Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Aufgrund welche physikalischen Grundlagen hat meine Kabelsuche funktioniert?


von Phil (Gast)


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Hallo,

ich habe vor kurzem mithilfe von Frequenzgenerator und MW-Radio einen 
Draht im Garten meines Opas aufgespürt und würde gerne mehr über die 
physikalischen Hintergründe erfahren. (inspiriert wurde ich dazu durch 
diese Seite: http://sbwd.de/seiten/rahmen.php?nav=kabelsuch#eigenbau)

Der Draht (isolierter litzendraht, ca. 0,75mm²) beginnt im Keller und 
führte dort durch die Wand in den Garten. Da läuft er dann ca. 100m quer 
durch den Garten und ist unter der Gartenhütte an einem Balken 
festgebunden. Testgrabungen während der Ortung ergaben dass der Draht 
durchschnittlich 5cm unter der Oberfläche liegt. (Keines der beiden 
Enden war mit irgendetwas verbunden. Niemand kann sich erinnern warum da 
ein Draht liegt und wer den vergraben hat)

Orten konnte ich ihn indem ich im Frequenzgenerator einen 
Sinus-Signal-Sweep zwischen 700 und 1200kHz erzeugt und das auf den 
Draht gelegt habe. Spannung war 100mVpp. Die Masse vom 
Funktionsgenerator ließ ich in der Luft hängen.
Das MW-Radio hab ich an einem Stock montiert und damit bin ich 
Metallsuchgerätartig dem Draht gefolgt. Der Sweep deshalb damit ich über 
die Sweeptime die Tonhöhe einstellen konnte. Über dem Draht war die 
Lautsärke dann maximal, zur Seite hin is es leiser geworden.


Neben dem Rätsel warum da nun ein 100m langer Draht im Garten liegt frag 
ich mich auch warum die Ortung überhaupt funktioniert hat. Müsste das 
Ende des Kabels und die Masse vom Funktionsgenerator nicht irgendwie 
verbunden sein damit da Strom fließen kann?

von MaWin (Gast)


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Strom muss nicht fliessen können, drahtlos ist ja gerade ein Kennzeichen 
für Funk, aber kapazitives umladen erfolgt in der Antenne und der 
Umladestrom führt zur elektromagnetischen Welle. Ein Gegengewicht 
(grosse Masse, Platte oder gleich Erdverbindung)  am Masseanschluss des 
Funktionsgenerators hätte das Ergebnis aber verbessert.

von wendelsberg (Gast)


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MaWin schrieb:
> Ein Gegengewicht
> (grosse Masse, Platte oder gleich Erdverbindung)  am Masseanschluss des
> Funktionsgenerators hätte das Ergebnis aber verbessert.

Ja sicher, aber 0,7..1,2 MHz gehen wahrscheinlich den Weg ueber 
vorhandene Kapazitaeten im Frequenzgenerator zum Stromnetz. Das reichte 
offensichtlich.

wendelsberg

von Phil (Gast)


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Danke für die Antworten!

Das heißt also ich kann mir den Draht vorstellen wie einen Kondensator 
vorstellen. Wo der Draht eine Platte darstellt und die Erde die zweite. 
Und der Stromkreis wird geschlossen weil der Funktionsgenerator über den 
Neutralleiter mit der Erde verbunden ist. Durch die Umladungsströme in 
dem "Kondensator" wird ein elektrische Feld um den Leiter erzeugt 
welches ich dann mit dem Radio empfange.
Kann man das so sagen?

@wendelsberg: Das verwirrt mich dann aber. Wenn mir der ganze Strom über 
Kapazitäten im Funktionsgenerator fließt, dann habe ich auf meinem Draht 
ja nur Spannung aber keinen fließenden Strom und damit dann auch kein 
Feld um den Draht, oder?

von Phil (Gast)


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Ohh, das Bild wollte ich jetzt eigentlich weglassen.
So wie auf dem Bild stell ich mir das vor wie es wendelsberg 
beschreibt..

von Peter D. (peda)


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Vermutlich hatte ein Vorbesitzer ein Telefon angeschlossen, damit er 
nicht zum Haus laufen mußte, wenn das Bier alle war.
Wenn es nur eine Ader ist, geht als Gegenelektrode ein Erdpfahl.
Das hat sogar die deutsche Post bei Anschlüssen auf dem Lande so 
gemacht. Bei langer Trockenheit mußte dann der Bauer den Erdpfahl 
gießen, damit er wieder telefonieren konnte.

von Possetitjel (Gast)


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Phil schrieb:

> Das heißt also ich kann mir den Draht vorstellen wie einen
> Kondensator vorstellen. Wo der Draht eine Platte darstellt
> und die Erde die zweite.

Ja.

> Und der Stromkreis wird geschlossen weil der Funktionsgenerator
> über den Neutralleiter mit der Erde verbunden ist.

Ja, vermutlich.

> Durch die Umladungsströme in dem "Kondensator" wird ein
> elektrische Feld  um den Leiter erzeugt welches ich dann mit
> dem Radio empfange.

Jein.
Ströme erzeugen ein Magnetfeld - das findet hier natürlich
auch statt. Die Spannung, auf die der Kondensator in jedem
Moment aufgeladen ist, erzeugt ein elektrisches Feld.

> Wenn mir der ganze Strom über Kapazitäten im Funktionsgenerator
> fließt, dann habe ich auf meinem Draht ja nur Spannung aber
> keinen fließenden Strom

Nee, das ist anders gemeint:

1)
Wenn Dein Funktionsgenerator einen Schuko-Stecker hat, findet
die Erdung primär über den Schutzleiter (PE) statt. (Das
vermute ich.)

2)
Wenn Dein Funktionsgenerator über einen Euro-Stecker ans Netz
angeschlossen ist (was ich nicht glaube), erfolgt die Erdung
über allfällige Streukapazitäten, die z.B. im Netztrafo
auftreten.

Auch bei Erdung durch Schuko-Stecker spielen die Streu-
kapazitäten zur Erde eine Rolle; letztlich ist aber egal,
wodurch der Erdbezug hergestellt wird: Die Masse des
Funktionsgenerators ist mehr oder weniger gut mit der Erde
verbunden. Das ist der wesentliche Fakt.

> und damit dann auch kein Feld um den Draht, oder?

Eine Wechselspannung am Draht hat ZWINGEND elektrische und
magnetische Feldkomponenten um den Draht herum zur Folge.
Das lässt sich nicht trennen.

1MHz ist für solche Zwecke schon relativ viel; die Frequenz
lässt sich, wie Du gemerkt hast, wunderbar abstrahlen.

von Thomas S. (thommi)


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Peter D. schrieb:
> Vermutlich hatte ein Vorbesitzer ein Telefon angeschlossen, damit er
> nicht zum Haus laufen mußte, wenn das Bier alle war.
> Wenn es nur eine Ader ist, geht als Gegenelektrode ein Erdpfahl.
> Das hat sogar die deutsche Post bei Anschlüssen auf dem Lande so
> gemacht. Bei langer Trockenheit mußte dann der Bauer den Erdpfahl
> gießen, damit er wieder telefonieren konnte.

Das war bei den sehr frühen "singenden Drähten" (Telegrafenleitungen) 
auch schon so, dass ein (Bahn)bediensteter die Pfähle in trockenen 
Gebieten der USA giessen musste, dass die Bahnwärter Infos zuverlässig 
bekamen.

Serielle DFÜ damals wie heute, nur mit humanem Clocksignal damals :-)

von Phil (Gast)


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Okay, alles klar soweit.

Der Draht wirkt ja nun wie eine Antenne. Wodurch wird jetzt bestimmt wie 
gut diese Antenne abstrahlt? Normalerweise muss man sowas ja vernünftig 
abstimmen damit überhaupt was gesendet wird, oder?

von U. M. (oeletronika)


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Hallo,
> Phil schrieb:
> Der Draht wirkt ja nun wie eine Antenne. Wodurch wird jetzt bestimmt wie
> gut diese Antenne abstrahlt? Normalerweise muss man sowas ja vernünftig
> abstimmen damit überhaupt was gesendet wird, oder?
nein, abstrahlen wird die Antenne auch wenn sie nicht gut abgestimmt 
ist,
nur dann eben mit sehr schlechtem Wirkunggrad.

Mit einer optimalen Abstimmung würde die Signale auch nicht nur paar 
Meter sondern bis einige hundert bis tausende km detektierbar sein.
https://de.wikipedia.org/wiki/Langdrahtantenne
Bei ca. 200m Drahtlänge müßtest du nur für die Bedingung Lambda/2 auf 
gut 750Khz gehen und natürlich wäre es günstiger, das schon genannte 
Gegengewicht zu nutzen sowie den Draht besser in die Luft zu hängen, 
statt in der Erde zu verbudeln.
Mit der Frequenz warst du also schon rel. dicht am Optimum.
Gruß Öletronika

von Phil (Gast)


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Interessant!
Kann man sich den Wirkungsgrad überschlagsmäßig berechnen oder hängt das 
von zu vielen Faktoren ab?

Funktioniert die Methode dann auch wenn der Draht verwinkelt im Boden 
liegt? Eine Antenne kann man ja nicht einfach abknicken ohne die 
Abstrahlung erheblich zu verändern, oder?

von Stefan M. (derwisch)


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Auf jeden Fall ist das die schlaue Methode um einen verbuddelten Draht 
zu suchen.
Gut gemacht.

Übrigens reicht es sogar, den Empfänger auf einen einigermassen gut 
empfangbaren Rundfunksender abzustimmen ( am besten LW ).
Der Draht in der Erde wirkt als Hilfsantenne und über dem Draht hast du 
besseren Empfang.

Damit kann man auch unterirdische Metallstrukturen orten, bei denen man 
selbst kein Signal einspeisen kann.

Eine verbuddelte Drahtschleife mit >2m Durchmesser evtl. mit mehreren 
Windungen ist eine super ELF / VLF Antenne.

Tip.: www.vlf.it

Da gibt es echt "abgefahrene" Projekte. Eine sehr interessante Welt.

von eric (Gast)


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U. M. schrieb:
> Mit einer optimalen Abstimmung würde die Signale auch nicht nur paar
> Meter sondern bis einige hundert bis tausende km detektierbar sein.


Das ist 'leicht' übertrieben.
Dann bräuchte man bei LW/MW
keine aufwendigen Sendeantennen mehr.

von U. M. (oeletronika)


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Hallo,
> eric schrieb:
> Das ist 'leicht' übertrieben.
> Dann bräuchte man bei LW/MW
> keine aufwendigen Sendeantennen mehr.
ja was ist denn eine "aufwendige Antenne".

Ein Langdrahtantenne ist doch schon eine solche "aufwendige Antenne".
Gruß Öletronika

von eric (Gast)


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U. M. schrieb:
> ja was ist denn eine "aufwendige Antenne".

http://frocus.net/images/antennas/Maiac/zarya_2.jpg

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