Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Lineanetzteil vs Schaltnetzteil


von Astro39 (Gast)


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Hallo zusammen,

ich beschäftige mich seit kurzem, ausbildungsbedingt, mit Netzteilen. 
Vielleicht möchte ich irgendwann auch mal eins bauen.

Jetzt habe ich festgestellt das es im Grunde zwei verschiedene Arten 
gibt. Auf der einen Seite Linearnetzteile und auf der anderen 
Schaltnetzteile. Kurzes stöbern im Internet hab mir auch schnell die 
Vor- und Nachteile beider Arten aufgezeigt aber ich habe immer noch eine 
Frage die sich mir nicht wirklich erschließt.

Wann setzt man welches ein?

Gibt es Anwendungsbereiche in denen das eine oder das andere Besser ist? 
In unserer Firma (Mittelständisches Elektronikfirma im Bereich 
Kommunikationsübertragung) stehen zum Beispiel fast ausschließlich 
Linearnetzteile, also große Schwere mit riesigem Trafo, rum.



Vielen dank für eure Antworten


P.S: Das ist mein erster Post. Seid gnädig mit mir.

P.P.S: Klar kann ich auch in den Abteilungen selber fragen, ich würde 
aber gerne auch externe Meinungen lesen.

von Linksammler (Gast)


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Bei Schaltnetzteilen hast du ggfs. Reste der Schaltfrequenz auf der 
Ausgangsspannung, das kann störend sein, wenn du z.B. Empfindliche 
Verstärkerschaltungen baust.
Auch wenn man das nicht immer macht, sondern meistens mit Digitaltechnik 
hantiert: Das Lineare Netzteil ist deshalb einfach universeller.

Wirkungsgrad-Vorteil ist üblicherweise egal, außer bei High-Power 
Anwendungen, da wird dann irgendwann das Kupfer zu teuer und die Kühlung 
zu Aufwendig.

von operator (Gast)


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So als Anhaltspunkt:
Linearnetzteile wenn es empfindliche Mess-Schaltungen sind
Schaltnetzteile wenn Kosten / Platz im Vordergrund stehen (meistens)

von Magic S. (magic_smoke)


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> Seid gnädig mit mir.
Das kannst Du hier vergessen. :D

Wie schon gesagt wurde, Schaltnetzteile haben den viel besseren 
Wirkungsgrad, da sie die Spannungsdifferenz nicht verheizen. 
Extrembeispiel: CPU mit 1,5V und 100A. Wenn ich die mit einem 12V 
Linearregler versorge, verheize ich 1.050W. Ist im wahrsten Sinne des 
Wortes uncool ...

Dazu sind Schaltnetzteile leichter, können über einen weiten 
Eingangsspannungsbereich eingesetzt werden (z.B. 90-260Vac) und 
benötigen weniger Platz.

Lineare Netzteile sind schwerer, größer und heizen manchmal mehr als daß 
sie versorgen. Dafür sind sie sehr robust gegenüber Störungen und 
liefern die bessere Ausgangsspannung (Ripple und Stabilität bei großen 
Lastsprüngen).

von Gebildeter Mensch (Gast)


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Im Haushalt sind die meisten Netzteile Schlatnetzteile.

von Oliver R. (orb)


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Gebildeter Mensch schrieb:
> Im Haushalt sind die meisten Netzteile Schlatnetzteile.

Ganz davon abgesehen, daß in Schlat keinen Netzteile produziert werden, 
es gibt durchaus Haushalte ohne viel Jubelelektronik in denen ältere 
Geräte mit echtem Trafo und Linearregelung die Mehrheit bilden.
Sollche Verallgemeinerungen sind immer ungünstig.

von Harald W. (wilhelms)


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Gebildeter Mensch schrieb:
> Im Haushalt sind die meisten Netzteile Schlatnetzteile.

Ja, "gebildete Menschen" haben anscheinend einen dritten Typ
Netzteile entwickelt. :-)

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Astro39 schrieb:
> In unserer Firma (Mittelständisches Elektronikfirma im Bereich
> Kommunikationsübertragung) stehen zum Beispiel fast ausschließlich
> Linearnetzteile, also große Schwere mit riesigem Trafo, rum.
Vermutlich als Laborversorgungen?
Denn in den bei euch entwickelten Geräten werden mit Sicherheit jede 
Menge Schaltregler verwendet...

: Bearbeitet durch Moderator
von MaWin (Gast)


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Astro39 schrieb:
> Gibt es Anwendungsbereiche in denen das eine oder das andere Besser ist?

Schaltnetzteile sind effizienter und daher oft kleiner und leichter und 
billiger (weniger Materialeinsatz) herzustellen.

Die Ausgangsspannung von lineargeregelten Netzteilen ist sauberer (keine 
Störungen durch die Schaltfrequenz) und es regelt schneller Änderungen 
aus (ein Schaltnetzteil braucht dazu immer mehrere Impulse bei 
Schaltfrequenz)

Für viele Verbraucher reicht das aber.

Seit dem Anforderungen an den CrestFaktor der Stromaufnahme/PowerFaktor 
existieren, den grosse Trafos mit Gleichrichter und Siebelko nicht 
erfüllen können, findet man vermehrt Schaltnetzteile (mit PFC), ausser 
bei Ausnahmen (Audioverstärker und Labornetzteile werden im Leerlauf 
gemessen, bei voller Leistung reissen sie dann die Anforderungen an den 
PFC).

von Pong L. (Gast)


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MaWin schrieb:
> bei voller Leistung reissen sie dann die Anforderungen an den
> PFC


Was ist damit gemeint?

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Pong L. schrieb:
> Was ist damit gemeint?
Sie entnehmen dem Netz keinen sinusförmigen Strom, sondern nur einzelne 
Stromspitzen mit 10ms Abstand zum Laden der Pufferelkos...

von Kai S. (zigzeg)


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Astro39 schrieb:
> Wann setzt man welches ein?

Generell gibt es einen Trend von linearen Netzteilen hin zu 
Schaltnetzteilen. Das hat verschiedene Gruende: Zum einen machen es 
moderne Komponenten einfacher, Schaltnetzteile aufzubauen. Zum anderen 
achtet man mehr auf Energieeffizienz, als das frueher der Fall war.

von Harald W. (wilhelms)


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Kai S. schrieb:

> Generell gibt es einen Trend von linearen Netzteilen hin zu
> Schaltnetzteilen.

Ja, speziell bei Festspannungsnetzteilen, insbesondere
"Wandwarzen", werden lineare Netzteile praktisch nicht
mehr angeboten. Der erhöhte Störspannungspegel wird
einfach in Kauf genommen...

von Udo S. (urschmitt)


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Harald Wilhelms schrieb:
> Ja, speziell bei Festspannungsnetzteilen, insbesondere
> "Wandwarzen", werden lineare Netzteile praktisch nicht
> mehr angeboten. Der erhöhte Störspannungspegel wird
> einfach in Kauf genommen...

Ausserdem können die kleinen Steckernetzteile als Trafonetzteile die 
Richtlinien zu maximalen Leerleufverlusten nicht erfüllen, moderne 
Schaltnetzteile schon.

Ein Argument vermisse ich hier noch.
Ein linear aufgebautes Netzteil (Labornetzteil) hat eine Lebensdauer von 
locker 30 - 60 Jahren. Oft sogar mehr.
Ein Schaltnetzteil altert viel stärker, speziell die hoch belasteten 
Elkos. Die Lebensdauer von knapp dimensionierten 
Consumergerätenetzteilen ist oft nur 2-5 Jahre.

: Bearbeitet durch User
von Andrew T. (marsufant)


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Udo Schmitt schrieb:
> Ein Argument vermisse ich hier noch.
> Ein linear aufgebautes Netzteil (Labornetzteil) hat eine Lebensdauer von
> locker 30 - 60 Jahren. Oft sogar mehr.
> Ein Schaltnetzteil altert viel stärker, speziell die hoch belasteten
> Elkos. Die Lebensdauer von knapp dimensionierten
> Consumergerätenetzteilen ist oft nur 2-5 Jahre.

Korrekt. Evtl. wäre noch zu ergänzen, da bisher nicht so deutlich 
geschrieben:
ein 50Hz-Trafo-Nt (Linearnetzteil) bietet oft einen besseren EMV-Schutz 
für die angeschlossenen Schaltung, da es Störungen aus dem 
Versorgungsnetz eher "schluckt". Ein Schaltnetzteil ist da oft weniger 
"filternd".

Natürlich kann man mit entsprechendem (Mehr)Aufwand ein SNT ähnlich gut 
filternd auslegen. Ganuso wie entsprechend gut ausgelegte SNT auch eine 
MTBF von 350000h aufweisen können, was ca. 40 Jahren entspricht.

von Chris D. (myfairtux) (Moderator) Benutzerseite


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Harald Wilhelms schrieb:
> Ja, speziell bei Festspannungsnetzteilen, insbesondere
> "Wandwarzen", werden lineare Netzteile praktisch nicht
> mehr angeboten. Der erhöhte Störspannungspegel wird
> einfach in Kauf genommen...

... aber natürlich auch die erhebliche Energieeinsparung - gerade bei 
diesen (oftmals) 24/7-Netzteilen.

Udo Schmitt schrieb:
> Ein Argument vermisse ich hier noch.
> Ein linear aufgebautes Netzteil (Labornetzteil) hat eine Lebensdauer von
> locker 30 - 60 Jahren. Oft sogar mehr.
> Ein Schaltnetzteil altert viel stärker, speziell die hoch belasteten
> Elkos. Die Lebensdauer von knapp dimensionierten
> Consumergerätenetzteilen ist oft nur 2-5 Jahre.

Wichtiges Argument.

Netzteile von Steuerungseinheiten (natürlich nur mit wenig 
Leistungsbedarf) sind bei uns immer noch ganz simpel linear aufgebaut - 
mit großzügigst überdimensionierten Bauteilen, teilweise sogar mit 
dicken Metallpapierkondensatoren. Die Steuerung wird robuster und 
deutlich weniger störempfindlich.

Oftmals sollen die Dinger einfach 20-30 Jahre durchlaufen. Der 
schlechtere Wirkungsgrad spielt in der chem. Industrie keine Rolle - 
zumal, wenn daneben ein Reaktor mit 100kW Dauerstrich läuft ;-)

Dazu kommt noch, dass man ein lineares Netzteil mit bspw. einem LM317 
auch noch in 20 Jahren problemlos und schnell repariert bekommt.

von Chris D. (myfairtux) (Moderator) Benutzerseite


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Andrew Taylor schrieb:
> Korrekt. Evtl. wäre noch zu ergänzen, da bisher nicht so deutlich
> geschrieben:
> ein 50Hz-Trafo-Nt (Linearnetzteil) bietet oft einen besseren EMV-Schutz
> für die angeschlossenen Schaltung, da es Störungen aus dem
> Versorgungsnetz eher "schluckt". Ein Schaltnetzteil ist da oft weniger
> "filternd".

Richtig - und das ohne viele weitere Bauteile.

> Natürlich kann man mit entsprechendem (Mehr)Aufwand ein SNT ähnlich gut
> filternd auslegen. Ganuso wie entsprechend gut ausgelegte SNT auch eine
> MTBF von 350000h aufweisen können, was ca. 40 Jahren entspricht.

Es ist immer eine Frage des Aufwandes und der Komplexität der Baugruppe

Bei einem linearen Netzteil kommt man mit sehr wenigen Bauteilen aus, 
die entsprechend hochwertig gewählt werden können 
(Ausfallwahrscheinlichkeit).

Ein Vorteil von Schaltnetzteilen ist, dass sie meist einen sehr breiten 
Bereich der Eingangsspannung abdecken und der Hersteller nur ein 
netzteil bauen/beilegen muss. Bei den vielen verschiedenen 
Spannungsnetzen weltweit sicherlich nicht unwichtig.

von Astro39 (Gast)


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Danke für die vielen Antworten. Dann kommt für den ersten Selbstbau wohl 
doch eher ein Linearnetzteil in frage. Vielen Dank nochmal.

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