Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik OpAmp - Ruhestrom kompensieren


von KlausPCB (Gast)


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Hallo,

Ich bin gerade neu im Thema OpAmp und habe gelernt das beim realen OpAmp 
Eingangsruheströme fliessen, welche man jedoch mit einem Widerstand am 
positiven Eingang kompensieren kann. Nun hiess es aber, dass man dies 
nur in speziellen Fällen macht.

Nun meine Frage:

In welchen Fällen sollte man den Ruhestrom kompensieren?
In welchen nicht und wieso nicht, es ist doch immer besser möglichst 
wenig Störfaktoren zu haben, oder liege ich da falsch?

Danke für eure Antworten und korrigiert mich, wenn ich falsch liege.


Klaus

von Stefan S. (mexakin)


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Ich habe das noch nie benutzt, es scheint mir so als wären die OpAmps 
vor 20 Jahren eine andere Güteklasse gewesen als die heutigen, daher hat 
man früher sowas gebraucht.

Heutzutage gillt da, meiner Meinung, eher, dass die OpAmps besser sind 
ohne diese Zusatzkompensationsbeschaltung.

Noch was nebenbei, was du meinst bezeichnet man als Inputbias Strom, 
Ruhestrom ist der Strom, den der OpAmp verbraucht wenn er ohne Benutzung 
in der Schaltung hängt, also ohne Last.

Und der Inputbias kommt dann genauer daher, dass die Halbleiter 
Eingangstransistoren niemals 100% gleich sein können, daher fließt in 
die eine Base mehr Strom als in die andere, das ganze ist am schlimmsten 
bei Bipolaren OpAmps ( im Gegensatz zu den CMOS und JFET Typen).

Alles klar? :)

von KlausPCB (Gast)


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stefan schmitt schrieb:
> Ruhestrom ist der Strom, den der OpAmp verbraucht wenn er ohne Benutzung
> in der Schaltung hängt, also ohne Last.

Entspricht jedoch der Eingangsruhestrom dem Bias-Strom?

von Pandur S. (jetztnicht)


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ja. tut es. Ich wuerde nie einen bias strom kompensieren wollen. Der ist 
auch noch temperaturabhaengig. Sondern gleich den richtigen OpAmp 
waehlen. Die Kosten eines OpAmps kommen eh nur bei hohen Stueckzahlen 
zum tragen.

Was man hingegen machen sollte, dh bei bipolar OpAmps, ist, beide 
Eingangsimpedanzen anzugleichen, und biasstromabhaengige 
Offsetspannungen zu vermeiden. Dier erkennt man zB am einzelnen 
Widerstand am + Eingang gegen Masse.

: Bearbeitet durch User
von ths (Gast)


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Beide Eingänge eines OP nehmen typabhängig etwas Strom (Input Bias 
Current). Leider nicht absolut gleich, die Differenz nennt man Input 
Offset Current.

Die Eingangsströme des OP verursachen vereinfacht ausgedrückt z. B. 
einen Spannungsabfall an einem Widerstand, der in Serie zu einem Eingang 
geschaltet ist (Andere Szenarien lasse ich weg). Wenn dieser 
Spannungsabfall U=R*I in eine Größenordnung kommt, dass er die Messung 
des Nutzsignals beeinträchtigt, wird es notwendig darüber nachzudenken, 
wie man das verhindern kann.

Beispiel:

Input Offset Current = 1 nA
Serienwiderstand (z. B. Eingangsschutz)= 10 kOhm
Spannungsabfall = 10 µV
Nutzsignal sei 1 V

--> Damit stört der Input Offset Current in den wenigsten Fällen

Für 10 nA, 100 kOhm und 1 mV Signal sieht das völlig anders aus.

--> Du musst selbst entscheiden!

Im Prinzip könnte man hier noch sagen, wenn der Spannungsabfall konstant 
ist, könnte man das irgendwo wegtarieren. Ist er aber nicht, der Input 
Bias Current ist temperaturabhängig und damit auch der Spannungsabfall. 
Jetzt wird es Zeit, einen verschärften Blick in das Datenblatt des OP zu 
werfen. Das ist oft herstellerabhängig spezifiziert, z. B in nA/K oder 
als Maximalwert über einen Temperaturbereich. Nehmen wir an 1 nA/K, dein 
Einsatzbereich sei Raumtemperatur ± 10 K, also 20 nA in die obige 
Rechnung einbringen und schauen, ob das stört. Falls ja, Schaltung 
modifizieren, anderen OP wählen usw.

von Achim S. (Gast)


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Jetzt Nicht schrieb:
> Ich wuerde nie einen bias strom kompensieren wollen.

das klingt nach einem Widerspruch zu:

Jetzt Nicht schrieb:
> Was man hingegen machen sollte, dh bei bipolar OpAmps, ist, beide
> Eingangsimpedanzen anzugleichen,

Genau dadurch, dass man die Impedanzen an beiden Eingängen gleich wählt, 
kompensiert man nämlich den input bias current (der auf Deutsch 
mittlerer Eingangsruhestrom heißt). Die (betragsmäßige) Differenz der 
beiden Eingangsströme, die sich damit leider nicht kompensieren lässt, 
wird input offset current (Offsetstrom) genannt.

So zumindest die Sprachregelung laut Tietze Schenk, die auch im 
Wikipedia-Artikel übernommen wurde ;-)
https://de.wikipedia.org/wiki/Operationsverst%C3%A4rker

von Pandur S. (jetztnicht)


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Ja, hoert sich so an, gilt aber nur fuer Offsetspannungen bei einem 
Spannungsverstaerker. Zugegeben, unpassende Formulierung. Bei einem 
Transimpedanz wuerd ich's nicht machen wollen.

von Achim S. (Gast)


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Jetzt Nicht schrieb:
> Bei einem
> Transimpedanz wuerd ich's nicht machen wollen.

funktioniert dort aber genauso. (Die Impdedanz am inv-Eingang ist 
natürlich nicht alleine der Innenwiderstand der Quelle sondern dessen 
Parallelschaltung mit dem Rückkoppelwiderstand.)

von M. K. (sylaina)


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KlausPCB schrieb:
> In welchen Fällen sollte man den Ruhestrom kompensieren?

Wenn er stört, das gilt für alle parasitären Effekte. Man kompensiert 
sie nur wenn sie für die eigentliche Aufgabe störend sind. Getreu dem 
Motto: Tue soviel wie möglich aber nicht mehr als nötig.

von Lurchi (Gast)


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Es hängt vom OP Typ und der Schaltung ab, ab es sich lohnt den Einfluss 
des Biasstroms durch gleiche Eingangswiederstände zu kompensieren.

Sinn macht das fast nur bei Bipolaren OPs - bei den FET Typen sind die 
Ströme sehr klein und oft auch unterschiedlich groß (also Bias und 
Offset Strom in ähnlicher Größe).

Einige OPs reduzieren intern durch Kompensation des Stroms den Bias 
Strom (z.B. OP27 und ähnliche). Das ist aber eher nichts was man 
nachträglich einfach hinzufügen kann.

von Axel S. (a-za-z0-9)


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KlausPCB schrieb:

> Ich bin gerade neu im Thema OpAmp und habe gelernt das beim realen OpAmp
> Eingangsruheströme fliessen,

Ja.

> welche man jedoch mit einem Widerstand am
> positiven Eingang kompensieren kann.

Nein. Es kommt auf die Schaltung an, wo welcher Widerstand hin muß. Die 
Grundregel ist: beide Eingänge des OPV sollten den gleichen ohmschen 
Widerstand nach GND sehen. Dann hebt sich der Einfluß der Ruheströme 
genau auf - unter der Voraussetzung daß die Eingangsruheströme beider 
Eingänge gleich groß sind.

Es gibt auch andere Möglichkeiten den Biasstrom zu kompensieren. Z.B. 
kann man, wenn der Biasstrom nur an einem OPV-Eingang stört, dort einen 
entsprechenden Strom (per Spannungsteiler und grooooßem Widerstand) 
einspeisen. Aber die Methode oben hat dem gegenüber den Vorteil, daß sie 
auch den Temperaturgang des Biasstroms mit kompensiert (wieder unter der 
Annahme, daß sich beie Eingänge des OPV gleich verhalten).

> In welchen Fällen sollte man den Ruhestrom kompensieren?

Wenn er stört.

Wie diverse Vorposter schon anmerkten, ist der Bias-Strom nur bei 
bipolaren OPV ein Problem. Allerdings ist es Unsinn, dewegen jetzt wie 
vorgeschlagen einfach keine bipolaren OPV mehr einzusetzen. Denn die 
haben gegenüber OPV mit FET-Eingängen auch wieder Vorteile (u.a. beim 
Rauschen).

von KlausPCB (Gast)


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Danke an alle, für die hilfreichen Antworten!

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