Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Leistungsmessung in unsymmetrischem Drehstromsystem


von Beat (Gast)


Lesenswert?

Hallo

bin etwas unerfahren in elektrotechnischen Anwendungen und hoffe deshalb 
auf etwas theoretischen Rat.

Meine Aufgabe:

Ich habe einen Frequenzumrichter an einem 3x230V Drehstromnetz. 
Ausserdem habe ich eine induktive Last (einzelne Spule, Leistungsfaktor 
~=0.2) die ich mit diesem betreibe.

Leider kenne ich die Schaltpläne oder die Spezifikationen des FU's 
nicht. Ich nehme aber an das meine Spule zwischen zwei phasen 
geschlossen ist um eine maximale Effektiv-Spannung von 400V zu 
erreichen.

Dies führt meiner Ansicht nach zu einer unsymmetrischen Lastverteilung 
welche durch den Neutralleiter ausgeglichen wird...(?).

Lassen wir fürs erste den FU weg und Spule ist direkt zwischen zwei 
Phasen angeschlossen.
Wie kann ich die Wirk- und Scheinleistung meines induktiven Verbrauchers 
messen? Zur Verfügung habe ich ein Oszilloskop mit Stromzange, div. 
trueRMS Spannungsmessgeräte. Kann ich nun jeder Phase einzeln Spannung 
(Phase-Neutral) und Strom ablesen und mittels Phasenverschiebung die 
Wirk- und Schein-Leistung jeder Phase berechnen. -> Gesamtleistung S = 
S1+S2+S3, P=P1+P2+P3 oder ist hier noch ein Einbezug vom Factor sqrt(3) 
nötig?

Oder muss ich nur Spannung und Strom zwischen den angezapften Phasen 
messen (also U=400V) und das ist dann meine berechnete Wirk- bzw. 
Schein-Gesamtleistung S, P)

Nun, was verändert sich bei Zwischenschaltung eine Frequenzumrichter?
Da macht die Messung vor dem FU mehr Sinn (?). Gleiches vorgehen wie 
oben?

Ich hoffe jemand kann mir hier ein wenig Licht ins Dunkel bringen.


Beat

von Peter II (Gast)


Lesenswert?

Beat schrieb:
> Dies führt meiner Ansicht nach zu einer unsymmetrischen Lastverteilung
> welche durch den Neutralleiter ausgeglichen wird...(?).
ja

> Lassen wir fürs erste den FU weg und Spule ist direkt zwischen zwei
> Phasen angeschlossen.
> Wie kann ich die Wirk- und Scheinleistung meines induktiven Verbrauchers
> messen?
so wie bei jedem anderen Verbraucher auch.

Es spielt doch überhaupt keine Rolle, wie der Verbraucher angeschlossen 
ist.

Es fließt ein Strom durch, den kann man messen
Es liegt eine Spannung an, die kann man messen.

Scheinleistung = Strom(Effektiv) * Spannung(Effektiv)

Wirkleistung übers Integral oder Phasenverschiebung.

von Amateur (Gast)


Lesenswert?

>Leider kenne ich die Schaltpläne oder die Spezifikationen des FU's
>nicht. Ich nehme aber an das meine Spule zwischen zwei phasen
>geschlossen ist um eine maximale Effektiv-Spannung von 400V zu
>erreichen.

Wenn die Spezifikationen für den Generator unbekannt sind und auch 
(scheinbar) die für den Verbraucher, so gibt es eigentlich nur 
Fragezeichen.

Minimal sollte aber ein Typenschild auf dem Generator sein. Da die 
Hersteller heutzutage recht knapp kalkulieren, sollen diese möglichst 
nicht überschritten werden. Auch sollte man, im wahrsten Sinne des 
Wortes, Abstand von der maximalen Belastung, im Dauerbetrieb, nehmen.

Rechnungen wie: Drei Phasen mit 3 A gleich eine Phase mit 9 A sind in 
diesem Zusammenhang ebenfalls nicht erlaubt.

von Beat (Gast)


Lesenswert?

danke für die schnelle Antwort. Da lag ich mit meinem Grundgedanken 
schon mal gut, liess mich aber durch Lektüre etwas verunsichern 
(vorallem durch Verkettungsfaktor).

Das heisst also, wenn ich nur eine Last (egal, ob zwischen zwei phasen 
L1-L2, L2-L3,... oder zwischen Phase und Neutralleiter L1-N, L2-N,...) 
kann ich normal die Leistungen mit

S = I_eff * U_eff   (hier 400V)
P = S * cos(phi)

berechnen.

Und wenn ich zwei Lasten habe, je bei L1-N und L2-N dann summieren sich 
die  Einzelleistungen

mit

S1 = I1_eff * U1_eff  (hier 230V)
P1 = S1 * cos(phi1)

pro Phase. Gesamtleistungen:
S=S1+S2
P=P1+P2


Bei drei Lasten (zum Beispiel Motor): L1-N, L2-N, L3-N
Kann ich wie oben vorgehen und komme somit auf eine Scheinleistung von

S = 3  Ieff  U_eff  (hier 230V)
im symmetrischen Fall. Oder muss ich hier nun einen Verkettungsfaktor 
miteinbeziehen...

von TestX (Gast)


Lesenswert?

Es kommt drauf an was für ein FU das ist. Moderne arbeiten in normalen 
Leistungsklassen mit einen Zwischenkreis und aktiver PFC. Das Netz wird 
so zu jeden Zeitpunkt symmetrisch belastet. Deine Last wird quasi aus 
dem Gleichstrom gespeist.
Anderst sieht es es bei Thyristorstellern aus...die Arbeiten direkt...

von Tcf K. (tcfkao)


Lesenswert?

Induktive Last direkt am Netz: Ja, Spannungs- und Strommessung und zur 
Leistungsberechnung den cos(phi) mit einbeziehen. Das geht hier weil 
alle Ströme und Spannungen Sinusförmig sind.

FU: Der wird sehr wahrscheinlich nicht sinusförmige Ströme vom Netz 
ziehen, aber dafür keine Phasenverschiebung. Strom mit TrueRMS messen 
und mit Spannung multiplizieren sollte für die Leistung reichen.
Weiterhin hat der meines Wissens nur einen Zwischenkreis, d.h. selbst 
asymmetrische Last am Ausgang führt zu einer symmetrischen Last auf der 
Eingangsseite -- nachmessen.

von Beat (Gast)


Lesenswert?

Beat schrieb:
> Oder muss ich hier nun einen Verkettungsfaktor
> miteinbeziehen...

Um mir mal selbst eine Antwort zu geben:

Wenn ich nur mit Strangströmen und -Spannungen rechne, brauche ich den 
Verkettungsfaktor nicht und die Gesamtleistung ergibt sich aus der Summe 
aller Phasen/Stränge

S1 = I_Str(1) * U_Str(1)
S2 = I_Str(2) * U_Str(2)
S3 = I_Str(3) * U_Str(3)
S =  S1 + S2 + S3

P1 = S1 * cos(phi1)
P2 = S2 * cos(phi2)
P3 = S3 * cos(phi3)

P = P1 + P2 + P3

oder in Symmetrie:

S = 3  * I_Str .*  U_Str
P = S * cos(phi)    da phi gleich für alle Stränge


Aus messtechnischen Gründen kann ich die Starnströme aber nicht immer 
messen.

Weshalb ich die die verketteten Aussenleiterströme/-Spannungen 
(Phase-Phase) nehme:

Stern:
U = sqrt(3) * U_Str
I = I_Str

Dreieck:
U = U_Str
I = Sqrt(3) * I_Str

somit ergibt sich:

S = Sqrt(3) * U .* I * cos(phi)

für beide Schaltungen, mit U und I als Aussenleiter - Strom/-Spannung


Stimmt das so oder kann jemand ergänzen/korrigieren?

von Possetitjel (Gast)


Lesenswert?

Beat schrieb:

> Wenn ich nur mit Strangströmen und -Spannungen rechne,
> brauche ich den Verkettungsfaktor nicht und die
> Gesamtleistung ergibt sich aus der Summe aller
> Phasen/Stränge [...]

Richtig.

Die Methode hat auch den großen Vorteil, dass sie bei
unsymmetrischer Belastung korrekt funktioniert.

> Aus messtechnischen Gründen kann ich die Starnströme
> aber nicht immer messen.

Auch richtig.

> Weshalb ich die die verketteten Aussenleiterströme/-Spannungen
> (Phase-Phase) nehme:
>
> Stern:
> U = sqrt(3) * U_Str
> I = I_Str
>
> Dreieck:
> U = U_Str
> I = Sqrt(3) * I_Str
>
> somit ergibt sich:
>
> S = Sqrt(3) * U .* I * cos(phi)
>
> für beide Schaltungen, mit U und I als Aussenleiter - Strom/-Spannung
>
> Stimmt das so

Ja.

> oder kann jemand ergänzen/korrigieren?

Naja, einzige Ergänzung wäre noch, dass die Methode über den
Verkettungsfaktor nur bei symmetrischer Belastung funktioniert.

von Beat (Gast)


Lesenswert?

Possetitjel schrieb:
> Naja, einzige Ergänzung wäre noch, dass die Methode über den
> Verkettungsfaktor nur bei symmetrischer Belastung funktioniert.

genau, da wäre wieder die Messung aller Stränge und deren Aufsummieren 
nötig.

Danke an alle für die rasche Aufklärung, ich denke ich habe wieder etwas 
gelernt und das ganze Thema ist mir jetzt doch viel klarer geworden! 
Tolles Forum! :)

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.