Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Trafo M65/27 mit hoher Leistung


von Uwe B. (uwe_beis)


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Hallo zusammen,

folgendes Problem: In einem Gerät, dass schon seit fast 20 Jahren in 
Serie gefertigt wird, ist ein Trafo mit M65/27-Kern mit 54 VA Leistung 
vorgesehen. 54 VA für diese Kerngröße ist völlig ungewöhnlich, und wie 
der Hersteller (einer der namhaftesten in DE), bei beim wir diesen Trafo 
fertigen lassen haben, beschafft hat, war mir bisher schleierhaft. Aber 
es hat gestimmt.

Nun kann er diesen Trafo aber nicht mehr fertigen, weil angeblich die 
speziellen Trafobleche nicht mehr lieferbar sind. Da stehen wir nun vor 
dem Scherbenhäufchen.

Frage: Hat jemand Erfahrungen mit solchen Hochleistungstrafos oder ggf. 
sogar Tipps, welcher Hersteller das (noch) kann? Oder woher solche 
Spezialbleche kommen/kamen und was das Besondere daran ist/war?

Tipps, welche Alternativen ich konstruktiv in der aktuellen Situation 
habe - seid mir nicht böse - sind wenig sinnvoll. Darum geht es mir hier 
nicht.

Grüße, Uwe

von mhh (Gast)


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Das mehr an Leistung hängt vom verwendeten Kernmaterial ab. Da werden 
wohl die Vorräte erschöpft sein.

Da wirst Du wohl alle Trafowickler abklappern müssen, ob die helfen 
können. Günstig wäre die Information vom bisherigen Wickler zum 
Material.

https://de.wikipedia.org/wiki/Elektroblech#Material

von Flow (Gast)


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Bin am Aufräumen und habe gerade SM 65-12-12/2,2 hier liegen,
also genau deine Leistung.
Das ist ein Schnittbandtrafo und gar nicht außergewöhnlich.
Warum soll es solche nicht mehr geben?
Fertiger ist FG.

von Lurchi (Gast)


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Es gibt 3 Wege für mehr Leistung bei gegebener Kerngröße:
1) Kernmateririal mit hoher Sättigung
2) Windungen mit höherer Temperaturbeständigkeit
3) Mehr Kupfer für Windungen (enger gewickelt)

Spezielle Kernmateriallien hat z.B. Vaccumschmelze. Ob da allerdings 
bezahlbar ist, steht auf einem anderen Blatt.

Ein Alternative wäre ggf. noch ein Ringkerntrafo in ähnlicher Größe.


Je nach Verwendung kann man ggf. auch an der Schaltung ggf. noch ein 
bisschen einsparen, z.B. durch sparsamere Chips oder Low drop Regler 
statt altem LM317.

von Uwe B. (uwe_beis)


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mhh schrieb:
> Da wirst Du wohl alle Trafowickler abklappern müssen, ob die helfen
> können.
Es wäre schön, wenn ich das mit einem Tipp abkürzen könnte. Aber primär 
interessieren mich hier die Grundlagen.

> Günstig wäre die Information vom bisherigen Wickler zum
> Material.
Das denke ich auch und sollte kein Problem sein.

Flow schrieb:
> Warum soll es solche nicht mehr geben?
> Fertiger ist FG.

FG kenne ich seit meiner Jugend, auch mit den Schnittbandkernen. So 
einer könnte es ja vielleicht auch tun. Auf der Webseite 
http://www.fg-elektronik.de finde ich aber gar keine Trafos mehr. Was 
ist da los?

Lurchi schrieb:
> Ein Alternative wäre ggf. noch ein Ringkerntrafo in ähnlicher Größe.
Das ist zurzeit mein Plan B. 50 VA hat üblicherweise 77 mm Durchmesser, 
da weiß ich nicht, ob das klappen würde.

> Je nach Verwendung kann man ggf. auch an der Schaltung ggf. noch ein
> bisschen einsparen, z.B. durch sparsamere Chips oder Low drop Regler
Nein, wie gesagt, die Alternativen kenne ich und das ist keine, weil der 
allergrößte Teil der Leistung als Wechselspannung für AC-Motoren oder 
für DC-Motoren mit Gleichrichter bereit gestellt werden soll. Und zwar 
nicht für einen bestimmten Motor, denn die sitzen in fremden Geräten, 
also auch nicht "man könnte doch einen effizienteren Motor einsetzen" 
oder so was...

: Bearbeitet durch User
von ArnoR (Gast)


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Uwe B. schrieb:
> Frage: Hat jemand Erfahrungen mit solchen Hochleistungstrafos oder ggf.
> sogar Tipps, welcher Hersteller das (noch) kann? Oder woher solche
> Spezialbleche kommen/kamen und was das Besondere daran ist/war?

Ich habe selbst so einen Trafo hier, den ich mir berechnet und damals 
(vor ~30 Jahren) auch per Hand selbst gewickelt habe. Das Geheimnis war 
eigentlich nur der Kupfer-Füllfaktor, aber nicht das Kernmaterial 
(=einfaches Dynamoblech IV). Wenn man den Kern stramm und sauber 
bewickelt, kann man einiges gegenüber den normalen Wickelvorschriften 
rausholen. Eine Kerngröße geht da immer, das habe ich auch bei M85 und 
M102 praktiziert.

Die normalen Wickelvorschriften betreiben die Kerne bei zu großer 
Flussdichte (sieht man an den fehlenden Reserven; einfach mal die 
Spannung wenig über 230V erhöhen und den Leerlaufstrom anschauen) wegen 
der Kupfereinsparung, aber daher mit erhöhten Kernverlusten.

Wenn man mehr Leistung übertragen will, dann muss man zunächst einen 
größeren Drahtquerschnitt unterbringen. Da die Verluste aber aus 2 
Komponenten bestehen (Kernverluste und Drahtverluste) habe ich durch 
eine etwas erhöhte Windungszahl auch die Flussdichte und damit die 
Kernverluste verringert. Dadurch ist etwas Leistung für die Wicklung 
freigeworden.

Der Kern M65 läuft jetzt bei mir mit einer Spitzenflussdichte von 1T bei 
primär 1960Wdg 0,26mm Cul und sekundär 136Wdg 1,0mm Cul. Bei 42W 
ohmscher Last beträgt die Übertemperatur nur 20K. Der Leerlaufstrom bei 
220V ist 12mA. Ja, die Werte sind noch für 220V die es damals nur gab.

von oszi40 (Gast)


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Uwe B. schrieb:
> 54 VA für diese Kerngröße ist völlig ungewöhnlich

Hat evtl. ein paar Bleche mehr?
Tabelle z.B. da http://www.hsgm.com/hsgm/ntm_e.htm

von Andrew T. (marsufant)


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Uwe B. schrieb:



> FG kenne ich seit meiner Jugend, auch mit den Schnittbandkernen. So
> einer könnte es ja vielleicht auch tun. Auf der Webseite
> http://www.fg-elektronik.de finde ich aber gar keine Trafos mehr. Was
> ist da los?

Das sit nicht ungewöhnlich, das manche Geschäftszweige aufgegeben 
werden.

Trafobau M. Riedel bzw. Trafobau Frei (letzterer in Albstadt) sollten 
dir helfen können als Sonderfertigung.

von Dietrich L. (dietrichl)


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Vielleicht kann auch ELNA http://www.elnatrafo.de/startseite/ helfen.
Da habe ich mal einen (völlig anderen) Trafo wickeln lassen und war sehr 
zufrieden.

Gruß Dietrich

von eProfi (Gast)


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> Da die Verluste aber aus 2 Komponenten bestehen (Kernverluste
> und Drahtverluste) habe ich durch eine etwas erhöhte
> Windungszahl auch die Flussdichte und damit die
> Kernverluste verringert.
Naja, ganz so einfach ist es auch nicht.
Man muss sich entscheiden, in welcher Betriebssituation man welche 
Verlustleistung haben will:
 - wenig Leerlaufverluste: höhere Windungszahl, zwangsweise dünnerer 
Draht
 - wenig Lastverluste: geringere Windungszahl, dadurch wird der Kern 
stärker magnetisiert (1,2T üblich), auch die Sekundärwicklung hat dann 
weniger Windungen aus kürzerem und dickerem Draht --> quadratisch 
weniger Kupferverluste.
Durch die Belastung sinkt die Magnetisierung und damit die 
Eisenverluste.

Weitere Möglichkeit: statt Runddraht einen Profildraht (rechteckig) 
verwenden --> besserer Füllfaktor, geringerer Widerstand, bessere 
Wärmeableitung.
Beim Wickeln kann man nach jeder Lage den Draht flachpressen, dann passt 
eine Lage mehr bzw. eine dickere Drahtstärke drauf.
Kostet halt mehr Arbeitszeit.
Alles im Leben ist ein Kompromiss.

von Werner H. (werner45)


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Ein Schnittbandkern SM65 hat doch genau die Daten.
Der paßt sogar mit Spiel in den M65 Spulenkörper.
Schnittbandkerne gibts doch noch...

Gruß   -   Werner

von Lothar S. (loeti)


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Uwe B. schrieb:
> weil angeblich die speziellen Trafobleche nicht mehr lieferbar sind

Ist leider so, die Produktion der Hochleistungsbleche rentiert auf Grund 
der geringen Mengen nicht mehr.
Du wirst einen alternativen Trafo suchen müssen.
Dazu ein Tipp, im wilden Osten Europas werden Trafos noch häufiger 
verwendet, eventuell findest Du da was Passendes.

Grüße Löti

von oszi40 (Gast)


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Uwe B. schrieb:
> In einem Gerät, dass schon seit fast 20 Jahren in Serie gefertigt wird

Seit 2009 darf die Netzspannung 230V betragen. Dann wäre es langsam an 
der Zeit, eine Lösung für die nächsten 20 Jahre zu suchen! 
Wahrscheinlich ein größeres Gehäuse mit anderem Trafo als 
"Weiterentwicklung"?

von Uwe B. (uwe_beis)


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Dank euch für die Antworten. Optimierung der Bewicklung, so wie hier 
etwas öfter erwähnt, kann es nicht sein, denn der normale M65er kann ca. 
30 VA, das lässt sich mit optimierter Kupferfüllung nicht auf 54 VA 
"aufbohren".

Ich weiß jetzt das Kernmaterial, es war M165-35S/BU.

Wenn da nichts zu machen ist, spekuliere ich auf eine andere Bauform, z. 
B. Ringkern oder Schnittband, mit dem ich (mit zusätzlichem Haltewinkel) 
die Einbaumaße nicht überschreite. 50 VA Standard-Ringkern hat mit 77 mm 
einen etwas zu großen Durchmesser. Dafür dürfte er höher sein. Aber das 
ist Plan B, den verfolge ich zurzeit (noch) nicht.

oszi40 schrieb:
> Seit 2009 darf die Netzspannung 230V betragen. Dann wäre es langsam an
> der Zeit, eine Lösung für die nächsten 20 Jahre zu suchen!
Du meinst, dass seit 2009 die Netzspannung 230V +10% betragen darf.
Der Trafo wurde damals für 230 V primär ausgelegt, ob bis max. nur 234 V 
oder auch 253 V, weiß ich nicht. Zumindest hat es in den letzten Jahren 
kein Problem gegeben.

von Harald W. (wilhelms)


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eProfi schrieb:

>  dadurch wird der Kern stärker magnetisiert (1,2T üblich),

1,2T ist der übliche Grenzwert für Dynamoblech IV. "Bessere"
Bleche vertragen 1,5...1,6T. Dann ist ohne besondere Klimmzüge
auch die von Dir gewünschte Leistung möglich. Bleibt nur noch
das Problem, solche Bleche zu finden. Die dazu nötige, längere
Internetsuche wird Dir vermutlich keiner hier im Forum abnehmen.

von oszi40 (Gast)


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Leider ist das Stanzen dieser Trafo-Bleche eine mühsame Geschichte. 
Daher nimmt man lieber die verlustreicheren dicken Bleche.

Harald W. schrieb:
> Dynamoblech IV. "Bessere" Bleche vertragen 1,5...1,6T

Hätte nie erwartet, daß man 1/3 mehr durch richtige Legierung + Blech 
erreichen kann. Vergleich https://de.wikipedia.org/wiki/Elektroblech

von sebst (Gast)


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Uwe B. schrieb:
> Dank euch für die Antworten. Optimierung der Bewicklung, so wie hier
> etwas öfter erwähnt, kann es nicht sein, denn der normale M65er kann ca.
> 30 VA, das lässt sich mit optimierter Kupferfüllung nicht auf 54 VA
> "aufbohren".

Da die Eisenverluste schon nach Normbemessung gegenüber den 
Kupferverlusten deutlich weniger zur Erwärmung beitragen, glaube ich, 
dass nicht nur das Blech, sondern vor allem die Temperaturbeständigkeit 
der Wicklung eine Rolle spielt (z.B. ta=70°C/B).
Also so wie ArnoR schrieb - das Wickelfenster mit möglichst dickem Draht 
füllen aber auch die Wärmeübergangswiderstände durch (Vakuum)-Tränken 
senken - das Beispiel geht von normalen Wicklungen aus.

Sonst könnte man z.B. 
http://www.tkes.com/web/tkeswebcms.nsf/www/de_vergleichswerte_nach_Normen_H.html
einsetzen - sofern man einen Dienstleister findet, der das bearbeitet 
(stanzen und glühen, lasern,...).
Auch müsste, bei völlig neuem Blech, die Wicklung auf die optimale 
Magnetisierung gerechnet und getestet werden. Wenn der Trafobauer dass 
nicht will, hast du eher schlechte Karten.

Von den "fertigen" Trafos würde ein UI, allerdings hochkant dem Teil am 
nächsten kommen.
http://www.hahn-trafo.com/deutsch/flachtransformatoren-ui48.php


1
M 65/27;a=65mm; b=65mm; h=26,7mm; mfe=0,58kg; Rthfe=4,45K/W; Rthcu=10,2K/W 
2
3
            Pn[W] Bn[T] Sn[A/mm²] Pfe[W] dtfe[K] Pcu[W] dtfe[K] Pum[W/kg]         Pum*mfe[W]
4
M 530-50 A   34,1  1,39      4,1    3,25      15    7,6      78      5,3  (@1,5T)        3,1
5
M 400-50 A   35,7  1,42      4,21   2,5       11    8        82      4,0  (@1,5T)        2,3
6
M 165-35 S   43,6  1,64      4,33   1,63       7    8,5      87      1,65 (@1,7T)        1,0
7
8
9
Zusammengefasst aus:
10
http://www.grau-stanzwerk.de/d-wAssets/docs/produkte/m-pm-md-kernbleche/Zg_Abmessung.pdf
11
http://www.grau-stanzwerk.de/d-wAssets/docs/produkte/m-pm-md-kernbleche/Mech_Elekt_Daten.pdf
12
http://www.grau-stanzwerk.de/d-wAssets/docs/produkte/magnetische-eigenschaften/Elektroblechqualitaeten.pdf

von mhh (Gast)


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oszi40 schrieb:
> Hätte nie erwartet, daß man 1/3 mehr durch richtige Legierung + Blech
> erreichen kann. Vergleich https://de.wikipedia.org/wiki/Elektroblech

Du hättest nur da den Link verfolgen müssen. Da wärest Du schon 24 h 
eher darauf gestoßen...

Beitrag "Re: Trafo M65/27 mit hoher Leistung"

von oszi40 (Gast)


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mhh schrieb:
> eher darauf gestoßen...

Stimmt. Allerdings hatte ich mit dem Wiki-Link eher auf die unteren 
Zeilen verweisen wollen, um die eventuelle Beschaffung der Bleche zu 
erleichern. Bei "wer liefert was" ist bestimmt auch etwas Hoffnung.

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