Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Maximale Abschaltzeit bei Leitung


von Michael W. (Gast)


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Ich habe eine Kupferleitung, wo im Kurzschlussfall ein bestimmter Strom 
I zu erwarten ist. Die Abschaltzeit t ist durch den Sicherungsautomaten 
bestimmt.
Die Frage ist, ob der Querschnitt A ausreicht.

Laut VDE 0100 Teil 430 berechnet sich die maximal erlaubte Abschaltzeit 
zu


t(va) = (k A/I)²

Für Kupfer mit PVC isoliert finde ich k=115 (in A, sec, mm²).

Wie sehr muss man da auf die Umgebungstemperatur noch Rücksicht nehmen?
Ich habe t=55°C, und der k-Wert ist aus einer Tabelle für 
Umgebungstemperatur=20°.



Danke!

von Route_66 H. (route_66)


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Hallo!
Kupfer ist ein Kaltleiter, d.h. bei steigender Temperatur sinkt der 
Kurzschlusstrom automatisch. Weil I im Nenner der Formel steht, ergibt 
sich eine größere, zulässige Abschaltzeit bzw. ein kleinerer Querschnitt 
bei gleicher Abschaltzeit.

: Bearbeitet durch User
von Peter II (Gast)


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Route 6. schrieb:
> Weil I im Nenner der Formel steht, ergibt
> sich eine größere, zulässige Abschaltzeit bzw. ein kleinerer Querschnitt
> bei gleicher Abschaltzeit.

irgendwas stimmt da nicht. Der Querschnitt muss doch größer sein, damit 
noch der nötige Kurzschlusstrom fließt.

von Route_66 H. (route_66)


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Peter II schrieb:
> irgendwas stimmt da nicht. Der Querschnitt muss doch größer sein, damit
> noch der nötige Kurzschlusstrom fließt.

Es geht nicht um die "schnelle" Abschaltung, sondern um den Schutz der 
Leitung und Isolierung bei Kurzschlüssen. Die erwärmt sich ja dabei.

Der Faktor k enthält aber bereits einen Temperaturkoeffizienten für 
Kupfer. Wenn man für 20 °C bei dem dann vorhandenen Leitungswiderstand 
den Kurzschlussstrom errechnet, dann tritt bei realen 55 °C ein 
geringerer Kurzschlussstrom auf, und die Endtemperatur bis zum 
Abschalten bleibt im zulässigen Bereich.

von Peter II (Gast)


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Route 6. schrieb:
> Es geht nicht um die "schnelle" Abschaltung, sondern um den Schutz der
> Leitung und Isolierung bei Kurzschlüssen. Die erwärmt sich ja dabei.

sicher?

> Laut VDE 0100 Teil 430 berechnet sich die maximal erlaubte Abschaltzeit
ist das nicht die Regel mit den 0,2 bzw. 5 Sekunden in welcher die 
Sicherung abschalten muss?

von Rick M. (rick-nrw)


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Michael W. schrieb:
> Ich habe eine Kupferleitung, wo im Kurzschlussfall ein bestimmter Strom
> I zu erwarten ist. Die Abschaltzeit t ist durch den Sicherungsautomaten
> bestimmt.
> Die Frage ist, ob der Querschnitt A ausreicht.
>
> Laut VDE 0100 Teil 430 berechnet sich die maximal erlaubte Abschaltzeit
> zu

Beispiel

Kupferleiter 1,5mm² 100m lang

zum nachrechnen http://www.leds.de/Leitungswiderstand/

macht einen Leitungswiderstand von 1Ohm

bei 230V macht das 230A

Laut Formel komme ich auf tva=562,5ms
http://www.mkfgf.de/Leitungsberechnung.pdf Seite 39/40

Die Temperatur dürfte dabei eine untergeordnete Rolle spielen, den der 
Kupferleiter wird in der kurzen Abschaltzeit kaum heiß.

Die Abschaltzeit richtet sich ja nach dem Querschnitt.

Oder auf was möchtest Du hinaus?

von Route_66 H. (route_66)


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Peter II schrieb:
> ist das nicht die Regel mit den 0,2 bzw. 5 Sekunden in welcher die
> Sicherung abschalten muss?

Jein, es geht um den Schutz der Leitungen gegen Überstrom und 
Kurzschluss.
Deine Zeiten kommen aus VDE 0100-410, Schutz gegen elektrischen Schlag.
Wenn ich den Schutz gegen elektrischen Schlag geeignet sichergestellt 
habe, (z.B. FI) muß ich bei Kurzschlüssen nur noch eine Zeit einhalten, 
bei der die Leitung nicht "abraucht".

von Route_66 H. (route_66)


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Rick M. schrieb:
> Die Abschaltzeit richtet sich ja nach dem Querschnitt.
>
> Oder auf was möchtest Du hinaus?

Nicht immer. Es gibt Verbraucher oder Anlagenteile, die benötigen ein 
sehr träges Überstromorgan, weil mit kurzen Lastspitzen gearbeitet wird. 
Habe ich ein Überlastschutz, der 1,5 Sekunden Abschaltzeit hat, kann ich 
den nötigen Querschnitt der Leitungen errechnen.
Da geht dann halt 1 Quatratmillimeter nicht immer.
Hier richtet sich also der erforderliche Querschnitt nach der 
vorhandenen Abschaltzeit und dem gegebenen Kurzschlussstrom.

von Marian (phiarc) Benutzerseite


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Rick M. schrieb:
> Die Temperatur dürfte dabei eine untergeordnete Rolle spielen, den der
> Kupferleiter wird in der kurzen Abschaltzeit kaum heiß.

53 kW über 560 ms sind ca. 30 kJ Wärmeenergie. 100 m von 1.5 mm^2 Litze 
haben so ~1.4 kg Kupfer. Der Strom fließt in zwei Adern, also werden 
~2.8 kg Kupfer warm. Überschlagsmäßig wird das Kupfer um ~30 K erwärmt.

von Sigmar (Gast)


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Die Umgebungstemperatur ist für diese Betrachtung nicht maßgeblich. Mit 
der Formel t=(k*A/I)² wird lediglich die Erwärmung des Leiters aufgrund 
des Stromflusses betrachtet. Grundlage ist dabei die maximale 
Leiterbetriebstemperatur und die zulässige Kurzschlussendtemperatur, die 
das Kabel (bzw. die Isolation) kurzzeitig aushält. Es wird also 
nachgewiesen, ob der Strom innerhalb der Kurzschlussdauer zu einer 
Überhitzung führt, also eine Temperaturerhöhung von Betriebs- auf 
Kurzschlussendtemperatur verursacht.
Deine 55°C Umgebungstemperatur bewirken zusammen mit der Verlegeart 
lediglich eine Reduzierung der Betriebsstrombelastbarkeit, also des 
Stromes, der zum Erreichen der Leiterbetriebstemperatur führt.

Die Formel für den Kurzschluss vernachlässigt den Wärmeaustausch mit der 
Umgebung (sie geht davon aus, dass die gesamte Energie "im Kabel 
bleibt") und gilt auch nur für Kurzschlüsse bis zu einer Dauer von 5 
Sekunden. Bei längeren Zeiten muss der Wärmeabtransport an die Umgebung 
mit berücksichtigt werden.

Wenn du einen Kabeltyp hast, kannst du dafür mal nach einem Datenblatt 
suchen. Da ist dann ein Bemessungs-Kurzschlussstrom (1s) angegeben. Wenn 
du diesen quadrierst und mit der Zeit (1 Sekunde) multiplizierst, 
kriegst du einen "I²t-Wert". Das gleiche machst du mit deinem 
berechneten Kurzschlussstrom und deiner Abschaltzeit. Ist dein Wert 
niedriger, dann hast du den Kurzschlussschutz nachgewiesen. Ist in 
meinen Augen einfacher als die k mal schießmichtot-Rechnerei.

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