User
von Jürgen G. (Firma: Elektronikentwickler Aachen) (fjgensicke)


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Stick-Slip-Effekt beim Zylinder könnte das sein.
Ist der Zylinder richtig ausgewählt (was die Reibung angeht)?
Ich meine mit einem 5/3-Wegeventil müsste das gehen (Öldruck raus und 
rein). Mit zweien wird es schwierig das jeweilig andere Ventil passend 
zu bestromen.

von Yellow (Gast)


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Ermittelt der Positionsgeber wirklich die Auslenkung des Zylinders, oder 
misst Du an einer anderen Stelle, die über eine schwingende Mechanik mit 
dem Kolben verbunden ist?

Regst Du mit der Verzögerungszeit in Deinem Regelkreis die 
Resonanzfrequenz Deines Aufbaus an?

von Thorsten O. (Firma: mechapro GmbH) (ostermann) Benutzerseite


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Bist du auf Hydraulik festgelegt? Es gibt inzwischen elektrische 
Hubzylinder in (fast) allen Leistungsklassen. Die lassen sich deutlich 
einfacher regeln. Wichtig ist natürlich auch ein vernünftiges Feedback. 
Analoge Wegmessung ist nicht unbedingt optimal, weil über den gesamten 
Weg je nach Messprinzip und Wander nur 8 bis max. 12 bit Auflösung zur 
Verfügung stehen. Bei 500mm Hub liegt die Messauflösung dann bei einigen 
Zentel Millimeter.

Mit freundlichen Grüßen
Thorsten Ostermann

von Gisbert K. (e_stromer)


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Bei Rechecksignal ist ein deutliches Überschwingen zu sehen, Ventil ist 
abgeschaltet doch die Bewegung geht noch ein Stück weiter. Welche Masse 
wird bewegt, Geschwindigkeit zu hoch ?. Im Dreieckbetrieb sieht es so 
aus als ob der Minimalwert zu niedrig wäre da die Sollposition 
(Dreiecksspitze) nicht erreicht wird.

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Jan K. schrieb:
> Die Reglung der Position erfolgt über 2 hintereinandergeschaltete
> Regelkreise.

Damit fängst du dir natürlich das Problem ein, noch mehr Variable zu 
haben. Ist der zweite Regler wirklich nötig?

Jan K. schrieb:
> Versuche mit
> einem geringen I-Anteil führten immer zu Schwingungen.

Das klingt nämlich nicht richtig. Ein I-Anteil soll integrieren und bei 
niedrigen Werten wenig, bei höheren Werten immer mehr dämpfen. Für mich 
klingt das eher nach D Faktor, an dem du da drehst.
Ich vermute, das die Regler gegeneinander arbeiten.
Wichtig für gute Regeleigenschaften sind auch die Skalierungen deiner 
Hardware Treiber. Wenn du etwa lineare Ansteuerung in etwa lineare 
Drücke übertragen kannst, ist das auf jeden Fall sehr hilfreich. Dann 
fallen die PID Faktoren recht schnell an ihren richtigen Platz.

: Bearbeitet durch User
von Jan K. (madengineer)


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Sorry, das ich mich jetzt erst wieder melde, musste den Thread erstmal 
wiederfinden, da er verschoben wurde..
Erst mal schon mal vielen Dank für die Anregungen, ich gehe mal 
chronologisch auf sie ein:


Jürgen Gensicke schrieb:
> Ich meine mit einem 5/3-Wegeventil müsste das gehen (Öldruck raus und
> rein). Mit zweien wird es schwierig das jeweilig andere Ventil passend
> zu bestromen.

 Das Ganze ist also eine Einheit, also von daher gehe ich davon aus, 
dass es richtig ausgelegt ist. Wenn beide Ventile aufgesteuert werden, 
kommt es zu einem hydraulischen Kurzschluss und man hört das Medium 
durchströmen. Das passiert zum Beispiel wenn der Standbystrom zu hoch 
angesetzt ist. Es wird also immer nur ein Ventil bestromt.

Die Vermutung mit der Haftreibung hatte ich auch schon. Bei 
Schieberventilen wird deshalb ja ein Wechselstrom überlagert, der eine 
Art Vibration erzeugt, um diesen Effekt zu verringern. Bei meinen 
Ventilen handelt es sich aber um Kugelsitzventile und ich habe gelesen, 
dass diese durch eine solche Ansteuerung sehr stark belastet und auf 
Dauer beschädigt werden.

Yellow schrieb:
> Ermittelt der Positionsgeber wirklich die Auslenkung des Zylinders, oder
> misst Du an einer anderen Stelle, die über eine schwingende Mechanik mit
> dem Kolben verbunden ist?
Der Wegaufnehmer sitzt direkt oben drauf und dessen Achse geht direkt 
zum Kolben runter.

> Regst Du mit der Verzögerungszeit in Deinem Regelkreis die
> Resonanzfrequenz Deines Aufbaus an?
Das könnte auch sein. Ich habe schon das folgende Phänomen beobachtet. 
Wenn ich die PT1-Glieder zur Eingangsfilterung stärker einstelle, 
schwingt das System bei gleichem P-Anteil und Rechteckanregung länger 
nach.
Würde ich deine Vermutung beweisen können, wenn die Periodendauer der 
Schwingungen beim Rechtecksignal und die bei der Dreieckansteuerung 
gleich sind?

Thorsten Ostermann schrieb:
> Bist du auf Hydraulik festgelegt?
Ja, bin ich.

> Analoge Wegmessung ist nicht unbedingt optimal, weil über den gesamten
> Weg je nach Messprinzip und Wander nur 8 bis max. 12 bit Auflösung zur
> Verfügung stehen. Bei 500mm Hub liegt die Messauflösung dann bei einigen
> Zentel Millimeter.
Die Auflösung beträgt etwas unter 10bit (22mA ^= 2048 --> genutzter 
Wertebereich 8-18mA) und das Rauschen beträgt etwa 1-2 Promille. Da sehe 
ich im Moment jetzt nicht so das Problem..

Gisbert Kaemmerer schrieb:
>Im Dreieckbetrieb sieht es so
> aus als ob der Minimalwert zu niedrig wäre da die Sollposition
> (Dreiecksspitze) nicht erreicht wird.
Gerade beim Regelbetrieb2-Bild wurde der Strom für das "Ablassventil" 
absichtlich herabgesetzt.



Matthias Sch. schrieb:
> Jan K. schrieb:
>> Die Reglung der Position erfolgt über 2 hintereinandergeschaltete
>> Regelkreise.
>
> Damit fängst du dir natürlich das Problem ein, noch mehr Variable zu
> haben. Ist der zweite Regler wirklich nötig?

Der ist nötig, der logische Aufbau sieht so aus:

Regelabweichung ----> PID-Regler --[Ausgangssignal +/- 1000]--> 
Ventilkennline --[Ventilstrom-Soll]--> PI-Stromregler --[PWM]--> Ventil

Der Block Ventilkennlinie rechnet das Reglerausgangssignal in einen 
Stromwert um. Der Bereich um Null kann als Totbereich definiert werden.
Wird der Totbereich verlassen, Erfolgt die Ansteuerung mit einem 
einstellbaren Minimalstrom, der dann linear ansteigt bis zum 
eingestellen Maximalstrom. Es kann natürlich sein, dass es durch die 
hohe Induktivität der Magneten zu einer Phasenverschiebung im 
Gesamtregelkreis kommt, die dann die Phasenreserve stark verringert. Das 
habe ich schon bei der Parametrierung des Eingangsfilter vom Ist-Wert 
bemerkt, dass ich damit die Schwingneigung beeinflussen kann (siehe 
oben).



> Jan K. schrieb:
>> Versuche mit
>> einem geringen I-Anteil führten immer zu Schwingungen.
>
> Das klingt nämlich nicht richtig. Ein I-Anteil soll integrieren und bei
> niedrigen Werten wenig, bei höheren Werten immer mehr dämpfen. Für mich
> klingt das eher nach D Faktor, an dem du da drehst.

Ja da muss ich noch einmal die Implementierung des Reglers überprüfen.
Vielleicht gibt es da auch noch ein Problem drin, so das der I zum 
Beispiel viel zu schnell aufintegriert und ich eine Art Windup erhalte.

> Ich vermute, das die Regler gegeneinander arbeiten.
Mhh eigentlich tut der Stromregler was er soll, aber es kann sein, dass 
er zuviel Phasenverschiebung erzeugt..

> Wichtig für gute Regeleigenschaften sind auch die Skalierungen deiner
> Hardware Treiber. Wenn du etwa lineare Ansteuerung in etwa lineare
> Drücke übertragen kannst, ist das auf jeden Fall sehr hilfreich. Dann
> fallen die PID Faktoren recht schnell an ihren richtigen Platz.

Ich denke es geht eher um einen linearen Volumenstrom. Ich muss mal 
schauen ob ich da irgendwie etwas zu herausbekomme, wie der  sich 
abhängig von der Ansteuerung verhält. Für denn Fall, dass der 
Zusammenhang nicht linear ist, müsste ich ja nur die Ventilanpassung 
ändern, um das zu kompensieren.


Ich denke der nächste Schritt wird es sein, dass ich mal versuche das 
Übertragungsverhalten des Reglers genauer zu untersuchen. Also mal die 
Totzeit/Verzögerungen zu messen.
Die Probleme mit der Haftreibung sollten sich ja eigentlich durch eine 
schnellere Ansteuerung überprüfen lassen. Die aktuellen Testsignale sind 
ja recht träge. Außerdem werde ich mal mit einer Sinusanregung 
versuchen, die Resonanztheorie zu überprüfen.

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Jan K. schrieb:
> Regelabweichung ----> PID-Regler --[Ausgangssignal +/- 1000]-->
> Ventilkennline --[Ventilstrom-Soll]--> PI-Stromregler --[PWM]--> Ventil

Ja, ist ja schön, aber warum zwei Regler? Welche Istgrösse bekommt denn 
der erste Regler? Und warum soll dieses Ausgangssignal nochmal durch 
einen PI Regler für die PWM?
Logisch ist es doch, das Ausgangssignal des PID Reglers gleich als PWM 
Signal zu verwenden. Das System alleine sollte schon anständig regeln. 
Wenn du willst, kannst du dann später evtl. noch einen PI Regler für was 
auch immer benutzen, welchen Istwert bekommt eigentlich dieser?

Also erstmal den ersten PID Regler ordentlich einstellen - und dann mal 
schauen.

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