Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Schutzklasse II und lose Kabel bzw. Bauteile


von Gerd E. (robberknight)


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Hallo,

ich plane gerade ein Gerät welches Schutzklasse II werden soll. Es kommt 
in ein Kunststoffgehäuse, es gehen aber auch berührbare Buchsen (u.a. 
USB-A) nach draußen. Die Stromversorgung von 230V AC auf 
Schutzkleinspannung wird von nem fertigen Schaltnetzteilmodul gemacht 
welches für SK II geeignet ist und auf die Platine im Innern kommt.

Von der Stromversorgungsbuchse am Gehäuse möchte ich mit 2 Kabeln auf 
die Platine gehen. Damit wenn eines der Kabel sich lösen sollte nichts 
passiert, dachte ich daran, die Kabel zusätzlich in ihrer Mitte so am 
Gehäuse festzukleben, dass keines der beiden Enden den Platinenbereich 
mit SELV erreichen kann. Es müsste sich also schon das Kabel aus der 
Buchse lockern und zusätzlich die Klebung versagen bevor was passieren 
kann -> Doppelfehler. Ist das ok so?

Auf der Platine selber kann ich überall Kriechstrecken >6mm zwischen 
Netzseite und Schutzkleinspannung sicherstellen.

Wie sieht das mit möglicherweise lose im Gehäuse herumfliegenden 
Metallteilen aus? Die verwendeten Schrauben schaffen max 10mm Strecke zu 
überwinden. Also gehe ich mit dem Abstand zwischen Netz und SELV auf 
min. 10mm.

Was ist aber z.B. mit der USB-Buchse? Wenn jemand von außen die mit 
solcher Gewalt ins Gehäuse donnert, daß die aus der Platine reißt, 
könnte die theoretisch hinterher im Gehäuse rumfliegen und eine 
Verbindung zwischen SELV und Netzseite herstellen.

Muss ich diesen Fall bedenken und müsste jetzt überall Abstand in der 
Größe der USB-Buchse vorsehen? Oder ist das zu exotisch?

Was ist wenn mit der USB-Buchse auch gleich ein Teil der Platine 
abreißt? Oder wenn jemand mit dem LKW drüberfährt? Irgendwo muss da ja 
ne Grenze gezogen werden was zu bedenken ist und was nicht mehr.

Danke.

von René F. (Gast)


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Naja du kannst ja die Netzseite vollständig isolieren, gibts spezielle 
Folien dafür, aber eigentlich reißt eine USB Buchse nicht so schnell ab, 
zumindest nicht die großen wie man sie auch an Druckern findet, meistens 
bricht nur das Kunststoff Stück in der Mitte drinnen ab, bei der Gewalt 
die man dafür benötigt das solch eine Buchse rausreißt und innen drinnen 
rumfliegt würde ich sagen ist das schon weit außerhalb normaler 
Spezifikationen.

Man kann ja auch keinen Steckdosenleistenhersteller dafür Belangen wenn 
man mit einem Messer in der Hand hinfällt und dabei die Leitung soweit 
auftrennt das sie frei liegt.


Alternativ könntest du auch dein Gerät mit einem externen Netzteil 
(z.B.) Universalnotebook Netzteil betreiben und deine benötigten 
Spannungen dann in deinem Gerät runterregeln lassen.

von Michael B. (laberkopp)


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Gerd E. schrieb:
> Muss ich diesen Fall bedenken

Ja.

Dein Netzkabel muss (mit Schrumpfschlauch an den Lötstellen, 
PLastikabdeckungen) so isoliert sein, daß
DURCH EINEN EINZELNEN FEHLER keine Netzspannung an den SELV Teil kommen 
kann.

Ein einzelner Fehler wäre die USB Buchse die aus der Haltung bricht und 
an ihren Kabeln hängt. Dabei darf man davon ausgehen, daß das Netzkabel 
noch an beiden Enden fest dran ist.

Ein einzelner Fehler wäre auch, wen das Netzkabel an einem Ende abgeht 
(aber die USB Buchse heile bleibt). Daher ist eine Fixierung sinnvoll, 
damit die 230V am Ende nicht quer durchs Gehäuse schlabbern. Kleber 
taugt aber als Fixierung nicht, nimm einen Kabelbinder. Auch ein 
Schlauch um beide Netzkabeladern verhindert, daß wenn eines ab geht, es 
durchs Gehäuse schlabbert, das andere hält es ja, und gehen beide ab, 
ist das ein doppelter Fehler den du nicht mehr berücksichtigen musst.

Von doppelt geführten Netzkabeln würde ich Abstand halten, ist eines ab, 
sollte man den Fehler merken, damit man das Gerät nicht weiter verwendet 
bis dann der zweite Fehler den Exitus auslöst.

von Gerd E. (robberknight)


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René F. schrieb:
> Naja du kannst ja die Netzseite vollständig isolieren, gibts spezielle
> Folien dafür,

Wie funktioniert das mit so einer Folie? Klebe ich da die eine Seite auf 
die Platine und die andere Seite ans Gehäuse und wickele damit die Kabel 
ein? Wie kann ich dadurch die Lötaugen mit Netzspannung auf der Platine 
sichern?

> aber eigentlich reißt eine USB Buchse nicht so schnell ab,
> zumindest nicht die großen wie man sie auch an Druckern findet, meistens
> bricht nur das Kunststoff Stück in der Mitte drinnen ab, bei der Gewalt
> die man dafür benötigt das solch eine Buchse rausreißt und innen drinnen
> rumfliegt würde ich sagen ist das schon weit außerhalb normaler
> Spezifikationen.

Genau das ist mein Punkt. Wo ist da die Grenze was ich bedenken muss?

> Alternativ könntest du auch dein Gerät mit einem externen Netzteil
> (z.B.) Universalnotebook Netzteil betreiben und deine benötigten
> Spannungen dann in deinem Gerät runterregeln lassen.

Klar. Das möchte ich hier aber nicht, das Gerät soll keine "Wandwarze" 
etc. benötigen, sondern direkt an Netzspannung angeschlossen werden.

von Gerd E. (robberknight)


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Michael B. schrieb:
> Ein einzelner Fehler wäre die USB Buchse die aus der Haltung bricht und
> an ihren Kabeln hängt.

Die USB-Buchse wird direkt auf die Platine gelötet, es ist eine 
USB-A-Buchse in THT. Die ist mit 2 Pfosten plus den 4 Datenleitungen in 
der Platine verlötet. Wenn einer der Pfosten bricht oder eine Lötstelle 
kalt war passiert nix. Man müsste schon mit richtig roher Gewalt auf das 
Teil einschlagen damit sich die löst.

> Kleber
> taugt aber als Fixierung nicht, nimm einen Kabelbinder.

Ich habe im Gehäuse keine Möglichkeit den Kabelbinder festzumachen. 
Höchstens mit einem Klebepad. Dann kann ich aber auch gleich das Kabel 
festkleben, ich dachte an dauerelastischen PU-Kleber (Sikaflex).

> Auch ein
> Schlauch um beide Netzkabeladern verhindert, daß wenn eines ab geht, es
> durchs Gehäuse schlabbert, das andere hält es ja, und gehen beide ab,
> ist das ein doppelter Fehler den du nicht mehr berücksichtigen musst.

Ah, ok. Das ist ja noch einfacher. Schrumpfschlauch drum und fertig.

: Bearbeitet durch User
von Michael B. (laberkopp)


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Gerd E. schrieb:
> Ich habe im Gehäuse keine Möglichkeit den Kabelbinder festzumachen

Ach, andere Leute haben keine Möglichkeit, eine Schutzisolierung 
einzuplanen.

Das gildet als Ausrede aber nicht.

Man muss sich halt was tauglicheres einfallen lassen.

Gerd E. schrieb:
> Ah, ok. Das ist ja noch einfacher

Siehste.

von Gerd E. (robberknight)


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Michael B. schrieb:
> Man muss sich halt was tauglicheres einfallen lassen.

Warum wäre denn Deiner Meinung nach der oben von mir genannte Klebstoff 
keine taugliche Lösung?

von Michael B. (laberkopp)


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Ein Kunststoffgehäuse sondert Weichmacher ab und Kleber löst sich von 
ihm erfahrungsgemäss nach eingen Jahren.

Es mag Kleber geben, die länger halten, PU ist nicht ganz schlecht, 
bekannt ist Butylkeber, aber Heisskleber oder Sekundenkleber sind schon 
mal fast so schlecht wie Spucke.

von René F. (Gast)


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Ich meine solch eine Folie:
http://www.schupp.ch/de/katalog_de_pdf/ISFO_02_Isolierfolien_flammhemmend.pdf

Diese lassen sich (vorallem als Stanzteil, oder Biegestelle leicht 
angeritzt) biegen und Falten und so könntest du dir im Prinzip eine 
isolierende Hülle für deinen Primärteil zurecht biegen. Wird auch bei 
einigen Schaltnetzteilbaugruppen so gemacht wenn diese von einem 
Metallgehäuse umschlossen sind.

von Gerd E. (robberknight)


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René F. schrieb:
> Ich meine solch eine Folie:
> http://www.schupp.ch/de/katalog_de_pdf/ISFO_02_Isolierfolien_flammhemmend.pdf

Ah, danke. Da müsste ich ne kleine Haube draus machen und mir dann 
überlegen, wie ich die im Gehäuse an der Stelle fixiere.

Die Variante Schrumpfschlauch um die Netzkabel und begründetes 
Ignorieren der rausgerissenen USB-Buchse wäre einfacher. Die würde ich 
daher wenn möglich bevorzugen.

von BuVe (Gast)


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Gerd E. schrieb:
> und begründetes
> Ignorieren der rausgerissenen USB-Buchse wäre einfacher.

Dann mach als Begründung einen Schlagtest mit 5J (z. B. EN 61010-1).

von Joachim B. (jar)


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Gerd E. schrieb:
> Die Stromversorgung von 230V AC auf
> Schutzkleinspannung wird von nem fertigen Schaltnetzteilmodul gemacht
> welches für SK II geeignet ist und auf die Platine im Innern kommt.

und warum machst du es nicht sicher mit DC Stecker und als Versorgung 
ein Steckernetzteil?

Du umgehst alle Probleme der 230V~ im Gerät, Leitungssicherung, 230V 
Kabelführung usw.

USB Trenner gibt es auch fertig die eben keine möglichen 230V~ oder so 
irgendwie rauslassen.

von Gerd E. (robberknight)


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BuVe schrieb:
> Dann mach als Begründung einen Schlagtest mit 5J (z. B. EN 61010-1).

Ja, das klingt gut. In die Richtung werd ich mich mal schlau machen.

Joachim B. schrieb:
> und warum machst du es nicht sicher mit DC Stecker und als Versorgung
> ein Steckernetzteil?

Kundenwünsche:
- kein externes Netzteil, soll alles in einem Gehäuse integriert sein
- echter, netztrennender Schalter am Gerät selbst
- ohne jegliche Leistungsaufnahme im abgeschalteten Zustand

Wenn ich ne saubere Erklärung für die Sache mit der USB-Buchse finde 
(s.o.), hält sich der Mehraufwand für SKII auch gut in Grenzen, so daß 
nichts dagegen spricht auf die Kundenwünsche einzugehen.

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