Forum: Mechanik, Gehäuse, Werkzeug Individuelle Kunststoffgehäuse - wo machen lassen?


von Andy B. (andy_b)


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Hallo zusammen,

an wen muss man sich eigentlich wenden, falls man ein individuelles 
Gehäuse fertigen lassen will?

Angenommen ich möchte ein Gehäuse wie dieses WakeUp Light herstellen 
lassen:

http://lichtwecker-test.net/wp-content/uploads/2012/12/Philips-Wakeup-Light-HF-3550.jpg

Also mit diffuser Frontscheibe und diesem konisch zulaufendem Gehäuse.
Die Form ist nicht kritisch, sondern mich interessiert der 
grundsätzliche Prozess der hinter einer eigenen Gehäuseform steckt.

Also konkrete frage ich mich/suche ich:

- Wo gehe ich mit meiner Idee für eine Kleinserie (100 - 1000 Stück) 
hin?
- Wo liegt so etwas preislich? (Keine genaue Zahlen, aber muss man am 
Ende mit 10€ pro Gehäuse rechnen oder 100€)
- Generelle Tips oder Erfahrungsberichte von Leuten die so etwas 
schonmal gemacht haben

von Thorsten O. (Firma: mechapro GmbH) (ostermann) Benutzerseite


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Zum Thema Spritzguß gab es hier schon mehrere Threads, dass sollte also 
ein guter Einstieg für die Suche sein. Hauptkostenpunkt ist das 
Werkzeug.

Erste Anlaufstelle wären für mich Hersteller von Kunststoff-Gehäusen, 
also Hammond, Bopla, OKW, Wöhr,...

Mit freundlichen Grüßen
Thorsten Ostermann

von MaWin (Gast)


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Kunststoffspritzguss.
Die Form ist das teure.
Gehen wir mal davon aus, dass das Hinterteil aus Kunststoffspritzguss 
ist und die vordere Scheibe bloss ein im Vakuumtiefziehen aus einer 
Platte geformtes Stück ist.
Dann schickst du dein CAD Modell an Protolabs.de, und die nennen dir 
einen Preis. Bei der Grösse und polierten Oberfläche aber einfachen Form 
sage ich mal 6000 EUR. Es gibt natürlich auch andere Anbieter, die 
dürfen nicht teurer sein. Die Form zum Tiefziehen der Frontscheibe 
kostet 1000 EUR.
Dann macht man 100 oder 1000 Spritzgussvorgänge mit jedem der beiden 
Teile a 50ct, somit kostet das Gehäuse

(6000+1000)/100+0.50+0.50=71
bzw.
(6000+1000)/1000+0.50+0.50=8
EUR.

Für deine kleinen Stückzahlen also unsinnig.

Wenn du bloss einen zweiten Ring um die Scheibe oder einen Halter für 
den Kabelanschluss brauchst und damit mehr Formen, schlägt das natürlich 
deutlich rein.

Oberfächen lackieren haben die vielleicht gemacht, sollte man aber 
lassen.

von Andy B. (andy_b)


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Vielen Dank für die Antworten. Durch die verschiedenen Themen zum 
Spritzgießen werde ich mich mal durchkämpfen.
Das ist schonmal ein Stichwort.
Danke MaWin für die Kostenübersicht.

Ich frage mich (da Kickstarter jetzt auch offiziell in D unterwegs ist), 
wie die diversen Projekte auf dieser Plattform ihre Produkte kalkulieren 
und fertigen lassen. Die werden ja auch alle nicht direkt 10k fertigen 
lassen (können).

von Peter II (Gast)


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Andy B. schrieb:
> Ich frage mich (da Kickstarter jetzt auch offiziell in D unterwegs ist),
> wie die diversen Projekte auf dieser Plattform ihre Produkte kalkulieren
> und fertigen lassen. Die werden ja auch alle nicht direkt 10k fertigen
> lassen (können).

man kann Gehäuse auf fräsen lassen. Wird glaube ich den Lumia Handy 
gemacht.

von sdg (Gast)


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Andy B. schrieb:
> Ich frage mich (da Kickstarter jetzt auch offiziell in D unterwegs ist),
> wie die diversen Projekte auf dieser Plattform ihre Produkte kalkulieren
> und fertigen lassen. Die werden ja auch alle nicht direkt 10k fertigen
> lassen (können).



Weisheit des Mittwochs: Hardware is hard


Deswegen gehen ja fast alle Hardwarenahen TechKickstarter in die 
Verlängerung bzw liefern niemals auch nur ein Produkt aus, weil eben 
jeder denkt die Chinesen machen das dann schon auf Zuruf und billigst 
und fehlerfrei und und und.

Wer gute Produkte haben will muss auch gutes Geld ausgeben, war immer so 
wird immer so bleiben :)

von Michael K. (Gast)


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Du brauchst ausserdem einen Konstukteur der nicht das erste Mal 
Spritzguss macht.
Nicht jede Form die man will ist auch herstellbar.
Unterschiedliche Wandstärken, schlecht gewählte Einspritzpunkte, 
Hinterschneidungen etc. pp. und ganz schnell baut Dir der 
Spritzgusshersteller eine Form nach Deinen Vorgaben die Du Dir als 
warnendes Beispiel an die Wand hängen kannst, aber nicht mehr.
Schon die Wahl des Kunststoffes und der Oberfläche kann die Kosten 
explodieren lassen.

Die günstigen Formen sind aus Alu und halten nicht ewig.
Wenn Du also später in die 10.000er Stückzahlen gehst wird nochmal eine 
neue Form fällig.

Bei ernsthaften Bedarf und der Bereitschaft 4-5stellige Beträge nur für 
die Konstruktion auszugeben kann ich Dir per PN einen guten 
Spritzgusskonstrukteur (in Hamburg) nennen.

Empfehlenswert ist dann ein Prototyp im Lasersinter oder 
Sterelithografie Verfahren oder was auch immer gerade geht bei der Form.
Das kostet nochmal aber das wegzulassen kann es richtig teuer machen.

Für die Serie kann man nach China gehen.
Kann man, kostet oft nur die Hälfte.
Kann man aber auch böse aufs Maul fallen wenn man niemanden vor Ort hat 
der Probleme für einen regelt.
Wenn Du auf echte Schmerzen stehst kannst Du auch die Konstruktion in 
China machen lassen.
Ich würde mir immer einen Vertragspartner in DE suchen.

sdg schrieb:
> Wer gute Produkte haben will muss auch gutes Geld ausgeben, war immer so
> wird immer so bleiben :)

So wahr, so wahr ...

von Klaus W. (mfgkw)


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Auf der embedded world 2015 war ein Anbieter, der für Einzelstücke und 
Kleinserien Gehäuse macht nach Anforderung.
Die machen natürlich keinen Spritzguss, sondern schneiden aus Platten 
passend zu, biegen und verschweißen das dann.
Dadurch kann man nicht jeder beliebige Form machen, aber es sieht 
überraschend sauber aus.
Wenn mir jetzt nur noch der Name einfallen würden ...


Peter II schrieb:
> man kann Gehäuse auf fräsen lassen. Wird glaube ich den Lumia Handy
> gemacht.

Klar, bei den kleinen Stückzahlen lohnt sich kein Spritzguss :-)

von Klaus W. (mfgkw)


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von Sebastian (Gast)


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Ohne jetzt Werbung machen zu wollen, das könnte diese Firma gewesen 
sein:
http://www.apra.de/

von Klaus W. (mfgkw)


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ja, scheint so - danke

von Z. R. (Firma: rzr) (zracz)


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Alternativ kannst du es auch bei diesem Hersteller versuchen:

http://kh-gravier.de/

(Hatte dort mal vor Jahren Gehäuse in Einzelstückzahlen (4) fertigen 
lassen)

von ./. (Gast)


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Ich habe bei Mentec arbeiten lassen und war zufrieden.

von controllergriller (Gast)


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wäre vielleicht Rapid Manufacturing was?
Entsprechende Unternehmen und Techniken gibts ja inzwischen wie Sand am 
Meer.
Bei einer Kleinserie kann das preislich in Ordnung gehen, gegen den 
Stückpreis einer Großserie im Spritguss aber natürlich keine Chance.

Kann man praktisch jede beliebige Form machen.

(Rapid Manufacturing muss übrigens nicht 3D-Druck sein - das ist so 
ziemlich das mieseste Verfahren dafür gleich nach der LOM-Technik).

Frag mal zum Beispiel Protec3D oder SolidWorks Inc.

von Michael K. (Gast)


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controllergriller schrieb:
> wäre vielleicht Rapid Manufacturing was?

Aber nicht für große Funktionsteile die eine vernünftige Optik haben 
sollen.
FDM ist richtig mies, Laser Sinter gibt eine grobkörnige Oberfläche und 
Stereo Litho Kunststoff sieht nach kurzer Zeit scheisse aus wenn man den 
nicht lackiert, also mit hohem Zeitaufwand vorher sauber abklebt. Das 
ist nur für Musterfertigung tauglich.

Gerade für große Teile gehen die Kosten steil nach oben weil das 
unendliche Stunden dauert bis die aus der Maschine kommen.
Das mag sich für Airbus rechnen wenn die im Laser Sinter Titanteile für 
kleinste Stückzahlen verbacken oder auch wenn zig Kleinstteile in einem 
Durchgang gefertigt werden.
Für alles was keine Fantastillionen pro Stk. kosten darf ist das m.E. 
kein gangbarer Weg.

Entweder hohe Stückzahl, hoher Einzelpreis, oder ein sehr einfaches 
Gehäuse das sich konventionel fertigen lässt.

von Chris D. (myfairtux) (Moderator) Benutzerseite


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Michael Knoelke schrieb:
> controllergriller schrieb:
>> wäre vielleicht Rapid Manufacturing was?
>
> Aber nicht für große Funktionsteile die eine vernünftige Optik haben
> sollen.
> FDM ist richtig mies, Laser Sinter gibt eine grobkörnige Oberfläche und
> Stereo Litho Kunststoff sieht nach kurzer Zeit scheisse aus wenn man den
> nicht lackiert, also mit hohem Zeitaufwand vorher sauber abklebt. Das
> ist nur für Musterfertigung tauglich.

Oder: man fertigt ein Modell (FDM reicht meist), bearbeitet die 
Oberflächen entsprechend nach und formt dieses mit Silikon ab.

Mit entsprechenden Gießmaterialien lassen sich so praktisch alle 
gewünschten Eigenschaften (Farbe, Transparenz, mechanische und 
elektrische Eigenschaften, usw. einstellen).

Das Ganze geht problemlos zu Hause und ist recht preiswert.

Die Aushärtung dauert natürlich, aber dem kann man mit mehreren Formen 
begegnen.

Apra bietet das im Prinzip auch in ihrem Zweig "Vakuumguss" an:
http://www.apra-plast.de/nextshopcms/show.asp?lang=de&e1=1643&ssid=1

> Entweder hohe Stückzahl, hoher Einzelpreis, oder ein sehr einfaches
> Gehäuse das sich konventionel fertigen lässt.

Ja, die Eierlegende Wollmilchsau gibt es da leider nicht :-/

von sattelfester (Gast)


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Michael Knoelke schrieb:
> controllergriller schrieb:
>> wäre vielleicht Rapid Manufacturing was?
>
> Aber nicht für große Funktionsteile die eine vernünftige Optik haben
> sollen.
> FDM ist richtig mies, Laser Sinter gibt eine grobkörnige Oberfläche und
> Stereo Litho Kunststoff sieht nach kurzer Zeit scheisse aus wenn man den
> nicht lackiert, also mit hohem Zeitaufwand vorher sauber abklebt. Das
> ist nur für Musterfertigung tauglich.
>
Du  hinkst der Technik aber mal Jahre hinterher. FDM ist nicht mehr 
mies, STL sieht nicht mehr nach kurzer Zeit scheisse aus, und 
Poly/Multijet erwähnst du gar nicht. Heute ist es schon normal Rapid 
Manufacturing für Kleinserien zu verwenden.

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