Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Warum 24bit ADC-Auflösung wenn INL nur 3.5ppm?


von Peter M. (r2d3)


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In meinem Postfach fand' ich die folgende Werbung von Linear:

> The LTC2380-24 is a breakthrough no-latency 24-bit 2Msps SAR ADC. An
> integrated digital filter reduces noise to achieve true 24-bit dynamic
> range. Operating from a 2.5V supply, the LTC2380-24 has a ±VREF fully
> differential input range with VREF ranging from 2.5V to 5.1V. The
> LTC2380- 24 consumes only 28mW and achieves ±3.5ppm INL maximum and no
> missing codes at 24 bits.The LTC2380-24 features a unique digital
> interface, enabling results to be read with a slow serial clock, easing
> interfacing to microprocessors. The LTC2380-24 targets industrial and
> instrumentation applications requiring high dynamic range.

Wenn ich grob schätze, dann würden 4ppm=2^2ppm Nichtlinearität eine 
Genauigkeit von etwa 1/2^(20-2)=1/2^18 produzieren.

Die unteren 6Bit wären dann nur noch Folklore.

Oder ist die Nichtlinearität im Zeitablauf und in der Temperatur 
konstant und braucht nur noch vermessen zu werden, so daß die 
Genauigkeit des ADC sich weiter an die 24Bit Auflösung annähert?

: Bearbeitet durch User
von Max D. (max_d)


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Troll oder nicht in der Lage "Genauigkeit vs Auflösung" zu verstehen ?

von Peter M. (r2d3)


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Hallo Max D.,

sind sie einfach nur Forenpöbler oder endet Ihre Aufmerksamkeitsspanne 
einfach nur vor meinem letzten Satz?

von Wolfgang H. (Firma: AknF) (wolfgang_horn)


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Hi, Peter,

> In meinem Postfach fand' ich folgende Werbung ...
Wer meint, eine Vierblatt-Rasierklinge sei deutlich besser als eine 
Doppelblatt-Klinge, der findet auch einen 26-Bit-ADC für deutlich besser 
als einen 24-Bit-ADC.

Den Zwischenruf ""Genauigkeit vs Auflösung" weise ich mit dem 
Gummimetermass zurück: Wenn das Metermaß so gummihaft ist, dass schon 
die Zentimeter-Angabe unsicher ist, dann hilft die Auflösung in 
Millimeter auch nicht mehr viel.

(Etwas anders sieht das aus, wenn die Wiederholgenauigkeit des 
Metermasses so hoch ist, daß die Abweichung nach Kalibrierung 
herausgerechnet werden kann.)

Ciao
Wolfgang Horn

von Max D. (max_d)


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Einfaches Gedankenexperiment:

Dir hält jemand einen ~1,5m langen Stab vor die Nase und fragt dich wie 
lang der ist.
Gute Leute raten da im Zentimeterbereich -> Genauigkeit.

Dann kommt ein zweiter ähnlicher Stab dazu, selbst ein halb-Blinder 
sieht dann ob der jetzt ein paar cm länger oder kürzer als der erste ist 
-> Auflösung.

Fällt hier ein Unterschied auf ?

Dazu noch ein Verweis auf die Werbung von LT:

> and no missing codes

Der ADC lässt also keinen Wert aus beim "hochfahren" des 
Eingangssignals...

von Peter M. (r2d3)


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Hi Wolfgang,

genau das meinte ich.

Ähnliches hatte ich bei den Spezifikationen vom HP 34401A beobachtet, 
nominal 6,5 Stellen Auflösung, über die Schnittstelle wohl 7,5 Stellen, 
aber vom Hersteller im 10V DC-Messbereich bei 10V auf 1-Jahressicht auf 
35ppm + 5ppm spezifiziert.

Mittlerweile weiß ich, dass die Dinger ziemlich stabil sind und 35ppm 
eine konservative Aussage darstellen.

Ich bin halt immer skeptisch, wenn die Auflösung viel größer ist als die 
Genauigkeit.

: Bearbeitet durch User
von Lurchi (Gast)


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Die +-3,5 ppm sind die Obergrenze für die Nichlinearität. Das ist für 
einen 24 Bit ADC sogar schon sehr gut. Die unteren Bits sind dadurch 
nicht wertlos - man kann nur keine vollständig lineare Kurve über den 
ganze Bereich garantieren.

Die Lichtlinearität (INL) ist oft auch wirklich zeitlich stabil und ggf. 
sogar bei verschiedenen Exemplaren ähnlich. Somit ist eine Korrecktur 
möglich.
Problematisch wird es erst wenn die DNL größer als 1 LSB wird und 
vermehrt missing codes auftreten.

Es hängt aber von der Anwendung ab, welcher der Parameter wichtig ist. 
Für so etwas wie ein DMM wäre die INL wichtig, für eine Regelungaufgabe 
eher DNL und für Audio eher ENOB bzw. das Rauchen und INL nur am Rande.

von Danier (Gast)


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Wobei die INL hier einen unschönen Verlauf hat im Gegensatz zum LTC2400. 
Dort ist es ein parabolischer Verlauf, der sich über wenige Stützstellen 
gut linearisieren lässt. Hier wären deutlich mehr Stützstellen 
erforderlich, um den Verlauf zu linearisieren.

von Arc N. (arc)


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Peter M. schrieb:
> Hi Wolfgang,
>
> genau das meinte ich.
>
> Ähnliches hatte ich bei den Spezifikationen vom HP 34401A beobachtet,
> nominal 6,5 Stellen Auflösung, über die Schnittstelle wohl 7,5 Stellen,
> aber vom Hersteller im 10V DC-Messbereich bei 10V auf 1-Jahressicht auf
> 35ppm + 5ppm spezifiziert.
>
> Mittlerweile weiß ich, dass die Dinger ziemlich stabil sind und 35ppm
> eine konservative Aussage darstellen.
>
> Ich bin halt immer skeptisch, wenn die Auflösung viel größer ist als die
> Genauigkeit.

Jetzt wird ein wenig zusammengewürfelt was so nicht zusammengehört...

34401A
Nicht-Linearität: 2 ppm des Wert + 1 ppm des Bereichs
Bei 10 mV im 100 mV Bereich dann 20 nV + 100 nV = 120 nV

Auflösung: 100 nV (~6.5 Stellen) bzw. 10 nV (~7.5 Stellen)

Genauigkeit 24h: 30 ppm vom Wert + 30 ppm des Bereichs
Bei 10 mV im 100 mV dann 300 nV + 3 uV = 3.3 uV
Die Genauigkeit ist relativ zum Kalibrierstandard angegeben

Beim LT2380-24 wird, wie bei anderen Herstellern auch, ist die INL "... 
defined as the deviation of a code from a straight line passing through 
the actual endpoints of the transfer curve." d.h. die Offset und 
Full-Scale-Fehler sind dort rausgerechnet.

von Purzel H. (hacky)


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>Ich bin halt immer skeptisch, wenn die Auflösung viel größer ist als die
Genauigkeit.

Das gibt sich. Eine Frage der Anforderungen. Ein Regler zB muss etwas 
mehr Aufloesung haben wie die Sollaufloesung hergibt. denn sonst flippt 
nur noch das letzte Bit.

von Marian (phiarc) Benutzerseite


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Siebzehn F. schrieb:
>>Ich bin halt immer skeptisch, wenn die Auflösung viel größer ist als die
> Genauigkeit.
>
> Das gibt sich. Eine Frage der Anforderungen. Ein Regler zB muss etwas
> mehr Aufloesung haben wie die Sollaufloesung hergibt. denn sonst flippt
> nur noch das letzte Bit.

Dithering geht natürlich noch...

von Lurchi (Gast)


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Die INL ist bei dem ADC auch das kleinere Problem. Da sind typisch 0.5 
ppm INl schon wirklich gut, bzw. so ziemlich das beste was man für einen 
ADC als IC bekommt.

Fragwürdig wird die Angabe der Auflösung etwas wegen des Rauschens: 
Wegen der hohen Geschwindigkeit und damit Bandbreite hat man da einfach 
viel Rauschen in Vergleich zum LSB Schritt. Ohne die Interne Mittelung 
schon mal +-100 LSB, so dass die unteren etwa 6 Bit tatsächlich eine 
große zufällige Komponente haben. Ob der eigentliche ADC jetzt 24 oder 
nur 20 Bit hat würde vermutlich kaum einen Unteschied machen. Erst mit 
internem mitteln / oversampling macht die höhere Auflöung dann auch 
Sinn.

von Arc N. (arc)


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Zum Messen der INL noch einige Paper aus einem anderen Thread 1)

High-Performance ADC Linearity Test Using Low-Precision Signals in 
Non-Stationary Environments
http://www.researchgate.net/profile/Degang_Chen/publication/4217671_High-performance_ADC_linearity_test_using_low-precision_signals_in_non-stationary_environments/links/0c96052a2015960eb3000000.pdf
oder
Low-resolution DAC-driven linearity testing of higher resolution ADCs 
using polynomial fitting measurements
http://dl.acm.org/citation.cfm?id=2490376
oder
Testing of High Resolution ADCs using Lower Resolution DACs via 
Iterative Transfer Function Estimation
http://ieeexplore.ieee.org/xpl/articleDetails.jsp?arnumber=5170452

1) Beitrag "24 Bit DAC gesucht"

von Marian (phiarc) Benutzerseite


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Lurchi schrieb:
> Fragwürdig wird die Angabe der Auflösung etwas wegen des Rauschens:
> Wegen der hohen Geschwindigkeit und damit Bandbreite hat man da einfach
> viel Rauschen in Vergleich zum LSB Schritt. Ohne die Interne Mittelung
> schon mal +-100 LSB, so dass die unteren etwa 6 Bit tatsächlich eine
> große zufällige Komponente haben. Ob der eigentliche ADC jetzt 24 oder
> nur 20 Bit hat würde vermutlich kaum einen Unteschied machen. Erst mit
> internem mitteln / oversampling macht die höhere Auflöung dann auch
> Sinn.

Rauschen ist aber größtenteils zufällig (die +-100 LSB sind ja 
wahrscheinlich RMS oder Spitze-Spitze evtl. mit Sigma-Angabe) und muss 
je nach Anwendung gar nicht so schlimm sein, man denke z.B. an 
FFT-Analyzer oder digitale Lock-in-Verstärker.

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