Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Verständnisprobleme Oszilloskop


von Helpme91 (Gast)


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Hallo Leute,

ich muss für eine Prüfung lernen und habe ein kleines verständnis 
Problem zum Thema Oszilloskop.

Genau genommen geht es um den Tastkopf.

Grundsätzlich ist ein Tastkopf nichts anderes als eine Messleitung. Der 
Tastkopf besitzt eine kleine Kroko-Klemme mit der man eine 
Masseverbindung mit dem zu messenden Objekt herstellt. Dann hat der 
Tastkopf die eigentliche Messspitze mit der man das zu messende Signal 
abgreift.
Weiteres besitzen die Tastköpfe einen Spannungsteiler der zwei 
Stellungen besitzt (1x & 10x). Bei der Schalterstellung „1x“ wird das 
Messsignal am Oszilloskop 1 zu 1 dargestellt. Beim 10x wird nur ein 
Zehntel des Messsignals am Oszilloskop dargestellt. Die 10x Stellung 
wird verwendet um ein Signal zu messen, was den maximalen 
Spannungsbereich des Oszilloskops überschreiten würde.

Bis hierher verstehe ich alles.

Nur was hat es mit der Eigenkapazität des Tastkopfes auf sich??
Warum beeinflusst diese Eigenkapazität des Tastkopfes das Oszi?

Angeblich soll die Eingangskapazität beim Tastkopf einstellbar sein, wo 
kann man das einstellen?   Der Tastkopf hat doch nur diesen 
Spannungsteiler denn ich gerade beschreiben habe oder?

Ich bitte euch um Hilfe!
Bitte nur eine einfache klare Antwort.

Danke euch vielmals!!

MfG

von Rufus Τ. F. (rufus) Benutzerseite


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Helpme91 schrieb:
> Angeblich soll die Eingangskapazität beim Tastkopf einstellbar sein, wo
> kann man das einstellen?

Hast Du so einen Tastkopf schon mal in der Hand gehalten und angesehen?

von ArnoR (Gast)


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Helpme91 schrieb:
> Nur was hat es mit der Eigenkapazität des Tastkopfes auf sich??
> Warum beeinflusst diese Eigenkapazität des Tastkopfes das Oszi?

Die Tastkopfkapazität ist nicht für den Oszi, sondern für die Messstelle 
interessant. In der Stellung 1:1 ist die aus der Kabelkapatität und der 
Eingangskapazität des Oszis resultierende Kapazität für viele Messungen 
zu groß. Die Teilung führt zu einer kleineren wirksamen 
Eingangskapazität.

> Angeblich soll die Eingangskapazität beim Tastkopf einstellbar sein, wo
> kann man das einstellen?

Am osziseitigen Ende, aber nur bei Tastköpfen mit Teilung. Die 
Einstellbarkeit dient dazu, das Einschwingverhalten durch Abgleich zu 
optimieren. Stichwort "frequenzkompensierter Spannungsteiler".

von Noch einer (Gast)


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Das Kabel hat auch eine Kapazität. Meist zu groß für die zu messende 
Schaltung.

Dein 1:10 Spannungsteiler im Tastkopf hat eigentlich 2 Spannungsteiler.
- Zum einen einen Ohmschen Widerstand, der zusammen mit dem Ohmschen 
Widerstand im Oszilloskop einen Spannungsteiler ergibt.
- Zum anderen einen kleinen Kondensator, der zusammen mit der Kapazität 
des Kabels einen Spannungsteiler für Wechselspannungen ergibt. Meist 
einstellbar, damit man ihn optimal an die Kapazität des Kabels anpassen 
kann.

1:1 hat der Tastkopf die Kapazität des Kabels.
1:10 nur die Kapazität des kleinen Kondensators.

von Tcf K. (tcfkao)


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Noch einer schrieb:
> 1:10 nur die Kapazität des kleinen Kondensators.

Noch weniger, bei einer Reihenschaltung von Kondensatoren ist die 
Gesamtkapazität immer kleiner als die kleinste Teilkapazität... ;)

von Murmelchen (Gast)


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Hallo,

wenn Du der englischen Sprache halbwegs mächtig bist, dann könnten die 
folgenden Dokumente für Dich möglicherweise ganz interessant und für 
dein Verständnis auch hilfreich sein.

ABCs of Probes von Tektronix

http://de.tek.com/dl/60W_6053_13_LR_Letter.pdf


und AN47 - High Speed Amplifier Techniques vom Jim Williams

http://www.linear.com/docs/4138


Mit besten Grüßen

Murmelchen

von asdfasd (Gast)


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Falls du der englischen Sprache mächtig bist, kann ich dir zwei Videos 
von Alan Wolke (W2AEW) empfehlen:

https://www.youtube.com/watch?v=SX4HGNWBe5M

https://www.youtube.com/watch?v=oxJQr4dKnys

von Helpme91 (Gast)


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Danke für die Hilfe!

Das heißt, das der Kondensator der im Tastkopf eingebaut ist bei der 
Stellung 10x zusammen mit der Kapazität des Kabel einfach eine 
veringerung der gesamten Kapazität bewirkt.

Ich vermute mal, das die ansonst zu hohe Kapazität mein Messergebniss 
verfälschen würde.

Hab ich das so Richtig verstanden.

MfG

von Tcf K. (tcfkao)


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Helpme91 schrieb:
> Das heißt, das der Kondensator der im Tastkopf eingebaut ist bei der
> Stellung 10x zusammen mit der Kapazität des Kabel einfach eine
> veringerung der gesamten Kapazität bewirkt.
>
> Ich vermute mal, das die ansonst zu hohe Kapazität mein Messergebniss
> verfälschen würde.

Ja, genau so ist es. Ohne den Teiler kämen >100pF durch das Kabel 
zustande, für manche Messung untragbar. Und natürlich vergrößert sich 
auch die Impedanz des Tastkopfes, statt 1M jetzt 10M.

von Helpme91 (Gast)


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Super Danke!

Eine frage noch:

Warum ist der Kondensator nur bei der Schalterstellung "10x" eingebaut 
und nicht auch bei "1x". Die Leitungskapazität ist doch bei der 
Schalterstellung "1x" auch noch vorhanden und verfälscht mir mein 
Messergebniss ebenfalls. Auch wenn die Spannung klein ist.

Oder nicht?

MfG

von Achim S. (Gast)


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Helpme91 schrieb:
> Warum ist der Kondensator nur bei der Schalterstellung "10x" eingebaut
> und nicht auch bei "1x".

Die Kabelkapazität ist in beiden Fällen vorhanden. Aber weil die 
Spannung am Kondensator 10 mal kleiner ist, belastet er die Quelle 10x 
weniger.

Helpme91 schrieb:
> und verfälscht mir mein
> Messergebniss ebenfalls. Auch wenn die Spannung klein ist.

Ja: der Fehler aufgrund der kapazitiven Belastung der Quelle ist 10x 
kleiner, aber er ist nicht völlig verschwunden. Allerdings kann dieser 
Faktor 10 den Unterschied machen zwischen "die Messung zeigt mir alles, 
was ich sehen will" und "die Messung zeigt mir völligen Unsinn".

von Helpme91 (Gast)


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Wie weiß ich, welche Schalterstellung ich wann verwenden muss?

von Walter T. (nicolas)


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Helpme91 schrieb:
> Wie weiß ich, welche Schalterstellung ich wann verwenden muss?

Je nach Meßaufgabe eine unterschiedliche. Sonst wäre der Schalter nicht 
da. Aber für die meisten "Wald- und Wiesenaufgaben" ist 10x die richtige 
Stellung.

Für die Meßaufgaben, wo "10x" nicht mehr die richtige Stellung ist, 
solltest Du Dich ohnehin etwas mit Deinem Meßinstrument beschäftigt 
haben. (Naja, das sollte man eigentlich, bevor man ein paar Hektoeuro in 
die Hand nimmt und ein Oszilloskop kauft ....)

von Achim S. (Gast)


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Helpme91 schrieb:
> Wie weiß ich, welche Schalterstellung ich wann verwenden muss?

Wenn die Frage in einer Prüfung gestellt wird, kann man sich sicher 
irgendwelche Kriterien aus den Fingern saugen.

Wenn es dir um reale Messungen geht: verwende immer 10x. Bei vielen 
umschaltbaren Tastköpfen hat der 1x Bereich eine miserable Performance 
(schlechter, als man von dem einfachen Bild eines kompensierten 
Spannungsteiler erwarten würde).

von nugglix (Gast)


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Moin!

Evtl. hilft das:
ISBN-13: 978-3645650175
ISBN-13: 978-3800735440

Aber gegeben die bisherigen Posts habe ich Zweifel...

Cheers

von Helpme91 (Gast)


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Achim S. schrieb:

> Wenn die Frage in einer Prüfung gestellt wird, kann man sich sicher
> irgendwelche Kriterien aus den Fingern saugen.

Hättest du ein einfaches Beispiel für mich?

MfG und DANKE!

von Rufus Τ. F. (rufus) Benutzerseite


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Mit :1 misst man bei sehr niedrigem Spannungspegel und bei eher 
niederfrequenten Signalen, bei denen die kapazitive Belastung sich nicht 
störend auswirkt.

Audiosignale sind ein Beispiel dafür.

von Dieter W. (dds5)


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Auch unter dem Gesichtspunkt der höheren Spannungsfestigkeit sollte man 
wenn immer möglich den Teiler 10:1 aktivieren.

von Tcf K. (tcfkao)


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Wenn immer möglich mit dem 10:1-Tastkopf bzw. in der 10:1-Stellung 
messen. Grund: geringere Kapazität verringert den Messfehler, und der 
Eingang des Oszilloskops ist etwas besser gegen mögliche Überspannungen 
geschützt, die durch Fehlbedienung das Oszilloskop beschädigen können 
(wurde bereits genannt).

Nur bei sehr kleinen Eingangssignalen und wenn die empfindlichste 
Einstellung des Y-Verstärkers nicht mehr ausreicht kann man auf 1:1 
schalten, sich dabei aber der höheren kapazitiven Belastung und 
niedrigeren Impedanz bewusst sein und welchen Messfehler diese 
verursachen kann.

von Achim S. (Gast)


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Helpme91 schrieb:
> Hättest du ein einfaches Beispiel für mich?

wurden ja in der Zwischenzeit schon von anderen gegeben :-)

Wenn dir der Vortragsstil nicht auf die Nerven geht und du in einer 
Lernpause mal 30min Zeit hast: hier eine ausführlich Darstellung:

https://www.youtube.com/watch?v=OiAmER1OJh4

(Wenn du die halbe Stunde nicht investieren willst: ab 22:30min gibt es 
ein "realistischeres" Schaltbild für umschaltbare Tastköpfe.)

von Jobst M. (jobstens-de)


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Helpme91 schrieb:
> Hättest du ein einfaches Beispiel für mich?

Klassiker: Quarz schwingt nicht mehr, wenn man mit dem 1x Tastkopf dran 
geht.


Gruß

Jobst

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