Hi, ich beschäftige mich gerade mit der Optimierung meines 3D-Druckers und bin dadurch zwangsläufig wieder auf die Option gestoßen, Ruck bzw. Beschleunigung zu begrenzen. Nur will sich mir nicht so recht erschließen, warum ich den Ruck begrenzen sollte. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das technisch gesehen Sinn macht. Klar, wird alles gefühlsmäßig noch mehr verschliffen und alles fährt etwas weicher. Im Fahrstuhl oder in öffentlichen Verkehrsmitteln macht es ja auch durchaus Sinn, den Ruck zu begrenzen. Nichts wäre unangenehmer als wenn die Straßenbahn plötzlich anfangen würde mit voller Wucht zu beschleunigen. Man würde einfach umfallen. Aber meiner Mechanik macht das doch nichts aus ob sofort die volle Beschleunigung anliegt oder ob sie durch Ruckbegrenzung verschliffen wird? Die Beschleunigung zu begrenzen macht auf jeden Fall Sinn. Das kann man sich ja noch logisch und bildlich vorstellen. Wird die Beschleunigung, ergo die auftretenden Kräfte zu hoch, kann die Mechanik überbelastet werden. Im Falle meines 3D-Druckers können die Motoren Schritte verlieren. Kann das jemand mal anschaulich erläutern? Gibt es dafür überhaupt eine anschauliche Erklärung oder geht die Erklärung nur aus irgendwelchen Berechnungen bzgl. z.B. des Schwingungsverhaltens bestimmter mechanischer Konstruktionen hervor, welches man durch Ruckbegrenzung dann vielleicht positiv beeinflussen kann? lg
Wenn du eine Ecke druckst wird der Druckkopf ruckartig um z. B. 90° umgelenkt. Der drucker vibriert dadurch und es entsteht "Corner Ringing" (also quasi geisterbilder). Durch die Beschleunigung wird vorher sanft abgebremst um diesen Effekt zu minimieren. http://wiki.malyansys.com/doku.php?id=corner_ringing
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Naja bei den kleinen CNC Fräsen wird auch am Fahrtbegin beschleunigt bis auf volle Geschwindigkeit. Nennt sich Rampe oder auch Anfahrrampe. Das begrenzt die auftretende Beschleunigung und damit die Kräfte. Wenn du dir mal überlegst was Beschleunigung ist (=Geschwindigkeitsveränderung pro Zeiteinheit) dann wird auch klar warum das gerade ganz am Anfang/Ende der Bewegung die Beschleunigung ist, die man begrenzt. Ruck-verhinderung ist nämlich gerade Beschleunigungsbegrenzung. Sobald das Teil erst mal auf Geschwindigkeig isf gibts da keine Beschleunigung mehr...
Ihr habt alle am Thema vorbei geantwortet. OP hat gefragt warum man die dritte Ableitung des Ortes ebenfalls begrenzen soll und nicht nur die zweite. Ich vermute mal dass wenn man all die komplizierten Differentialgleichungen aufstellen würde die beschreiben welches Teil wann wie stark belastet und verformt wird dann taucht da womöglich auch die dritte Ableitung des Ortes irgendwo auf und man kann vermutlich zeigen dass alles noch weniger wackelt und belastet wird wenn man nicht nur die Beschleunigung sondern auch den Ruck begrenzt. Zum Beispiel könnte ich mir noch anschaulich vorstellen dass ein Teil das gedämpfte Schwingungen ausführen kann weniger stark ausgelenkt wird wenn die Kraft nicht schlagartig kommt und geht sondern linear ansteigt und abfällt. Und womöglich wirds sogar noch besser wenn man auch noch Snap, Crackle und Pop ebenfalls begrenzt.
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Nimm statt einer Rampe nen Sinus, und schon macht dir die 3. und 4. Ableitung (Ruck und Zuck) kein Stress mehr :-)
Bernd K. schrieb: > Zum Beispiel könnte ich mir noch anschaulich vorstellen dass ein Teil > das gedämpfte Schwingungen ausführen kann weniger stark ausgelenkt > wird wenn die Kraft nicht schlagartig kommt und geht sondern linear > ansteigt und abfällt. Sowas hab ich mir auch gerade gedacht. Wenn ich mir vorstelle dass meine X-Achse, also die an der der Druckkopf dran hängt) hoch oben auf dem Gestell eine Verfahrbewegung von links nach rechts macht. Sie ist also gerade am Fahren. Das Gestell ist in Ruhe und nicht irgendwo hin elastisch ausgelenkt. Und jetzt beginnt der Verfahrschlitten mit konstanter Verzögerung zu bremsen. Es liegt also nun schlagartig eine Kraft an, die das Gestell nach rechts drückt. Folglich wird es beginnen, sich elastisch zu verformen und etwas nach rechts zu bewegen. Da es wohl einem schwach gedämpften schwingfähigen System gleich kommen sollte wird es hier sicher einen Überschwinger geben. Nach der Bremsung fällt die Kraft dann wieder schlagartig weg und das System schnalzt wieder mit einem Überschwinger in seine Ruhelage zurück. Ich könnte mir vorstellen, dass durch Ruckbegrenzung und sanften Anstieg/Verringerung der Beschleunigung/Verzögerung es gar nicht erst zu Überschwingern kommt sondern bei richtiger Einstellung das Gestell nur kurz aperiodisch ausgelenkt wird und sofort wieder in seine Ruhelage zurückfällt. Oder so ähnlich. Sooo arg viel Gewonnen hat man dabei aber nun meiner Meinung nach auch nicht.. dafür dass mir die Ruckbegrenzung von einigen schon als der Heilige Gral der Antriebstechnik präsentiert wurde, mir aber keiner bisher anschaulich erklären konnte, warum diese denn so wichtig sei.
Paul H. schrieb: > Gestell eine Verfahrbewegung von links nach rechts macht. Sie ist also > gerade am Fahren. Das Gestell ist in Ruhe und nicht irgendwo hin > elastisch ausgelenkt. Und jetzt beginnt der Verfahrschlitten mit > konstanter Verzögerung zu bremsen. Es liegt also nun schlagartig eine > Sooo arg viel Gewonnen hat man dabei aber nun meiner Meinung nach auch > nicht.. dafür dass mir die Ruckbegrenzung von einigen schon als der > Heilige Gral der Antriebstechnik präsentiert wurde, mir aber keiner > bisher anschaulich erklären konnte, warum diese denn so wichtig sei. Hmm, ich finde deine eigene Erklärung ziemlich anschaulich. Wenn die Beschleunigung ruckartig einsetzt, liegt eben sofort eine Kraft an. Ich dachte in der Wikipedia mal die anschauliche Definition "ein Ruck ist eine Änderung der Beschleunigung" gelesen zu haben. Jetzt steht es aber nicht so da. bye uwe
Ja, der Ruck ist ja schon definiert als die Änderungsrate der Beschleunigung. Umgangssprachlich ist ja ein Ruck eben das, was man erfährt, wenn man einer plötzlichen (unerwarteten) Beschleunigung ausgesetzt ist. Aber das erklärt nur anschaulich, was Ruck ist. Nicht, warum man ihn vermeiden/begrenzen sollte.
Paul H. schrieb: > Ja, der Ruck ist ja schon definiert als die Änderungsrate > der Beschleunigung. Nun ja, nimm Newton dazu: F = m*a Bedeutet also: Bei konstanter Masse sind sich ändernde Kräfte offenbar nur mit sich ändernder Beschleunigung zu haben. > Aber das erklärt nur anschaulich, was Ruck ist. Nicht, > warum man ihn vermeiden/begrenzen sollte. Na doch, siehe oben: Die Kraftänderung ist (über die Masse) dem Ruck proportional. Und Schwingungen (z.B. in Feder-Masse-Systemen) werden nicht von konstanten Kräften angeregt, sondern von sich zeitlich ändernden. Der Übergang von Statik und Festigkeitslehre zur Maschinen- dynamik hängt offenbar am Ruck.
Paul H. schrieb: > Aber das erklärt nur anschaulich, was Ruck ist. Nicht, warum man ihn > vermeiden/begrenzen sollte. Bzgl. Elastizität und Ruck ist das einer der Fälle, in denen die englische Wikipedia nützlicher ist als die deutsche. https://en.wikipedia.org/wiki/Jerk_(physics)#Jerk_in_elastically_deformable_matter
Paul H. schrieb: > Nicht, warum man ihn > vermeiden/begrenzen sollte. Ruck ist in der Tat nicht ganz intuitiv. Nimm eine große Kaffeetasse, füll sie halbvoll und klebe sie auf das Armaturenbrett Deines Ferraris. Der Kaffeespiegel ist jetzt ein System, das durch Kraft(entspr. Beschleunigung) verformt wird und schwingungsfähig ist. Prinzipiell so wie die Mechanik Deines 3D-Druckers, letztere ist hoffentlich stärker bedämpft und steifer ;) Jetzt tritt gaaaanz langsam das Gas durch, bis du nach ein paar Sekunden bei Vollgas und 9m/s² bist, dann geht wieder gaanz langsam mit der Beschleunigung runter bis zu konstanter Geschwindigkeit. Der Flüssigkeitsspiegel wird zwischendurch maximal 45° schräg gestanden sein und nichts ist durch die Gegend geschwappt. Jetzt das ganze nochmal mit schnelleren Beschleunigungsänderungen: Gas/Bremse-Steptanz auf Koks im Berliner Berufsverkehr zwischen Kampfradlern. Auch wenn die Beschleunigungswerte weit unter 5m/s² bleiben, wird das Kaffeesystem furchtbar ins Schwingen geraten, die Auslenkung wird 45° weit überschreiten und der Kaffee durch Auto schwappen. Wenn die Längsbeschleunigungsänderung schwer vorstellbar ist, nimm die Querbeschleunigung: Fall 1: Über den leeren Kaufland-Parkplatz rasen und gaaanz langsam das Lenkrad einschlagen, bis du an der Haftungsgrenze (1g Querbeschleunigung) im Kreis herumfährst: Der Kaffee wird schräg stehen, aber nicht schwappen. Fall 2: Slalom. Weit von 1g entfernt, aber der Kaffee schwingt und schwappt über, wird also viel weiter ausgelenkt als in Fall 1.
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