Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Nicht invertierender Schmitt-Trigger


von Anfänger (Gast)


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Hallo liebe Gemeinde,

ich habe ein Problem, welches mich verzweifeln lässt.

Ich kriege es einfach nicht hin, R1 und R2 so zu dimensionieren, dass 
der Schmitt-Trigger sich so verhält, wie ich es mir vorstelle. Im 
angehängten Bild wäre erstmal die Schaltung, wie ich sie für meinen 
Zweck nutzen würde. Ist hier vielleicht schon der Wurm drinnen?

Der OPV(LM324N) wird mit einer Single supply betrieben (5V), aber die 
Schaltung sollte doch trotzdem möglich sein?

Ich habe mich schon durch diverse Seiten gelesen und versucht die 
Dimensionierung zu berechnen, allerdings kommen immer wieder 
irgendwelche "knock-out Kriterien". Zum Beispiel soll ich laut einigen 
Formeln mit Uoutput Low multiplizieren, in meinem Falle =0 und schon 
wird einer der Widerstände 0.... etc.

Die größte Hoffnung habe ich in folgende Formeln gesteckt:
Uein (bei mir 0,75V) = Vref * ((R1+R2)/R2) - Uoutput_low*(R1/R2)
Uaus (bei mir 0,5V) =  Vref * ((R1+R2)/R2) - Uoutput_high*(R1/R2)
R1 habe ich dann vorgegeben und wollte R2 berechnen - Das Ergebnis hat 
aber nicht zu einem funktionierenden Schmitt-Trigger geführt.

Könnt Ihr mir erklären, wie ich meinen Schmitt-Trigger Dimensionieren 
kann? Also vor allem die nötigen Berechnungen?

Vielen Dank schonmal und Liebe Grüße

Anfänger

von Anfänger (Gast)


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Ps.: Bitte entschuldigt das viel zu große Bild!
Ich hatte die Skalierung bei mir am PC missachtet, hier wurde es 
deutlich kleiner dargestellt.

von Falk B. (falk)


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@ Anfänger (Gast)

>Ich kriege es einfach nicht hin, R1 und R2 so zu dimensionieren, dass
>der Schmitt-Trigger sich so verhält, wie ich es mir vorstelle.

Hmm.

> Im
>angehängten Bild wäre erstmal die Schaltung, wie ich sie für meinen
>Zweck nutzen würde.

Kann man machen.

>Ist hier vielleicht schon der Wurm drinnen?

Die Widerstandswerte werden nicht passen.

>Der OPV(LM324N) wird mit einer Single supply betrieben (5V), aber die
>Schaltung sollte doch trotzdem möglich sein?

Ja.

>Könnt Ihr mir erklären, wie ich meinen Schmitt-Trigger Dimensionieren
>kann? Also vor allem die nötigen Berechnungen?

Du hast 2 Probleme.

1.) Die Referenzspannung ist klein gegenüber der Ausgangsspannung
2.) Die Schaltschwellen liegen sehr asymetrisch zur Ausgangsspannung.

Das macht die Sache kniffelig und man muss ein wenig tricksen.

Dazu legt man die Referenzspannung am Komparator erstmal auf VCC/2. Dann 
definiert man die Hysterese mit 250mV bzw. +/-125mV wie von dir 
gewünscht.
Die Mitte der beiden EIingangspegel liegt bei (0,75+0,5)/2 = 0,625V. 
Wenn diese Spannung am Eingang der Schaltung anliegt, muss auch der + 
Eingang am OPV auf VCC/2 liegen, hier 2,5V. -> Spannungsteiler. 
(Komparator ohne Hysterese)

R1/R2 = (2,5V-0,625V) / 2,5V
-> R2 = 2,5V / (2,5-0,625V) * R1 = 13,3k

Jetzt kommt R3 ins Spiel. Der muss den Spannungsteiler R1+R2 dermassen 
"verbiegen", dass 125mV Offset entstehen (Komparator mit Hysterese). 
Sprich, es muss soviel Strom zusätzlich durch R2 fließen, dass 125mV 
mehr Spannung abfallen.

I = U / R = 125mV / 13,3k = 9,4uA

Die fließen nahezu vollständig durch R3, wobei dort 
2,5-0,625-0,125V=1,75 abfallen.

R = U / I = 1,75V / 9,4uA ~ 187kOhm (Normwert)

Wenn der Ausgang auf HIGH schaltet, fließen die 9,4uA duch R1 und damit 
muss die Eingangsspannung um 125mV kleiner werden als 0,625V, damit der 
Komparator schaltet. Diese Betrachtung ist an einigen Stellen 
vereinfacht, aber das ist für die Praxis ausreichend.

Siehe Anhang. PSpice sagt mir, dass es exakt wie berechnet funktioniert. 
ERSCHRECKEND! ;-)

: Bearbeitet durch User
von Axel S. (a-za-z0-9)


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Falk B. schrieb:
>>Könnt Ihr mir erklären, wie ich meinen Schmitt-Trigger Dimensionieren
>>kann? Also vor allem die nötigen Berechnungen?
>
> Du hast 2 Probleme.
>
> 1.) Die Referenzspannung ist klein gegenüber der Ausgangsspannung
> 2.) Die Schaltschwellen liegen sehr asymetrisch zur Ausgangsspannung.
>
> Das macht die Sache kniffelig und man muss ein wenig tricksen.

Keineswegs.

Die Aufgabe läßt sich direkt und lehrbuchmäßig mit der vom TE bereits 
gefundenen Standardschaltung lösen.

Dazu braucht man zwei Gleichungen, die den Zusammenhang der Spannungen 
bei den Umschaltpunkten beschreiben:

1. der Ausgang schaltet von L auf H wenn die Spannung am OPV (+) Eingang 
den Wert U_ref von unten erreicht. Mit der vereinfachenden Annahme, daß 
der OPV Rail-2-Rail Ausgänge hat (also U_O_L=0V), ergibt sich:
2. der Ausgang schaltet von H auf L wenn die Spannung am OPV (+) Eingang 
den Wert U_ref von oben erreicht. Mit der gleichen Annahme wie oben (und 
mithin U_O_H=5V) ergibt sich:
Wenn man die beiden rechten Seiten gleichsetzt und jede Seite mit 
(R1+R2) multipliziert, bekommt man:
noch ein bißchen umsortieren und man ist bei:
und damit kann man jetzt auch die Referenzspannung ausrechnen:
Die Widerstände kann man im Prinzip beliebig wählen (so lange man das 
Werteverhältnis von 20:1 beibehält). Praktisch muß man natürlich an den 
Biasstrom des OPV denken und an parasitäre Kapazitäten.

von Falk B. (falk)


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@ Axel Schwenke (a-za-z0-9)

>> Das macht die Sache kniffelig und man muss ein wenig tricksen.

>Keineswegs.

>Die Aufgabe läßt sich direkt und lehrbuchmäßig mit der vom TE bereits
>gefundenen Standardschaltung lösen.

Hmm, irgendwie hatte ich da wohl einen kleinen Black Out bzw. was falsch 
in Erinnerung 8-0. Zur Wiedergutmachung habe ich mal den Artikel 
aufgebohrt und eine praxisfreundliche Exceltabelle erstellt. Viel Spaß 
damit.

https://www.mikrocontroller.net/articles/Schmitt-Trigger#Schmitt-Trigger_mit_Operationsverst.C3.A4rker_oder_Komparator

Das Ganze ist sogar ohne Vereinfachung mit realen Sättigungsspannungen 
U_LA und U_HA gerechnet, damit wird es allgemeingültig!

: Bearbeitet durch User
von Axel S. (a-za-z0-9)


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Falk B. schrieb:
> Hmm, irgendwie hatte ich da wohl einen kleinen Black Out bzw. was
> falsch in Erinnerung 8-0.

Wer keine Fehler macht, der macht auch nix ;)

> Zur Wiedergutmachung habe ich mal den Artikel aufgebohrt und eine
> praxisfreundliche Exceltabelle erstellt. Viel Spaß damit.

Nett!

Deine etwas aufwendigere Schaltung hat aber auch ihre Vorzüge. Dadurch 
daß du die Schaltschwelle nach U_B/2 schiebst, sollte sie mit praktisch 
allen OPV/Komparatoren funktionieren. Stur nach Lehrbuch gerechnet muß 
man immer überprüfen, ob die Spannungen am OPV-Eingang auch immer schön 
innerhalb des Gleichtakt-Spannungsbereichs liegen.

Ein anderer Grund für die Verwendung dieser Schaltung wäre, wenn man 
einen Komparator mit eingebauter Referenzspannung verwendet (vulgo: wenn 
man die Referenzspannung nicht frei wählen kann).

Wir merken uns: Analogschaltungstechnik ist wichtig. Sollte man lernen.

von Anfänger (Gast)


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Hallo ihr beiden,

vielen Dank für die sehr gut erklärten Antworten. Verzeiht bitte mein 
Schweigen, ich hatte viel um die Ohren und konnte mich nicht mit dem 
Problem auseinander setzen.

Das umstellen der Formeln hat inzwischen sehr gut geklappt und die 
Dimensionierung meiner Schmitt-Trigger läuft nun auch sehr gut.

Allerdings bin ich nochmal über ein Problem gestolpert, für das es evtl. 
keine Lösung gibt, wie ich sie erhofft hatte, ich fange mal an:

In deiner erklärung, Axel, hast du Uref berechnet. Wenn ich Uref nun 
aber gegeben habe und einen Widerstand frei wählen kann, müsste sich der 
andere doch (mit von mir festgelegten Schaltgrenzen) berechnen lassen, 
oder?

Ich habe es berechnet, aufgebaut und es funktioniert....nicht.
Einer meiner Versuche:
R1= 1k
Uref=0,7V
UoutHigh=5V
UL=0,4V
UH=0,75 (wird in dieser Formel nicht benötigt, da fangen meine Zweifel 
an: "woher soll der OPV meine Hysteresegrenzen kennen?!")

Formel: Uref=UL+(UHout-UL)*R1/(R1+R2)
umgestellt nach:
R2= ((UL+(UHout-UL)*1k)/Uref)-1k
R2=5572 Ohm

Das passt nun hinten und vorne nicht.

Meine Überlegung ist, dass das verhältnis von R2/R1 die Breite der 
Hysterese bestimmt(wie gelesen) UND GETRENNT davon Uref eine Art 
"offsett"ist und festlegt, in welchem Bereich sich diese Hysterese 
bewegt. Messtechnisch konnte ich diese Überlegung aber auch nicht 
wirklich festigen.



Warum ich Uref überhaupt vor R1/R2 festlegen will:

Ich arbeite an einer fertigen Schaltung(fertige Leiterplatte) und möchte 
so wenig wie möglich extra "dranlöten". Nun habe ich nur eine 
einstellbare Spannungsquelle für Uref und möchte damit an 2 Komparatoren 
2 verschiedene Hysteresen verwirklichen. Beide (sollen) bei 0,75V auf 
High schalten,
-eine bei 0,5V auf Low
-eine bei 0,4V auf Low.
Diese Spannungen liegen dicht bei einander, für den Sensor der die 
Spannungen liefert, liegen aber "Welten" dazwischen.


Gibt es dafür eine Lösung, die ich auf Grund von Fehlern in meinen 
Überlegungen/Berechnungen nicht kenne, oder komme ich nicht drum herum, 
einen zweiten Spannungsteiler für die zweite Uref einzulöten?


Viele Grüße

von Anfänger (Gast)


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Jetzt vergaß ich ganz, auf Falks Lösungsvorschlag einzugehen:

Diese Variante würde mir zwar helfen (im Punkto: keine freie Wahl von 
Uref) aber dabei hätte ich wieder deutlich größeren Lötaufwand an der 
fertigen Schaltung, da wären die änderungen geringer, wenn ich einfach 
den Spannungsteiler für Uref "hinzufusche".

von Axel S. (a-za-z0-9)


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Anfänger schrieb:

> In deiner erklärung, Axel, hast du Uref berechnet. Wenn ich Uref nun
> aber gegeben habe und einen Widerstand frei wählen kann, müsste sich der
> andere doch (mit von mir festgelegten Schaltgrenzen) berechnen lassen,
> oder?

Wenn du die Referenzspannung vorgegeben hast, dann kannst du über das 
Verhältnis der beiden Widerstände genau eine der 3 Größen wählen:

1. die untere Schaltschwelle (U_IL)
2. die obere Schaltschwelle (U_IH)
3. die Hysterese (U_IH - U_IL)

Ganz allgemein ergibt sich die Hysterese als Ausgangsspannungshub
(U_OH - U_OL) geteilt durch das Widerstandsverhältnis R2:R1.
Und die obere Schaltschwelle U_IH = U_OL + (U_ref-U_OL)*R2/(R1+R2)

Hier sieht man auch schon einige Grenzen der Dimensionierung. 
Offensichtlich muß U_OL < U_ref < U_OH sein. Und U_IL < U_ref < U_IH

> Einer meiner Versuche:
> R1= 1k
> Uref=0,7V
> UoutHigh=5V
> UL=0,4V
> UH=0,75 (wird in dieser Formel nicht benötigt, da fangen meine Zweifel
> an: "woher soll der OPV meine Hysteresegrenzen kennen?!")

Wie gesagt: du kannst dir einen der 3 Werte aussuchen. Wenn für dich 
U_IL wichtig ist, dann kannst du nur diesen Wert festlegen. Die beiden 
anderen ergeben sich dann daraus.

Um einen zweiten Wert zu verschieben, brauchst du eine weitere 
unabhängige Größe. Falk hat dafür einen Widerstand vom Knotenpunkt nach 
V_cc vorgeschlagen, um die Schaltschwellen nach unten zu verschieben. 
Genauso kannst du einen Widerstand nach GND verwenden wenn du die 
Schaltschwellen nach oben verschieben willst.

> Meine Überlegung ist, dass das verhältnis von R2/R1 die Breite der
> Hysterese bestimmt(wie gelesen) UND GETRENNT davon Uref eine Art
> "offset" ist

Jep. Genau so ist es.

> Nun habe ich nur eine
> einstellbare Spannungsquelle für Uref und möchte damit an 2 Komparatoren
> 2 verschiedene Hysteresen verwirklichen. Beide (sollen) bei 0,75V auf
> High schalten,
> -eine bei 0,5V auf Low
> -eine bei 0,4V auf Low.

Die Schaltung der Wahl heißt Fensterkomparator. In der einfachsten Form 
zwei Komparatoren für 2 Spannungen U_L und U_H. Dann kann man aus den 
beiden Komparatorausgängen 3 logische Zustände ableiten:

1. U_I < U_L
2. U_L <= U_I < U_H (das "Fenster")
3. U_I >= U_H

Wenn du 3 Schaltschwellen hast, brauchst du entsprechend 3 Komparatoren 
und kriegst zwei Fenster und zwei Randbereiche.

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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Ein Problem könnte die untere Ausgangsspannungsgrenze des LM324 sein. 
Der geht nur ungern unter ca. 0,7V, da muss man schon mit einem 
Pull-down-Widerstand nachhelfen. Die Referenz von 0,7V ist ungeschickt 
niedrig.

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