Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Phasenrauschen, wo ist das Problem


von Michi O. (Gast)


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Hallo Leute,

entschuldigt, ich hab es einfach nicht verstanden.

Ich beschäftige mich in letzter Zeit aus Interesse ein bisschen mit GPS 
disziplinierten Frequenznormalen.

Unter anderem die UBLOX Module haben einen Timepulseausgang, den man auf 
bis zu 10MHZ einstellen kann:

https://www2.u-blox.com/images/downloads/Product_Docs/Timing_AppNote_%28GPS.G6-X-11007%29.pdf

Ich dachte mir, ich könnte ja einfach diesen Ausgang statt eines Quarz 
für meinen Mikrocontroller verwenden und hätte dann eine super stabile 
Zeitbasis. Außerdem wäre dann noch der eingehende PPS Puls synchron zu 
meinem CPU Takt und ich könnte ihn sehr genau ausmessen.

Allerdings ist wie in diesem Artikel beschrieben das Phasenrauschen des 
Ausgangs nicht besonders gut und es wird empfohlen eine PLL 
nachzuschalten. Ist das Phasenrauschen denn schlimm für diesen 
Anwendungszweck bzw. bei welchem Anwendungszweck macht das überhaupt 
etwas aus?  So wie ich das verstehe unterscheiden sich die "Taktlängen" 
dann einfach Picosekundenteile.

Mit einer PLL diszipliniere ich dann anscheinend einen deutlich 
phasenrauschärmeren Oszillator auf die Langzeitstabilität des GPS 
ausgangs?

Das bringt mich zur zweiten Frage. Wie funktioniert denn dann die 
Takterzeugung für schnellere Prozessoren wie z.b. den Raspberry PI, die 
ja ein vielfaches der MHZ zahlen des Quarzes als Takt haben und das auch 
noch einstellbar. Wo steckt da der super rauscharme Oszillator?

Das sheet von Ulrich Bangert habe ich schon einmal durchgelesen, bin 
aber leider auch nicht so wirklich schlau draus geworden.

Danke für Erleuchtung.

von Jonathan S. (joni-st) Benutzerseite


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Michi O. schrieb:
> Ich dachte mir, ich könnte ja einfach diesen Ausgang statt eines Quarz
> für meinen Mikrocontroller verwenden und hätte dann eine super stabile
> Zeitbasis.

Machbar.

Michi O. schrieb:
> Allerdings ist wie in diesem Artikel beschrieben das Phasenrauschen des
> Ausgangs nicht besonders gut und es wird empfohlen eine PLL
> nachzuschalten. Ist das Phasenrauschen denn schlimm für diesen
> Anwendungszweck bzw. bei welchem Anwendungszweck macht das überhaupt
> etwas aus?  So wie ich das verstehe unterscheiden sich die "Taktlängen"
> dann einfach Picosekundenteile.

Für manche schnellen Digitalschaltungen (z.B. FPGAs) macht das was aus, 
oder auch bei sehr genauen (wissenschaftlichen) Messungen. Für einen 
normalen Mikrocontroller wie einen AVR ist das Phasenrauschen ziemlich 
egal.

Michi O. schrieb:
> Wie funktioniert denn dann die
> Takterzeugung für schnellere Prozessoren wie z.b. den Raspberry PI, die
> ja ein vielfaches der MHZ zahlen des Quarzes als Takt haben und das auch
> noch einstellbar. Wo steckt da der super rauscharme Oszillator?

In der PLL, die wiederum in der CPU steckt. Die macht auch die 
Multiplikation des Taktes.


Jonathan

: Bearbeitet durch User
von Axel S. (a-za-z0-9)


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Für die Verwendung als Systemtakt eines µC ist das Phasenrauschen des 
Oszillators praktisch irrelevant. Ganz im Gegenteil, manchmal (z.B. im 
PC) moduliert man die Taktfrequenzen einiger Systeme absichtlich (clock 
dithering) um so das Störspektrum zu entschärfen - aus schmalen Linien 
bei einzelnen Frequenzen werden verwaschene Bänder.

von 🍅🍅 🍅. (tomate)


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Ist die schöne 20log(N) Formel für das Phasenrauschen. Für eine 10 MHz 
Pll mit 1Hz GPS-Zeitbasis ist N=10*10^6, somit haste 140dB mehr 
Phasenrauschen.

Für einen 32kHz Uhrenquarz und 10MHz wäre N=312.5 Somit gibt das nur 
50dB mehr Phasenrauschen.

: Bearbeitet durch User
von Peter R. (pnu)


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Das Phasenrauschen des GPS-Zeitsignals hat Bedeutung, wenn  man es 
direkt verwenden will, für sehr stark auflösende Zeitmessungen. Wenn man 
halt Ereignisse auf nsec genau messen oder registrieren will, muss man 
ziemlich strampeln, um das GPS-Signal in dieser Hinsicht zu verbessern.

In Frequenzaufbereitungen wäre das Phasenrauschen des normalen GPS sehr 
störend, weil es einen sehr starken Beitrag zum Rauschen in der Nähe des 
Trägers oder Signals darstellt. Da würde die Trennschärfe der Filter 
unwirksam, weil z.B. ein stark verrauschtes Signal oder Oszillatorsignal 
die Nachbarsignale mit seinem Rauschen zustopft.

Ein Quarzoszillator mit möglichst hoher Frequenz, rauscharm ausgeführt, 
ist wesentlich besser in dieser Hinsicht als ein normaler GPS-Takt.

Die gängige Lösung ist die: Erzeugung des HF-Signals per 
Quarzoszillator.
Aber mit einer Frequenzkorrektur, die die temperaturbedingten Änderungen 
des hochfrequenten Oszillators ausgleicht, sodass die mittlere 
Frequenzgenauigkeit vom GPS bestimmt wird, aber nur die 
Phasenabweichungen des Quarzoszillators zugelassen werden.
  Der Regelkreis,der den Quarzoszillator korrigiert, ist so aufgebaut, 
dass er von dem Differenzsignal Sollwert-Phase <-> >Istwert-Phase nur 
die tieffrequenten Anteile verarbeitet.

Bei Frequenzmessungen per Zähler ist dieses Phasenrauschen nicht so 
störend. Schließlich misst man da über viele Schwingungen hinweg, bildet 
also einen Mittelwert, bei dem das Phasenrauschen weitgehend unwirksam 
ist. (Wenn die Messzeit eines Zählers 1 sec ist, machen die 40 nsec des 
GPS-Jitter nichts aus).

von Michi O. (Gast)


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Hallo,

jetzt muss ich nochmals auf das Thema zurückkommen. Laut dem Datasheet 
hat der Ausgang einen RMS jitter von über 3000ps:

Punkt: 2.3.2 Phase noise

https://www2.u-blox.com/images/downloads/Product_Docs/Timing_AppNote_%28GPS.G6-X-11007%29.pdf

Das heißt am ende weichen meine Takte dann 5 - 10 Nanosekunden vom 
"idealen Takt" ab. Das finde ich dann doch relativ viel.

Haben GPS Empfänger nicht alleine schon für den Empfang ziemlich genaue 
Oszillatoren? Mein Lea-6t hat einen TCXO.


Grüße

von Marian (phiarc) Benutzerseite


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Michi O. schrieb:
> Haben GPS Empfänger nicht alleine schon für den Empfang ziemlich genaue
> Oszillatoren? Mein Lea-6t hat einen TCXO.

Der Timing-Ausgang kommt aus einem NCO, quasi eine 1-Bit-DDS.

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