Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Spektrale Leistungsverteilung für Audio-Biamping im Hochton/Tiefton berechnen


von Paul H. (powl)


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Hi,

ich bin gerade dabei an meiner Boombox zu basteln und möchte auf 
Biamping umsteigen. Es handelt sich um ein 2-Wege System mit 16cm 
Tiefmitteltönern und passenden Hochtönern. Um passende Verstärker 
auszuwählen und nicht mit Kanonen auf Spatzen zu schießen wollte ich 
berechnen, wie sich die RMS-Leistung im Bereich zwischen 20Hz bis 20kHz 
im Frequenzband auf den Bereich unterhalb bzw. oberhalb der 
Trennfrequenz (fg=3,5kHz) zwischen Tiefmitteltöner/hochtöner verteilt.

Hierfür bin ich davon ausgegangen, dass sich die Leistung im 
Audio-Frequenzband nach der Funktion 1/f verteilt. Also müsste ich das 
LDS im Bereich von 20Hz bis 20kHz nur noch auf 1 normieren und die 
Integrale von 20Hz bis fg bzw. von fb bis 20kHz bilden um auf die 
Leistungsverteilung im Tiefton/Hochtonbereich zu kommen.

Das habe mich mittels folgendem Matlab-Skript mal gemacht:
1
fmin = 20;
2
fmax = 20000;
3
fg = 1000;
4
5
%Normierungsfaktor damit Gesamtleistung im Audio-Frequenzband = 1
6
a = 1 / log(fmax/fmin);
7
8
f = fmin:fmax;
9
10
LDS = a./f;
11
Elow = trapz(LDS(1:fg-fmin+1))
12
Ehigh = trapz(LDS(fg-fmin+1:fmax-fmin+1))

Für eine Grenzfrequenz von 3,5kHz spuckt es mir die Werte
Elow = 0.7477
Ehigh = 0.2523

aus. D.h. wenn ich für die Tiefmitteltöner einen 50Wrms-Verstärker 
hernehme langt für die Hochtöner locker ein 15"rms-Verstärker. Der ist 
dann kleiner, leichter, hat weniger Ruhestrom, kostet weniger.

Bei einem anderen Audio-Projekt möchte ich ein F.A.S.T.-System einsetzen 
(= Subwoofer + Breitbandlautsprecher). Hier sollen potente 16" Subwoofer 
den Tiefton übernehmen und kleine 8" Breitbandlautsprecher den Hoch- und 
Grundton ab fg=300Hz. Hier bekomme ich aber
Elow = 0.3921
Ehigh = 0.6080

60% der Gesamtleistung fallen auf den Hochton? D.h. wenn meine Subwoofer 
beispielsweise 150Wrms leisten müsste der kleine Breitbänder 225W 
leisten können? Kann er aber nicht, er kann nur 20.

In der Praxis wird das ganze etwas unproblematischer, da die 
vorgesehenen Subwoofer einen mieserablen Wirkungsgrad von 80,5dB/W/m 
haben und die Breitbänder immerhin 87dB/W/m. Das sind 6dB mehr, d.h. in 
Wirklichkeit brauche ich 4* weniger Leistung um genau so laut wie die 
Subwoofer zu sein, wären dann aber immernoch 56,3W.

Nun entspricht das nicht gerade meiner Erfahrung, sind doch z.B. auch 
die Leistungen im PA-Bereich mit Trennfrequenzen von gerade mal um die 
100Hz eher so aufgeteilt das 1000W Subwoofer-Leistung zu 
300W-Topteil-Leistung eine recht gebräuchliche Kombination sind. Hier 
lägen ca. 77% der Leistung im Tiefton und nur 23% im Hochton.

Wo ist der Fehler? Ist die Annahme, dass Musik prinzipiell einer 1/f 
Leistungsverteilung entspricht ein grundsätzlicher Fehler? Habe ich 
einen Faktor vergessen? Immerhin ist wird Pink Noise, also 1/f-Rauschen 
dazu verwendet, um die RMS-Leistung von Verstärkern bzw. die 
Belastbarkeit von Lautsprechern zu ermitteln. Oder trifft das eher auf 
klassische Musik zu aber nicht moderne, basslastige, elektronische 
Musik?

Wenn dem so ist: Fällt jemandem eine schnelle Methode ein um einen 
kleinen Pool an mp3-Dateien aus der Musiksammlung einzulesen um das 
gemittelte Leistungsdichtespektrum zu analysieren?

lg

: Bearbeitet durch User
von Peter R. (pnu)


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Das ist halt das Blöde: Da jedes Musikstück individuell ist, ist auch 
die Leistungsverteilung jedesmal anders.

Du siehst ja selbst, dass es da die verschiedensten Konzepte gibt.

Für Angstliche:  worst case aussuchen oder Leistungsüberwachung auf 
allen Kanälen und entsprechende Schutzschaltungen.

Dazu kommt noch, dass ein Lautsprecher auf einen in der Frequenz exakten 
(Sinus) Ton mit Resonanz und daher wesentlich empfindlicher reagieren 
kann.

  btw. moderne Musik verwendet oft sehr starke Verzerrung, für 
aggressiven Klang, und belastet dann die Hochtöner besonders stark.
  Deshalb (siehe oben) wurde mit 20W für die Hochtöner ausgelegt... und 
200W werden gebraucht.
  Die 1/f-Verteilung der Leistung trifft eher auf Synfonieorchester zu 
als auf "moderne" Musik.

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Ein möglicherweise erfolgversprechender Ansatz ist die Verwendung von 
'Equal-Loudness' Gehörkurven - also Wichtungen, die sich nach dem 
Frequenzgang des Ohres richten:
https://en.wikipedia.org/wiki/Equal-loudness_contour

Wir E-Basser rechnen normalerweise damit, das wir etwa viermal soviel 
Leistung brauchen wie die Gitarristen, um ein ausgewogenes Klangbild der 
Band zu erreichen. Das betrifft dann den Bereich von etwa 30Hz bis 
800Hz.

: Bearbeitet durch User
von J. A. (gajk)


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Würde es helfen, sich die Frequenzverteilung eines Musikstückes per 
audacity anzusehen (FFT)? Da wird doch dann nach Frequenzen aufgeteilt. 
Was ich schon gesehen habe: "kastrierte" mp3-Dateien, bei denen ein 
Stück der hohen Frequenzen weggeschnitten wurde.

Zu den tiefen Tönen hin kommt es dann auf die Musik an, ein 1/f wäre mir 
zu krass. Allerdings gibt FFT ja die Freqeunzverteilung an, nicht die 
Leistungsverteilung, die ja dann vom verwendeten Laustsprecher abhängt.

Bei aller Kalkulation: Nachher wird man sich doch für zwei Amps 
entscheiden müssen und die sind nicht beliebig fein abgestuft 
erhältlich. Da rechnet man dann aus 159 W für die Bässe und 22 W für die 
Höhen und nimmt dann halt statt dem 100W-Bassmodul das 200er und für die 
Höhen ein 50W-Modul, weil das nächstkleinere 20 W hat.

Meine Frage wäre noch; wie wird die Musik auf die Freqeuzbänder 
aufgeteilt? In der letzten Lautsprecher-Selbstbau-Zeitschrift wurde ein 
miniDSP vorgestellt, sah ganz interessant aus, weil man viel über den PC 
einstellen kann.

: Bearbeitet durch User
von Paul H. (powl)


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Gerade da macht es dann den Unterschied, ob man mit dem 20W-Modul 
auskommt oder das schwerfälligere 50W-Modul nehmen muss (teurer, größer, 
mehr Ruhestrom..)

Aufgeteilt wird per aktiver Frequenzweiche. Das könnte später auch ein 
DSP sein.

: Bearbeitet durch User
von J. A. (gajk)


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Paul H. schrieb:
> Gerade da macht es dann den Unterschied, ob man mit dem 20W-Modul
> auskommt oder das schwerfälligere 50W-Modul nehmen muss (teurer, größer,
> mehr Ruhestrom..)
>
> Aufgeteilt wird per aktiver Frequenzweiche. Das könnte später auch ein
> DSP sein.

Ich meine nur, man rechnet erst was in die 3. Nachkommastelle aus und 
muss sich nachher doch für eine Lösung aus einem Angebotsraster 
entscheiden.

Wenn sich unter Berücksichtigung aller verschiedener Musikrichtungen 
herausstellt, dass 19,99 W langen, dann ist das 20-W-Modul in Ordnung.

Aber mal ehrlich, wer näht so auf Kante? Wenn es in Richtung 
Maximalleistung geht, steigen doch eh die Klirrfaktoren an. D.h. wenn 
wirklich 20 W gebraucht werden würde man ohnehin etwas headroom 
einplanen.

: Bearbeitet durch User
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