Forum: HF, Funk und Felder absolute Frequenzgenauigkeit (Referenz)


von Kaktus (Gast)


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Ich frage mich, ob ein GPSDO oder ein Rubidium-Standard eine 
Ausgangsfrequenz liefert, die auch absolut genau ist (eine Abweichung 
ist natürlich immer vorhanden, aber ist die Ausgangsfrequenz ohne 
Messung bekannt?).
Die Rubidium-Standards aus ebay etc. sind meines Wissens abgeglichen und 
man kennt also die Ausgangsfrequenz?
Wie ist das bei einem GPSDO?

Oder kann man diese Referenzen nur als Transferstandard benutzen? So wie 
es bei Spannungsreferenzen in aller Regel ist. Man benötigt erst einmal 
ein kalibriertes Messgerät, um die Referenz zu messen und weiss dann 
dass es "absolute" 7.12969V sind, die aber dafür temperaturstabil usw.

Für eine Aussage zur tatsächlichen Frequenz des GPSDO benötigt man also 
entsprechend erst noch einen kalibrierten Frequenzzähler.

von Wolfgang (Gast)


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Kaktus schrieb:
> Ich frage mich, ob ein GPSDO oder ein Rubidium-Standard eine
> Ausgangsfrequenz liefert, die auch absolut genau ist (eine Abweichung
> ist natürlich immer vorhanden, aber ist die Ausgangsfrequenz ohne
> Messung bekannt?).

Da die Zeit im GPS-Vehikel über ein Cs-Normal erzeugt wird und die ART 
sich bisher als gute Beschreibung der Einflüsse von Gravitationsfeld und 
Bahngeschwindigkeit erwiesen hat, wird die Genauigkeit des Cs-Normals 
hier auch halbwegs heil am Boden ankommen.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Kaktus schrieb:
> Die Rubidium-Standards aus ebay etc. sind meines Wissens abgeglichen und
> man kennt also die Ausgangsfrequenz?

Die Ausgangsfrequenz ist 10 MHz, aber die Höhe der tatsächlichen
Abweichung vom Soll kennst du natürlich nicht.  Für ein wirkliches
Kalibriernormal müsstest du dir also bei der PTB die Differenz
ermitteln lassen.

von lrep (Gast)


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Jörg Wunsch schrieb:
> Die Ausgangsfrequenz ist 10 MHz, aber die Höhe der tatsächlichen
> Abweichung vom Soll kennst du natürlich nicht.

Rechne mal mit einem Fehler in der Größenordnung von 1mHz.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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lrep schrieb:
> Rechne mal mit einem Fehler in der Größenordnung von 1mHz.

Das wäre 1E-10.  Ich hätte so aus'm Bauch raus gesagt, besser 1E-9
auf jeden Fall.  1E-9 sind ja schon mal nur 30 ms pro Jahr an Fehler.

von Wolfgang (Gast)


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Jörg Wunsch schrieb:
> Ich hätte so aus'm Bauch raus gesagt, besser 1E-9 auf jeden Fall.

Beinahe - im Datenblatt der FE-5650A ist als Stabilität 2E-9/a 
angegeben.
http://www.freqelec.com/pdf/rfs_12pg.pdf

von lrep (Gast)


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Jörg Wunsch schrieb:
> Das wäre 1E-10.

Ich hatte, glaube ich, hier schon mal geschrieben, dass ich mit den 
10MHz Signalen von zwei LPRO-101 ohne weiteren Abgleich eine 
Lissajousfigur erzeugt hatte, die schon bald nach dem Einschalten in 
etwa einer Viertelstunde, also ca. 1000s, einen vollständigen 360° 
Durchlauf machte.

Die beiden Oszillatoren waren spiegelbildlich zueinander aufgestellt, so 
daß es möglich ist, dass aufgrund des Erdmagnetfelds der eine etwas zu 
langsam und der andere etwas zu schnell war.
Ich habe das damals zur Kenntnis genommen, aber nicht weiter untersucht, 
zumal bei solch geringer Abweichung ein Vergleich mit DCF77 auch nicht 
ganz einfach ist.

von Wolfgang H. (Firma: AknF) (wolfgang_horn)


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Hi, Kaktus,

> Ich frage mich, ob ein GPSDO oder ein Rubidium-Standard eine
> Ausgangsfrequenz liefert, die auch absolut genau ist

Ganz einfache Antwort: Gibts nicht in der Wirklichkeit. Keine Messung 
hat absolute Genauigkeit. Eine Schwingung kann nur so genau ausgemessen 
werden wie die genaueste Messung.


> Oder kann man diese Referenzen nur als Transferstandard benutzen?
Richtig.

> Für eine Aussage zur tatsächlichen Frequenz des GPSDO benötigt man also
> entsprechend erst noch einen kalibrierten Frequenzzähler.
Tja. Die Kalibrierung vergleicht zwar mit dem anerkannten Standard - 
aber mit welcher Genauigkeit?

Ciao
Wolfgang Horn

von Автомат К. (dermeckrige)


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Wolfgang Horn schrieb:
>> Für eine Aussage zur tatsächlichen Frequenz des GPSDO benötigt man also
>> entsprechend erst noch einen kalibrierten Frequenzzähler.
> Tja. Die Kalibrierung vergleicht zwar mit dem anerkannten Standard -
> aber mit welcher Genauigkeit?

http://www.ulrich-bangert.de/AMSAT-Journal.pdf

von Harald W. (wilhelms)


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Wolfgang Horn schrieb:

> Ganz einfache Antwort: Gibts nicht in der Wirklichkeit. Keine Messung
> hat absolute Genauigkeit. Eine Schwingung kann nur so genau ausgemessen
> werden wie die genaueste Messung.

Nun, ein Cäsiumnormal ist per Definition absolut genau. Es gibt kein
genaueres Instrument, um dessen Genauigkeit zu messen. Andererseits
gibt es inzwischen optische Uhren,die um den Faktor Hundert genauer
arbeiten. Allerdings kann man diese erst dann zum Messen verwenden,
wenn es eine neue Sekundendefinition auf der Basis von optischen
Uhren gibt. Die Neudefinitionen von solchen Basiseinheiten werden
von den Staatsinstituten wie der PTB aber nur recht selten gemacht.
Gruss
Harald

von Wolfgang H. (Firma: AknF) (wolfgang_horn)


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Hallo, "Автомат", hallo Harald,

Klar, die Anforderungen an die Mars-Mission waren besonders hoch. Hut 
ab! Aber noch lange keine abolute Genauigkeit.

> Nun, ein Cäsiumnormal ist per Definition absolut genau.
Naja, bevor in Paris das Urmeter aus Platiniridium geschmiedet wurde, 
soll in Schilda eines aus Gummi gemacht worden sein. Das Bungee-Seil 
soll sein Nachfolger sein... Der Vorteil war seine absolute Genauigkeit 
- ganz egal, wie lang es gezogen wurde, es war genau 1 Meter (Gummi) 
lang. Weil so definiert, basta. Im Vergleich zu ihm schrumpften dann 
Gebäude und Entfernungen ...

Für eine Messung brauchen wir Zeit. Diese Zeit begrenzt die Genauigkeit 
unserer Messung. Wer bei begrenzter Zeit trotzdem absolut messen kann, 
der kann auch Blei in Gold verwandeln und ein Perpetuum mobile 
herstellen.

> Es gibt kein genaueres Instrument, um dessen Genauigkeit zu messen.
Das mag sein. Aber "höchste bisher erreichte Genauigkeit" ist lange noch 
nicht "absolut".

> Die Neudefinitionen von solchen Basiseinheiten werden
> von den Staatsinstituten wie der PTB aber nur recht selten gemacht.
Gut so, dass die sich darum kümmern. Ich vermute, die brauchen dafür 
mindestens einen sehr genaues und konstantes Urmeter.
Ich verfolge das mit Interesse.

Ciao
Wolfgang Horn

von Achim H. (anymouse)


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Kaktus schrieb:
> Ich frage mich, ob ein GPSDO oder ein Rubidium-Standard eine
> Ausgangsfrequenz liefert, die auch absolut genau ist (eine Abweichung
> ist natürlich immer vorhanden, aber ist die Ausgangsfrequenz ohne
> Messung bekannt?).

GPSDO und Rubidium-Standard sind hier zwei paar Schuhe:

Der Rubidium-Standard ist vergleichbar mit einem sehr guten 
Transfernormal. An sich sehr genau und stabil, muss aber von Zeit zu 
Zeit abgeglichen werden, um die allerhöchste Genauigkeit zu erreichen.

Das GPSDO dagegen wird über GPS automatisch abgeglichen, so dass über 
eine längere Zeit immer eine genaue Frequenz bereitgestellt werden kann. 
Kurzzeitig kann die Frequenz etwas schwanken, je länger aber gemittelt 
wird, desto genauer wird die Ausgabe.

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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da fehlt noch ein Link
http://leapsecond.com/
A web site dedicated to precise Time & Frequency
speziell der hier
http://www.leapsecond.com/pages/atomic-bill/
First Atomic Clock Wristwatch

von Possetitjel (Gast)


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Wolfgang Horn schrieb:

>> Nun, ein Cäsiumnormal ist per Definition absolut genau.
>
> Naja, bevor in Paris das Urmeter aus Platiniridium
> geschmiedet wurde, soll in Schilda eines aus Gummi
> gemacht worden sein.

Was hat dein unqualifizierter Hohn mit Haralds Aussage
zu tun?

Das "Urmeter" in Paris ist stummer Zeuge eines gigantischen
metrologischen Reinfalles. Dass jede Formelsammlung den
Erdumfang zu 40'0xx km ausweist, ist ein anderes Teilchen
der Beweiskette.
Der ursprüngliche Plan war nämlich, als Primärnormal den
Erdumfang herzunehmen und für Eichzwecke eine Maßverkörperung
herzustellen, die genau ein Vierzigmillionstel des Erdumfanges
lang ist. Ergebnis war Sender Jerewan: "Im Prinzip ja, aber..."
Erstens konnte der Erdumfang nicht genau genug bestimmt werden,
und zweitens ist der Erdumfang nicht auf allen Großkreisen
gleich, weil die Erde keine exakte Kugel ist. Das Ziel, zu
jeder späteren Zeit und auf jedem Kontinent wieder genaue
Maßverkörperungen anfertigen zu können, wurde verfehlt.

Die Schildaer sind aber keineswegs so dumm, wie Du ihnen
unterstellst, denn...

Wolfgang Horn schrieb:

>> Es gibt kein genaueres Instrument, um dessen Genauigkeit
>> zu messen.
>
> Das mag sein. Aber "höchste bisher erreichte Genauigkeit"
> ist lange noch nicht "absolut".

Nein... völlig anders. Haralds Satz ist nicht ganz glücklich
formuliert; er müsste lauten: "Es kann prinzipiell kein
genaueres Instrument geben - und es gibt infolgedessen auch
keins."

Und Harald hat Recht, denn die Sekunde ist (im Moment) über
die Cäsiumuhr definiert, und die Definition ist per definition
exakt. Man könnte allenfalls über die Unsicherheit in der
Darstellung der Maßverkörperung reden (und tut das sicher auch).

Etwas ähnliches gilt für die Lichtgeschwindigkeit. Man kann im
metrologischen Sinne die Lichtgeschwindigkeit heutzutage nicht
mehr messen - denn dazu würde man eine Längeneinheit benötigen,
die genauer definiert ist als c.
Der Hase läuft aber genau umgekehrt! Die Lichtgeschwindigkeit
ist als exakt definiert worden, und zusammen mit der Sekunde
dient sie zur DARSTELLUNG des Meters.

von Kaktus (Gast)


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danke für die ganzen Antworten :)

Achim Hensel schrieb:
> Das GPSDO dagegen wird über GPS automatisch abgeglichen, so dass über
> eine längere Zeit immer eine genaue Frequenz bereitgestellt werden kann.
> Kurzzeitig kann die Frequenz etwas schwanken, je länger aber gemittelt
> wird, desto genauer wird die Ausgabe.

also muss ich beim GPSDO nicht auf ein besonders abgeglichenes Exemplar 
achten, sondern sollte ihn nur möglichst lange laufen lassen.
Eigentlich will ich für meine Zwecke nur einen OCXO auf 10 MHz 
justieren, daher ist 10E-9 oder 10E-12 erst einmal zweitrangig ;)

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Kaktus schrieb:
> Eigentlich will ich für meine Zwecke nur einen OCXO auf 10 MHz
> justieren,

Warum schreibst du das dann nicht gleich ins Eröffnungsposting?

Dafür genügt jedes Rb-Normal völlig.  Besser als das, was ein OCXO
an Stabilität schafft, ist es allemal.

von Wolfgang H. (Firma: AknF) (wolfgang_horn)


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Hi, Possetitjel,

zunächst das, was mir das Wichtigste für eine Antwort an den TO zu sein 
scheint: Der Unterschied zwischen dem gedachten Maß und seiner 
Maßverkörperung.
Weil das Maß gedacht ist, kann das Attribut "exakt" darauf nicht 
angewendet werden.
Am gedachten Maß kann keine Schieblehre angelegt werden, Gedachtes ist 
unmessbar. Deshalb kann kein messbarer Gegenstand "exakt" sein. Er kann 
das gedachte Mass nur annähern.
Wie es die Fanzosen mit dem Urmeter versuchten und heute mit dem 
Cäsium-Atom versucht wurde.
Deshalb ist die Frage nach einer "absolut genauen Quelle" bereits 
beantwortet mit "nein, unmöglich".


>> Naja, bevor in Paris das Urmeter aus Platiniridium
>> geschmiedet wurde, ...
> Was hat dein unqualifizierter Hohn mit Haralds Aussage
> zu tun?
Wer liest denn daraus Hohn? Und verachtet den auch noch als 
"unqualifiziert?" Hat Dich jemand zu Hilfe gerufen oder ist Dein Protest 
dem Mimosen-Terror zuzuordnen? (Der nach dem Motto: "Ich befriedige 
meine Sucht nach Macht, indem ich alle, die weniger zartbesaitet sind 
wie ich, an den Pranger stelle!"

> Das "Urmeter" in Paris ist stummer Zeuge eines gigantischen
> metrologischen Reinfalles.
Wozu diese überheblich-verächtliche Kritik der Pioniere anhand des 
heutigen Wissens einer sehr viel präziser vermessenen Erde?
Die Pioniere und ihre Auftraggeber hatten damals keinen Anlass, an der 
perfekten Kugelform der Erde zu zweifeln.

> Die Schildaer sind aber keineswegs so dumm, wie Du ihnen
> unterstellst, denn...
"Schildbürger ... Dieser früher fälschlich Volksbuch genannte 
Schwankroman erschien erstmals 1597 unter dem Titel „Das Lalenbuch..." 
... Laleburg liegt im Kaiserreich Utopia. Die Vorfahren der Lalen waren 
Weise, die an den Fürstenhöfen als Berater sehr geschätzt waren. (Der 
Name Lale geht auf das griechische Verb zurück, das einerseits plaudern 
und schwatzen, aber auch verkündigen und lehren bedeutet.) Weil in 
Abwesenheit der Männer zu Hause die Felder und das Vieh vernachlässigt 
werden, beschließen die Lalen, als Bauern in Laleburg zu bleiben. 
Deshalb wollen sie sich närrisch geben." (Wikipedia: Schildbürger)

Den Autoren des Lalebuchs und seiner Neuauflagen erkenne ich eine 
ähnlich Weisheit an wie Scott Adams, den Zeichner des Dilbert-Comics. In 
beiden Fällen wird eine Metapher benutzt (Dilberts-Klitsche und 
Schilda), weil diese Satire das ausdrücken kann, was sonst als 
"politisch nicht korrekt" zensiert worden wäre.

"Nicht so dumm" - ja, es mag sehr viel Weisheit erfordern, um sich 
richtig dumm stellen zu können.

> Nein... völlig anders. Haralds Satz ist nicht ganz glücklich
> formuliert; er müsste lauten: "Es kann prinzipiell kein
> genaueres Instrument geben - und es gibt infolgedessen auch
> keins."
Das wiederum wäre eine tollkühne Hellseherei, die den Fortschritt 
verbieten will. Das kenne ich nur von Ideologen.
Möglicherweise sind wir hier tatsächlich am Ende einer 
Forschungsrichtung, das kann keiner ausschließen. Aber wer die weitere 
Forschung ausschließen wollte, der wäre entweder ein Despot - oder ein 
Hellseher von biblischem Format.

>
> Und Harald hat Recht, denn die Sekunde ist (im Moment) über
> die Cäsiumuhr definiert, und die Definition ist per definition
> exakt.
Wie ganz oben. Das Attribut "exakt" hat bei gedachten Maßnahmen keine 
Bedeutung.
Eine gedachte Sekunde oder einen gedachten Meter können wir nicht 
messen. Also wurde der gedachte Meter auf einem Profil aus Platiniridium 
mit Strichen markiert,
Aber mit deren Messung ist wieder eine Messunsicherheit verbunden.

Dasselbt passiert mit dem Cäsium-Atom. Es wurde willkürlich definiert, 
wie viele Umläufe eines bestimmten Orbitals eine Sekunde ausmachen.
Aber auch diese Messung ist mit einer Ungewissheit verbunden.

Diese Ungewissheit werden wir niemals los, der Versuch darum endet 
spätestens bei Heisenbergs Unschärferelation.

> Man könnte allenfalls über die Unsicherheit in der
> Darstellung der Maßverkörperung reden (und tut das sicher auch).
So könnte man das wohl auch ausdrücken.
>

Ciao
Wolfgang Horn

von Possetitjel (Gast)


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Hai,

auch wenn ich in vielen Detail deutlich anderer Meinung bin
als Du, liegen wir letzten Endes gar nicht so weit auseinander.
Ich möchte den Thread aber nicht kapern, daher gehe ich nicht
auf die Einzelpunkte Deines Beitrages ein - obwohl ich das
Thema insgesamt sehr interessant finde.

Nur eine kurze Bemerkung...


Wolfgang Horn schrieb:

> Diese Ungewissheit werden wir niemals los, der Versuch
> darum endet spätestens bei Heisenbergs Unschärferelation.

Das wollte ich auch nicht bestreiten; ich denke, auch Harald
hatte ich dies nicht im Sinn.

>> Man könnte allenfalls über die Unsicherheit in der
>> Darstellung der Maßverkörperung reden (und tut das sicher
>> auch).
>
> So könnte man das wohl auch ausdrücken.

Das Problem scheint mir zu sein, dass mit dem Begriff
"Genauigkeit" sehr oft sehr schlampig umgegangen wird. Man
nehme nur Aussagen wie "Die Atomuhr ist so genau, dass sie
in 1 Millionen Jahre höchstens 1 Sekunde falsch geht."

Es mag sich um eine seltene Krankheit bei mir handeln - aber
solche Sätze gehen mir WIRKLICH auf die Nerven: Womit stellt
man denn fest, dass die Atomuhr falsch geht? So ein Blödsinn!
Warum nimmt man dann nicht einfach die "richtig gehende" Uhr,
mit der man das "falschgehen" festgestellt hat, als Normal?
So ein Quatsch.

Man kann Normale untereinander vergleichen; man kann Stabilität
und Reproduzierbarkeit untersuchen, bestimmte Normale können in
dieser Beziehung besser als andere sein.
Wie man eine Größe definiert und wie die Primärnormale aufgebaut
sind, ist eine reine Frage der Zweckmäßigkeit.

von Bodo (Gast)


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Possetitjel schrieb:
> Das Problem scheint mir zu sein, dass mit dem Begriff
> "Genauigkeit" sehr oft sehr schlampig umgegangen wird. Man
> nehme nur Aussagen wie "Die Atomuhr ist so genau, dass sie
> in 1 Millionen Jahre höchstens 1 Sekunde falsch geht."
>
> Es mag sich um eine seltene Krankheit bei mir handeln - aber
> solche Sätze gehen mir WIRKLICH auf die Nerven: Womit stellt
> man denn fest, dass die Atomuhr falsch geht? So ein Blödsinn!
> Warum nimmt man dann nicht einfach die "richtig gehende" Uhr,
> mit der man das "falschgehen" festgestellt hat, als Normal?
> So ein Quatsch.

Wenn man sich einfach mal bei Wikipedia die Wortbedeutung von 
"Genauigkeit" durchliest, erkennt man schnell, dass diese auf einen 
Erwartungswert bezogen ist.
Vielleicht ist ja das Zeitnormal auch nicht nur von einer einzelnen 
Atomuhr gemessen sondern eine Mittelung vieler Messungen und Uhren, die 
alle ähnliche Abweichungen aufweisen.
Dann ist mit der oben genannten Genauigkeit genau die mögliche maximale 
Abweichung vom Mittelwert gemeint und die Aussage trifft damit genau den 
Punkt, den du evtl. missverstanden hast.

von Wolfgang H. (Firma: AknF) (wolfgang_horn)


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Hi, Possetitjel,

> Wie man eine Größe definiert und wie die Primärnormale aufgebaut
> sind, ist eine reine Frage der Zweckmäßigkeit.

Natürlich. Aber wo es um Präzision geht, da muss man auch präzise denken 
können und wollen. Statt eben schlampig.
Die allergrößten Schwierigkeiten hatte ich mit Vorgesetzten, die erst 
unmögliche Aufgaben stellten und sich über Gegenargumente wie "Hauptsatz 
der Thermodynamik" stur stellten.

> Das Problem scheint mir zu sein, dass mit dem Begriff
> "Genauigkeit" sehr oft sehr schlampig umgegangen wird. Man
> nehme nur Aussagen wie "Die Atomuhr ist so genau, dass sie
> in 1 Millionen Jahre höchstens 1 Sekunde falsch geht."
Wie genau kann eine Uhr gehen, wenn das fallende Laub die 
Geschwindigkeit der Erdrotation erhöht?

Wer Leserquote bringen muss, der muss Blut und Superlative fließen 
lassen.

> Man kann Normale untereinander vergleichen; man kann Stabilität
> und Reproduzierbarkeit untersuchen, bestimmte Normale können in
> dieser Beziehung besser als andere sein.
Auch der Bau von Atomuhren ist keine Zauberei, sondern schlichtes 
Handwerk.
Mir reichen allerdings meine Quarzoszillatoren im Quarzofen.

Die Frage, die ich wirklich gern beantwortet hätte: Könnte ein 
Peltier-Element am Quarz, das diesen auf Durchschnittstemperatur hält, 
preiswerter sein als ein Ofen, der den Quarz auf 75° über der höchsten 
Umgebungetemperatur hält?

Ciao
Wolfgang Horn

von Harald W. (wilhelms)


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Possetitjel schrieb:

> Man kann Normale untereinander vergleichen; man kann Stabilität
> und Reproduzierbarkeit untersuchen, bestimmte Normale können in
> dieser Beziehung besser als andere sein.

Deshalb wird die "Weltzeit" auch aus dem gewichteten Mittel sehr
vieler Atomuhren in vielen Ländern gebildet.

von слюнотечение Тролль (Gast)


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Ein Peltier ist vorneweg teurer als ein Widerstand. Das Problem mit dem 
Peltier ist die Umgebung. Die Ankopplung zur Umwelt muss eine gewisse 
Groesse haben , waehrend ein Ofen, resp der Widerstand moeglichst eine 
kleine Kopplung zur Umwelt haben sollte. Dh ein Temperaturgradient 
beeinflusst eine Peltierregelung deswegen viel staerker als den Ofen.

von Possetitjel (Gast)


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Bodo schrieb:

> Vielleicht ist ja das Zeitnormal auch nicht nur von einer
> einzelnen Atomuhr gemessen sondern eine Mittelung vieler
> Messungen und Uhren, die alle ähnliche Abweichungen aufweisen.

Ja, mir ist bekannt, dass das so ist.

> Dann ist mit der oben genannten Genauigkeit genau die mögliche
> maximale Abweichung vom Mittelwert gemeint und die Aussage
> trifft damit genau den Punkt, den du evtl. missverstanden hast.

Hmm. Gut. Das ist ein intelligenter Einwand. Du sagst ja
sinngemäß: "Wenn man über eine bestimmte Cäsium-Uhr - ein
konkret bestimmbares Exemplar - spricht, dann gibt es ja
eine 'bessere' Uhr, nämlich die amtliche Zeit, die aus einer
größeren Anzahl Uhren abgeleitet wird".
Die Sichtweise ist vernünftig, denn dann wird der von mir
kritisierte Satz zumindest umgangssprachlich sinnvoll und
richtig.

Fachsprachlich bleibt er dennoch zumindest zweifelhaft - aber
drüber will ich jetzt nicht streiten; wer Formulierungen wie
"x Sekunden in einer Millionen Jahre" gebraucht, richtet sich
ganz sicher nicht an ein Fachpublikum... :)

von Wolfgang H. (Firma: AknF) (wolfgang_horn)


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Hi, "слюнотечение Тролль" mit Tastatur,

> Ein Peltier ist vorneweg teurer als ein Widerstand. Das Problem
> mit dem
> Peltier ist die Umgebung. Die Ankopplung zur Umwelt muss eine gewisse
> Groesse haben , waehrend ein Ofen, resp der Widerstand moeglichst eine
> kleine Kopplung zur Umwelt haben sollte. Dh ein Temperaturgradient
> beeinflusst eine Peltierregelung deswegen viel staerker als den Ofen.

Klar.
Vorteile für die Verwendung eines Peltier-Elements zur 
Temperaturstabilisierung eines Quarzes:
* Er hat nur die Differenz zwischen Umgebungs- und gewünschter 
Quarztemperatur herzustellen. Bei großer Sommerhitze muss er kühlen - im 
Winter in der Eisesluft heizen.
* Für den durchschnittlichen Betrieb im klimatisieren Arbeitszimmer wäre 
der Anlaufstrom geringer.

Nachteile
* Preis gegenüber Heizwiderstand
* Stromverbrauch bei Kühlung.
* Geringer Wirkungsgrad - aber besser als der eines Heizwiderstands.
* Wärmeleitfähigkeit
* Kondensation.

Siehst Du etwas, das ich übersehen habe?

Ciao
Wolfgang Horn

von Lurchi (Gast)


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Beim Quarz bringt die Heizung einen zusätzlichen Vorteil, weil man bei 
der etwas höheren Temperatur (ca. 50 C) beim Quarz einen besonders 
niedrigen TK (auch höherer Ordnung) erreichen kann.

Beim Peltierelement hat man den Vorteil, dass man eine etwas niedrigere 
Temperatur, auch etwas unter der maximalen Umgebungstemperatur wählen 
könnte. Damit wäre eine etwas kleinere Drift durch Alterung möglich.

Der Wirkungsgrad des Peltierelements als Heizung ist zwar etwas besser 
als der reine Heizwiderstand, aber das reicht bei weitem nicht aus, um 
die zusätzliche Leistung wegen der Wärmeleitung über das Peltierelement 
auszugleichen. Nur für die Heizung alleine bringt ein Peltierelement 
also keinen Vorteil - vor allem nicht beim Quarz, der ja von sich aus 
nur sehr wenig wärme abgibt.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Lurchi schrieb:
> Beim Quarz bringt die Heizung einen zusätzlichen Vorteil, weil man bei
> der etwas höheren Temperatur (ca. 50 C) beim Quarz einen besonders
> niedrigen TK (auch höherer Ordnung) erreichen kann.

Jein: meines Wissens werden die OCXO-Quarze extra dafür ausgelegt,
bei dieser höheren Temperatur im Tk einen Nulldurchgang zu haben.

Bei anderen Quarzen legt man den Nulldurchgang eher auf 
Zimmertemperatur.

von Wolfgang H. (Firma: AknF) (wolfgang_horn)


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Hi, Lurchi,

> Beim Quarz bringt die Heizung einen zusätzlichen Vorteil, weil man
> bei
> der etwas höheren Temperatur (ca. 50 C) beim Quarz einen besonders
> niedrigen TK (auch höherer Ordnung) erreichen kann.
Das kann man mit dem Winkel zwischen Kristallgitter und Schnittfläche 
einstellen.
Schau mal die 32 kHz-Quarze für den Gebrauch mit Handgelenk-Heizung. Die 
haben den Umkehrpunkt bei 25°C.

> Beim Peltierelement hat man den Vorteil, dass man eine etwas niedrigere
> Temperatur, auch etwas unter der maximalen Umgebungstemperatur wählen
> könnte. Damit wäre eine etwas kleinere Drift durch Alterung möglich.
Ah ja, Danke.
>
> Der Wirkungsgrad des Peltierelements als Heizung ist zwar etwas besser
> als der reine Heizwiderstand, aber das reicht bei weitem nicht aus, um
> die zusätzliche Leistung wegen der Wärmeleitung über das Peltierelement
> auszugleichen.
Das befürchte ich. Das gilt für extreme Außaentemperaturen besonders. 
Das ist für mich derzeit der Kardinalpunkt, an dem eine Betrachtung 
verschiedener Anwendungsfälle zum Urteil kommen könnte, der Verbrauch 
den zu erwartenden Extrempunkten ist zu hoch gegenüber der Einsparung in 
der Nähe des Umkehrpunktes auf Gebrauchstemperatur.

Ciao
Wolfgang Horn

von Pandur S. (jetztnicht)


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>[ Peltier..]
>Siehst Du etwas, das ich übersehen habe?

Ja. Das Peltier arbeitet gegen die Umgebung, gegen den Kuehlkoerper. Und 
der ist nicht stabil. Den darf ich nicht isolieren, sonst laeuft er 
sowieso weg. Ich kann ihn thermostatisieren, dann hab ich aber noch 
nichts gewonnen. Eine Heizung kann man hingegen stabilisieren, mit einer 
isolierten, grossen thermischen Masse, solnage der Waermefluss in die 
Umgebune groesser ist als die minimale Heizleistung.

: Bearbeitet durch User
von Wolfgang H. (Firma: AknF) (wolfgang_horn)


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Hi, "Jetzt Nicht" schrieb:

> Ja. Das Peltier arbeitet gegen die Umgebung, gegen den Kuehlkoerper. Und
> der ist nicht stabil.
Natürlich kann das nicht hinein in die Schaumstoff-Isolierung, sondern 
muss Teil des Gehäuses sein.
Die grosse thermische Zeitkonstante der Isolierung tausche ich damit aus 
gegen eine schnelle Regelung. Diese Geschwindigkeit erscheint mir 
überflüssig, wo Langzeitstabilität gebraucht wird, aber schadet sie?

Ein Schaden könnte bei Stromausfall vermutet werden - der thermisch gut 
isolierte Quarz hält seine Temperatur, die aber kann nur mit sehr großer 
Zeitkonstante wieder auf den Sollpunkt geregelt werden.
Der thermisch gar nicht isolierte Quarz am Peltier-Element verändert 
seine Temperatur bei Stromausfall sehr schnell, ist aber auch schnell 
wieder eingeregelt.

> Ich kann ihn thermostatisieren,
Ja, in beiden Fällen brauche ich am Quarz einen Thermofühler.
Dieser schaltet im einen Fall die Heizung an und aus, im anderen Fall 
brauche ich eine Brückenschaltung für das Peltier-Element.

Ciao
Wolfgang Horn

von Hans-Georg L. (h-g-l)


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Üblicherweise verwendet man für (10Mhz) OCXO SC-Schnitte und da liegt 
der Wendepunkt bei ca 95° mit einer Temperaturabhängigkeit (im 
Wendepunkt) von 2 ppb/°C.

www.qsl.net/dk1ag/fhka.pdf

AT Quarze haben ihren Wendepunkt bei 25-35°C und die Temperaturkurve ist 
wesendlich steiler wie beim SC Quarz. Aber ich glaube nicht, das du 
einen Quarz bei Raumtemperatut oder 0-70°C mit Peltier genau genug 
stabil halten kannst.

von Lurchi (Gast)


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Eine Stabilisierung mit einem Peltierelement geht auch schon sehr genau. 
So etwas gibt es z.B. für Laserdioden und ähnliches. Auch da kommt man 
in den Bereich von mK Schwankungen. Ein Problem dürfe aber ein großer 
Temperaturbereich sein. Da ist man dann eher auf 0-40 Grad oder so 
begrenzt. Im Prinzip ginge mehr, mit einem 2 Stufigen Aufbau.

Die eher kurze Zeitkonstante beim System mit Peltierelement stört schon 
etwas. Damit wird das Rauschen der Temperaturreglung / Messung 
wichtiger. Vom Aufbau würde man so etwas vermutlich so machen, dass am 
Peltierelment ein relativ großer Alu Block hängt, an den die 
Oszillotorschaltung und das Thermometer angekoppelt ist. Der Quarz wäre 
dann noch einmal im inneren des Block relativ gut isoliert, so dass sich 
da noch einmal eine thermische Filterung ergibt. Im Extremfall ggf. auch 
noch mit einer kleinen extra Heizung / Regelung für den Quarz.

Die Frage ist aber auch mehr ob man für die niedrigere Temperatur auch 
ähnlich gute Quarze bekommt, wie für die üblichen Quarzöfen. Zumindest 
wird man da deutlich mehr suchen müssen. Vermutlich wird es schon daran 
scheitern. Das Peltierlelement wäre dann nur ein Hilfe, damit der 
Quarzofen auch noch bei 80 Grad Umgebungstemperatur geht.

von Hans-Georg L. (h-g-l)


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Lies mal die Überschrift des Threads ..

Schau dir mal folgende Datenblätter und das PDF an:
http://www.kvg-gmbh.de/de/produkte/quarzoszillatoren.html
http://www.qsl.net/dk1ag/fhka.pdf

Da werden OCXO mit AT- und SC-Schnitt alternativ angeboten und da kann 
man sehen, das der SC auf jeden Fall der bessere ist.

Die AT-Quarze werden da bestimmt auch nicht auf 25°C gekühlt, sondern 
auf  den zweiten Umkehrpunkt der ähnlich hoch wie der von SC Quarzen 
liegt, aufgeheizt, aber eine steilere Kennlinie hat.

Ein Peltier kann da nicht drin sein, sonst müsste ja der Kühlkörper zu 
sehen sein ;)

Das man mit Peltierelementen Temperaturen regeln kann ist ja keine 
Frage.
Aber einen damit gekühlten Quarz mit einer Genauigkeit von 2x 10exp -8 
möchte ich erst mal sehen.

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