Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Blindstrom messen?


von Sarah E. (meneymaus)


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Hey Leute,

jemand sagte zu mir, man kann keinen Blindstrom messen.

Ich hab selbst nur wenig Ahnung von der Thematik.


Wenn ich nun aber einen Kondensator über einen Widerstand entlade und 
den Strom messe, was für ein Strom ist es dann?

Der Strom über dem Widerstand wäre doch Wirkstrom, aber ich dachte ein 
Kondensator produziert Blindstrom?


Vllt. mag mich da mal jemand aufklären :-)

LG Sarah

von thoern (Gast)


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Sarah E. schrieb:
> Hey Leute,
>
> jemand sagte zu mir, man kann keinen Blindstrom messen.
Du kannst den Strom messen. Strenggenommen enthält jeder Strom einen 
Wirk und einen Blindanteil im Wechselstromkreis. Nur bei einem reinen 
ohmschen Widerstand ist der Blindanteil null.
>
> Ich hab selbst nur wenig Ahnung von der Thematik.
>
> Wenn ich nun aber einen Kondensator über einen Widerstand entlade und
> den Strom messe, was für ein Strom ist es dann?
Der Entladestrom!
>
> Der Strom über dem Widerstand wäre doch Wirkstrom, aber ich dachte ein
> Kondensator produziert Blindstrom?
Nur bei Wechselstrom.

>
> Vllt. mag mich da mal jemand aufklären :-)
>
> LG Sarah

von thoern (Gast)


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Noch kurz: Die ganze Wirk-, Schein-, Blindstromsache ist nur bei 
Wechselstrom relevant, nicht bei Gleichstrom.

Gruß,
thoern

von Udo S. (urschmitt)


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Dein gemessener Strom hat eine gewisse Phasenverschiebung zur Spannung.
der Sinus dieses Winkels mal dem gemessenen Strom ist der Blindstrom, 
der Cosinus des Winkels mal dem gemessenen Strom der Wirkstrom.

: Bearbeitet durch User
von Sarah E. (meneymaus)


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Udo Schmitt schrieb:
> Dein gemessener Strom hat eine gewisse Phasenverschiebung zur Spannung.
> der Sinus dieses Winkels mal dem gemessenen Strom ist der Blindstrom,
> der Cosinus des Winkels mal dem gemessenen Strom der Wirkstrom.

Heißt dass nicht, dass der Strom, den ich mit einem Oszilloskop 
(Stromzange) messe dern Scheinstrom ist und ich den Blind- und Wirkstrom 
berechnen muss?

Bedeutet dass, dass der gemessene Strom oder die gemessene Spannung 
immer die Scheinwerte sind?

von Udo S. (urschmitt)


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Sarah E. schrieb:
> den ich mit einem Oszilloskop
> (Stromzange) messe dern Scheinstrom ist

Es gibt meines Wissens keinen Begriff des "Scheinstroms". Der Strom 
fliesst wirklich er belastete den Leiter.
Nur verrichtet der Teil, der 90° (Pi/2) zur Spannung phasenverschoben 
ist keine Wirkleistung.
Man muss im Wechselstromnetz immer Spannung und Strom und den 
Phasenwinkel im Kontext zueinander sehen.

von Felix W. (felixw)


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Sarah E. schrieb:
> jemand sagte zu mir, man kann keinen Blindstrom messen.
>
> Wenn ich nun aber einen Kondensator über einen Widerstand entlade und
> den Strom messe, was für ein Strom ist es dann?

Je nach Messart misst du den Effektivstrom bzw. den Stromverlauf.

Sarah E. schrieb:
> Bedeutet dass, dass der gemessene Strom oder die gemessene Spannung
> immer die Scheinwerte sind?

Es gibt nicht "den Blindstrom". Blindstrom ist mathematisches Gebilde, 
wie auch "Schein..." und "Wirk..."
Sie werden über die Leistung im Wechselstromkreis gebildet und man 
braucht zur Berechnung immer Spannungs- und Stromverlauf.

Blindleistung entsteht durch Oberwellen und Phasenverschiebung bei 
sinusförmiger Spannung.

Ich schaue die Momentanleistung u(t)*i(t) am Verbraucher an.
Ich bilde einen Mittelwert = Wirkleistung.
In einigen Bereichen wird die Momentantleistung periodisch negativ. Der 
Mittelwert der negativen Teile ist die Blindleistung.
Daraus kann ich dann einen gedachten Blindstrom bilden.
Scheinleistung ist das sture Multiplizieren der Effektivwerte für 
Spannung und Strom.

Blindleistung = Scheinleistung - Wirkleistung
Blindstrom = Blindleistung / Spannung

: Bearbeitet durch User
von Ayk N. (ayk-ohm)


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Felix W. schrieb:
> Blindleistung = Scheinleistung - Wirkleistung

Das stimmt nicht.

Es muss heißen: Blindleistung²=Scheinleistung²-Wirkleistung²

von Felix W. (felixw)


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Ayk N. schrieb:
> Es muss heißen: Blindleistung²=Scheinleistung²-Wirkleistung²
Danke für die Korrektur.

von Harald W. (wilhelms)


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Sarah E. schrieb:

> jemand sagte zu mir, man kann keinen Blindstrom messen.

Das ist richtig. Strom ist Strom, da gibts nichts Blindes.
Was man allerdings messen kann ist eine Blindleistung.
Dazu muss man den Strom in Beziehung setzen zur Spannung.
Den ersten Einstieg über die Grundlagen von Schein-, Wirk-
und Blindleistung bietet Wikepedia.

von Possetitjel (Gast)


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Sarah E. schrieb:

> Wenn ich nun aber einen Kondensator über einen Widerstand
> entlade und den Strom messe, was für ein Strom ist es dann?

Hihi... das ist eine gute Frage.

> Der Strom über dem Widerstand

... durch den Widerstand. Nicht "über".

Spannung fällt über einem Widerstand ab, ab Strom fließt
hindurch . - Rein sprachliches Problem.

> wäre doch Wirkstrom, aber ich  dachte ein Kondensator
> produziert Blindstrom?

Beides richtig, ja.
Bei einer Reihenschaltung von Kondensator und Widerstand
wäre derselbe Strom gleichzeitig Blindstrom, Wirkstrom -
und wenn man den Zweig im Ganzen betrachtet auch Scheinstrom.

> Vllt. mag mich da mal jemand aufklären :-)

Ja, sehr gern: Der Ausdruck "Blindstrom" ist im allgemeinen
sinnlos und unnütz. (Ich gehe so weit zu sagen: Es gibt keinen
Blindstrom!)

Es gibt Spannung. Echte Spannung.
Es gibt Strom. Echten Strom.

Es gibt Leistung.
Bei der Leistung unterscheidet man Scheinleistung, Wirkleistung
und Blindleistung.

Das ist alles. Der Rest ist Schweigen.

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