Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Ein paar Fragen zur Halbleitertechnik


von Studi (Gast)


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Wenn man sich die Theorie zur Halbleitertechnik durchliest, dann klingt 
das alles überzeugend, doch wenn man dann Fragen hat, werden die 
irgendwie durch die Theorie nicht immer beantwortet. Oder man braucht 
erst fünf Semester Physik. Okay, ich übertreibe. Trotzdem meine Fragen 
hier. Eventuell könntn ihr mir mit kompakten Antworten weiterhelfen:

1. Warum wird bei Silicium zur Dotierung meistens Bor (p) und Phosphat 
(n) eingesetzt? Im Periodensystem steht Phosphor rechts von Silicium, 
links steht aber Aluminium. Für mich wäre es deshalb logisch, Aluminium 
zur n-Dotierung zu verwenden. Warum nicht?

2. Im zweiten Beitrag in diesem Thread 
Beitrag "Bipolartransistor - Dotierung" zeigt Bodo ein Dotierprofil 
eines NPN-Transistors. Warum ist an der Stelle, so der Kollektor 
elektrisch an den Metallkontakt angebunden wird, mit 10^18 deutlich 
höher dotiert als im restlichen Kollektorbereich?

3. Wenn ich das richtig verstanden habe, beißen sich bei einem 
Transistor die Anforderungen Hochfrequenz und hohe Leistung (hohe 
Ströme). Aber wie baut man denn dann einen Transistor, der zum Beispiel 
einen terrestrische Antenne (mehrere Kilowatt) für das Fernsehprogamm 
zum Beispiel im UHF-Band? Der muss doch hohe Leistung und hohe 
Frequenzen können.

4. Metalle haben bei T=0 freie Ladungsträger. Die Valenzelektronen sind 
scheinbar alle im Leitungsband. Warum hat Silizium bei T=0 keine freien 
Ladungsträger, sondern erst bei höheren Temperaturen? Die Frage zielt 
auch etwas auf den Bandabstand ab. Warum ist bei Metallen (Leitern) das 
Valenzband so nah am Leitungsband, bei Silizium aber nicht? Für mich ist 
es einfach nicht verständlich, warum bei Silizium für ein Elektron mehr 
Energie notwendig ist, es ins Leitungsband zu prügeln. Die Elektronen 
sind doch alle gleich und die Schalen (Schalenmodell) auch.

von Benedikt S. (benedikt_s)


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1. Warum wird bei Silicium zur Dotierung meistens Bor (p) und Phosphat
(n) eingesetzt? Im Periodensystem steht Phosphor rechts von Silicium,
links steht aber Aluminium. Für mich wäre es deshalb logisch, Aluminium
zur n-Dotierung zu verwenden. Warum nicht?

Aluminium selber ist ein leitendes Metall es gibt folglich alle seine 
Valenz e- in das Leitungsband ab(Stichwort Elektronengas in metallen); 
es kommt als zu keiner echten gitter Fehlstelle.
bor und Phosphor zeigen diese verhalten nicht da sie nicht Metalle sind.

Ich bin mir bei der Aussage nicht sicher und werde noch einmal 
nachschlagen.

von Studi (Gast)


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Benedikt S. schrieb:
> Ich bin mir bei der Aussage nicht sicher und werde noch einmal
> nachschlagen.

Wo schlägst du denn nach?

von Pandur S. (jetztnicht)


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> Metalle haben bei T=0 freie Ladungsträger. Die Valenzelektronen sind
scheinbar alle im Leitungsband. Warum hat Silizium bei T=0 keine freien
Ladungsträger, sondern erst bei höheren Temperaturen? Die Frage zielt
auch etwas auf den Bandabstand ab.


Fermiflaechen, thermische Boltzmanverteilung ... Das waeren dann eben 
die 5 Semester Physik... ist tatsaechlich so.

: Bearbeitet durch User
von Thomas (Gast)


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Studi schrieb:
> 2. Im zweiten Beitrag in diesem Thread
> Beitrag "Bipolartransistor - Dotierung" zeigt Bodo ein Dotierprofil
> eines NPN-Transistors. Warum ist an der Stelle, so der Kollektor
> elektrisch an den Metallkontakt angebunden wird, mit 10^18 deutlich
> höher dotiert als im restlichen Kollektorbereich?

Wenn ich mich noch richtig zurückerinnern kann ist der einzige Grund 
dafür, den Übergangswiderstand zur Metallkontaktierung vom Collektor 
möglichst gering zu machen.

von Possetitjel (Gast)


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Studi schrieb:

> 3. Wenn ich das richtig verstanden habe, beißen sich
> bei einem Transistor die Anforderungen Hochfrequenz
> und hohe Leistung (hohe Ströme).

Ja.

> Aber wie baut man denn dann einen Transistor, der zum
> Beispiel einen terrestrische Antenne (mehrere Kilowatt)
> für das Fernsehprogamm zum Beispiel im UHF-Band?

Soweit ich weiss: Gar nicht.

Man verwendet entweder Röhren (Klystron) in der Sendestufe
oder schaltet viele kleinere Endstufen zusammen.

von Udo S. (urschmitt)


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Wie sieht es mit der notwendigen Temperatur aus, um mit Aluminiumdampf 
via Diffusion dotieren zu können? Die wäre doch viel zu hoch, also nimmt 
man Bor.
Ohne Gewähr :-)

: Bearbeitet durch User
von Studi (Gast)


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Udo Schmitt schrieb:
> Wie sieht es mit der notwendigen Temperatur aus, um mit
> Aluminiumdampf
> dotieren zu können? Die wäre doch viel zu hoch, also nimmt man Bor.

Das ist doch nicht das einzige Dotierverfahren für Silizium! Die nötige 
Temperatur um Aluminiumdampf zu erzeugen kann also nicht die Antwort 
sein. Es wird ja auch nicht reiner Phosphor verdampft, sondern in 
Verbindungen, zum Beispiel Phosphin PH_3, zugesetzt.

Für eine Ionenimplantation müsste Aluminium abre zum Beispiel geeignet 
sein.

Warum dotiert man nicht mit Aluminum?

von Marian (phiarc) Benutzerseite


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Es gibt ja durchaus HF-Leistungstransistoren, nur sind die halt alle 
irgenwie eher teuer. Wild herausgegriffenes Beispiel, ein BLF188XR 
kostet über 200 €.

von Bodo (Gast)


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Hallo Studi,

zu Frage 1)

Es gibt drei wesentliche Vorraussetzung und zahlreiche Nebenbedingungen 
für die Eignung eines Dotierstoffs in einem beliebigen Halbleiter:

a) Löslichkeit des Dotierstoffes
b) Einbau der Atome im Gitter / keine Passivierung des Dotierstoffes
c) niedrige Aktivierungsenergie

Man kann Aluminium verwenden, aber es weist schlechtere 
Dotiereigenschaften (liegt energetisch tiefer) auf. Vielleicht lässt es 
sich prozesstechnisch auch schlechter einbringen. Weiterhin muss man 
bedenken, wie sich der Dotierstoff bei anderen Prozess verhält, z.B. 
thermischen Behandlungen die nach dem Dotierung durchgeführt werden 
(Ausdiffusion). Glaube das ist auch sehr von dem jeweiligen Bauelement 
und den Anforderungen abhängig.

zu Frage 2)

Thomas schrieb:
> Wenn ich mich noch richtig zurückerinnern kann ist der einzige Grund
> dafür, den Übergangswiderstand zur Metallkontaktierung vom Collektor
> möglichst gering zu machen.

Genau.
Achtung das Bild war stark vereinfacht.

zu Frage 3)

Hohe Leistung bedeuted nicht nur hohen Strom, sondern meist auch hohe 
Spannunng und hohe Wärmeleitfähigkeit (Ableitung von Verlustleistung). 
Es gibt bestimmte Halbleiter (HL) die für diese Zwecke besser geeignet 
sind z.B. SiC, GaN oder Diamant. Alle sind HL mit weiter Bandlücke. 
Dadurch lassen sich vor Allem höhere Spannungen sperren als beim Si, 
alle stecken aber auch noch mehr oder weniger in den Kinderschuhen.

Hohe Frequenz bedeutet in der Mikroelektronik hohe 
Ladungsträgermobilität. Diese erreicht man mit speziellem Aufbau und 
Eigenschaften der HL-Bauelemente, z.B. 2DEG in HEMTs (High Electron 
Mobility Transitor) wie es in GaAs Bauelementen schon lange Verwendung 
findet. Auch im GaN lässt sich so etwas realisieren.

Tatsächlich gibt es schon ein paar GaN HEMTs für HF, nicht bis in den kW 
Bereich und über 200V, aber vielleicht bald.

zu Frage 4)

Studi schrieb:
> Die Elektronen
> sind doch alle gleich und die Schalen (Schalenmodell) auch.

Die Schalen sind aber der Knackpunkt. Das Schalenmodell ist nicht 
ausreichende um die Zusammenhänge zu erklären. Die Energieniveaus der 
Elektronen sind nicht gleich. Im Halbleiter sind die Elektronen einfach 
stärker an die Gitteratome gebunden (im Valenzband) und können sich 
nicht einfach frei zwischen den Atomen bewegen (Leitungsband) wie bei 
Metallen. Sie brauchen Energie um die Bindung zu verlassen. Die Ursache 
dafür führt aber weit in die Festkörperphysik und sprengt hier den 
Rahmen (Orbital-Theorie, Schrödinger Gleichung, Elektron als Welle usw). 
Im Wikipedia Artikel zur Bandlücke findest du vielleicht was.
Auch die Elektronen sind nicht unbedingt gleich, Stichwort: effektive 
Masse.

Hoffe das war dir nicht zu lang und hilft weiter.

von Andrew T. (marsufant)


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Studi schrieb:

>
> Das ist doch nicht das einzige Dotierverfahren für Silizium! Die nötige
> Temperatur um Aluminiumdampf zu erzeugen kann also nicht die Antwort
> sein.

Dei Temperatur ist es auch nciht, die zielführende Antwort 
(Leitungsband) wurde bereits obne gegeben.

>  Es wird ja auch nicht reiner Phosphor verdampft, sondern in
> Verbindungen, zum Beispiel Phosphin PH_3, zugesetzt.

Da ist eien Frage der Handhabung. Gasförmiges Phosphin ist einfahcer 
fertigunstechnsich zu handhaben. Der dabei Wasserstoff ist leicht 
abzutrennen und stört nicht. Es sind sowieso keine großen Mengen.

>
> Für eine Ionenimplantation müsste Aluminium abre zum Beispiel geeignet
> sein.

ISt es , wie schon gesagt, nicht für fertigungstechnische anwendung.

>
> Warum dotiert man nicht mit Aluminum?

Wiurde schon beantwortet.

Ernstgemeinter Rat: Wenn du sowieso studierst (was Dein Nickname nahe 
legt), geh man gelegentlich in der Halbleiterphysik Deiner FH/TH/Uni 
vorbei und plaudere mit den dortigen Dotoranden bei einer Tasse Kaffee.

Sowas ist ergiebiger als ein Thread. Aber ich weiß, die "generation 
hinterkopf" chattet lieber stundnelang als direkt verbal 5_Minuten zu 
kommunizieren .-)

von Studi (Gast)


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Danke für die Antworten.

Zu 1., der Aluminium-Frage habe ich noch etwas gefunden. Al diffundiert 
sehr schnell und ist damit für tiefe pn-Übergänge geeignet. Allerdings 
hat Al eine schlechte Löslichkeit in Si und ist deshalb nicht dazu 
geeignet eine Randdotierung mit hohem Al-Anteil herzustellen, das können 
Ga und B besser. Das kombiniert man manchmal auch (erst tiefe geringe 
Al-Dotierung, dann noch den Rand mit einer oberflächlichen hohen 
Ga-Dotierung aufbauen).

Machen wir mal weiter:

5. Eigenleitung versus Sperrstrom
Eigenleitung beruht auf der intrinsischen Ladungsträgerdichte von 
Silizium, Dotierung ermöglicht die Störstellenleitung (viel größer als 
Eigenleitung und T-unabhängig). Ein in Sperrichtung betriebener 
pn-Übergang gleicht p- und n-Gebiet aus, die Störstellenleitung ist 
quasi nicht vorhanden. Jetzt dürfte also nur noch die Eigenleitung aktiv 
sein. Die Sperrstromdichte einer Silizium-Diode liegt bei 10^−11 A/cm2. 
Die Eigenleitungsdichte von Si ist etwa 10^10 pro cm³. Das heißt der 
Sperrstrom (aus der Sperrstromdichte folgend) wäre nur abhängig von der 
Eigenleitungsdichte? Ist dem so? Ein paar Piko-/Nanoampere klingen aber 
irgendwie recht wenig bei solchen Zehnerpotenzen intrinsischer 
Ladungsträger.

6. Gibt es einen Unterschied zwischen Sperrstrom und 
Sättigungssperrstrom oder ist das nur ein Synonym?

In dem Zusammenhang: http://de.wikipedia.org/wiki/Diode "In diesem 
Artikel oder Abschnitt fehlen folgende wichtige Informationen: Es fehlen 
kurze Beschreibungen zum Unterschied von Sperrstrom und 
Rekombinationsstrom und warum die Diodengleichung aus dem 
Durchlassbereich hier modifiziert werden muss, um die reale Kennlinien 
zu beschreiben." Das würde mich auch mal interessieren!

von Bodo (Gast)


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Hallo Studi,

Studi schrieb:
> Zu 1.,...
Interessiert mich auch, hast du eine Quelle dazu?

bei den weiteren Fragen kommt man eigentlich kaum um ein bisschen 
Mathematik herum.

Studi schrieb:
> Eigenleitung beruht auf der intrinsischen Ladungsträgerdichte von
> Silizium, Dotierung ermöglicht die Störstellenleitung (viel größer als
> Eigenleitung und T-unabhängig).

Nur in einem bestimmten Temperaturbereich.

Studi schrieb:
> Die Sperrstromdichte einer Silizium-Diode liegt bei 10^−11 A/cm2.

Das kommt sehr stark auf die jeweilige Dotierung an. Als grobe Näherung 
für die Größenordnung vielleicht ok.

Studi schrieb:
> Das heißt der
> Sperrstrom (aus der Sperrstromdichte folgend) wäre nur abhängig von der
> Eigenleitungsdichte? Ist dem so?

Bei hohen Temperaturen (in der Störstellenerschöpfung) mag es zwar 
stimmen, aber der Sperrstrom hängt um Raumtemperatur maßgeblich von den 
Minoritäten ab. Deren Konzentration hängt aber von der Dotierung ab.

Studi schrieb:
> Ein paar Piko-/Nanoampere klingen aber
> irgendwie recht wenig bei solchen Zehnerpotenzen intrinsischer
> Ladungsträger.

Man hat etwa 10^23 Atome/cm³ im Kristall. Wieviele Atome kommen auf ein 
Elektron? Beim Metall ist es ca. eines.

Studi schrieb:
> Gibt es einen Unterschied zwischen Sperrstrom und
> Sättigungssperrstrom oder ist das nur ein Synonym?

Der Sperrstrom ist spannungsabhängig. Der Sättigungssperrstrom ist der 
Wert an den sich der Sperrstrom in Sperrichtung annähert, wenn es keinen 
Durchbruch gäbe...eine Konstante.

Studi schrieb:
> ... die Diodengleichung aus dem
> Durchlassbereich hier modifiziert werden muss...

siehe: starke Injektion, Serien-Widerstand und 
Generation-/Rekombinationsstrom

Der Wikipedia Artikel zur Diode ist eher technisch angehaucht und viele 
Formeln sind vereinfacht. Um physikalische Zusammenhänge besser zu 
verstehen, solltest du dir andere Quellen suchen.
z.B.: http://ecee.colorado.edu/~bart/book/book/toc4.htm

Andrew Taylor schrieb:
> Ernstgemeinter Rat: Wenn du sowieso studierst (was Dein Nickname nahe
> legt), geh man gelegentlich in der Halbleiterphysik Deiner FH/TH/Uni
> vorbei und plaudere mit den dortigen Dotoranden bei einer Tasse Kaffee.

Da hat Andrew recht, Grundverständnis sollte man nicht übers Forum 
aufbauen, das ist auch keine seriöse Quelle. Bei speziellen Detailfragen 
kannst du ja mal fragen, wobei dieses Forum in dem Bereich vielleicht 
auch nicht die richtige Adresse ist.

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