Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik USB Lader - Spezifikation und Realität


von Thomas (Gast)


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Hallo zusammen,

ich hatte gestern mal zwei USB-Ladegeräte durchgemessen.
Beide behaupten Sie könnten 2A lieferen, aber nach Anschluss an eine 
Dummy-Load und messen des Stroms gab das eine bei 1,5A, das andere bei 
1,7A auf.

Ich weiß ja dass das alles billig-Chinaware ist - aber ist es wirklich 
plausibel dass die Dinger nicht annährend an die spezifizierten 2A 
kommen?

Thomas

von Bernd K. (prof7bit)


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Thomas schrieb:
> Ich weiß ja dass das alles billig-Chinaware ist

Du bist wahrscheinlich der erste Kunde der überhaupt mal auf die Idee 
gekommen ist den Strom zu messen. Selbst jemand der die Gerätschaften 
dazu zur Hand hat müsste sich erst mal eine provisorische Last mit 
passendem USB-Stecker zusammenlöten um da zu messen, vorausgesetzt er 
hat überhaupt mal einen Anfangsverdacht und ausreichende Motivation das 
tiefer zu ergründen.

Möglicherweise ist es dem Hersteller vollkommen egal daß nur 0.0001% der 
Kunden jemals auf die Idee kommen die Angaben anzuzweifeln.

von Dirk K. (dekoepi)


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Oh, es kann ganz einfache Gründe dafür geben, dass keine 2A fließen.

Ich habe mir auf Lochraster zwei mal LTC4054 aufgebaut. Spec: 800mA. 
Aber schon der Blick ins Datenblatt verrät, dass das eigentlich 
unhaltbar und nicht zu schaffen ist. Grund dafür ist "Thermal 
Throttling". Erreicht die Junction-Temperatur 120°C, regelt der Chip den 
Strom runter. Diese Regelung greift negativ ins Ladeergebnis ein - der 
Ladeschluss ist bei 1/10C, also beispielsweise 80mA. Auch hier verrät 
das Datenblatt, wenn Throttling eingreift, verschiebt sich diese Grenze 
sogar nach oben.

Sind die ICs also nicht ausreichend gekühlt, können sie den Nennstrom 
nicht liefern. Und den Akku auch nicht auf 100% aufladen, sondern landen 
eher bei 90% der eigentlichen Kapazität.

Dazu kommt, dass insbesondere bei USB-Steckern und -Kabel oft hohe 
Widerstände vorliegen - billige Ware halt. Die verhindert dann 
zusätzlich höhere Ströme. Hilfreich wäre, die Spannung am Lader-Eingang 
zu messen. Fällt die spürbar unter 5V (selbst unter die +/- 10% der 
USB-Spec), liefert das IC auch unbefriedigende Ergebnisse.

Soviel mal aus meinem Nähkästchen zu Lader-IC-Tests :)

P.S.: Ist natürlich Blödsinn, dass sich keiner die Lader ansieht. Nimm' 
beispielsweise Henrik. Der testet diverse Ladegeräte: 
http://www.lygte-info.dk/info/indexBatteriesAndChargers%20UK.html
Auch gut, der Bergprophet, für die, die des Englischen nicht mächtig 
sind: http://www.mountainprophet.de/category/liion-lader-tests/

: Bearbeitet durch User
von Thomas (Gast)


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Hallo Dirk,

danke für den Hinweis, nach solchen Fehlerquellen suche ich.
Kurz zum Messaufbau:

Direkt am Stecker war ein (ca. 30 cm langes, billiges) USB-Kabel zu 
einem USB-Messadapter von ELV ( 
http://www.elv.de/usb-messadapter-usb-ma1-mit-gehaeuse-komplettbausatz.html 
) - an diesem steckte mit guten Laborkabeln ein Uni-T UT61E auf 
A-Messbereich.

Hinten dran war mit zwei billigen Krokokabeln ein Re:load2 angeschlossen 
( http://www.arachnidlabs.com/reload-2/ ).
Das re:load hatte ich getestet, das kann bei 5V auch 3A annehmen.

Kann in dem Versuchsaufbau ein signifikanter Fehler stecken?

Thomas

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Die Dinger sind nicht nur schlecht designed, sondern teilweise auch 
richtig gefährlich:
https://www.youtube.com/watch?v=afePhiXpsoA
Und auch EEVBlog #388:
https://www.youtube.com/watch?v=wi-b9k-0KfE

Ich hatte neulich einen auf dem Tisch, bei dem zwar ein Optokoppler als 
angeblicher Feedback Regler verbaut war - aber er war nicht 
angeschlossen!

Das die aufgedruckten Ratings nicht der Wahrheit entsprechen, ist dann 
nur noch der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt.

von Dirk K. (dekoepi)


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Reden wir von schlechten Netzteilen, die 5V-USB-Spannung ausgeben, oder 
von einem Lader, der mit 5V-USB-Spannung betrieben wird? "USB-Ladegerät" 
deutet für mich auf einen Lader hin, der via USB gespiesen wird. So 
etwas hier: 
http://blog.koepi.info/2015/02/soshine-t2-usb-charger-for-nimh-liion.html

Meine Einschränkungen beziehen sich auf reine Ladeschaltungen. Weitere 
Quellen wie schlechte Kabel/Kontakte können mit reinspielen, aber wenn 
Steckernetzteile gemeint sind ... da sind dann die Youtube-Links 
sicherlich die bessere Erklärung.

http://www.heise.de/newsticker/meldung/Australien-Defektes-Billignetzteil-toetet-Frau-2241302.html

von Stefan F. (Gast)


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Ich habe aufgrund solcher Bereichte alle meine 5V Netzteile aus der 
Bastelkiste überprüft. Die meisten waren ursprünglich als 
Handy-Ladegerät oder USB Netzteil gedacht.

Sie haben alle die aufgedruckten Leistungsdaten eingehalten - innerhalb 
der Testdauer von ca 5 Minuten.

Es wird nicht nur Schrott verkauft.

von Old P. (Gast)


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Stefan Us schrieb:
> ....
> Sie haben alle die aufgedruckten Leistungsdaten eingehalten - innerhalb
> der Testdauer von ca 5 Minuten.
> Es wird nicht nur Schrott verkauft.

Nicht "nur" aber eben auch und dieses "Auch" nimmt leider zu. Als 
Otto-Normalkäufer kann man nur raten was man dann in der Tüte geliefert 
bekommt. Selbst wenn da Original "YXZ" drauf steht, kann es eine billige 
Fälschung sein. Wobei diese sogar richtig gut designt und funktionieren 
kann. Aber auch nur "kann"... Heutzutage fast schon Lotterie, selbst 
wenn man im Fachmarkt kauft.

Old-Papa

von Herr S. (Firma: Privat) (wumpie)


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Bei meinem Arbeitgeber testen wir täglich Akkus und Ladegeräte für 
Handys, die Ganzen Ladegeräte kommen ja alle mehr oder weniger aus China 
/Fernost... und ich kann beides bestätigen es gibt Ladegeräte die etwa 
das schaffen was drauf steht es gibt aber auch Ladegeräte die auch 
grossartig nach unten hin abweichen, z.B die vom Huawei (Accent altes 
Modell) da sollen laut Angabe 1.2 A Max raus kommen schafft aber nur 
maximal 750mA die tatsächlich ins Handy fliessen. Die Hersteller geben 
hier auch nur immer an was das Ladegeräte oder die darin enthaltene 
Schaltung die sie von Firma X aus Land Y entwickelt wurde maximal 
ausgeben kann und die beziehen sich auch meist nur auf Angaben die vom 
Hersteller des Lade IC gemacht wurden.
Siehe auch Beitrag weiter oben von "Koepi". Von daher sollte man es mit 
diesen Angaben nicht so genau nehmen. Man muss aber auch sagen das es 
Handyladegeräte gibt die nicht nur als Netzteil arbeiten sondern auch 
schon eine fertige Ladeschaltung für einen Akku mit drin haben, das sind 
aber Exoten , da muss man dann auch darauf achten wie man hier den Max 
Ausgangsstrom überhaupt messtechnisch richtig erfasst.
Zu den kleinen USB Messgeräten wie es Sie derzeit bei ELV & Co überall 
für wenige Euro gibt beleibt nur anzumerken das die zwar billig sind 
aber so halbwegs funktionieren, wir haben hier einen Messplatz von Rohde 
& Schwarz sowie ein Spannung / Strom Konstanter  von Gossen und nutzen 
die kleinen Dinger hier auch für einen kleinen schnellen Test den wir 
sonst auch schonmal mit einem Multimeter und einem abgeschnippelten USB 
Kabel gemacht haben. Als relativ gut zeigen sich die Ladegeräte der 
aktuellen HTC Serie (M7 M8) der Ausgangsstrom wird annähernd erreicht 
auch auf Dauer und die Erwärmung hält sich in Grenzen. Hoffe ich konnte 
Dir ein paar Informationen geben.

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