Forum: Platinen Reflowlöten mit Bügeleisen


von Fabian S. (fabian31415)


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Hallo!

Hier im Forum wurde schon öfter das Reflowlöten mit einer Herdplatte 
oder einem Ofen diskutiert.

Laut Wikipedia 
(http://de.wikipedia.org/wiki/B%C3%BCgeleisen#Beschaffenheit) erreicht 
ein Bügeleisen auf Stufe 3 ca. 220°C, was für bleihaltiges Lötzinn auf 
jeden Fall ausreicht, für bleifreies sollte man evtl. darauf hoffen, 
dass das Bügeleisen auch noch 10K oder 20K mehr schafft.
Dieses (nicht allzu professionelle) YT-Video zeigt außerdem, dass es 
funktionieren kann: https://www.youtube.com/watch?v=ZoCaQqYEHmc

Meine ganz konkrete Frage lautet nun: Warum machen andere Hobbybastler 
(z.B. die hier im Forum) das nicht ebenfalls mit einem Bügeleisen, 
welches man gebraucht auch für 3€ bekommen kann, sondern ärgern sich mit 
dem Umbau von alten Kleinöfen und anderem herum?

Viele Grüße

Fabian

von Dieter F. (Gast)


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Fabian S. schrieb:
> erreicht
> ein Bügeleisen auf Stufe 3 ca. 220°C

Ja, wie ist "Bügeleisen" denn definiert - es gibt ziemlich viele 
(unterschiedlicher Marken und Baureihen) davon oder?

Es mag sein, dass via Herdplatte oder Bügeleisen schon gute Erfolge 
erzielt wurden - dann würde ich aber genau nach der Reproduzierbarkeit 
nachfragen.

Es gibt da die verschiedensten Techniken - ob die alle SICHER zum Erfolg 
führen ist eine andere Frage.

Ich nutze einen China-Ofen und bin - bis auf große Elkos - ganz 
zufrieden.

Gruß
Dieter

von Crazy Harry (crazy_h)


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Hab vorhin 20 2W-LEDs auf Starplatinen gelötet ..... auf 2 
Zementwiderständen. Als die Widerstände heiss waren, reichte es die 
Starplatinen ca. 10sek drauf zu legen.

von 0815 (Gast)


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Das Problem ist dabei grundsätzlich, daß durch dicke Platinen nur wenig 
Wärme strömt. Bedeutet einerseits, daß die hotplate deutlich wärmer sein 
muss, als auf der Bauteilseite ankommt. Teile der Platine werden daher 
auch deutlich übertemperiert, es kommt extrem schnell zu Delaminationen.
Weiteres generelles Problem sind unteerschiedlich große Bauteile. 
Chipwiderstände werden sofort verlötet, während man auf eine Drossel 
o.ä. wirklich ewig warten kann.
Nutze das Verfahren bei dünnen Platinen selbst, weil es so schön einfach 
ist. Aber es hat deutliche Grenzen.

von Dieter F. (Gast)


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Crazy H. schrieb:
> Hab vorhin 20 2W-LEDs auf Starplatinen gelötet ..... auf 2
> Zementwiderständen. Als die Widerstände heiss waren, reichte es die
> Starplatinen ca. 10sek drauf zu legen.

Ja, das ist ja eine ganz präzise Angabe ... :-)

Kann jeder nachvollziehen - oder?

von Fabian S. (fabian31415)


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Vielen Dank für eurer aller Antworten!

Das wesentliche Problem, das sich aber zum Glück noch in Grenzen hält, 
scheint also die geringe Wärmeleitfähigkeit von Hartpapier zu sein. Die 
liegt bei ca. 0,2 W/(m*K) (vgl. 
http://www.kahmann-ellerbrock.de/tradepro/cms/site/allgemein/kunststoff/hp.pdf).

Bei Conrad gibt es für einen sehr, sehr, stolzen Preis diese 
Wärmeleitplatinen, die auch noch den Vorteil hätten, dass 
leistungselektronische Bauteile besser gekühlt wären: 
http://www.conrad.de/ce/de/product/530462/Proma-COBRITHERM-Traegerplatte-thermisch-leitend-Materialstaerke-15-mm-Ohne-Beschichtung-L-x-B-100-mm-x-100-mm?ref=list 
Das ist aus finanzieller Sicht wenig sinnvoll.

Ich rechne das mal ganz grob durch für eine Platine der Maße 10mm*45mm, 
wie ich eine plane:

Wärme in die Platine:
1. Wärmeleitung: P(DELTA_T) = 0,2W/(m*K) / 1,5mm  10mm  45mm * DELTA_T 
= 0,06W/K * DELTA_T
2. Konvektion: nicht vorhanden
3. Strahlung: nicht vorhanden

Wärme aus der Platine:
1. Wärmeleitung: nicht vorhanden
2. Konvektion: vernachlässigbar (hoffentlich; schließlich ist die Luft 
um die Platine herum durch das Bügeleisen ja aufgeheizt)
3. Strahlung: P(220°C) = 0,8  A  5,67 * 
((493,15K/100)⁴-(293,15K/100)⁴) = 1,06W

DELTA_T = 1,06W / 0,06W/K = 17,6K
THETA = 220°C + 17,6K + noch_ein_bisschen = 250°C oder so

Meiner armen Rechnung nach müsste man das Bügeleisen also auf ca. 250°C 
aufheizen, was vlt. nicht mehr jedes Bügeleisen schafft und dann kommt 
ja noch hinzu, dass ich vom stationären Zustand ausging und die Platine 
(und die Teile) sich auch erstmal aufwärmen müssen, wegen der blöden 
Wärmekapazität. Vlt. ist es tatsächlich besser, von oben zu beheizen 
oder nach sehr dünnen Platinen Ausschau zu halten. Das scheint - relativ 
plausibel - ein Grund für die geringe Verbreitung von Bügeleisen zu 
sein.

Kennt jemand eine Bezugsquelle für dünne Platinen?

Viele Grüße

Fabian

von Jens B. (fernostler)


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Fabian S. schrieb:
> Kennt jemand eine Bezugsquelle für dünne Platinen?

Ich hab noch etwas 0,10 18/18 rumliegen. Geht das?

von chris (Gast)


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Fabian S. schrieb:
> scheint also die geringe Wärmeleitfähigkeit von Hartpapier zu sein.

Bei Hartpapier wäre ich da auch eher vorsichtig mit den Temperaturen.
Bei FR4 ist das aber meiner Erfahrung nach kein Problem.
Ich habe bisher mehr als 50 Platinen problemlos so gelötet:
Herdplatte + 10mm dicke Aluplatte zur besseren Wärmeverteilung, darauf 
dann die Platine. Wenn alle Lötstellen aufgeschmolzen sind, die Platine 
vorsichtig von der Aluplatte auf ein Holzbrett zum Abkühlen schieben.

von Crazy Harry (crazy_h)


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Dieter Frohnapfel schrieb:
> Crazy H. schrieb:
> Hab vorhin 20 2W-LEDs auf Starplatinen gelötet ..... auf 2
> Zementwiderständen. Als die Widerstände heiss waren, reichte es die
> Starplatinen ca. 10sek drauf zu legen.
>
> Ja, das ist ja eine ganz präzise Angabe ... :-)
>
> Kann jeder nachvollziehen - oder?

22V 2x15Ohm parallel

von Wolfgang (Gast)


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Fabian S. schrieb:
> ... sondern ärgern sich mit dem Umbau von alten Kleinöfen und
> anderem herum?

Wieso rumärgern?
http://www.amazon.de/Backofen-Miniofen-Pizzaofen-Minibackofen-Unterhitze/dp/B00GG2G154/ref=sr_1_fkmr0_3?s=appliances&ie=UTF8&qid=1425726084&sr=1-3-fkmr0&keywords=Minibackofen+1000W+9L
(für bleifrei nicht ohne Zusatzheizelemente)

von Peter H. (peterhofbauer)


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Hallo!

Mit zwei verschiedene Verfahren habe ich bisher gute Ergebnisse 
erziehlt. Beide auch gut reproduzierbar.

Erstes Verfahren:

Ein Bügeleisen wird in einen Schraubstock befestigt, mit der Bügelfläche 
waagerecht nach oben. Die zu lötende Platine wird darauf gelegt und das 
Bügeleisen gestartet.
Die Oberfläche der Platine wird mit einen Sekundentermometer gemessen. 
Sobald die Oberfäche 100...120 Grad erreicht, kommt eine Heißluftpistole 
zum Einsatz. Man sieht wie das Lötzinn schmilzt und verläuft und kann so 
Stück für Stück über die Platine gehen.
Wenn das fertig ist muß man die Platine vorsichtig von der Bügelfläche 
auf ein Alublech schieben.

Zweites Verfahren:

Ein kleiner Tisch-Backofen (mit Termostat, kein Grill!) wird mit 
Termometer überprüft. Man muß sich ein Temperaturprofil austesten. Ein 
Stück Platine wird mit der Kupferfläche nach oben in den Ofen gelegt und 
dessen Oberflächentemperatur gemessen und protokolliert. Als Beispiel 
wie das bei mir funktioniert hat:
1.) Ofen auf 75 Grad einstellen
2.) bei 100 Grad wird die Platine in den Ofen gelegt und der Termostat 
auf 240 Grad gestellt.
3.) nach 158 Sekunden sind 220 Grad erreicht, dann Termostat auf Null
4.) nach 180 Sekunden erreicht die Temperatur 238 Grad.
5.) nach 240 Sekunden ist die Temperatur auf 232 Grad gefallen, Ofentür 
dann öffnen, die Platine ist fertig.
Natürlich ist das bei anderen Öfen alles anders, deren Termometer sind 
sehr ungenau.
Beide Verfahren sind gut produzierbar.

Gruß Peter

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