Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik elektrisches motorrad bremsen ansteuern elektrisch


von ensiferum (Gast)


Lesenswert?

Hi Forum,

gibt es eine Möglichkeit eine hydraulische Bremse eines elektrischen 
Motorrads (40kW) über einen Microcontroller (wir verwenden einen STM32F4 
Microcontroller, basierend auf ARM Cortex-M4F CPU) anzusteueren?
Wir bräuchten hierfür einen Aktor. Eingelesen wird die Bremskraft über 
einen Drucksensor, wird ein gewisser Druck überschritten wird der Motor 
in den Generatorbetrieb geschaltet und mit dem Vorderrad gekuppelt, 
sodass die Bremskraft vorne anliegt. Ist die maximale Bremskraft des 
Motors erreicht und nicht ausreichend soll eine mechanische Bremse 
addiert werden.  Eine elektromechanische Bremse könnte auch in Betracht 
genommen werden, ausreichend Spannung (~330V) wäre vorhanden.. Ich würde 
mich über Vorschläge sehr freuen.. Fertige Bremslösung diverser 
Hersteller (zB Continental, Bosch) kommen nicht in Frage, weil da der 
Druck des Bremshebels direkt auf das Bremssystem gegeben wird und nicht 
wie bei uns über den Microcontroller zwischen geschaltet ist. :/

Danke und viele Grüße
 ensi

von Amateur (Gast)


Lesenswert?

Das ist natürlich möglich, aber wie so oft eine Frage des Aufwandes.

Das Kernstück wird auf ein hydraulisches Proportional-Ventil 
hinauslaufen. Dieses ist aber nicht in Mikroausführung und schon gar 
nicht für lau zu haben.
Natürlich brauchst Du auch eine Druck- und Speicherkombination für den 
hydraulischen Teil.

Da viele der angeführten Teile aus dem Steuerungsbereich (24V) kommen, 
reichen die 12V der Batterie auch nicht mehr aus.

von ensiferum (Gast)


Lesenswert?

Danke für die schnelle Antwort, also Spannung haben wir ca 300 Volt, die 
könnten wir gegebenfalls über ein DC/DC Konverter herunterregeln..

Ich schau mal was ich zu den Stichworten im Netz finden kann. Hättest du 
vielleicht noch nützliche Links? Es muss auch nicht unbedingt 
hydraulisch sein, elektromagnetisch ginge auch.. aber man findet so 
wenig im netz darüber..

von Amateur (Gast)


Lesenswert?

Natürlich gibt es auch elektromechanische Aktoren, aber bei Deinem 
Sonderwunsch: "Ordentlich Muggies (Kraft), wenig Weg (kaum Hub) aber 
möglichst hohe Stellgenauigkeit (Auflösung; kaum Hub)", sollte es nicht 
allzu viele Alternativen geben. Der Öldruck in einem Bremskreis liegt 
schließlich im 3-stelligen Bereich.
Vergiss bitte auch nicht, dass Hydraulik extrem Kompakt ist 
(Kraft:Volumen) und eine Alternative selten in eine bestehende 
Bremsanlage Integrierbar ist.

von Amateur (Gast)


Lesenswert?

Eine recht exotische Lösung wäre ein Piezo-Stack.

Die Kenne ich aber nur aus der Lehre. Die sind relativ Kompakt, fast 
Spannungsproportional und mit 300V oder vielleicht einem 
Spannungsverdoppler zu betreiben. Ordentlich Muggies haben die auch.

Ob es die, in freier Wildbahn außerhalb von Einspritzpumpen gibt und wie 
groß der mögliche Hub ist, kann ich Dir nicht sagen.

von MaWin (Gast)


Lesenswert?

Willst du das Ding zugelassen bekommen oder zum Spass haben?
Ein wackeliges Kabel, bei dessen abfallen man nicht mehr Bremsen kann, 
wird glücklicherweise nie zugelassen.
Elektrische Zusatzbremsen müssen nicht so verschleissfest und fein 
dosierbar sein, können also leichter und billiger gebaut werden als 
konventionelle Bremsen.

von Heinz V. (heinz_v)


Lesenswert?

MaWin schrieb:
> Ein wackeliges Kabel, bei dessen abfallen man nicht mehr Bremsen kann,
> wird glücklicherweise nie zugelassen.

Viel schlimmer noch: ein Kurzschluss und das Ding macht bei Endgeschw. 
eine Vollbremsung :-S

von ensiferum (Gast)


Lesenswert?

elektromechanisch wäre demnach keine gute idee?
also im vordergrund steht die zulassung erst mal nicht.. wir bräuchten 
nur erst einmal einen weg, wie es gehen könnte

von ungläubig (Gast)


Lesenswert?

ensiferum schrieb:
> eines elektrischen
> Motorrads (40kW)

Gibt es Bilder, bzw. einen Link? Hört sich krass an...

von ensi (Gast)


Lesenswert?


von Amateur (Gast)


Lesenswert?

Einer eventuellen Zulassung würden auch die 300V entgegenstehen.
Fragt euch mal, warum die Lieblingsspannungen bei 4 Akkumulatoren (48V) 
liegen. Schon der Sprung auf 5 Stück (60V) ist im wahrsten Sinne des 
Wortes ein Quantensprung.

Natürlich sind die Querschnitte und Ströme bei 300V geringer, aber 
schenkt den elektrotechnischen Praktikern auch mal ein Ohr.

Übrigens: Die meisten FETs haben mit hohen Strömen und supergeringem Ron 
keine Probleme, bei 300V sieht das Ganze schon ganz anders aus.

Kollege IGBT und Thyristor können da bei weitem nicht mithalten.

Keine Probleme, wenn Ihr im trockenem (Prüf-)Labor bleibt.

von Alex S. (thor368)


Lesenswert?

Tach ensi,
das sieht nach einem wirklich tollen Projekt aus! Aber ihr müsst 
dringend eure Texte auf der webside überarbeiten:
"Elektrontechnik", "inderdisziplinäres"
War da ein Legastheniker am Werk?

@Amateur
Natürlich ist ein Hochvolt System rechtlich "unangenehmer". Auch schon 
vor der Zulassung, denn das ist ja offensichlitch ein Hochschulprojekt: 
Arbeitsschutz und Versicherungsfragen sind da zu beatchten. Aber das 
wissen die Damen und Herren die sich damit beschäftigen sicherlicht 
besser als ich ;)

Trotzdem ist ein 40kW System nicht so einfach auf Kleinspannung zu 
betreiben. Die Kabelquerschnitte sind da das geringste Problem. Alle 
Kontakte egal ob gesteckt(hihi süß) oder geschraubt kochen dir weg. 
Alles verbackt und fängt an zu gammeln.


Thor

von Автомат К. (dermeckrige)


Lesenswert?

Alex S. schrieb:
> Arbeitsschutz und Versicherungsfragen sind da zu beatchten. Aber das
> wissen die Damen und Herren die sich damit beschäftigen sicherlicht
> besser als ich ;)

Mit einer rein elektrischen Bremse würden sie nicht mal eine Zulassung 
nach §19/(6)StVZO als Erprobungsfahrzeug bekommen.

ensiferum schrieb:
> Fertige Bremslösung diverser
> Hersteller (z.B. Continental, Bosch) kommen nicht in Frage, weil da der
> Druck des Bremshebels direkt auf das Bremssystem gegeben wird und nicht
> wie bei uns über den Microcontroller zwischen geschaltet ist.

Und das ist auch gut so! ATE & RB wissen schon warum.

Habt ihr euch jemals mit "funktionaler Sicherheit"  ISO26262  "Safety 
integrity Level" ((A)SIL) auseinandergesetzt?

von ungläubig (Gast)


Lesenswert?

Amateur schrieb:
> Die meisten FETs haben mit hohen Strömen und supergeringem Ron
> keine Probleme, bei 300V sieht das Ganze schon ganz anders aus.
>
> Kollege IGBT und Thyristor können da bei weitem nicht mithalten.

Warum nicht gleich auf 12V runter?

IGBTs sind bekannt dafür, kaum Leistung schalten zu können...;-)

von ensi (Gast)


Lesenswert?

Sicherheit ist auch ein thema.. aber zunächst nicht primär..zu 
elektromechanische scheibenbremse für motorräder findet man herzlich 
wenig im netz.. kann es sein, dass elektromechanische scheibenbremse 
per se nicht verfügbar sind?

von ensi (Gast)


Lesenswert?

Bin jetzt durch Recherche auffallende gestoßen:

Motor on Caliper System

Hierbei handelt es sich um ein System, bei dem direkt am Bremssattel 
montierte zusätzliche kleine Motor-Getriebe-Einheiten (auch 
Direktaktuator genannt) die Bremskolben der hinteren Bremssättel 
betätigen und so die nötige Feststellkraft erzeugen. In diesem System 
gibt es keine Seilzüge mehr und der mechanische Betätigungshebel ist 
durch einen kleinen Elektroschalter ersetzt. Das System ist sehr einfach 
in ein Fahrzeug zu integrieren, funktioniert aber nur mit 
Scheibenbremsen.

Könnte man ein solches System nicht auch nutzen? Ist zwar für 
Feststellbremse aber eventuell elektronisch steuerbar.

von Klaus (Gast)


Lesenswert?

Mir kommt gerade der Darwin-Award in den Sinn.

Vorschlag für eine Grabinschrift: "Tschuldigung. Sicherheit hätte später 
kommen sollen".

von karl (Gast)


Lesenswert?

Puh. been there, done that. Die bremse hat ASIL-D. schlimmer geht es 
nicht mehr.  Mittlerweile gibt es im motorradbereich die MSIL 
Einstufung. Ist etwas entspannter aber entspricht dann immer noch einem 
ASIL-C. egal was es werden soll: macht euch schlau. Der Ingenieur haftet 
privat für grobe Fahrlässigkeit.

Genug geunk, zum Thema.
Schaut euch mal an, wie viel Energie durch die leichte Betätigung der 
Reibbremse verloren geht wenn man schon bei kleinen Drücken kräftig 
elektrisch bremst. Das ist nicht so viel.

Meines Wissens nach gibt es nur einen Hersteller der am Motorrad ein 
echtes brake by wire in Serie hat(te). Honda cbr mit cabs. Das müßte 
zumindest mechanisch Alles bieten was ihr braucht.

Viel Erfolg.

von Автомат К. (dermeckrige)


Lesenswert?

ensi schrieb:
> Sicherheit ist auch ein thema.. aber zunächst nicht primär..zu
> elektromechanische scheibenbremse für motorräder findet man herzlich
> wenig im netz.. kann es sein, dass elektromechanische scheibenbremse
> per se nicht verfügbar sind?

Das ist doch vollkommener Quatsch! Willst Du damit leben, dass euer 
Testfahrer bei >100 km/h über den Lenker absteigt, weil Dein µC meint, 
aufgrund einer EMV-Störung vom Motor mal eben den Bremsaktuator zu 
schließen??

Meiner Meinung nach sind die Anforderungen an ein "Brake-by-wire"-System 
bei einem Motorrad vergleichbar mit einem "Steer-by-Wire"-System von 
einem PKW. Denn im Gegensatz zum Auto ist auch der Fehlerfall "Bremse 
bremst unberechtigt" bei einem Motorrad deutlich kritischer zu bewerten, 
da die Auswirkungen genauso drastisch sein können, wie der Fehlerfall 
"Bremse bremst gar nicht". (Bemerkung: Unberechtigter Brems- / 
Regeleingriff ist zwar auch beim PKW sehr kritisch, führt aber meiner 
Meinung nach nicht zwangsläufig zu einem Unfall).

Somit landet man schnell bei ASIL-D / SIL3 
(http://en.wikipedia.org/wiki/Automotive_Safety_Integrity_Level), was 
bedeutet, dass die Sensorik/Signalverarbeitung dreifach redundant 
auszulegen ist, die Aktuatorik sowie Spannungsversorgung wenigstens 
zweifach redundant.
Zweifache Redundanz bei Sensorik/Signalverarbeitung (Geber vom 
Bremshebel + nachgeschaltete Mikrocontroller) ist hier nicht 
ausreichend, weil schon der Einfachfehler zum Versagen des 
Bremssystems führt! Wenn sich zwei Systeme gegeneinander 
plausibilisieren und eine Abweichung feststellen (Fehlerfall), dann 
besteht nur die Möglichkeit den Fehler zu erkennen, ihn aber nicht 
zu korrigieren, was beider einer Bremse mit Sicherheit nicht 
ausreichend sein wird. Anders ausgedrückt, weiß man bei zweifacher 
Redundanz im Fehlerfall schlichtweg nicht, ob jetzt gebremst wurde oder 
nicht.
Zudem gibt es bei einer Bremse auch keine "standardisierte" 
Ersatzreaktion wenn der Fehler erkannt wurde. Einfach Lampe im Cockpit 
an und System deaktivieren geht nicht, so wie das im PKW bei ABS/ESP, 
Airbag & E-GAS üblich ist (entspricht ASIL-C / SIL-2). Auch 
"Bremsaktuator betätigen" als Ersatzreaktion führt gerade bei einem 
Motorrad nicht zu einem sicheren *Zustand*.

Gegenvorschlag - was spricht dagegen, es genauso zu machen wie bei einem 
HEV/BEV in der Automobilindustrie üblich wenn es um das Rekuperieren 
geht ;-)
Die hydraulische Bremse bleibt unverändert erhalten, jedoch der der 
"Leerweg" des Bremshebels wird vergrößert (allerdings nur soweit, dass 
die Bremswirkung der Betriebsbremse nicht eingeschränkt wird). Anstatt 
eines Drucksensors in der Hydraulik kommt ein Wegsensor am Bremshebel zu 
Einsatz (BTW: den bräuchte man auch bei einer rein elektrischen Bremse). 
Der Leerweg wird für das elektrische Bremsen/Rekuperation genutzt, ab 
einer bestimmten Kraft auf dem Bremshebel setzt dann automatisch die 
normale Betriebsbremse ein.
So ein System ist in meinen Augen deutlich unkritischer. Zweifache 
Redundanz bei Geber & Signalverarbeitung ist hier ausreichend. Das 
Energierückgewinnungssystem muss den Fehlerfall "lediglich" erkennen 
können. Die Ersatzreaktion lautet dann, dass elektrische 
Bremsen/Rekuperation zu verbieten um den sicheren Zustand herzustellen 
(mit entsprechender Anzeige für den Fahrer). Die Betriebsbremse bleibt 
davon unbeeinflusst.

von karl (Gast)


Lesenswert?

Genau so ist es. Hört Auf den Mann, der weiß wovon er spricht.

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.