Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Signal auf isolierten Stromkreis schicken


von Christian (dragony)


Lesenswert?

Hallo,

bestimmt lernt man das im ersten Semester im Elektronikkurs, aber da ich 
das nur als Hobby betreibe, habe ich keine Ahnung......

Ich habe einen batteriebetriebenen ATtiny, der den Pin B4 als Eingang 
geschaltet hat. dieser Pin ist auf PullUp gesetzt, damit er nicht in der 
Luft hängt. Wenn dieser Pin auf Masse gezogen wird, leuchtet eine LED an 
B3 auf, da Pin B3 dann eingeschaltet wird. Die LED ist nur als Debug, 
damit ich erkenne, dass es funktioniert.

Und jetzt das Problem: Wenn ich B4 mit der Masse des MCU, also dem 
Batteriestromkreis in Kontakt bringe, funktioniert alles einwandfrei. 
Wenn ich allerdings versuche, irgendwie extern diesen Pin auf Masse zu 
ziehen, will es einfach nicht funktionieren. Ich habe als Test B4 an den 
Minuspol eines Labornetzteils gesteckt, ohne Erfolg. Auch der 
Erdungsport brachte nichts.

Ich dachte, es kann nicht so schwer sein, die paar geparkten Elektronen 
da wegzuziehen... anscheinend ist es nicht so intuitiv, wie ich gehofft 
habe....

Falls die Frage kommt, warum ich jetzt unbedingt extern den Pin
runterziehen will: Ich habe mir zum Testen einen zweiten IC gebaut, der
Signale simuliert, die der erste IC dann auswerten soll. Der zweite IC
wird aber vom Labornetzteil betrieben, während der erste "fertig
eingepackt" im BAtteriegehäuse sitzt.

: Bearbeitet durch User
von H.Joachim S. (crazyhorse)


Lesenswert?

Einpolige Stromkreise funktionieren nur sehr mangelhaft...

von Christian (dragony)


Lesenswert?

Warum kann man die Elektronen nicht einfach da wegziehen?
Und wie könnte eine funktionierende Lösung meines Problems aussehen?

von Karl H. (kbuchegg)


Lesenswert?

Christian S. schrieb:


> Wenn ich allerdings versuche, irgendwie extern diesen Pin auf Masse zu
> ziehen, will es einfach nicht funktionieren. Ich habe als Test B4 an den
> Minuspol eines Labornetzteils gesteckt, ohne Erfolg.

Du musst auch die Masse deines Labornetzteils (den Minus-Pol) mit der 
Masse deines µC-Kreises verbinden.

> Ich dachte, es kann nicht so schwer sein, die paar geparkten Elektronen
> da wegzuziehen...

schon mal den Begriff "geschlossener Stromkreis" gehört?

von Marco (Gast)


Lesenswert?

Masse Batterie und Masse Labornetzteil miteinander verbinden.

von Jonas G. (jstjst)


Lesenswert?

Hallo,

wenn ich dich richtig verstanden habe verbindest du nur deinen Eingang 
mit der Masse von deinem Netzteil.
Ungefähr so:
1
Eingang ------------ Masse vom Netzteil

Damit dein Mikrocontroller jedoch erkennt das der Eingang auf Masse 
gezogen wird muss die Masse vom Netzteil mit der Masse vom 
Mikrocontroller verbunden sein.
1
Eingang-------------------------|
2
                                |
3
Masse vom Mikrocontroller ------|-------- Masse vom Netzteil

Jst

: Bearbeitet durch User
von Max H. (hartl192)


Lesenswert?

Christian S. schrieb:
> Warum kann man die Elektronen nicht einfach da wegziehen?
Strom fließt nur wenn du eine Potentialdifferenz hast, und woher kommt 
die?
> Und wie könnte eine funktionierende Lösung meines Problems aussehen?
Du verbindest die Massen der beiden Schaltungen.

von Schlumpf (Gast)


Lesenswert?

Christian S. schrieb:
> bestimmt lernt man das im ersten Semester im Elektronikkurs

Na ja, sowas lernt man eher in der 8. Klasse in Physik ;-)

Zeichne doch mal auf, was du da gemacht hast, und schaue, ob der 
Strom-KREIS geschlossen ist.

Falls nicht:

Du denkst, der Strom fließt (technische Stromrichtung) aus dem Pluspol 
der Batterie über den Pullwiderstand in den Pin und von dort über dein 
Drähtchen an den Minuspol des Labornetzteils... und da steckt der nun, 
der arme Strom, hat keine Ahung, wie er wieder zurück zur Batterie 
kommen soll, um den Strom-KREIS zu schließen.
Fazit: Da der Strom kein Dummer ist, fließt er erst gar nicht.

von Christian (dragony)


Lesenswert?

Erstmal vielen Dank für die Antworten. Jetzt weiss ich, WIE ich das 
Problem löse. Das warum wurde zwar auch geklärt, aber leider habe ich es 
nicht ganz begriffen. Auch wenn es sich witzig anhört, sind die 
Elektronen sicher keinen intelligenten Dinger, die genau wissen, wo ihr 
zu Hause ist und streiken, wenn man sie nicht wieder genau dahin zurück 
lässt. .... ???

Das würde ja auch heissen, dass ich 1000 Batterien in Serie schalten 
kann, dann 1500V habe und ich gefahrlos reingreifen kann, während ich in 
der Badewanne stehe... ???

: Bearbeitet durch User
von Peter II (Gast)


Lesenswert?

Christian S. schrieb:
> Das würde ja auch heissen, dass ich 1000 Batterien in Serie schalten
> kann, dann 1500V habe und ich gefahrlos reingreifen kann, während ich in
> der Badewanne stehe... ???

wenn du nur eine Pol hast, dann kannst du gar keine Spannung haben. Eine 
Spannung kann nur zwischen 2 Polen vorhanden sein.

von Harald W. (wilhelms)


Lesenswert?

Christian S. schrieb:

> Das würde ja auch heissen, dass ich 1000 Batterien in Serie schalten
> kann, dann 1500V habe und ich gefahrlos reingreifen kann, während ich in
> der Badewanne stehe... ???

Wenn Du einpolig anfasst ja. Wenn es aber bereits eine Verbindung
zwischen Batterie und Badewanne gibt, nein. Den Begriff Strom- kreis
lernt man aber wirklich bereits im Physikunterricht.

von Dietrich L. (dietrichl)


Lesenswert?

Christian S. schrieb:
> Das würde ja auch heissen, dass ich 1000 Batterien in Serie schalten
> kann, dann 1500V habe und ich gefahrlos reingreifen kann, während ich in
> der Badewanne stehe... ???

Das machen z.B. auch Vögel auf Hochspannungsleitung.
Hier ist der Fall nur umgekehrt:
- die Hochspannungsleitung hat ein Potential gegenüber der Erde
- die Vögel sind potentialfrei, haben also keinen Erdbezug.
=> es kann kein Strom fließen

Gruß Dietrich

von Christian (dragony)


Lesenswert?

Und wenn ich in die Steckdose fasse und dann eine gewischt kriege, 
fliessen die Elektronen über mich dann über die Erde bis zum Kraftwerk 
zurück, was irgendwo weit weg ist? Die sind ja echt schlau, die 
Elektronen....
Haben die ein eingebautes Navi?

Oder ist es einfach nur ein Sonderfall der Batterie? Vielleicht ist es 
ja so, dass in der Batterie ein Gleichgewicht herrscht und nur, wenn 
etwas in den Minuspol reingeschickt wird, der Pluspol bereit ist, 
Elektronen abzugeben. Der Vergleich mit dem Wassermodell scheint hier 
nicht zu funktionieren. Eine Wasserflasche kann ich ja leer machen, ganz 
ohne Kreislauf ;)

: Bearbeitet durch User
von Düsendieb (Gast)


Lesenswert?

So ganz falsch ist das Bespiel mit dem Wasser auch nicht. Wenn du die 
Wasserflasche umdrehst,  fließt das Wasser von dem höheren Potential in 
der Flasche zum niedrigen Boden.

von Christian (dragony)


Lesenswert?

Soweit, so logisch. Aber unsere Vorredner sagten ja, dass es zwingend 
einen StromKREIS benötigt, dass also das Wasser wieder zurück in die 
Flasche muss....

Wenn es nämlich so einfach wäre, hätte mein Aufbau funktionieren müssen. 
Da hatte ich nämlich die 3V der Batterie auf der einen Seite und die 
Masse(Erdungspol) auf der anderen Seite.... War aber nix.

von Route_66 H. (route_66)


Lesenswert?

Christian S. schrieb:
> Ich dachte, es kann nicht so schwer sein, die paar geparkten Elektronen
> da wegzuziehen... anscheinend ist es nicht so intuitiv, wie ich gehofft
> habe....

Woher soll denn Dein PB4 wissen, wer mehr Elektronen hat, er selbst oder 
der Anschluss vom Labornetzteil?
Das können die erst aushandeln, wenn sie nachgeschaut haben, wie viele 
sie gegenüber einem gemeinsamen Bezugspunkt (Masse) haben. Dazu muss man 
die Einzelmassen zum gemeinsamen Bezugspotential verbinden. Dann 
schließt sich der Kreis und Strom kann fließen.

von Harald W. (wilhelms)


Lesenswert?

Christian S. schrieb:

> Eine Wasserflasche kann ich ja leer machen, ganz
> ohne Kreislauf ;)

...und wie bekommst Du die Flasche voll, ganz ohne Kreislauf? Auch
bei Wasser gibt es einen Kreislauf, auch wenn dieser nicht ganz so
gut erkennbar ist. Den lernt man übrigens auch im Physikunterricht.

von Max D. (max_d)


Lesenswert?

Christian S. schrieb:
> Und wenn ich in die Steckdose fasse und dann eine gewischt kriege,
> fliessen die Elektronen über mich dann über die Erde bis zum Kraftwerk
> zurück, was irgendwo weit weg ist? Die sind ja echt schlau, die
> Elektronen....
> Haben die ein eingebautes Navi?

Hier kommt dieser Sonderfall zustande dadurch, dass aus der Steckdose 
Wechselstrom kommt. D.h. die Elektronen ändern 100x pro sekunde die 
richtung. Und bei jeder änderung fließen ein paar rein oder raus bevor 
du "voll" bist (weil die ja nicht wegkönnen). Die paar die rein oder 
raus können reichen aber, damit es zuckt.

Jetzt ist die Schachtel mit dem µC viel kleiner und braucht deswegen 
auch VIEL weniger Strom bis sie "voll" (oder leer) ist, dieser Stromfluß 
reicht niemals um bei dem µC den Pullup zu überwinden.

von Blinky (Gast)


Lesenswert?

Christian S. schrieb:
> Und wenn ich in die Steckdose fasse und dann eine gewischt kriege,
> fliessen die Elektronen über mich dann über die Erde bis zum Kraftwerk
> zurück, was irgendwo weit weg ist? Die sind ja echt schlau, die

Ja.
Oder sehr vereinfacht ausgedrückt:
Hinweg über die Stromleitungen, Rückweg über die Erde ==> Stromkreis
Oder: Stromleitung = Hohes Potential, Erde = niedriges Potential
Und nein, daher brauchen sie kein Navi.

Christian S. schrieb:
> Wenn es nämlich so einfach wäre, hätte mein Aufbau funktionieren müssen.
> Da hatte ich nämlich die 3V der Batterie auf der einen Seite und die
> Masse(Erdungspol) auf der anderen Seite.... War aber nix.

Zeichne uns das mal auf und zeige uns wo der Stromkreis zwischen Deiner 
Schaltung mit der Batterie und der Schaltung mit dem Netzteil ist.
Solange dazwischen nur 1 Leitung ist, ist es kein Stromkreis...

von Norbert M. (Gast)


Lesenswert?

Christian S. schrieb:
> Und wenn ich in die Steckdose fasse und dann eine gewischt kriege,
> fliessen die Elektronen über mich dann über die Erde bis zum Kraftwerk
> zurück, was irgendwo weit weg ist?

Im Prinzip täten sie das (wenn's nicht Wechselstrom wäre und die 
Driftgeschwindigkeit größer wäre).

> Die sind ja echt schlau, die Elektronen....
> Haben die ein eingebautes Navi?

Ja, das Navi ist in die Physik des Elektrons eingebaut, Coulombkraft ist 
das Stichwort. Die Elektronen in einem Stromkreis wandern da ja 
schliesslich nicht rum weil ihnen langweilig ist, sondern weil sie dazu 
gezwungen werden, nämlich durch das elektrische Feld.

Wenn das elektrische Feld (der "Antreiber") groß genug ist und der 
ohmsche Widerstand (der "Bremser") hinreichend klein, dann findet eine 
Bewegung von Ladungsträgern statt, die man "Strom" nennt.

> Oder ist es einfach nur ein Sonderfall der Batterie? Vielleicht ist es
> ja so, dass in der Batterie ein Gleichgewicht herrscht und nur, wenn
> etwas in den Minuspol reingeschickt wird, der Pluspol bereit ist,
> Elektronen abzugeben.

Davon abgesehen, daß die Elektronen vom Minuspol rauskommen: Ja, nur 
wenn welche in den Pluspol reingehen kommen welche beim Minus raus. Und 
die Batterie macht das auch nicht, weil sie eben grade so lustig drauf 
ist, sondern wieder durch einen innerlichen Zwang. Im Prinzip kannst Du 
Dir die Batterie so vorstellen: Da sind zwei Stoffe drin, der eine hat 
Elektronen, der Andere will welche. Kluge Erfinder haben das jetzt aber 
genau so zusamengeschustert, daß die zwei Stoffe sich eben nicht einfach 
innerhalb der Batterie das Elektron geben können, sondern nur daß das 
eben nur über die Pole funktioniert. Wenn Du jetzt die Pole der Batterie 
mit einem Draht verbindest, dann kann der Stoff am Minus, der unter der 
Last seiner Elektronen stöhnt, diese rausdrücken. Und der am Plus, der 
wo keine Elektronen hat, aber gerne welche hätte, der saugt sie sich 
richtig rein. Der Draht ist praktisch nur ein Schlauch, durch den die 
zwei Stoffe die Elektronen (vorstellbar als winzig kleine Kügelchen) 
austauschen können. Der eine drückt also und der andere saugt 
gleichzeitig. Das geht so lange gut, bis die beiden Seiten gleich viele 
Elektronen haben. Der Minus, der vorher ja so viele Elektronen hatte ist 
seiner Last entledigt und er braucht nicht mehr drücken. Und der Plus 
hat jetzt genau so viele, also kein Grund mehr zu saugen. Beide sind 
glücklich, die Batterie ist leer.

> Der Vergleich mit dem Wassermodell scheint hier
> nicht zu funktionieren.
> Eine Wasserflasche kann ich ja leer machen, ganz ohne Kreislauf ;)

Nimm einen dünnen Schlauch (am Besten durchsichtig und von ungefähr 
einem Meter Länge) und fülle den mit Wasser. Die eine Öffnung hältst du 
mit einem Finger zu. Und jetzt streck' den Arm aus und lass den Schlauch 
einfach runterhängen (die seite die du zuhältst oben). Und, was 
passiert? Genau, gar nichts, weil keine Luft reinkann. Wenn du die 
verschlossene Öfnnung -ähm- öffnest, dann rinnt auf einmal wie magisch 
das Wasser raus.

LG, N0R

von Karl H. (kbuchegg)


Lesenswert?

Christian S. schrieb:
> Und wenn ich in die Steckdose fasse und dann eine gewischt kriege,
> fliessen die Elektronen über mich dann über die Erde bis zum Kraftwerk
> zurück, was irgendwo weit weg ist? Die sind ja echt schlau, die
> Elektronen....
> Haben die ein eingebautes Navi?

Nicht wirklich.
Du musst dir das eher so vorstellen, dass in der Erde ein 'See' aus 
Elektronen vorhanden ist. Für jedes Elektron, dass aus der Steckdose 
über dich in die Erde fliesst, fliesst ein anderes Elektron aus der Erde 
in das Kraftwerk zurück.

So wie beim Wasserschlauch. Ist er gefüllt und an den Wasserhahn 
angeschlossen, dann kommt sofort Wasser aus dem anderen Ende raus wenn 
du den Hahn aufdrehst. Aber das ist nicht notwendigerweise dasselbe 
Wasser.

> Oder ist es einfach nur ein Sonderfall der Batterie?

Nein.
Elektronen rinnen immer nur vom höheren Potential zum niedrigeren 
Potential. D.h. du brauchst eine Potentialdifferenz. Hast du keine 
Potentialdifferenz, weil du nur einen Pol angeschlossen hast, dann gibt 
es auch für die Elektronen kein 'Gefälle' und sie fliessen nicht.

So etwas wie eine absolute Spannung gibt es nicht. Eine Spannung ist 
immer eine Potentialdifferenz zwischen 2 Polen. Bei einer 1.5V Batterie 
hat der eine Pol ein um 1.5V höheres Potential als der andere Pol. Aber 
das sagt nichts darüber aus, wie gross die Potentialdifferenz zu einer 
weiteren Batterie ist, die mit der ersten nicht verbunden ist.
1
                   
2
                   
3
      +----     +---+   <---+         +---+     ----+
4
      |         | + |       |         | + |         |
5
     1.5V       |   |      ???        |   |        1.5V
6
      |         | - |       |         | - |         |
7
      +----     +---+       +---->    +---+     ----+

Erst dadurch, dass du 2 Pole miteinander verbindest, stellst du einen 
Bezug zwischen den beiden Batterien A und B her. Verbindest du A+ mit 
B-, dann hat nachwievor jede Batterie für sich 1.5V Potentialdifferenz. 
Aber von A- nach B+ kannst du jetzt 3V messen.
1
       +---+            -----+      ----+
2
       | + |                 |          |
3
       |   |                1.5V        |
4
       | - |                 |          |
5
       +---+            -----+         3.0V
6
       | + |                 |          |
7
       |   |                1.5V        |
8
       | - |                 |          |
9
       +---+            -----+      ----+

verbindest du hingegen A- mit B-, dann hast du auch weiterhin nur 1.5V 
Differenz von A+ zu diesem gemeinsamen - und von B+ zu diesem 
gemeinsamen -
1
      +----       +---+   +---+      ----+
2
      |           | + |   | + |          |
3
     1.5V         |   |   |   |        1.5V
4
      |           | - |   | - |          |
5
      +----       +-+-+   +-+-+      ----+
6
                    |       |
7
                    +-------+

Erst dadurch, dass du eine Verbindung zwischen den beiden Batterien 
herstellst, zwingst du die beiden Potentiale dazu, dass sie eine 
'Beziehung' zueinander eingehen (wobei die Verbindung dann eben das 
gemeinsame Potential ist, dass beide Batterien eingehen). Aber 
Spannungen sind immer nur die Potentialdifferenz zwischen 2 Polen. Nicht 
mehr.

Eine andere Analogie:
Ich hab einen Stab mit 2 Meter 'Höhe' und einen Stab mit 3 Meter 'Höhe' 
(Die Stäbe stehen senkrecht). Frage: Welches obere Ende der beiden Stäbe 
ist weiter oben?

Die Frage lässt sich nicht beantworten, weil ich dir keine Beziehung 
zwischen den Stäben verraten habe. Steht der 3 Meter Stab im Keller und 
der 2 Meter Stab am Balkon im ersten Stock, dann ist das obere Ende des 
2 Meter Stabes höher. Steht der 3 Meter Stab am Dachboden, dann ist 
dessen oberes Ende höher. Erst dadurch, dass ich eine Beziehung zwischen 
den beiden Stäben herstelle, wie zb. beide Stäbe stehen vor mir im 
Zimmer mit jeweils dem unteren Ende am Fussboden, erst dadurch kann ich 
die beiden oberen Enden miteinander vergleichen. Ohne einen derartigen 
gemeinsamen Bezug, kann ich nicht sagen, welches obere Ende höher ist, 
und wie gross die Höhendifferenz der oeberen Enden ist. Ohne Bezug kann 
die alles sein, auch 0. Ich brauch nur den einen Stab auf den Fussboden 
stellen und den anderen auf einen Hocker, der 1 Meter hoch ist und schon 
sind die beiden oberen Enden auf gleicher Höhe.

Also: Um von Differenzen (denn die Höhe des Stabes ist ja nichts anderes 
als eine Differenz: wie gross ist die Höhendifferenz zwischen oberem und 
unterem Ende) von 2 Gegenständen auf eine absolute Aussage zwischen den 
Gegenständen zu kommen, benötigt es einen gemeinsamen Bezug.
Bei Spannungen ist das nicht anders. Denn Spannungen sind ja nur 
Potentialdifferenzen. Ohne gemeinsamen Bezug ist die Fragestellung 
welche Spannung von welchem Stromkreis die höhere ist, eine sinnlose 
Frage. Sie ist nicht beantwortbar. Erst dadurch, dass ich 2 Pole 
miteinander verbinde, stelle ich diesen gemeinsamen Bezug her. Und erst 
dann kann ich über den anderen Pol eine Aussage treffen, wie zb. welche 
Spannung der beiden Spannungsquellen die höhere ist und ob Elektronen 
daher fliessen werden oder nicht und wenn ja, in welche Richtung.

: Bearbeitet durch User
von Christian (dragony)


Lesenswert?

Vielen Dank für die umfangreichen Antworten. Das hat mir jetzt wirklich 
sehr weiter geholfen. :)

Ist leider doch alles komplizierter, als ich gedacht habe. Aber naja, 
wenn man erstmal die Hintergründe kennt, ist es immer einfach....

von Peter (Gast)


Lesenswert?

Christian S. schrieb:
> Ist leider doch alles komplizierter, als ich gedacht habe.

Nein ist es nicht. Du willst, das Strom fließt also brauchst du einen 
Stromkreis. Eine LED leuchtet auch nur, wenn du sie mit + und - am 
Netzteil verbindest. Wenn du die LED mit nur einem Beinchen anschließt 
kann sie nicht leuchten. Genau so ist es mit dem Pin des 
Mikrocontrollers auch.

von Karl H. (kbuchegg)


Lesenswert?

Christian S. schrieb:

> Ist leider doch alles komplizierter, als ich gedacht habe.

Eigentlich nicht.
Es läuft alles auf den einfachen Satz hinaus:
Wenn du 2 Spannungsquellen hast, musst du die Massen miteinander 
verbinden. Wobei du trickreicherweise selber definieren kannst, was du 
als 'Masse' ansehen willst. ("Masse" ist der übliche Name für den 
gemeinsamen Bezugspunkt)

Wenn du 2 Batterien so verbindest (die eine Batterie habe 1.5V, die 
andere sagen wir mal 3.2V)
1
       +-+
2
    +--+ +--+
3
    |       |
4
    |  3.2V |
5
    |       |
6
    |       |
7
    +--+-+--+
8
    +--+ +--+
9
    |       |
10
    |       |
11
    |  1.5V |
12
    |       |
13
    +-------+

dann bleibt es dir überlassen, wie du die Spannungen nennst, wo du also 
deine Masse zahlenmässig hinlegst.
Du kannst das zb so "benennen"
1
       +-+          -- 4.7V
2
    +--+ +--+
3
    |       |
4
    |  3.2V |
5
    |       |
6
    |       |
7
    +--+-+--+       -- 1.5V
8
    +--+ +--+ 
9
    |       |
10
    |       |         
11
    |  1.5V |            
12
    |       |            
13
    +-------+       -- 0.0V

du kannst es aber auch so benennen
1
       +-+          --  3.2V
2
    +--+ +--+
3
    |       |
4
    |  3.2V |
5
    |       |
6
    |       |
7
    +--+-+--+       --  0.0V
8
    +--+ +--+ 
9
    |       |
10
    |       |         
11
    |  1.5V |            
12
    |       |            
13
    +-------+       -- -1.5V

oder so
1
       +-+          -- 0.0V
2
    +--+ +--+
3
    |       |
4
    |  3.2V |
5
    |       |
6
    |       |
7
    +--+-+--+       -- -3.2V
8
    +--+ +--+ 
9
    |       |
10
    |       |         
11
    |  1.5V |            
12
    |       |            
13
    +-------+       -- -4.7V

oder auch so
1
       +-+          -- 108V
2
    +--+ +--+
3
    |       |
4
    |  3.2V |
5
    |       |
6
    |       |
7
    +--+-+--+       -- 104.8V
8
    +--+ +--+ 
9
    |       |
10
    |       |         
11
    |  1.5V |            
12
    |       |            
13
    +-------+       --  103.3V

oder überhaupt ganz anders. Hauptsache die Differenzen zwischen den 
einzelnen Punkten sind 1.5V bzw. 3.2V. Und natürlich wird die 
Gesamtdifferenz zwischen ganz oben und ganz unten immer 4.7V sein.
Um bei der Analogie zu bleiben: Mein 2 Meter Stab hat immer eine 
Höhendifferenz von 2 Meter. Aber ob ich das untere Ende als 100 
definiere (zb weil ich mich auf Seehöhe beziehe) oder ob ich das als 
11000 definiere (weil ich mich auf einen Punkt im Mariannengraben als 
meine Referenz beziehe) oder als -8700 (weil ich mich auf den Mt. 
Everest beziehe), bleibt einzig und alleine mir überlassen. Ich kann 
jeden beliebigen Zahlenwert benutzen, er ist ohnehin nur Schall und 
Rauch. Und natürlich: Wenn ich mehrere Stäbe habe, muss ich mich bei 
allen auf das gleichen Bezugsniveau beziehen um eine sinnvolle Aussage 
zwischen den Stäben zu erhalten. Aber welches Bezugsniveau ich wähle, 
bleibt mir überlassen. Ich brauche es nur um die Differenzen in 
Beziehung miteinander zu setzen.

von Georg (Gast)


Lesenswert?

Christian S. schrieb:
> Die sind ja echt schlau, die
> Elektronen....
> Haben die ein eingebautes Navi?

Solche Navis sind in der Natur viel verbreiteter als du denkst. Ein 
Regentropfen im Engadin weiss z.B. auch, dass er bis nach Holland muss 
um in die Nordsee zu kommen. Das macht er ganz ähnlich wie die 
Elektronen, er bewegt sich immer abwärts.

Georg

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.