Forum: Platinen PCB - Leiterlängenabgleich/ Toleranzen/ Frequenzabhängigkeit


von Joe (Gast)


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Hallo zusammen,

beschäftige mich seit einigen Tagen mit PCB-Design.
Dabei stoße ich auf, für mich neue, Verfahren bzw. Begrifflichkeiten.

Da heißt es dann dass man bei Bussystemen darauf achten muss, dass die
einzelnen Leitungen gleich lang sind und am besten die Leitung für den
Takt etwas mehr Abstand zu den anderen Leitungen hat.

Oder dass bei Ethernet und USB unbedingt differentielle Leitungsführung
durchführen soll.

Das einfachste ist diese "Tips" zu befolgen. Doch dabei stellen sich bei
mir immer mehr Fragen.

Was genau heißt denn "gleichlange Leitungen"? Da kann man z.B. mit
Altium Toleranzen eingeben, z.B. 2mm. Ist das genug? Woraus ergibt sich
die Toleranz? Ist das Abhängig von der Frequenz oder wie schon öfter
gelesen doch von der Flankensteilheit?

Wie sieht eine sehr gute differenzielle Leitungsführung aus? Soweit ich
jetzt recherchiert habe ist es ja bei differentiellen Leitungen ja auch
so, dass die Impedanz bei 100 Ohm liegen sollte, wobei das wieder
abhängt welche Impedanz der/ die entsprechenden Pinanschlüsse haben.

Da behaupte ich, dass die Eigenschaften der Leitungsführung, wie z.B.
Leitungsbreite, Abstand zwischen beiden Leitungen, von der Berechnung
für die Impedanz abhängen. Aber ich stelle mir die Frage, ob es da
prinzipielle Angaben gibt. So eine Art Rezept: Keine 90° Ecken oder nur
wenig bis keine Lagensprünge oder oder oder.

Vielen Dank schon mal an die erfahrenen Hasen ;)

Joe

: Verschoben durch Admin
von U. M. (oeletronika)


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Hallo,
du machst dir womöglich viel zu viele Sorgen um ein Detail, das dir zu 
Ohren gekommen ist, anderderseits ist zu vermuten, dass du an anderer 
Stelle große Anfängerfehler machen wirst.
Um was geht es denn überhaupt? Nach den Fragen zu urteilen, willst du 
mit GHz-Technik arbeiten? Das ist aber auch wieder nicht anzunehmen, 
weil man das nicht mal eben so als Laie beherrschen kann.

Bei der Bewertung der Länge einer Leitung stehen Aspekte der HF-Technik 
im Vordergrund. Eine Leitung wird dann als lang angesehen, wenn auf ihr 
relevante HF-Effekte wie Reflexionen, Abstahlung und Übersprechen eine 
Rolle spielen und auch Laufzeiten zu beachten sind.

Reflexionen treten schon auf, wenn die Leitungslänge über dem 0,1-fachen 
der auftretenden Wellenlänge liegt.
Welche Signalfrequenzen aber auf der Leitung vorkommen, hängt bei 
digitalen Sigbnalen von der Flankensteilheit ab. Da kannst du was mit 
100kHz Rechteck übertragen und trotzdem Oberwellen bis in den Bereich 
von GHz bekommen.
Da wären dann Massnahmen zur wirksamen Begrenzung der Signalbandbreite 
sinnvoll.

Will man sehr viel höhere Signalfrquenzen nutzen, so braucht man 
natürlich hohe Flankensteilheit. Dann sind vor allem Reflexionen zu 
beachten, die z.B. durch Terminierung (Impedanzanpassung) an den 
Leitungsenden verhindert werden können.

Für USB und Ethernet gibt es in diversen Datenblättern und 
Applikationsschriften Vorgaben zum Layout.

Grundsätzlich sind Leitungen mit hohen Frequnzen so kurz wie möglich zu 
halten.
Auf dem Bord zum USB-Stecker (bzw. auch Ethernetstecker) werden oft 
Reihenwiderstände von ca. 33 Ohm empfohlen. Außerdem sollten dünne 
Leiterzüge mit geringstem Abstand zwischen den differenziellen Leitungen 
geroutet werden.
Aus der Physik sollte bekannt sein, dass die wirksame Fläche zwischen 
Leitern als Leiterschleife wie eine Antenne wirkt.
Gruß Öletronika

von FelixW (Gast)


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Wenn du des englischen mächtig bist, möchte ich dich gerne weiter 
verweisen. Ich weiß nicht, ob das jetzt schon als Werbung durchgeht.
Fedevel hat viele gute Tutorials was Altium betrifft.

https://www.youtube.com/watch?v=QlNgoS3SEME
http://www.fedevel.com/welldoneblog/2014/07/11-the-most-common-high-speed-design-rules/
http://www.fedevel.com/welldoneblog/2014/07/length-matching-in-altium/

Ein paar Gedanken:
Leitungslänge bedeutet Laufzeit. Längenunterschiede ...
Die Impedanz ist für die Schnittstellen (LVDS, etc.) definiert und dort 
dann einheitlich.
Es gibt Tools die dir die Impedanz berechnen (Edge Coupled Microstrip)

Es geht erstaunlich viel (irgendwie), ohne dass man die Regeln beachtet.
Und es geht so einiges nicht, nur weil man es mit den Regeln nicht so 
genau nimmt (das schiebt man dann auf die "EMV"-Magie).
Dazwischen liegt Erfahrung und Wagemut.

Orientiere dich an den Hersteller vorgaben  application notes  
evaluations boards, etc.

Grüße Felix

von Joe (Gast)


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Hallo Öletronika,

um was es mir überhaupt geht versuch ich kurz zu halten.

Woher weiß ich, wann ich denn nun längenangepasste Leitungen oder 
impedanzangepasste Leitungen oder differentielle Leitungen verwende?

Das trifft so ziemlich meine persönliche Grundfrage.

Ist es im täglichen Geschäft z.B. so, dass man von mir aus weiß, okay... 
ich möchte eine USB-Buchse auf meinem Board haben. Daraus resultiert 
dass ich von der USB-Buchse zum IC differentiel verfahre weil es sich um 
USB handelt?

Da muss es doch andere Kenndaten/- werte geben.

So ungefähr dass man ab einer bestimmten Datenrate vorzugsweise 
differentielle Leitungsverlegung nimmt oder dass man bei Bussystemen mit 
den und den Eigenschaften möglichst gleichlange Leitungen mit einer 
maximalen Längendifferenz von so und soviel mm nimmt.

Dass in diesem Bereich viele Erfahrungswerte eine Rolle spielen ist mir 
zwischenzeitlich bekannt, aber irgendwie konnte mir noch keiner sagen, 
woher bestimmte Angaben oder Anwendungen stammen.

Ich hätte das schon gerne in etwa so, dass ich z.b. so vorgehen kann 
dass ich sage:

- Datenrate ist so größer als... also muss hier auf jeden Fall 
differentiell gefahren werden.

- Hier handelt es sich um eine SD-Karte auf der Platine, hier muss ich 
so verfahren dass alle Leitungen gleichlang sind, Impedanzanpassung ist 
aber nicht unbedingt notwendig, da das und das...

So etwas suche ich :)

In meinem Fall geht es um ein Praktikum, wo ich seit Wochen am Layout 
sitze und bei meinen Fragen von Kollegen oder vom Chef immer die selbe 
Antwort bekomme. "Das ist halt so". Aber ich würde schon gern wissen 
WARUM das so ist. Also wie schon gesagt, dass man wie nach einem Rezept 
vorgehen kann und nach, von mir aus gesagt, Ausschlussverfahren vorgehen 
kann.

Datenrate ist kleiner als oder größer als, also reicht das oder man muss 
das machen.

Ich hoffe ich bin zu dieser späten Stunde noch verständlich rüber 
gekommen :)

Joe

von Achim S. (Gast)


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"Harte Grenzen", aber wann welche Technik eingesetzt werden muss, wirst 
du kaum finden.

Ich würde mal grob sagen:

- sobald die Laufzeiten auf den Leitungen in einen ähnlichen Bereich 
kommen wie die Anstiegszeiten der Signale, musst du dir Gedanken über 
Leitungsimpedanzen, Reflektionen und Terminierungen machen.

- das Längenmatching unterschiedlicher Leitungen muss so gut sein, dass 
es  das setup/hold Fenster jedes Signals nicht aus dem Datenauge 
hinausschiebt. 2mm Toleranz dürften für unterschiedliche Signale eines 
Busses in den allermeisten Fällen mehr als gut sein. Bei differentiellen 
Signalpaare würde ich grundsätzlich immer versuchen, das matching best 
möglich hinzukriegen, damit die Signale wirklich "parallel" 
nebeneinander her laufen.

- wenn du ein Busssystem nicht zuverlässig mit single ended Leitungen 
realisieren kannst, dann klappt es vielleicht mit Umstieg auf 
differentielle Leitungen. Gründe für die Notwendigkeit gibt es 
verschiedene: z.B. die größere Störfestigkeit auf dem Kabel. Bei Treiber 
ICs kann z.B. auch das gleichzeitige Schalten vieler single ended 
Ausgänge aufgrund der Versorgungs-Induktivitäten zu GND-Bounce oder 
VCC-Sag führen, was bei differentiellen Ausgängen ebenfalls entschärft 
wird.

Und wenn du nicht selbst ein neues Bussystem entwirfst sondern ein 
Layout für ein bestehendes Bussystem machst (wie derzeit in deinem 
Praktikum), dann hältst du dich an die Vorgaben, mit denen 
sichergestellt ist, dass der Bus funktioniert - insofern haben deine 
Kollegen nicht ganz unrecht mit dem "das ist halt so".

von Knobikocher (Gast)


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Ein Buch dazu:

ISBN 3-7723-5499-8
"EMV-Designrichtlinien: Optimierung von Signalqualität, Abstrahlung und 
Störfestigkeit"

Da stehen deine Fragen halbwegs beantwortet drin. Halbwegs weil: harte 
Grenzen gibt es nicht. Man kann sich selbst harte Grenzen festlegen. 
Dazu stehen in Buch auch welche. Aber ein Allheilmittel und Anleitung 
zum perfekten Layout ist das nicht.

Du wirst zu einem Punkt kommen müssen, wo das Ergebnis der 
Verbesserungsmaßnahmen nicht mehr im Verhältnis zum Aufwand steht UND du 
dann sagst: das ist es, fertig! Kein Arbeitgeber wird dich Jahre am 
perfekten Layout entwickeln lassen.

von Georg (Gast)


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Joe schrieb:
> So ungefähr dass man ab einer bestimmten Datenrate vorzugsweise
> differentielle Leitungsverlegung nimmt

Das entscheidest du ja garnicht, jedenfalls nicht, wenn du PCB Layout 
machst, denn die Tatsache ist ja schon im Stromlaufplan festgelegt. Da 
dafür spezielle Treiber und Eingänge benötigt werden, sieht der 
Stromlaufplan dafür ganz anders aus, die Entscheidung fällt also lange 
bevor mit der Leiterplatte begonnen wird. Sofern überhaupt etwas zu 
entscheiden ist, denn z.B. USB oder Ethernet oder LVDS für ein Display 
sind eben differentiell, und das aus gutem Grund.

Auch andere Fragen wie Längenausgleich muss eigentlich der 
Systemingenieur beantworten, der die ganze Schaltung entworfen hat. Ob 
der Ausgleich notwendig ist, ist die falsche Frage, es muss heissen 
welcher Längenunterschied ist zulässig, und das ergibt sich aus dem 
zulässigen Laufzeitunterschied (Laufzeit = Länge, bei einem guten 
CAD-System kannst du beides anzeigen lassen). Dazu muss man das genaue 
Timing der Signalübertragung kennen, das ist u.U. recht aufwendig und 
der PCB Designer kann das garnicht wissen.

Natürlich kann ein und diesselbe Person alles entwerfen und berechnen, 
aber so habe ich deine Anfrage nicht verstanden. Bei Arbeitsteilung 
sollten alle deine Fragen bereits im Stromlaufplan beantwortet werden, 
jedenfalls wenn man professionell arbeitet. Dazu haben erwachsene 
CAD-Systeme ein Constraint Managment, das inzwischen fast umfangreicher 
ist als die Zeichenfunktionen, d.h. Eigenschaften wie min und max 
Impedanz oder max Längendifferenz werden schon im Stromlaufplan der 
Signalleitung zugewiesen und vom System bis zum Schluss immer wieder 
überprüft. Dass das ein Haufen Arbeit ist und viel Erfahrung und 
Grundlagenkenntnisse erfordert versteht sich von selbst.

Fazit: USB usw. ist klar, da kann man vom Layouter erwarten, dass er die 
Normen kennt. Bei ungenormten Signalverbindungen muss der Entwickler 
festlegen, ob sie impedanzkontrolliert sein müssen usw. Es ist auch 
nicht sinnvoll, einfach alles so zu verlegen, dadurch würde die 
Leiterplatte ohne Grund viel zu aufwendig oder ganz unmöglich. I.d.R. 
ist nur ein geringer Prozentsatz der Verbindungen betroffen.

Georg

von Joe (Gast)


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so, erstmal vielen Dank für eure Antworten.

das EMV-Design-Richtlinienbuch war heute sogar in der Bibliothek 
verfügbar :)

da werd ich jetzt mal drin rumstöbern und mich zu einem späteren 
Zeitpunkt nochmal äussern was ich für mich gutes entdecken konnte

von Joe (Gast)


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So, hab folgendes bezüglich impedanzkontrollierten Leiterbahnen aus dem 
vorher genannten Buch "Optimierung von Signalqualität" und dem Buch 
"Handbuch der Leiterplattentechnik" von Jillek und Keller herausfinden 
können:

ab einer Impulsanstiegszeit kleiner 3ns sollten impedanzkontrollierte 
Leiterbahnen verwendet werden

Die Impedanz der Leiterbahn ist längenunabhängig

ab einer Taktfrequenz größer 10MHz kann für die Berechnung der Impedanz 
auf den Widerstandsbelag und den Querleitbelag verzichtet werden, da 
diese im Vergleich zum Induktivitäts- bzw. Kapazitätsbelag schwindend 
klein sind und dadurch die Kreisfrequenz ebenfalls vernachlässigbar ist.

Mir persönlich fehlt noch ein Zusammenhang bei Leiterbahnen, die man 
"ungefähr" gleich lang routen soll. Hab diesbezüglich leider noch keine 
Toleranzangaben finden können. z.B. von was das abhhängt usw.

Joe

von Georg (Gast)


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Joe schrieb:
> Hab diesbezüglich leider noch keine
> Toleranzangaben finden können. z.B. von was das abhhängt usw.

Hab ich doch beantwortet (Laufzeitdifferenz) - dass dir das zu 
kompliziert ist, liegt nicht an mir, sondern an der Physik.

Georg

von Peter (Gast)


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Georg schrieb:
> Joe schrieb:
>> Hab diesbezüglich leider noch keine
>> Toleranzangaben finden können. z.B. von was das abhhängt usw.

Das definiert der jeweilige Schnittstellenstandart. USB, Ethernet, LVDS, 
DDR, DDR2, DDR3 ... das steht in den Spzifikationen. Da steht die 
Impedanz, Längentoleranzen und und und. Allgemein zu sprechen geht 
einfach nicht. Die Schnittstelle wird so designt, dass es in diese 
Parameter hineinpasst. Darauf sind Leitungtreiber und alles ausgelegt.

von Joe (Gast)


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Habe jetzt folgendes Beispiel analysiert und hoffe, dass meine 
Gedankengänge nicht ganz falsch oder im besten Fall richtig sind :)

Es geht ja darum, wie groß der Längenunterschied zwischen zwei Leitungen 
sein darf, damit die Signale am Eingang des ICs korrekt erfasst werden

Nehmen wir folgenden IC:
http://datasheets.maximintegrated.com/en/ds/MAX13030E-MAX13035E.pdf

im Datenblatt auf Seite 4 entnehme ich, dass der Skew (Zeitdifferenz der 
Signale) zwischen den Kanäle maximal 0,8ns betragen darf.

die Laufzeit einer Leiterbahn, z.B. Mikrostrip auf FR4-Material ergibt 
sich aus nachfolgender Formel, die ich in einem Buch gefunden hab:

Laufzeit td = Leiterbahnlänge * Wurzel(epsilon_r,effektiv = 3,1)  / 
(Vakuumlichtgeschwindigkeit c0 =  3*10^8)

bei einer Leitungslänge von 100mm ergibt sich die Laufzeit von td = 
0,587ns

nehmen wir an, dass meine zweite Leitung 150mm lang ist. Laufzeit ist 
dann 0,88ns

die Differenz aus beiden Laufzeiten ist ja dann 0,293ns, was ja laut 
Datenblattforderung im erlaubten Bereich wäre.

Jetzt stellt sich mir aber die Frage, falls meine Überlegung richtig 
ist, wieso in den mir bekannten PCB-Beispielen bei Bussen wie hier z.B. 
die SD-Karte "peinlichst" genau drauf geachtet wird, dass die Leitungen 
gleich lang sind. In meinem praktischen Beispiel im Betrieb sind 
Pauschal 2mm Toleranz angegeben mit der Aussage, dass das eben so 
gemacht wird.

Aber laut meiner Rechnung und meiner Überlegung ist das ja total 
unnötig, wenn, wie gesagt, mein Gedankengang richtig ist.


Lasse mich aber gerne belehren :)

von U. M. (oeletronika)


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Hallo,
> Joe schrieb:
> ab einer Impulsanstiegszeit kleiner 3ns sollten impedanzkontrollierte
> Leiterbahnen verwendet werden
das ist so als pauschale Forderung auch nicht korrekt.
Ich hatte in meinem 1. Posting ja schon was zum Wellenlänge im 
Verhältnis zu Leitungslänge geschrieben. Ab ca. 1/10 der Wellenlänge 
(Lambda) muß man schon mit Reflektionen rechnen, spätestens aber ab ca. 
1/4 Lambda.

Ob man differenzielle Leitungen verwendet, hängt vom Anwendungsfall und 
der Störumgebung ab. Übertragung über lange Kabel mit höheren Baudraten 
werden oft differtiell gemacht. -> USB, Ethernet, RS485, CAN usw.
Es gibt aber auch Anwendungen, bei denen es ohne differnzielle Signale 
gut läuft, sogar über rel. lange Stecken (z.B. RS232). Aber da hat man 
meist nur paar kBaud.

Es kommt natürlich auch immer drauf an, welche Umgebung man hat und 
welche Störsicherheit man erreichen muss.
Da ist eine poplige Heimanwendung nicht zu vergleichen mit Industrie, wo 
eine Steuerung oder Sensorik neben gesteuerten Motoren im MW-Bereich 
auch funktionieren muß oder wo in der Nähe eine Elektroschmelze mit 
einigen zig. MW arbeitet.

> Mir persönlich fehlt noch ein Zusammenhang bei Leiterbahnen, die man
> "ungefähr" gleich lang routen soll. Hab diesbezüglich leider noch keine
> Toleranzangaben finden können. z.B. von was das abhhängt usw.
Auch das hängt vom konkrten Einsatzfall ab. Manchmal wird da auch 
Aufwand getrieben, der unnötig ist.

Weil man sich aber nicht jedesmal mit den physikalischen Grundlagen 
beschäftigen und auch kein Risiko eingehehen will, werden auch 
Entwurfsregeln in Fällen angewendet, wo das nicht nötig ist. Ich habe 
kürzlich eine Displaysteuerung mit ARM Core-M3 gemacht, wo auch ein DRAM 
mit dran kommt, der mit Takten bis 133 MHz angsteuert werdern kann. Ich 
habe mir da aber keine Gedanken um exakt gleich lange Leitungslängen 
gemacht, sondern beser darum, die Leitungen grundsätzlich kurz zu 
halten. Bis zu einigen 10mm Länge ist das dann unkristisch.
Will man aber Signale mit 100MHz-Takt über eine Rückverdrahtung eines 
19-Racks führen, dann muß man sich aber zwingend mit der Problematik 
beschäftigen.
Diese Logik_Level Umsetzer von MAX (und andere auch), die du oben 
nennst, sind nicht harmlos. Diese haben Flankensteilheit im Bereich von 
wenige ns.
Da sind also Oberwellen im Bereich von GHz zu erwarten und somit auch 
schon bei wenigen cm Leitungslänge können hässliche Reflexionen auf 
nicht angepassten Leitungen zum Problem werden. Hier ist aber dann die 
Frage, wie lang die Leitungen sind ob man diese durch Änderung des 
Konzeptes kürzer machen kann oder ob man die Geschwindigkeit wirklich 
benötigt.
Statt Leitungen an den Enden zu terminieren kann man da auch mit 
Tiefpässen im den Signalleitungen was machen. Niedrigere Anstiegszeiten 
sind dann auch bei der EMV-Prüfung eher unkritisch.

Z.B. eine SD-Karte kann man normal nicht mit so hohen Geschwindigkeiten 
fahren, dass man ns-Flanken braucht, sofern man da nicht spezielle 
sauschnelle Flashspeicher drauf hat. Für einige MBaud reichen dann auch 
Signale mit 10...20ns-Flanken.

Niemand wird dir hier solche Kochrezepte ausstellen, wie du sie 
erwartest.
Entweder du sagst klar, was du für Probleme hast oder du mußt für deine 
Fälle immer wieder die Grundlagen nehmen und darüber nachdenken, ob 
Massnamen überflüssig, empfehlenswert oder zwingend sind.
Macht man aber grobe Fehler und muß diese später mit Redesigns 
ausbügeln, kostet das oft viel mehr Zeit und Geld, als wenn man gleich 
auf Sicherheit geht.
Gruß Öletronika

von Georg (Gast)


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Joe schrieb:
> Aber laut meiner Rechnung und meiner Überlegung ist das ja total
> unnötig, wenn, wie gesagt, mein Gedankengang richtig ist.

Richtig aber unvollständig: der zulässige Skew am Empfänger ist ja schon 
die Summe von allem was dem Signal unterwegs passieren kann, und du bist 
als Layouter ja nicht verpflichtet, das für deine Zwecke aufzubrauchen, 
im Gegenteil. Ein Bestandteil ist z.B. der Skew des Senders, und an dem 
kannst du garnichts ändern, folglich steht dir schon nicht mehr alles 
für deine Leiterbahn zur Verfügung. Dazu kommt, dass der Längenausgleich 
der Leiterbahnen trivial und leicht durchzuführen ist, d.h. der Skew 
durch unterschiedliche Länge lässt sich von allen Bestandteilen am 
einfachsten eliminieren - also tut man das gefälligst. Mehr als 1/10 der 
Gesamtmarge sollte sich der Layouter nicht gönnen, und ein Wert von 2 mm 
ist dadurch gerechtfertigt, dass man das ja problemlos erreichen kann, 
hat also seine Berechtigung als Daumenregel, weils schlechter kaum geht. 
Es bleibt bloss die Frage, ob es besser sein muss als 2 mm, aber dazu 
braucht man schon lange Leitungen und sehr hohe Frequenzen (im Sinn von 
Buszyklen, woraus sich dann die Skew-Margen ergeben), und dann muss man 
halt selber rechnen. 2 mm ist einfach "gute Design Praxis".

Nebenbei: das entspricht sowieso häufig nicht den tatsächlichen 
Anforderungen: bei einem Datenbus ist in der Regel nicht die gleiche 
Laufzeit von Interesse, sondern die Stabilität der Logikpegel relativ 
zum Strobe-Impuls. Bei halbwegs gleichzeitigen Signalen ist die 
Einhaltung von Setup und Hold aber deutlich einfacher.

Übrigens gilt das auch für deine anderen gefragten Eigenschaften: 
Impedanz unterliegt in der Praxis relativ grossen Streuungen. Wenn 5 
oder 10 % gefordert sind, heisst das aber keineswegs, dass du im 
CAD-Entwurf soviel daneben liegen darfst, denn die Toleranz braucht 
dringend die Fertigung, 5 % sind schon sehr aufwendig einzuhalten. Der 
Layouter hat also seine Berechnungen viel genauer durchzuführen, eine 
Abweichung von mehr als 2 % ist für micht ein klarer Kunstfehler.

Georg

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