Forum: HF, Funk und Felder Klasse F Verstärker


von Bernhard _. (Firma: dl1bg) (bernhard_)


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Hallo zusammen,

wie im anderen Thread geschrieben möchte ich gerne eine innovative 
Röhren-PA bauen. PY2KO beschreibt in "An Innovative 2-kW Linear Tube 
Amplifier", wie er Röhren gitterseitig im Schaltbetrieb ansteuert und 
über die Anodenspannung die NF aufmoduliert. Er nennt das "class F", 
allerdings bringt mit gockel keine vergleichbaren Ergebnisse.

Generell sollte das ja auch mit Transistoren möglich sein, allerding 
müsste die Ansteuerung im Gegentakt ja mit XX MHz erfolgen und der 
Schwingkreis am Ausgang wäre bei den paar Ohm Ausgangsimpedanz der 
Transistoren vermutlich auch unhandlich.

Habt ihr weitere Quellen zu dem Thema oder habt ihr euch schonmal mit 
der Technik im höheren Leistungsbereich beschäftigt?

Danke im Voraus und viele Grüße
Bernhard

von Bastler (Gast)


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2kW Linear-Schaltbetrieb in Röhre?
Innovativ ist daran besonders das Marketing.
Alle nötigen Buzzwords drin, die Musikers Kohle locker machen.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Bastler schrieb:
> Musikers Kohle

Musiker?

Warum glaubst du wohl, hat er das im HF-Forum gepostet und PY2KO
referenziert?

von Bernhard _. (Firma: dl1bg) (bernhard_)


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Die Klasse F heißt, wenn ich das richtig verstehe, dass (min.) ein 
Ventil digital verwendet und ein Schwinkreis zur Erstellung des Sinus 
verwendet wird. Die eigentliche Modulation erfolgt dann über die 
Versorgungsspannung.

Die Modulation der Vorsorgungsspannung alleine hebt den 
durchschnittlichen Wirkungsgrad der Endstufe logischerweise bis knapp 
unter den maximal erreichbaren an, weil die Verluste im Teillastbereich 
fast verschwinden.

Das Verwenden des Ventils als Schalter müsste in meinen Augen die 
Effizienz dann auf theoretisch 100 % anheben.

PY2KO schreibt 85 %, die diss unter
http://elib.uni-stuttgart.de/opus/volltexte/2013/8620/pdf/Braeckle_Dissertation_2013.pdf
aber nur von ~65 %.

Liegt das am Gegentaktbetrieb, der bei sehr hohen Frequenzen und 
geringen Leistungen einfach nicht rentabel ist?

Weiss vielleicht jemand von euch, wie die Endstufen von Radiosendern 
aufgebaut sind und ob man dort so etwas findet?

Vy 73 (für die Musiker: das ist ein buzzword für Funker)
Bernhard

von MaWin (Gast)


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Bernhard _. schrieb:
> Die Klasse F heißt, wenn ich das richtig verstehe, dass (min.) ein
> Ventil digital verwendet und ein Schwinkreis zur Erstellung des Sinus
> verwendet wird.

Das macht doch schon Klasse E

http://people.physics.anu.edu.au/~dxt103/160m/class_E_amp_design.pdf

von Bastler (Gast)


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@Jörg:
Ok, ich gebe zu daß ich mir meist alle Threads unsortiert anschaue.
Und ich bin viel mehr Musiker als Funker, also bitte um Verzeihung für 
mein Versehen :-)

von oldeurope O. (Gast)


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Bernhard _. schrieb:
> wie er Röhren gitterseitig im Schaltbetrieb ansteuert und
> über die Anodenspannung die NF aufmoduliert.

War früher so üblich.
Teletraphie in C-Betrieb und AM über die Betriebsspannung.
(Anodenschirmgittermodulation)

LG
OXI

von Eisenhorn (Gast)


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Moin,

Bücher Quellen zum Class F

Auf Deutsch Edgar Voges: Hochfrequenztechnik


Auf Englisch Cripps: RF Power Amplifiers for Wireless Communications





Ich hoffe das hilft weiter.

von Bernhard _. (Firma: dl1bg) (bernhard_)


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Danke, OXi, für die Info zur Anodenschirmgittermodulation.

Hat jemand von euch eine Ahnung, wieso das Verfahren nicht bei 
Transistorendstufen verwendet wird?
Im Prinzip könnte man doch einen normalen Halbbrücken-Gegentaktwandler 
im ZVS-Schaltbetrieb betreiben?!?

von oldeurope O. (Gast)


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Wird es auch. Hatte das mal bei einem CB-Funkgerät gesehen.
Collectormodulation dann halt.

LG
OXI

von Bernhard _. (Firma: dl1bg) (bernhard_)


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Ok, danke für die Kollektormodulation.
Aber sind Leistungstransistoren überhaupt schnell genug, um im C-Betrieb 
arbeiten zu können? Klassische Schalttransistoren liegen ja bei mehreren 
'zig ns Schaltzeit, der RD100HHF1 hat eine C_iss von 200 pF was einen 
schnellen Schaltbetrieb vermutlich unmöglich macht.

Ist damit das k.o. für den Transistor gefallen und es kommen nur Röhren 
in Frage?

von Marc O. (Firma: REICHL EMVandromed) (guglielmo)


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Die Veränderung der Betriebspannung im Rhythmus eines NF- Signals nennt 
man Amplitudenmodulation, also Träger mit 2 Seitenbändern.  Diese 
Betriebsart wurde etwa seit den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts 
weitgehend durch Einseitenbandmodulation mit unterdrücktem Träger 
ersetzt ( SSB), und zwar wegen der höheren Aussteuerung der (Linear-) 
Endstufe und der geringeren belegten Bandbreite.
Ich wage nicht, mir das Spektrum vorzustellen, das dann  bei einem 
zusätzlich pulsartig zerhackten Steuersignal ( Arbeitsfrequenz ) 
entsteht, erschwerend bei 2 kW In- oder gar Output.

von Bernhard _. (Firma: dl1bg) (bernhard_)


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>> Ich wage nicht, mir das Spektrum vorzustellen
Solltest du aber, vor allem in Bezug auf die o. g. Schaltung und nicht 
auf Phantasiegebilde mit "pulsartig zerhackten Steuersignal".

Im Moment simuliere ich mal eine Gegentaktendstufe aus zwei Trioden 
(GI7B), deren Anoden mit dem Hüllkurvensignal und deren Gitter mit der 
HF angesteuert werden.

Die Hüllkurve kommt ja nicht von einem Mikrophon, sondern von einem 
SSB-Signal. Aus der Endstufe kommt damit natürlich im Idealfall SSB oder 
von mir aus Rauch aber nicht AM :-)

Die Umsetzung mit Trioden ist vermutlich nicht ideal und vielleicht auch 
nicht möglich, ich probiere einfach das Gitter vorzuspannen.

von Marc O. (Firma: REICHL EMVandromed) (guglielmo)


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Nach deiner Beschreibung wird die Spannung der Steuerfrequenz ( also 
die, auf der du senden möchtest ), getaktet auf die Steuergitter 
gekoppelt ). Das generiert - unabhängig von einer möglichen Modulation - 
ein stark oberwellenhaltiges Linienspektrum.
Bei der klassischen Amplitudenmodulation wird (in der Leistungsendstufe 
) die von der Endstufe generierte HF- Energie mit einer gleichgroßen NF- 
Energie ( mit einem sorgfältig dimensionierten Modulationstrafo 
)gemischt; Einbeziehung der Schirmgitter erhöht den Wirkungsgrad. D.h., 
du benötigst einen NF-Verstärker, der dann aber nur NF verstärkt und 
"dem HF-Träger" dieses Signal aufbürdet. Im Zeitbereich resultiert 
daraus die bekannte namengebende Amplitudenänderung, im Frequenzbereich 
erscheinen die Trägerfrequenz sowie die beiden Seitenbänder.
Ein Einseitenbandsignal kann nur im HF-Bereich existieren, aufbereitet 
entweder - wie ganz früher bei der Trägerfrequenztechnik - mit 
magnetostriktiven Filtern im 50 kHz-oder 200 kHz- Bereich oder - 
moderner - mit Quarzfiltern bis etwa 9 MHz.
Mich interessiert jetzt brennend, wie du mit deinem "irgendwie" 
aufbereiteten SSB-Signal die Amplitude der Betriebsspannung nennenswert 
beeinflussen willst. Oder dachtest du eher an eine Negativmodulation, 
also Reduktion des HF-Signals ( was ja letztlich auch eine AM ist, aber 
nicht den beträchtlichen NF-Aufwand erfordert ).
Eine sachliche, emotionsfreie Beschreibung ist einer technischen 
Diskussion dienlich.

von Bernhard _. (Firma: dl1bg) (bernhard_)


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Da meine Simulation nicht funktioniert (bekomme einfach keine 
Leistungstriode als Modell hin) habe ich Zeit zum Schreiben...

>>Mich interessiert jetzt brennend, wie du mit deinem "irgendwie"
>>aufbereiteten SSB-Signal die Amplitude der Betriebsspannung nennenswert
>>beeinflussen willst.
Indem ich, genau wie PY2KO, die Versorgungsspannung selbst regle. Aus 
der Netzspannung mache ich geregelte 400 V (PFC, funktioniert bereits) 
und daraus mit einer Vollbrücke (im Layout) die Anodenspannung. 
Ausgelegt ist das für 3,5 kW Dauer und 6 kW Peak als Regelreserve.

>> Nach deiner Beschreibung
PY2KO beschreibt (frei übersetzt) nicht einfach einen C-Betrieb der 
Ventile, sondern einen auf eine Frequenz eingestellten Schwingkreis der 
angestoßen wird.

von Bernhard _. (Firma: dl1bg) (bernhard_)


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Jetzt gibt es den aktuellen Stand des HV-Netzteils im Forum 
Analogtechnik zu zum Zerpflücken.

von A-Freak (Gast)


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Bei Transistoren ist diese Betriebsart auch unter dem Namen ZVS bekant, 
Zero Voltage Switching.

Bei Klasse E und F ist mindestens ein Schwingkreis so abgestimmt daß die 
HF-Spannung einen Nulldurchgang hat bevor der Transistor ein- oder 
ausgeschaltet wird. Dadurch haben Schaltzeiten und 
Rückwirkungskapazitäten sehr wenig Einfluß und die Schaltverluste sinken 
sehr weit ab.

Für AM (Modulation über Betriebsspannung) und FM ist das perfekt 
geeignet.

Ob ein SSB-Signal einigermaßen sauber herauskommt wäre ein interresantes 
Experiment, man müßte die Hüllkurve auf die Betriebsspannung modulieren 
und zugleich Basis oder Gitter mit einem Rechteck ansteuern das die 
Phasenlage von der HF hat.

Bei einer Triode sehe ich gewisse Bedenken daß du am Gitter einige 
hundert Volt ins negative gehen mußt um diese voll zu sperren, da wäre 
eine Tetrode oder Pentode weit aussichtsreicher.

von Bernhard _. (Firma: dl1bg) (bernhard_)


Angehängte Dateien:

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>> Ob ein SSB-Signal einigermaßen sauber herauskommt wäre ein interresantes
>> Experiment

Das wird es, danke für deine Infos!

Ja, ich bin auch skeptisch mit Tetroden. Aber unter den günstigen und 
gut verfügbaren Leistungsröhren finde ich nur Tetroden, für Tipps bin 
ich natürlich dankbar.

Um der Diskussion etwas Fleisch ans Gerippe zu geben habe ich mal einen 
ersten Simulationsversuch angehängt. Am Gitter erst mal nichts als die 
Ansteuerung und den "Load" Knopf ganz aufgedreht. Die Resonanzkurve ist 
an C8 aufgenommen.

Viele Grüße
Bernhard

von Bernhard _. (Firma: dl1bg) (bernhard_)


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Herrjeh, ersetze "Tetroden" durch "Trioden"
Gut's Nächtle

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