Forum: Mechanik, Gehäuse, Werkzeug Kraftsensor mit geringem "creep" gesucht


von Tom H. (toemchen)


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Hallo zusammen,

ich will eine Klebevorrichtung, in welcher die Andrückkraft über Tage 
hinweg aufrechterhalten und gemessen wird, neu konstruieren.

Das lange Andrücken ist nötig, um die (optische) großflächige 
Kleberschicht möglichst dünn auszudrücken und erst dann mit UV zu 
härten. Während des Andrückens möchte man die Kraft, ja sogar die 
Balance (gleichmäßige Dicke der Klebeschicht in allen vier Ecken) im 
Auge behalten.

Bisher habe ich mehrere solcher Vorrichtungen mit dem Honeywell FSG15N1A 
(Datenblatt: http://www.farnell.com/datasheets/1685533.pdf) realisiert. 
Meßbereich 1,5kg.

Nun war ich schon drauf und dran, dieses Mal fertige, günstige 
Wägezellen mit geklebten DMS-Streifen zu verwenden. Zum Beispiel 
http://www.phidgets.com/products.php?category=34&product_id=3133_0 mit 
Meßbereich 5kg. Da sehe ich die Angabe "Creep: 5g/h". Das ist bei 
einigen Tagen dann doch eine erhebiche Verfälschung...

Im Datenblatt des FSG15N1A sehe ich eine solche Angabe nicht. Für mich 
einleuchtend, da der Scherbalken und die DMS direkt in Silizium 
realisiert sind, oder?

Es gibt allerding den Passus am Ende der zweiten Seite: "Application of
a rigid, immobile force will result in output drift (decrease) as 
elastomeric seals relax." Kann mir den jemand ausdeutschen? Ich verstehe 
es so, daß die Befestigung des eigentlichen Kraftaufnehmers im Gehäuse 
nachgibt, wenn man den gesamten Sensor einfach nur geometrisch 
festliegend einspannt. Die Messung einer von der nachgebenden Geometrie 
unabhängigen Kraft, z.B. ein draufliegendes Gewicht, ergibt aber einen 
gleichbleibenden Meßwert ohne Creep.

Seht Ihr das auch so?
Oder gibt es Vorschläge für andere Sensoren?
Habt Ihr Vermutungen, ob der Creep klassischer Wägezellen mit 
aufgeklebten DMS irgendwann zum Stillstand kommt?

fragt
der Tom.

von Ansgar Z. (osram)


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Hallo,
das Thema werde ich mal im Auge behalten. Leider bin ich in E-tech nicht 
so gut. Mechanik kann ich besser. Eine Feder kann als rein elastisch und 
oft lienear betrachtet werden.

Ein Federpaket im verbund mit einer Wegmessung währe "schlupffrei".

Gruß,
OsRam

von Karl (Gast)


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Ansgar Z. schrieb:
> Ein Federpaket im verbund mit einer Wegmessung währe "schlupffrei".

Das ist Stand der Technik 1965.

Bei guten Aufnehmern mit DMS werden Klebstoffe mit geringem 
Kriechverhalten verwendet. Vollkommen ausschließen lässt es sich jedoch 
nicht. Tendenziell nimmt das Kriechen mit der Zeit ab. Wenn es sehr 
genau sein soll, müsste man das Kriechverhalten entsprechend messen und 
kompensieren.

von Tom H. (toemchen)


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Ich möchte die Kraft gerne bei möglichst geringer Wegänderung messen, da 
ich die "schwimmende" Kleberschicht unter Kontrolle haben möchte. Eine 
ebenso "schwimmende" Andrückmechanik mit Federn wäre da nicht gut. 
Extrem harte Federn und einen extrem geringen Weg messen, das ist auch 
wieder sportlich.

Ich denke, DMS-Kraftmesser oder in Silizium realisierte sind schon das 
Mittel der Wahl.

Der FSG15N1A hat leider einen recht unspezifischen wackligen Stößel zur 
Krafteinleitung. Die draufsitzende Mechanik benötigt also noch eine 
Führung. Das ist gar nicht so einfach: Einerseits will ich möglichst 
spielfreie Unbeweglichkeit in den Querrichtungen zur Kraft, andererseits 
will ich die zu messende Kraft nicht durch eine Federkraft, Reibung oder 
Slipstick-Effekte verfälschen. Bisher habe ich sehr dünne 
Federstahlzungen in verschiedenen Richtungen verwendet. Aber die Gefahr 
eines "Knackfrosch"-Effekts war immer da.

Mit den typischen Wägezellen könnte ich Führung und Messung in einem 
erledigen, aber nur, wenn die Verspannungen bei der Montage nicht zu 
groß sind. Man überbestimmt das ganze ja mehrfach.

Ich glaube, ich muß es ausprobieren. Ich habe jetzt mal ein paar dieser 
günstigen Wägezellen und ein Auswertemodul bestellt.
EDIT: Und das Kriechverhalten kann ich mir dann auch gleich ansehen.

Ich habe ein Bild angehängt, damit man sich was vorstellen kann. Lila 
ist die Grundplatte, blau-durchsichtig die auf den Kraftsensoren 
liegende Platte. Das zu verklebende Teil (hell) wird da draufgeklemmt. 
Die FSG15N1A sind paarweise auf kleine Wippen montiert, weil ich damals 
nur diese Dinger kannte und die zu erwartenden Kräfte einen einzelnen je 
Meßpunkt überfordert hätten. Drei solcher Wippen sind im 120°-Winkel um 
den Mittelpunkt der Klebefläche herum angeordnet.

: Bearbeitet durch User
von Andreas S. (Firma: Schweigstill IT) (schweigstill) Benutzerseite


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Für derartige Anwendungen ist es eher ungünstig, die Kraft an den Ecken 
einzuleiten, da man dadurch für eine maximale Verbiegung des 
aufzuklebenden Teils sorgt. Dadurch, dass die Ecken und Kanten zuerst 
heruntergedrückt werden, verschließen sie auch den Abfluss für in der 
Mitte befindlichen Klebstoff, was die Verbiegung weiter fördert. Daher 
sollte der Anpressdruck in der Mitte sinnvollerweise sogar etwas größer 
sein als am Rand.

Ich würde daher, ggf. durch seitliche Führungen begrenzt, einen schweren 
Körper zum Anpressen verwenden, der ggf. auf der Unterseite noch eine 
mittelmäßig harte Auflage hat, z.B. aus Gummi. Solange sich die 
Schwerkraft nicht ändert, erreicht man damit eine extrem reproduzierbare 
und zeitlich stabile Anpresskraft. Ggf. kann man während des Pressens 
auch noch weitere Massen nachlegen.

Übliche DMS werden übrigens meist nicht als Silizium hergestellt, 
sondern aus Metallfolien, wobei versucht wird, die 
Temperaturausdehnungskoeffizienten zwischen DMS und Prüfling 
anzugleichen. Daher muss man bei der Auswahl eines geeigneten DMS darauf 
achten, das richtige Material auszuwählen.

Es gibt auch Halbleiter-DMS für die Aufnahme besonders kleiner 
Verformungen, aber WIMRE ist deren Temperaturkompensation nicht so gut 
wie bei Metallfolien.

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