Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Warum Bipol statt FETs und parallele Dioden in PC-Netzteilen?


von Heiko (Gast)


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Hallo Leute,

ich habe da mal ein paar Fragen zu PC Netzteilen.

Ich hatte hier noch einige ältere ATX Netzteile, die, weil meine 
Gerümpelspeichekapazität an ihr maximum anschlägt und der WAF im 
tiefrotem Zustand verharrte, weg mussten.
Gesagt getan - aber vorher habe ich diese zerlegt um noch das eine oder 
andere Bauteil zu entfernen.
Zugegeben, es waren alles NoName ATX Netzteile unterschiedlichster 
Sorten und Leistungsklassen.

Was mir jedoch auffiel war, das ich nirgends MOSFETs gefunden habe. Ich 
dachte PFC und Flyback/PushPull Wandler werden heutzutage aus FETs 
gebaut - aber Pustekuchen, alles Bipolar Transistoren. Dafür aber auch 
durchaus 700V Typen.
Was ich auch mehr als ein mal gesehen habe: zwei parallele Schottky alà 
SB540 o.Ä. im DO-201 Bauform parallel (und dann wird diese Phase mit 
12-15A im Ausgang beschrieben). Was hat der Meister damals gesagt: "Das 
verbiete ich dir! Und wenn dann nur ast rein thermisch gekoppelt!" Aber 
das geht bei DO Bauformen (also die dicken runden Plastik Dioden) schon 
mal gar nicht. Ich habe aber auch doppelte Dioden gefunden (also zwei 
Dioden in einem TO220 mit gemeinsamer Kathode) die wesentlich besser 
thermisch gekoppelt sind. Aber da frage ich mich, wie man die hinter 
einen Flyback oder PushPull Wander tun kann, wenn die laut Datenblatt 
2x10A machen und das Netzteil an der Phase aber von 30A spricht... alles 
sehr kurios!

Ist das heute anders? Sind die "Dinger" jetzt besser aufgebaut wo es 
diese Effizienzvorschriften (Bronze, Silber, Gold,..) gibt? Kann ja 
sein, das die so waren weil es no name "Schrott" war.

PS
Die Reste von 10 alten ATX Netzteilen und noch anderen PC-Schrott habe 
ich WAF konform heute zum Wertstoffhof gebracht. Der wollte doch echt 
ordentlich Geld von mir haben, weil ich angeblich das "Geldbringende" 
ausgebaut hatte...
Und ich habe mir die Mühe gemacht und in drei Sorten von Müll zu trennen 
(Kabelreste, Blech und Platinenreste). Nächstes mal bringe ich nur die 
Platinenreste zu ihm und plädiere auf kostenfreien Elektroschrott - die 
Kabel und Blechgehäuse bringe ich für ein paar Cent zum Alteisen. 
Hinterher ist man immer schlauer ;-)

von mhh (Gast)


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Heiko schrieb:
> Was ich auch mehr als ein mal gesehen habe: zwei parallele Schottky alà
> SB540 o.Ä. im DO-201 Bauform parallel (und dann wird diese Phase mit
> 12-15A im Ausgang beschrieben). Was hat der Meister damals gesagt: "Das
> verbiete ich dir! Und wenn dann nur ast rein thermisch gekoppelt!" Aber
> das geht bei DO Bauformen (also die dicken runden Plastik Dioden) schon
> mal gar nicht. Ich habe aber auch doppelte Dioden gefunden (also zwei
> Dioden in einem TO220 mit gemeinsamer Kathode) die wesentlich besser
> thermisch gekoppelt sind. Aber da frage ich mich, wie man die hinter
> einen Flyback oder PushPull Wander tun kann, wenn die laut Datenblatt
> 2x10A machen und das Netzteil an der Phase aber von 30A spricht... alles
> sehr kurios!

Die Netzteile wurden gern mit dem Aufkleber von 250 W zum 400 W - Teil 
hochgejubelt. Da zu dieser Zeit die Prozessoren noch aus den 5 V 
versorgt wurden, fiel das nicht weiter auf.

Heiko schrieb:
> Ist das heute anders? Sind die "Dinger" jetzt besser aufgebaut wo es
> diese Effizienzvorschriften (Bronze, Silber, Gold,..) gibt?

Jain. Es gibt Ausreisser nach oben und unten.

Heiko schrieb:
> Kann ja
> sein, das die so waren weil es no name "Schrott" war.

Ed gibt genug "Marken", die bei NoName fertigen lassen. Da ist auch mal 
die Eigenvermarktung eines NoName besser als die Ferigung für eine 
"Marke".


Je nach Nutzung kann teuer erkaufte Effizienz einem mehr Geld kosten als 
solider preiswerter "Standard". Sollte man nicht aus dem Auge lassen.

von MaWin (Gast)


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Also Hochvolt-MOSFETs hatten damals (und heute i.A. auch noch) einen so 
hohen RDSon, dass bipolare bei dem Strom weniger Verlustleistung 
ergaben.
Die Diodenkonstruktion geht gar nicht, weder damals noch heute.

von Carsten S. (dg3ycs)


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Hi,

Heiko schrieb:
> Die Reste von 10 alten ATX Netzteilen und noch anderen PC-Schrott habe
> ich WAF konform heute zum Wertstoffhof gebracht. Der wollte doch echt
> ordentlich Geld von mir haben, weil ich angeblich das "Geldbringende"
> ausgebaut hatte...

War es eine öffentliche Annahmestelle und hast du dir eine Quittung 
geben lassen? Wenn ja -> Geld wiederholen!
Zumindest wenn du aus der BR schreibst. (Schweiz und Ösiregeln kenne ich 
nicht)

Anders als bei z.B. Altautos ist die Rücknahme von Elektroschrott 
überhaupt nicht an den "Komplettzustand" Gebunden!
Es kommt nur darauf an was das Gerät (dessen Teile) einmal gewesen sind!
Fällt das Ursprüngliche Gerät in eine der fünf Rücknahmepflichtigen 
Kategorien so MUSS das Zeug Kostenfrei Zurückgenommen werden.
KOSTENFREI ist dabei zwingende Vorschrift!

Im ElektroG §9 Abs 3 steht WÖRTLICH:
> Bei der Anlieferung darf kein Entgelt erhoben werden.

Bei Autos ist es anders. Da kann bei der Entsorgung tatsächlich Cash 
verlangt werden wenn wesentliche Teile (im allgemeinen die 
Geldbringenden wie Kat) fehlen. Das ist explizit in der 
Altautoverordnung so geregelt das Kostenfrei nur für (weitgehend) 
komplette KFZ gilt.

Im ElektroG ibt es aber keine solche Sonderregelung, damit gilt §9 Abs. 
3 uneingeschränkt und es MUSS Kostenfrei sein, auch bei "nur" 
Geräteteilen.

Zu deiner eigentlichen Frage:
Bei solchen Grossmengenprodukten kommt es bei den Bauteilen manchmal auf 
Centbruchteile an. ISt ein Bipolartransistor 0,3 ct. Billiger und 
erfüllt seinen Zweck auch, so wird dieser anstelle des besseren Mosfet 
genommen.
Ob der Kunde dann während der Lebenszeit des Netzteil diese "gesparten" 
0,3 ct. mit einem Vielfachen durch unnötig in Wärme umgesetzten Strom 
abbezahlen muss, das interessiert oft nicht...

Gruß
Carsten
Gruß
Carsten

von Marian (phiarc) Benutzerseite


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Die meisten alten No-Name-Netzteile sind im Grunde das gleiche Netzteil 
mir minimalen Variationen nachgebaut. Ein Fifth-Source TL494 steuert 
über einen Impulstrafo ne Halbbrücke an, es wird die 5 V Schiene 
geregelt, es gibt irgendwo einen Sixth-Source LM339, der OVP auf allen 
Schienen macht, es gibt an der 12 V Schiene nen Saturable Reactor bzw. 
Magnetic Amplifier zur Regelung, 3.3 V sind "nicht so wirklich" 
geregelt, und irgendwo fliegt noch ein Sperrwandler für "irgendwas um 
10" V rum, der den 494 versorgt, per Opto und TL431 geregelt, mit 
ungefähr 5 % Effizienz. Ein 7805 macht daraus dann die +5 V für Standby. 
An wahlweise eines oder keines der Kühlbleche ist dann noch ein NTC 
geklebt, der den Lüfter mehr-oder-weniger regelt. PFC, falls überhaupt 
vorhanden, ist rein passiv.

: Bearbeitet durch User
von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Ausserdem wird bei bipolaren Endstufen eine viel geringere Ube benötigt 
als bei MOSFets die entsprechende Ugs.
Damit wird der kleine Übertrager für die PWM Signale billiger - und ich 
habe noch kein AT(X) Netzteil gesehen, bei dem die Ansteuerung der 
Primärtransistoren nicht per Trafo gelöst ist.

von Marian (phiarc) Benutzerseite


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Ein paar aktuelle High-End-Modelle arbeiten wohl mit einem 
primärseitigen Current-Mode-Regler. Das sind natürlich alles Netzteile 
mit Preisen um 100-200 €.

von michael_ (Gast)


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Heiko schrieb:
> Was mir jedoch auffiel war, das ich nirgends MOSFETs gefunden habe.

Doch, ich habe solche gefunden. Mit einem Mosfet.
Aber die gehen auch kaputt.
Die Stärke von Mosfet ist sein geringer Widerstand.
Aber bei 300V sind 1-2V absolut unwichtig.

von Heiko (Gast)


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MaWin schrieb:
> Also Hochvolt-MOSFETs hatten damals (und heute i.A. auch noch) einen so
> hohen RDSon, dass bipolare bei dem Strom weniger Verlustleistung
> ergaben.

Jetzt wo du es sagst...
Hab gerade mal bei Digikey eine nicht repräsentative Suche gestartete... 
alles was ich als in diesem Zusammenhang als Brauchbar fand waren 
exorbitant teure und vor allem recht neue (im Sinne von am Markt 
verfügbare) SiC-FETs. Okay damit wäre das geklärt! Vielen Dank für den 
Hinweis. (Offtoic: Das ist wohl auch der Grund, warum bei Elektroautos 
IGBTs eingesetzt werden.)

MaWin schrieb:
> Die Diodenkonstruktion geht gar nicht, weder damals noch heute.

Dem war mir auch so!
Hab gerade in einem alten Buch eine Ausnahme gefunden, bei der ich 
trotzdem Bauchschmerzen bekomme:
Dort sagte man, das man vor jeder Diode einen Vorwiderstand legen soll 
der ca. 0,5 - 1V Drop verursacht. -> Frickel per excellence meiner 
Meinung nach.

Vielen Dank für eure Informationen!

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Heiko schrieb:
> (Offtoic: Das ist wohl auch der Grund, warum bei Elektroautos
> IGBTs eingesetzt werden.)

Welche Elektroautos? So gut wie alle Caddies, El-Jet, City EL und andere 
DC Niedervoltfahrzeuge benutzen Curtis Controller und diese arbeiten mit 
MOSFet. Das gilt auch für E-Bikes und Roller.

Im Niedervoltbereich ist der MOSFet deutlich überlegen durch sein 
niedriges RDSon. Im Hochvoltbereich liegt dann der IGBT besser - wenn 
die Sättigungsspannung nicht mehr so eine Rolle spielt.

von Heiko (Gast)


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Ich meinte die oberhalb von 400Vdc ;-)

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