Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Hilfe ADC Input Filter notwendig?


von Hans (Gast)


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Hallo Forum,

ich habe einen 2MSPS 16Bit Full Differential ADC (ADS8412).
Mein zu messendes Signal ist ein 80kHz Rechtecksignal, das 8 mal 
Overgesampled werden soll. Vref beträgt 4.096V.

Meine Frage ist ob ein Input Filter für den ADC nötig ist?
Ich denke das der Filter nur für Rauschen und Störrsignale nötig ist, da 
ja die Spannung während der 8 Samples konstant ist und durch den 2MSPS 
ja genug Zeit zum Einschwingen der Sample and Hold Kapazität vorhanden 
ist.

Danke schon mal für eure Antworten.

von Pandur S. (jetztnicht)


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Sieh doch einfach mal ein Filter vor und bestueck es nicht. Dann 
versuch's mit und ohne.

von derguteweka (Gast)


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Hans schrieb:
> Meine Frage ist ob ein Input Filter für den ADC nötig ist?

Naja ist doch eine uebersichtliche Rechnerei.
2MSPS => Frequenzen im Eingangssignal > 1MHz machen Aerger. Ein 80KHz 
Rechteck hat 3.,5.,7. etc. Oberwelle - ich nehm einfach mal an, es waere 
vom Tastverhaeltnis symmetrisch, dann sind die Oberwellen mit einem 
Faktor 1/3, 1/5, 1/7 im Signal enthalten.
1000kHz/80kHz=12.5 -> die erste Oberwelle, die Aerger macht, weil sie 
>1MHz ist, ist die 13.
Die ist 20*log10(13) 22.2dB schwaecher als die 80kHz Grundwelle. Sollte 
aber doch, wenn man die 16 Bit Wandleraufloesung nicht nur bezahlen 
will, sondern auch nutzen, eher um >96dB schwaecher sein.
Also waere doch ein Tiefpass, der 80kHz noch durchlaesst, aber 1MHz mit 
mindestens 96-22dB =74 dB abschwaecht, hier eine tolle Wurst.
Das waere also z.B. ein Filter mit einer Flankensteilheit von 20.3 
dB/Oct; also wuerde sich ein TP. 4.Ordnung anbieten.

Man kann's aber auch voellig unbesorgt weglassen, darf dann aber halt 
nicht jammern, dass das Ergebnis eher aussieht, wie mit einem 4bit 
Wandler gewandelt...

Gruss
WK

von Joe F. (easylife)


Angehängte Dateien:

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Gar nicht filtern ist total verschenkte Perfomance des ADC.
Mit einem einfachen R/C Filter 1. Ordnung und der richtigen 
Dimensionierung wird das Ergebnis schon um Welten besser.

80KHz x8 = 640 KHz

In diese Region würde ich dann auch erstmal als Grenzfrequenz des 
Filters ansetzen.
z.B. 1.2K / 220p -> -3dB bei 603KHz

Bei fs/2 (1 MHz) hast du dann immerhin schon eine Dämpfung von -5.7dB

Besser wäre noch etwas tiefer, z.B.
2.2K / 220p -> -3dB bei 329 KHz
bei 1 MHz ca. -10dB

Dein Rechteck ist dann immer noch sehr rechteckig (s. Anhang)

von derguteweka (Gast)


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Moin,

Joe F. schrieb:
> Besser wäre noch etwas tiefer, z.B.
> 2.2K / 220p -> -3dB bei 329 KHz
> bei 1 MHz ca. -10dB

Jepp. Und bei 2 Mhz ca. -16 dB

Die 25. Oberwelle von 80kHz liegt bei ca. 2Mhz. Und ist ggueber der 
Grundwelle um 28dB gedaempft. Und wird durch die Abtastung 
runtergefaltet auf ca. 0Hz.
Da liegt dann also eine Stoerung mit 28dB Abstand (ohne Filter, 
entspricht nichtmal 5 bit Aufloesung) bzw. mit 28+16=44dB Abstand (mit 
dem fantastischen 330kHZ RC-TP 1.Kajuete, entspricht dann nichtmal 8 bit 
Aufloesung) zu meinem Nutzsignal.
Die krieg ich nie wieder rausgerechnet.
Und dann muss es aber unbedingt ein 16bit ADC sein. Da wuerd' ich 
mindestens ein 24 bit ADC nehmen oder aber besser einen 6-aus-49-Bit 
ADC, dann hab' ich noch Chancen auf nen 6er mit Zusatzzahl.

(der arme Herr Shannon rotiert sicher gerade mit einer Frequenz weit 
jenseits von Fabtast/2 in seiner Grube)

Gruss
WK

von Joe F. (easylife)


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derguteweka schrieb:
> (mit
> dem fantastischen 330kHZ RC-TP 1.Kajuete

Naja, ich behaupte nicht, dass 1x R/C das Nonplusultra ist.
Aber es ist deutlich besser, als einfach weglassen.

Wenn man den ADC so richtig gut ausreizen möchte, muss man natürlich 
mehr tun (Filter mit höherer Ordnung vorschalten).

Allerdings werden bereits durch einen Filter 1. Ordnung die sehr hohen 
Frequenzanteile sehr gut ausgefiltert.

In Audioanwendungen liegt vor dem ADC meistens auch nur ein einfacher 
R/C Filter, und die ADCs lösen in der Regel mit 24 Bit auf. 16 Bit davon 
sind auf jeden Fall gut nutzbar.

: Bearbeitet durch User
von derguteweka (Gast)


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Moin,

Joe F. schrieb:
>
> Naja, ich behaupte nicht, dass 1x R/C das Nonplusultra ist.
> Aber es ist deutlich besser, als einfach weglassen.
Ja, sicher - deshalb hab' ich's ja mal exemplarisch mit der einen 
Oberwelle vorgerechenet: Man gewinnt ca. 3 bit damit.

> Wenn man den ADC so richtig gut ausreizen möchte, muss man natürlich
> mehr tun (Filter mit höherer Ordnung vorschalten).

Vom richtig gut ausreizen sind wir da noch ein paar kB (Kilo-Bel) 
entfernt. Es geht eher um "nicht komplett versaubeuteln" :-D

>
> In Audioanwendungen liegt vor dem ADC meistens auch nur ein einfacher
> R/C Filter, und die ADCs lösen in der Regel mit 24 Bit auf. 16 Bit davon
> sind auf jeden Fall gut nutzbar.

Ja, das ist ja der Witz an den Audio-Sigma-Delta ADCs - Durch die 
extreme Ueberabtastung geht das auch mit einem schlappen Anti-Aliasing 
Filter.
Der ADS8412 ist aber kein SD-ADC, sondern ein "altmodischer" SAR, der 
tastet tatsaechlich mit 2MS/s ab, nicht heimlich mit 1GS/s oder sowas 
und filterts dann digital wieder runter. Der braucht dann auch ein 
"altmodisches" Eingangsfilter, wenn da was von der Genauigkeit 
rueberkommen soll...

Gruss
WK

von Thomas E. (picalic)


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Servus,

Hans schrieb:
> da ja die Spannung während der 8 Samples konstant ist

unter dieser Voraussetzung (d.h. ein praktisch "ideales" Rechtecksignal) 
und mit der Vermutung, daß durch die Messung nur die Amplitude genau 
bestimmt werden soll, würde ich sagen, ohne Filter wäre hier optimal. 
Dann ggf. noch die Samples in der Nähe der Flanken wegschmeißen und die 
anderen mitteln, sollte den genauesten Messwert ergeben - da kann 
eigentlich jedes Filter nur verschlimmbessern...

von Joe F. (easylife)


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Thomas E. schrieb:
> unter dieser Voraussetzung (d.h. ein praktisch "ideales" Rechtecksignal)
> und mit der Vermutung, daß durch die Messung nur die Amplitude genau
> bestimmt werden soll, würde ich sagen, ohne Filter wäre hier optimal.

Und genau diese Annahme ist falsch.
Eben gerade das "ideale Rechtecksignal" hat harmonische Frequenzen ohne 
Ende. Und beim Sampeln triffst du die dann mal im positiven Maximum, 
beim nächsten mal im negativen usw..
Das summiert sich zu einer beträchtlichen Störung auf.
Darum ist es besser, man hat die Oberwellen ab fs/2 gar nicht mehr im 
Signal. Damit gewinnt man deutlich an Auflösung.

von Thomas E. (picalic)


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Ich hab's genau gewusst, daß so eine Theoretiker-Antwort kommt! ;)
Meine Güte, manche Dinge sind doch offensichtlich, wenn man sich die 
Signalform anguckt! Stell Dir vor, da sitzt einer mit einer Batterie und 
einem Schalter. Der schaltet alle 5 Sekunden die Polung der Batterie um. 
Gibt also ein Rechteck mit 0,1 Hz. Am anderen Ende der (relativ kurzen, 
z.B. 1m) Leitung sitzt einer mit einem Voltmeter und soll die Spannung 
der Batterie messen.
Möglichkeit A:
Nun kann der den Messwerte jeder Sekunde über eine längere Zeit notieren 
und in eine riesige Datei eintragen (nichts anderes also, was der 
A-D-Wandler macht). Natürlich sollte man hier dringenst über ein Filter, 
am Besten >6. Ordnung und FG bei 0,1Hz, vor dem Voltmeter nachdenken! 
Nachher kann man die Werte dann per Fourier-Transformation in 
Frequenzbänder und deren Amplitude zerlegen und durch entsprechende 
Mathematik aus deren Amplituden Rückschlüsse auf die Signalamplitude, 
und damit die Batteriespannung ziehen...

Möglichkeit B:
man liest die zwei Messwerte am Voltmeter ab, bei denen sich in den 5 
Sekunden High bzw. Low die Anzeige stabil einstellt.

Welche Möglichkeit wählst Du?

P.S.: der TE ist selbst davon ausgegangen, daß er ein sauberes, dem 
Ideal angenähertes Rechteck verarbeitet, weil er mehrere gleiche 
Messwerte während der Halbwelle erwartet. Evtl. Schwingungen auf den 
Halbwellen werden bei einem Rechteck mitunter erst dadurch erzeugt, 
indem man vom idealen Rechteck (mit unendlich vielen OW) mit einem 
Tiefpass höherer Ordnung die hohen Frequenzanteile wegfiltert!

: Bearbeitet durch User
von Hans (Gast)


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Danke für die vielen anregenden Antworten.

@derguteweka: Warum sollte ich aber der 13. Oberwelle Tiefpass filtern? 
Bekomme ich nicht gerade deswegen ein viel zu welliges Signal weil ich 
die höheren Oberwellen abschwäche?

von derguteweka (Gast)


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Moin,

Ich hab's genau gewusst, daß so eine Praktiker-Antwort kommt! ;)
Meine Güte, manche Dinge sind doch offensichtlich, wenn man sich die
Signalform anguckt!

Ja, dass naemlich das Abtasttheorem verletzt wird. Was halt Folgen haben 
kann. Wo man sich halt entscheiden muss, ob man damit zurechtkommt...

Aber wir koennen natuerlich auch mit einer anderen, voellig neuen Art 
von Signalverarbeitung werkeln; der gefuehlten und 
gender-and-peace-Nachrichtentechnik. Da muss man nur noch die Namen von 
Shannon und Nyquist tanzen koennen, und Signale werden natuerlich nicht 
mehr bandbegrenzt, denn das waere ja eine Form der Diskriminierung. Wir 
haben uns alle lieb und machen ein gefuehltes Sampling, a la: Jetzt 
ist grad ein guter Zeitpunkt, ein Sample zu nehmen, ich hab' uns gerade 
so voll lieb...Oder noch viel besser: Samples zu jedem Zeitpunkt nehmen, 
sonst fuehlen sich noch einzelne, kontinuierliche Spannungswerte nicht 
genug wertgeschaetzt.

Nein, alles natuerlich Quatsch. Ein echter Praktiker macht das alles mit 
Achter-Duebeln. Und die Leistung eines Signals ist immer 
1.7*U*I*Kosinusfi, und Kosinusfi ist eigentlich immer 0.88...


@Hans: Die Oberwellen ab der 13. sind >1MHz, verletzen das 
Abtasttheorem, d.h. die tauchen im Spektrum deines abgetasteten Signals 
an Stellen auf, an denen sie im Originalsignal nicht waren.

Natuerlich kriegt ein Rechtecksignal Ueberschwinger, wenn man es durch 
einen idealen TP oder einen Cauer-TP jagt. Aber ideale Tiefpaesse sind 
eh zu teuer und zu gross und zwischen 80KHz und 1MHz ist ein Haufen 
Platz, da brauchts keinen Cauer. Von daher wuerde ich z.B. einen 
Bessel-TP nehmen, um ruhiger schlafen zu koennen. 4.Ordnung sieht jetzt 
fuer mich auch noch machbar aus.

Aber: es wird niemand dazu gezwungen, ohne TP wird sicherlich auch was 
rauskommen.


Gruss
WK

von Joe F. (easylife)


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derguteweka schrieb:
> Aber: es wird niemand dazu gezwungen, ohne TP wird sicherlich auch was
> rauskommen.

Liegen wir nicht alle gerne am Strand und hören dem schönen 
Meeresrauschen zu? Was ist also schlecht an Rauschen?
;-)

von Thomas E. (picalic)


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Servus,

also jetzt mal Butter auf den Hering (oder so ähnlich...):

Die Sache mit dem Abtasttheorem ist mir durchaus bekannt, und ich bilde 
mir ein, auch gewisse Zusammenhänge diesbezüglich einigermaßen 
verstanden zu haben. Es geht ja schließlich darum: wenn man mit einer 
gewissen Frequenz f ein Signal abtastet, kann der Abtaster (= 
A/D-Wandler) den Signalverlauf zwischen den Abtastwerten nicht sehen. 
Kommt da also z.B. ein Sinus daher, der z.B. mit der Frequenz 2*f+x, 
"sieht" der Abtaster einen Sinus mit der Frequenz x (wg. "Aliasing). Das 
ist natürlich ein grober Messfehler. Daher muss durch Filter dafür Sorge 
getragen werden, daß beim A/D-Wandler keine Signale mehr mit zu hoher 
Frequenz ankommen. Das ist etwas vereinfacht, ohne 
Formel-Schnickschnack, aber immer noch zu lang.

Also kurz: das Problem bei der Verletzung des Abtasttheorems sind die 
nicht erfassten Samples zwischen den tatsächlich durchgeführten Samples 
- soweit können mir doch die Theoretiker zustimmen, oder?

Ein (ideales, über das reden wir hier) Rechteck-Signal hat als Spannung 
über die Zeit aufgetragen zwei Spannungswerte, die sich in regelmäßigen 
Abständen abwechseln. Genau genommen reicht also ein Sample in jeder 
Halbwelle, egal an welcher Stelle, um die Amplitude des Signals zu 
bestimmen.
Klar, jetzt komman die Theoretiker und sagen: ein Rechteck hat aber ein 
erhebliches Oberwellenspektrum bis zum unendlichen der Grundfrequenz 
(richtig!) - uhhhh - das ist eine brutale Verletzung des Abtasttheorems 
und ohne Filterung muss deshalb der AD-Wandler einen totalen Müll 
ausgeben! (ich meine: falsch!)

Der A/D-Wandler kümmert sich aber nicht um das Frequenzspektrum, sondern 
misst nur brav die aktuelle Spannung zum Sampling-Zeitpunkt und gibt den 
Wert digital aus. Zwischen den Flanken des Rechtecks ist die Spannung 
aber konstant. Was, bitte, sollte denn der AD-Wandler beim Einfügen von 
weitern Samples (= Erhöhung der Samplefrequenz) zwischen den Samples 
einer Halbwelle anderes messen, als die gleiche Spannung des Samples 
davor oder dahinter? Die Spannung des Signals ändert sich ja nicht 
zwischen den Samples. Ich könnte also die Sample-Frequenz auch auf 
beliebig hohe Frequenzen erhöhen, ohne je andere Werte, als die beiden 
Amplitudenwerte (1./2.Halbwelle) zu messen. Somit ist das Egebnis beim 
Samplen mit 2*f (Abtasttheorem für die Oberwellen brutal misachtet!) 
genau das gleiche, wie bei f=Unendlich (Abtasttheorem erfüllt)!

: Bearbeitet durch User
von Hans (Gast)


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Thomas ich muss dir zustimmen, so sehe ich das auch.
Man bekommt ja gerade durch ein Filtern der Oberwellen eine nicht mehr 
konstante Amplitude des idealen Rechtecks, sondern ein Welliges was 
demnach ja flasch A/D gewandelt wird.

Bleibt nur die Frage ob vielleicht ein Eingangsfilter gegen Rauschen 
eingesetzt werden sollte oder keiner weil die Common Mode Eingänge 
genügen?

von Der Andere (Gast)


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Thomas E. schrieb:
> Ich hab's genau gewusst, daß so eine Theoretiker-Antwort kommt! ;)

Ein echter Praktiker schmeisst den ADC in die Kiste zurück und nimmt 
statt dessen einen Counter und einen Digitaleingang und misst nur noch 
die Zeiten zwischen den Flanken.
Denn mit deiner Methode weisst du weder ob das Rechteck jittert, wo 
überaupt die Flanken sind, noch kannst du die Frequenz bestimmen.

Und was lernen wir daraus:
Auch ein Praktiker kann nicht die Mathematik/Physik überlisten.

von lalala (Gast)


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Volle Unterstützung von Thomas. Zu den 'Theoretikern' (ich bin ja auch 
einer): Das Abtasttheorem ist doch so einfach gar nicht anwendbar.

Das Abtasttheorem sagt doch: Bandbegrenztes Signal und Abtastrate höher 
als 2*f_max --> Signal kann aus den Samples vollständig und 
eindeutig rekonstruiert werden.

Irgendwelche Aussagen über spezielle Eigenschaften eines 
bandunbegrenzten (und auch begrenzter) Signale trifft das Abtasttheorem 
nicht.

Ich erfinde hier mal das Min/Max Theorem: Bei einem (y-)verschobenen, 
idealen Rechtecksignal kann das Min und Max eindeutig bestimmt werden 
solange pro Plateau (können ja unterschiedlicher Länge sein) mind. 3 
Samples aufgenommen werden. Je stärker gefiltert wird, desto mehr 
Samples sind nötig.

von derguteweka (Gast)


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Moin,

Eieiei, waren wohl damals alle grad' krank, als das drankam...

lalala schrieb:
> Volle Unterstützung von Thomas. Zu den 'Theoretikern' (ich bin ja auch
> einer): Das Abtasttheorem ist doch so einfach gar nicht anwendbar.
Was soll daran nicht "so einfach anwendbar" sein?

> Das Abtasttheorem sagt doch: Bandbegrenztes Signal und Abtastrate höher
> als 2*f_max --> Signal kann aus den Samples vollständig und
> eindeutig rekonstruiert werden.

Nicht 2*f_max, sondern 2*B, also die Bandbreite des bandbegrenzten 
Signals. Bei Tiefpass-Signalen ist es f_max, weil die f_min=0 ist.
Aber ich kann durchaus z.b. ein ZF-Signal mit 455 kHz mit deutlich < 455 
KHz abtasten, wenn ich die berechtigte Hoffnung habe, dass die 
Bandfilter vorher das Signal auf 9KHz bandbegrenzt haben.

> Irgendwelche Aussagen über spezielle Eigenschaften eines
> bandunbegrenzten (und auch begrenzter) Signale trifft das Abtasttheorem
> nicht.
Nein, wozu denn noch mehr spezielle Eigenschaften, Bandbegrenzung 
alleine macht doch auch schon genug Probleme, wie man hier sehen kann...

> Ich erfinde hier mal das Min/Max Theorem: Bei einem (y-)verschobenen,
> idealen Rechtecksignal kann das Min und Max eindeutig bestimmt werden
> solange pro Plateau (können ja unterschiedlicher Länge sein) mind. 3
> Samples aufgenommen werden. Je stärker gefiltert wird, desto mehr
> Samples sind nötig.

Kommt halt drauf an, was du mit den Samples anstellen willst - wenn's 
dir rein ums Messen der Spannungshoehe geht und du zwingend voraussetzt, 
dass das immer ein Rechteck ist und du vielleicht auch noch die 
Rechteckfrequenz und die Abtastfrequenz phasenstarr miteinander 
verbinden kannst, etc. bla. und Schuhgroesse 58 hast und im Datum eine 
Primzahl ist, dann kanns gut sein, dass du fuer diesen Sonderspezialfall 
ohne Eingangsfilter auskommen kannst.
Wenn du aber dieses "Rechecksignal" auch mal wieder ausgeben koennen 
willst, oder auch mal genauer die Laenge der einzelnen Low- und 
Highphasen rauskriegen willst, dann sieht man ohne Eingangsfilter alt 
aus.

Nehmt doch mal einfach das Beispiel: 80kHz "ideales" Rechteck, mit 2Mhz 
abgetastet - was kommen denn dann aus dem Wandler fuer Samples raus? 
Nehmen wir mal an, Amplitude ist so, dass dann "wenns Signal grad' flach 
ist", z.b. 1000 oder eben dann -1000 als Wert rauskommen.
Also kommt aus dem ADC z.b. 12x hintereinander der Wert 1000 raus. 
Danach 12x hintereinander der Wert -1000. Aber dann wirds bloed: Dann 
ist der Samplezeitpunkt genau in der Flanke des Rechtecks, d.h. der 
kleinste Jitter im Abtastzeitpunkt bewirkt ein Schwanken von -1000 bis 
1000. Weiterhin ist es dann so, dass eine Periode des Signals nach dem 
Wandler dann z.b. aus 12x +1000 und 13x -1000 Werten besteht. Tja, nur 
bloed, dass das ja ploetzlich einen Gleichanteil ergibt, der im 
Originalsignal garnicht drinnen war. Ueber mehrere Perioden wird sich 
ueblicherweise die Phasenlage zwischen Abtastung und Rechtecksignal 
langsam aendern, d.h. auch diese Ungleichheit zwischen den Samples, die 
+1000 und denen die -1000 sind aendert sich langsam und kann nicht mehr 
von einer tatsaechlichen, langsamen Aenderung des Rechtecksignals 
unterschieden werden...
Aber wem das alles wurscht ist, der braucht auch keinen Tiefpass...

Gruss
WK

von M. K. (sylaina)


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derguteweka schrieb:
> Nicht 2*f_max, sondern 2*B, also die Bandbreite des bandbegrenzten
> Signals. Bei Tiefpass-Signalen ist es f_max, weil die f_min=0 ist.

Nett gedacht aber leider falsch. Schau doch nur mal wenn das Signal, 
z.B. ein Sinus, grade f_max hat und du tastest das mit z.B. f_max ab. 
Wie f_min ist ist dabei völlig wurscht, mit etwas Glück erwischst du die 
Nulldurchgänge und hast/mist immer 0V.
Die Abtastfrequenz muss immer > 2*f_max sein, egal wie die 
Bandbegrenzung ausschaut.

von derguteweka (Gast)


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Moin,

Jaaaa, der olle Grenzfall, am Rand des Spektrums - daher heisst's halt 
">" und nicht ">=". Wenn ich ein bandbegrenztes Signal(d.h. in dem 
kommen nur Frequenzen  zwischen Fmin und Fmax vor, und B=Fmax-Fmin) 
vorliegen habe, dann muss ich das mit >2*B abtasten. Und nicht exakt mit 
2*B.

Uraltes Beispiel, ich nehm ein Roehrenradio, schalte es auf LW,MW, oder 
auch KW ein, such' mir einen Sender (so ich noch einen finde). Dann 
krieg ich irgendwo - kurz vor dem AM-Demodulator, vor der EA_B_C80 ein 
ZF-Signal. Das ist um die 455kHz und hat eine Bandbreite von 9KHz - 
besteht also aus einem Frequenzband von 450.5kHz...459.5kHz
So, und wenn ich so ein Signal jetzt digitalisieren moechte, dann reicht 
eine Abtastfrequenz von >18KHz aus. Sie muss nicht > 910kHz sein.
Was aber fuer den hier urspruenglich diskutierten Fall eines 
Rechtecksignals 80KHz bei 2MHz Abtastfrequenz eigentlich eher wurscht 
ist.

Gruss
WK

von Thomas (kosmos)


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Der Andere schrieb:
> Ein echter Praktiker schmeisst den ADC in die Kiste zurück und nimmt
> statt dessen einen Counter und einen Digitaleingang und misst nur noch
> die Zeiten zwischen den Flanken.
> Denn mit deiner Methode weisst du weder ob das Rechteck jittert, wo
> überaupt die Flanken sind, noch kannst du die Frequenz bestimmen.
>
> Und was lernen wir daraus:
> Auch ein Praktiker kann nicht die Mathematik/Physik überlisten.

Hier schließ ich mich mal an. Man muss doch nur High und Low Pegel  des 
Rechtecks kennen und das Tastverhältniss ermitteln.

Beispiel Rechteck High=5V Low=0V Tastverhältniss 50L:50H= 2,5V

von Joe F. (easylife)


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Thomas O. schrieb:
> Hier schließ ich mich mal an. Man muss doch nur High und Low Pegel  des
> Rechtecks kennen und das Tastverhältniss ermitteln.
> Beispiel Rechteck High=5V Low=0V Tastverhältniss 50L:50H= 2,5V

Gibt immer noch jemanden, der noch einen drauf setzt, oder sollte man 
eher sagen, einen Keller drunter setzt?

von M. K. (sylaina)


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derguteweka schrieb:
> Uraltes Beispiel, ich nehm ein Roehrenradio, schalte es auf LW,MW, oder
> auch KW ein, such' mir einen Sender (so ich noch einen finde). Dann
> krieg ich irgendwo - kurz vor dem AM-Demodulator, vor der EA_B_C80 ein
> ZF-Signal. Das ist um die 455kHz und hat eine Bandbreite von 9KHz -
> besteht also aus einem Frequenzband von 450.5kHz...459.5kHz
> So, und wenn ich so ein Signal jetzt digitalisieren moechte, dann reicht
> eine Abtastfrequenz von >18KHz aus. Sie muss nicht > 910kHz sein.
> Was aber fuer den hier urspruenglich diskutierten Fall eines
> Rechtecksignals 80KHz bei 2MHz Abtastfrequenz eigentlich eher wurscht
> ist.
>
> Gruss
> WK

Zeig mir mal bitte wie du ein Signal, das z.B. 450 kHz hat, mit z.B. 50 
kHz abtastest und danach aus den Abtastwerten wieder korrekt zusammen 
setzt. Sorry, aber  > 2*B ist Quatsch, es muss > 2*f_signal. In 50 kHz 
passen 450 kHz 9 mal rein, taste ich also 450 kHz mit nur 50 kHz ab 
verpasse ich mindestens 8 Perioden. Das gibt ordentliche Verzerrungen. 
Das Nyquist-Kriterium ist hier sehr eindeutig.

von Harald W. (wilhelms)


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Joe F. schrieb:

> Was ist also schlecht an Rauschen?

Das manche da das "s" weglassen.

von derguteweka (Gast)


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Moin,

@Michael Köhler:

https://de.wikipedia.org/wiki/Nyquist-Shannon-Abtasttheorem
Dort vorarbeiten bis zum Kapitel "Unterabtastung"...

Gruss
WK

von Jobst M. (jobstens-de)


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Wenn es bei der Wandlung nur darum geht, die Minima und Maxima zu 
erfassen, dann gut, sollte es ohne Filter funktionieren.




Sollen die Werte eine Reproduktion des Signals zulassen, also Zeit eine 
Rolle spielen, dann wirst Du um ein Filter nicht drum herum kommen. 
Solltest Du es dennoch versuchen, wirst Du Frequenzanzeile im Nutzband 
vorfinden, die im ursprünglichen Signal nicht vorhanden waren. Grund 
dafür ist, dass die Flanke zeitlich nicht erfasst werden kann.

Beispiel:
1
Rechtecksignal mit 14ms Periodendauer alle 3ms abgetastet:
2
       _______       _______       _______       _______       _______
3
_______       _______       _______       _______       _______
4
5
S  S  S  S  S  S  S  S  S  S  S  S  S  S  S  S  S  S  S  S  S  S  S  S
6
7
         ______      _________      ______         ______      _______
8
_________      ______         ______      _________      ______

Diese Eierei enthält Störsignale.

Nach einem Filter sind die Flanken auf eine längere Zeit verteilt und 
somit Frequenzanzeile oberhalb der halben Abtastfrequenz unterdrückt und 
die Flanke damit auch erfassbar:
1
         ____          ____          ____          ____          ____
2
______.-'    '-.____.-'    '-.____.-'    '-.____.-'    '-.____.-'    '-.__
3
4
S  S  S  S  S  S  S  S  S  S  S  S  S  S  S  S  S  S  S  S  S  S  S  S
5
         ______         ___            ___         ______         ___
6
______...      ...___---   '''______'''   ---___...      ...___---   '''

Sieht zwar auch blöd aus, lässt sich aber durch ein Filter wieder 
rekonstruieren.


Gruß

Jobst

von Stephan H. (Gast)


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Kommt drauf an, ob es von den Ergebnissen her eher ein Logic-Analyzer+ 
oder ein Oszi sein soll...

Falls keine relevanten externen Störungen möglich sind ists ohne Filter 
ok. (bei 16 Bit eher unwahrscheinlich, bei z.B. 8 Bit verwerteter 
Auflösung aber realistisch)
Du wirst halt die Flanken (je nach Anstiegszeit) teilweise nur wie ein 
Logic-Analyzer sehen und zeitlich nicht genau einordnen können.

Gedankenexperiment

Annahme: ideales, rauschfreies, unendlich fein erfasstes Rechtecksignal 
(Trapez) mit 10ns Anstiegszeit (0-100%); keinerlei Bandbreitenbegrenzung 
bei der Erfassung (z.B. Bandbreite des ADC); Abtastung mit 2 MHz

ohne Filter: Abtastung während der Flanke in 2% der Fälle (10ns/500ns) 
getroffen

mit Filter (z.B. 24dB@300kHz): Grundfrequenz / Phase immer erkennbar; 
zeitliche Einordnung in 100% der Flanken möglich; bekanntes, 
rauschfreies,... Signal ist perfekt rekonstruierbar (inverse Faltung)

von M. K. (sylaina)


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derguteweka schrieb:
> Moin,
>
> @Michael Köhler:
>
> https://de.wikipedia.org/wiki/Nyquist-Shannon-Abtasttheorem
> Dort vorarbeiten bis zum Kapitel "Unterabtastung"...
>
> Gruss
> WK

Ja, das kenne ich. Ich zitiere nur mal:

>Um in der Praxis die notwendige punktförmige Abtastung wenigstens
>näherungsweise realisieren zu können, muss die Abtast-Halte-Schaltung
>jedoch derart ausgelegt werden, dass das Ausleseintervall so eng wird, wie
>es für eine Abtastfrequenz von 220 MHz oder mehr vonnöten wäre.

Sowas würde ich dabei unbedingt mit erwähnen. Auch, dass man sicher 
stellen muss dass außerhalb des Bandes keine weiteren relevanten Signale 
an die Abtastung kommen dürfen ist ein nicht zu vernachlässigender 
Hinweis, spricht: Erst Filtern. ;)

Übrigens…
>Zu vergleichen ist das mit einer Abtastung mit 220 MHz, von der nur
>jeder fünfte Wert weiterbenutzt wird, während die je vier
>dazwischenliegenden Abtastwerte verworfen werden.

hab ich ja oben schon erwähnt gehabt mit

Michael K. schrieb:
> taste ich also 450 kHz mit nur 50 kHz ab
> verpasse ich mindestens 8 Perioden.

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