Moin, ich brauche mal dringend Nachhilfe zum Thema Signalintegrität. Auf einer mehrlagigen Leiterplatte habe ich einen MEMS-Oszillator SIT8008 mit 24MHz Takt und einer Versorgungsspannung von 3,3V. Das angehängte Bild zeigt das Layout mit dem Oszillator im oberen Teil und "gehighlightet" die Taktleitung. Der Serienwiderstand liegt dicht am Ausgang des Oszillators. Angeschlossen sind zwei weitere Bauteile mit hochohmigen Eingängen. Die gesamte Länge der Leitung liegt bei ca. 26mm. Nun messe ich mit einem Oszilloskop (Bandbreite 500MHz) ein deutliches Über- und Unterschwingen von ca. 800mV, sowohl vor als auch nach dem Serienwiderstand. Zur Bestimmung des Serienwiderstandes habe ich den Wert aus dem IBIS-File ermittelt und die berechnete Leitungsimpedanz berücksichtigt. Auch deutliche Änderungen des Wertes haben keinen nennenswerten Einfluss auf die Signalform. Glücklicherweise habe ich auf der selben Leiterplatte noch andere Taktleitungen bei denen die Serienterminierung mit deutlich längeren Leiterbahnen hervorragend funktioniert. Entferne ich den Wiederstand und messe unmittelbar am Ausgang des MEMS sehe ich das gleiche Bild: Über- und Unterschwingen. Wie kann das sein? Liege ich mit meiner Leitungslänge von wenigen Millimetern (2mm Leiterbahn + Bonddraht) nicht weit unter der kritischen Leitungslänge? Reflektionen aufgrund des offenen Endes sollten doch gar nicht relevant sein. Laut IBIS liegen die Rise- und Falltime im schlimmsten Fall bei 300ps, gemessen habe ich >1500ps. Somit sollte die kritische Leitungslänge doch bei 25mm*(0,3ns/ns) = 8mm liegen. Und in meinem Fall wird es wohl noch höher liegen. Mir ist nicht klar wo mein Denkfehler liegt, aber vielleicht hilft mir jemand auf die Sprünge... Vielen Dank (für jede ernst gemeinte Antwort)
Ralph T. schrieb: > Zur Bestimmung des Serienwiderstandes habe ich den > Wert aus dem IBIS-File ermittelt und die berechnete Leitungsimpedanz > berücksichtigt. wenn du unter der CLK-Leitung keine durchgehende Bezugsfläche hast (und danach sieht dein Layout aus), dann hat die Leitung überhaupt keine definierte Impedanz. Ist aber für 26mm vielleicht noch nicht ganz so kritisch. Ralph T. schrieb: > Laut IBIS liegen die Rise- und Falltime im schlimmsten Fall bei > 300ps, gemessen habe ich >1500ps. Mit einem 500MHz Oszi wirst du nie kürzere Anstiegszeiten als 700ps sehen (egal wie schnell das Signal tatsächlich ist). Wenn dein Tastkopf auch eine ähnliche Bandbreitenbegrenzung hat, siehst du automatisch >1ns. Ralph T. schrieb: > Über- und Unterschwingen. Wie kann das sein? Vielleicht ist ja keine Reflektion sondern ein Artefakt deiner Messung. Was für eine Probe hast du verwendet? War der GND-Clip der Probe an einen nahe gelegenen Massepunkt angeschlossen? Kannst du uns ein Messergebnis zeigen?
Bei den hohen Frequenzen isr das Oszilloskop nicht ohne Rückwirkung. Mit dem Oszioolskop dran ist das Signal also nicht mehr so wie ohne. Da ist es schon wichtig was für ein Tastkopf das ist. Ein großes Problem ist auch der Anschluss der Probe am Masse. Da kommt es ggf. auch cm und weniger an. Auch wenn die Eigänge hochohmig sind habe vie ICs einen Kapazitive Last im Bereich 5 pF, ggf. auch mehr - das ist nicht zu vernachlässigen. Der Abstand Taktquelle zum 1. Eingang ist schon recht klein, so dass die LEitung ggf. niederohmiger erscheint. Schließelich ist noch die Frage wie gut die Massefläch und die Spannungsversorgung für die Taktquelle ist. Wenn es da Problme gibt erscheinen Störungen auf den 3.3 V ggf. auch am Ausgang.
Achim S. schrieb: > überhaupt keine > definierte Impedanz Für eine bessere Darstellung hatte ich die Bezugslayer ausgeblendet. Der Layerstack ist: TOP/GND-Plane/Signal-Layer/GND-Plane/... Die besagte Leiterbahn liegt in diesem Fall auf dem Signal-Layer. Des Weiteren sind die Leiterplatten über Würth und mit Testcoupon gelaufen. Damit sollten die Impedanzen zumindest grob stimmen Achim S. schrieb: > War der GND-Clip der Probe an > einen nahe gelegenen Massepunkt angeschlossen? In der angehängten Messung am GND-Pin des MEMS Lurchi schrieb: > Bei den hohen Frequenzen isr das Oszilloskop nicht ohne > Rückwirkung. Mit > dem Oszioolskop dran ist das Signal also nicht mehr so wie ohne. Da ist > es schon wichtig was für ein Tastkopf das ist. es ist ein passiver Tastkopf mit 500MHz Bandbreite, 10:1, 10M, 9,5p
>Layerstack ist: TOP/GND-Plane/Signal-Layer/GND-Plane/... Die besagte Ungewöhnlich, normalerweise legt man GND/VCC in die Mitte. >es ist ein passiver Tastkopf mit 500MHz Bandbreite, 10:1, 10M, 9,5p ;-) Und wie sieht DESSEN Masseverbindung aus? https://www.mikrocontroller.net/articles/Oszilloskop#Tastk.C3.B6pfe_richtig_benutzen Du brauchst mindestens eine Massefeder, um HALBWEGS gescheit "messen" zu können. Noch besser wäre ein Z0 Tastkopf mit 1-5kOhm oder ein aktiver FET-Testkopf. Bei Anstiegszeiten unter 5ns kann man die passiven 10:1 Tastköpfe langsam vergessen, auch wenn dort 500MHz draufsteht.
Wie groß ist denn dein Serienwiderstand? 22, 33 Ohm? Du könntest mal versuchen ihn hochohmiger zu machen (100, 220 Ohm).
du hast nicht nur ein Überschwingen sondern auch ein langes Nachschwingen mit ca. 140MHz. Für Reflektionen wäre das eine Ewigkeit, für mich sieht es eher nach einem Effekt der Messung aus. Dazu passt auch deine Beobachtung, dass der Überschwinger so gar nicht auf Variationen des Serienwiderstands reagiert. Hast du die Chance, einen aktiven Tastkopf zu benutzen oder zumindest - wie schon vorgeschlagen wurde - die Masse mit einer möglichst kurzen Feder statt einem Kabel an den Tastkopf zu bringen? Wenn die Gesamtkapazität (Tastkopf und IC-Eingänge) irgendwo bei 20pF liegt, dann brauchst du für die 140MHz Schwingung noch eine Induktivität von 64nH. Das hast du mit der GND-Leitung deines Tastkopf (ein paar cm) schnell zusammen. Du siehst also möglicherweise nichts anderes als die Wirkung deines Tastkopfs auf die Leitung.
Ralph T. schrieb: > Der Serienwiderstand liegt dicht am > Ausgang des Oszillators. So muss es sein. Wurde bereits gefragt, aber noch nicht beantwortet: wie groß ist der Serienwiderstand? > Angeschlossen sind zwei weitere Bauteile mit > hochohmigen Eingängen. Schlecht. Eine serienterminierte Leitung taugt nur mit nur einem Empfänger. Wenn es mehrere sein sollen: zwei Serienwiderstände und Leitungen verwenden, für jeden Empfänger eine eigene. > Nun messe ich mit einem Oszilloskop (Bandbreite 500MHz) ein deutliches > Über- und Unterschwingen von ca. 800mV, sowohl vor als auch nach dem > Serienwiderstand. Das ist auf jeden Fall der schlechteste Ort zum Messen. Eine serienterminierte Leitung soll am Ende ein sauberes Signal abliefern, an jeder anderen Stelle sieht es schlecht aus (naja, es sieht aus, wie es die Theorie vorhersagt). Über den Tastkopf wurde schon einiges gesagt. Noch unbeantwortet: hast du für den Tastkopf eine Massefeder verwendet? Z.B. sowas: http://www.kometec.de/messgeraete/eldi-massefeder-f-tastkopf.html > Zur Bestimmung des Serienwiderstandes habe ich den > Wert aus dem IBIS-File ermittelt und die berechnete Leitungsimpedanz > berücksichtigt. Auch deutliche Änderungen des Wertes haben keinen > nennenswerten Einfluss auf die Signalform. Meine Erfahrung: 10% oder auch mal 20% Fehlanpassung sind noch relativ gut verträglich; damit kann man auch bei längeren Leitungen noch gut innerhalb der Spezifikationen des Empfängers bleiben.
Falk B. schrieb: > Und wie sieht DESSEN Masseverbindung aus? Schlecht, klassische Masseklemme. Habe die Messung mit einem 1GHz Scope wiederholt (war gestern nicht verfügbar). Tastkopf ist ein aktiver mit 1,5GHz Bandbreite und Massefeder. Und voilá... siehe Anhang Das erste Bild zeigt den unbelasteten Oszillator, dann eine Messung am Ausgang des MEMS und am letzten IC jeweils mit einem Serienwiderstand von 33R und 47R. Achim S. schrieb: > dann > brauchst du für die 140MHz Schwingung noch eine Induktivität von 64nH. > Das hast du mit der GND-Leitung deines Tastkopf (ein paar cm) schnell > zusammen. Habe ich einfach unterschätzt obwohl mir der negative Einfluss durchaus bewusst ist/sein sollte... HildeK schrieb: > Meine Erfahrung: 10% oder auch mal 20% Fehlanpassung sind noch relativ > gut verträglich; damit kann man auch bei längeren Leitungen noch gut > innerhalb der Spezifikationen des Empfängers bleiben. Die Funktion der Schaltung war auch so gegeben. Aber es schadet ja nicht, wenn man saubere Signale hat. Spätestens bei der EMV-Prüfung holt einen das wieder ein. HildeK schrieb: > Schlecht. Eine serienterminierte Leitung taugt nur mit nur einem > Empfänger. Wenn es mehrere sein sollen: zwei Serienwiderstände und > Leitungen verwenden, für jeden Empfänger eine eigene. War mir sicher, dass bei so kurzen Leitungen der Daisy Chain keine Probleme macht. Ich danke euch allen für die tolle Unterstützung. So etwas wird mir wohl so schnell nicht wieder passieren ;-) Aber manchmal kommt man nicht auf die einfachsten Lösungen und sucht an der falschen Stelle..
Ralph T. schrieb: > HildeK schrieb: >> Schlecht. Eine serienterminierte Leitung taugt nur mit nur einem >> Empfänger. Wenn es mehrere sein sollen: zwei Serienwiderstände und >> Leitungen verwenden, für jeden Empfänger eine eigene. > War mir sicher, dass bei so kurzen Leitungen der Daisy Chain keine > Probleme macht. Ja, du hattest 26mm geschrieben. Macht meist kein Problem, aber es hängt von der Flankensteilheit ab. 300ps Rise- und Falltime (laut Datenblatt) ist schon nett schnell. Ob der mittlere Abgriff ein Problem macht, hängt aber auch davon ab, wie schnell dessen Eingang ist. Und, moderne ICs sind da teilweise ganz schön schnell, so schnell, dass du das auch mit einem 1GHz Scope nicht mehr auflösen kannst. Eine Messung am Mittenabgriff hast du nicht zufällig gemacht? Ich hatte mal so ein Problem und mit den 1GHz-Skopes sah das noch unverdächtig aus. Erst ein 4GHz-Leihgerät zeigte das Problem und das hat dann meine Chefs überzeugt, so dass ich jetzt sogar ein 10GHz-Teil zur Verfügung habe. Bei Takten lasse ich definitiv von einer Daisy Chain die Finger - bei Datenleitungen ist das normalerweise deutlich unkritischer, denn da interessiert die Flanke nicht. Zur EMV-Verbesserung sind aber die Serienwiderstände hilfreich.
HildeK schrieb: > Eine Messung am Mittenabgriff hast du nicht zufällig gemacht? Habe ich jetzt nur für 47R gemacht (siehe Bild), zeigt aber keinen nennenswerten Unterschied. HildeK schrieb: > Erst ein 4GHz-Leihgerät zeigte das Problem und das hat > dann meine Chefs überzeugt, so dass ich jetzt sogar ein 10GHz-Teil zur > Verfügung habe. Nett. Sucht ihr noch Mitarbeiter ;-)
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