Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Streuinduktivität


von asöldfkj (Gast)


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Kennt jemand hier eine Möglichkeit die Streuinduktivität eines 
Transformators abzuschätzen (ohne FEM)? Oder kennt jemand gängige Werte 
für Streuinduktivitäten?

Ich möchte einen DC/DC Konverter bauen und möchte gerne im voraus 
abschätzen was mich an Streuinduktivität erwarten könnte. Der 
Transformator sollte in einem Durchflusswandler zum Einsatz kommen. 
Leistung ca 1kW bei 48kHz und 12V Eingangsspannung, Ausgangsspannung ca 
700V. Wie verhält sich das ganze mit steigender Taktfrequenz/Leistung?

Was auch noch ganz interessant wäre: Kennt jemand ein erweitertes Modell 
ähnlich dem T-Ersatzschaltbild eines Transformators, nur anstatt für 2 
Wicklungen für 3 (eine primär, zwei sekundär) oder mehrere Wicklungen?

von Alfred B. (alfred_b90)


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Die exakte Streuinduktivität läßt sich nur schwer abschätzen. Um der 
Sache überhaupt näherzukommen, muß man den wirklich ganz genauen Aufbau 
des Trafos (also dessen gesamte Geometrie, und verwendete Materialien) 
mitsamt Anschlüssen und Zuleitungen kennen. Mit steigender Frequenz und 
Leistung dürften schon auch die Einflüsse solcher Parasiten größer 
werden.

Es gäbe z.B. das sog. Cantilever-Modell. Allerdings bringt Dich ein 
"komplizierteres" Modell wahrscheinlich in Bezug auf die genannte Frage 
auch nicht weiter . Sowas dient z.B. zum theoretischen Vorbereiten einer 
magnetischen Integration, aber trotz allem muß man halt für die 
Umsetzung in die Praxis die o.g. Einflüsse und deren Auswirkungen 
kennen.

Ein paar Zusammenhänge sind klar: Ein größerer Luftspalt bewirkt ein 
Absinken der wirksamen Primär- (oder auch Magnetisierungs-) 
Induktivität. Die Streuinduktivität hingegen steigt dabei an, und auch 
mit schlechterer Kopplung Prim./Sek.

Da ich (persönliche Meinung...) bei 1000W einen Eintakt-Wandler 
ausschlösse,
würde ich evtl. einen SPRC in Betracht ziehen. Gemeinsam wäre beiden, 
daß man (besonders mit der primären) Streuinduktivität wenig anfangen 
kann... und diese eher einfach möglichst gering halten, als irgendwie in 
der Höhe "abschätzen" will.

Beim SPRC (oder z.B. auch beim ZCS-FB-Boost mit konstanter 
Einschaltzeit) käme frei Haus die Integration der für 700V sicher nicht 
kleinen sekundären Wicklungskapazität. Bei vielen anderen Konzepten 
könnte diese Kapazität störend wirken, evtl. Voltage Doubler verwenden, 
um Windungen zu sparen.

Bitte mehr Infos...

MfG

: Bearbeitet durch User
von B e r n d W. (smiley46)


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Du kannst die Sekundärwicklung kurzschließen und dann primär die 
Streuinduktivität messen. Hier mehr dazu:
http://elektroniktutor.oszkim.de/bauteilkunde/tr_real.html

von asöldfkj (Gast)


Angehängte Dateien:

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Die Induktivität zu messen ist nicht das Problem, ich möchte wissen was 
mich ungefähr erwartet bevor ich versuche etwas zu bauen.

Was ich ungefähr vorhabe ist im Anhang, wobei ich zweifle, dass die 
Topologie überhaupt die richtige für die Anwendung ist. Das ganze 
funktioniert in der Simulation zwar prinzipiell solange der 
Transformator keine Streuung aufweist. Mit zunehmender Streuinduktivität 
geht die Ausgangsspannung allerdings immer weiter zurück da die Spannung 
kaum ausreicht um den Primärstrom durch die Streuinduktivität innerhalb 
der Pulsperiode umzudrehen. Daher wäre es gut zu wissen mit wieviel 
Streuinduktivität ich ungefähr rechnen muss wenn ich beim 
Wicklungsaufbau darauf achte sie möglichst gering zu halten. Sind 100nH 
realistisch machbar? Ich habe einfach kein Gefühl für die Grössen.

Ein weiteres Problem der Topologie ist der Eingangsstrom der einen recht 
hohen Ripple aufweist somit bräuchte ich recht grosse Kondensatoren am 
Eingang).

von Mark S. (voltwide)


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asöldfkj schrieb:
> Ich möchte einen DC/DC Konverter bauen und möchte gerne im voraus
> abschätzen was mich an Streuinduktivität erwarten könnte. Der
> Transformator sollte in einem Durchflusswandler zum Einsatz kommen.
> Leistung ca 1kW bei 48kHz und 12V Eingangsspannung, Ausgangsspannung ca
> 700V.

1kW bei 12V-Eingang - da darfst Du Dich über hohe Rippleströpme wohl 
kaum wundern.
Vollbrücke und 48kHz Takt könnte durchaus funktionieren.
Bei höheren Frequenzen kommen sehr schnell erhöhte Wicklungsverluste 
infolge Stromverdrängung ins Spiel - ich würde unterhalb 70kHz bleiben 
wollen.
700V Ausgangsspannung - auch eine Herausforderung. Parallelkapazitäten 
der Sekundärwicklung können zum Problem werden.
Man könnte einen Resonanzwandler (LLC) ins Auge fassen. Ein Problem sind 
dabei hinreichend belastbare Kondensatoren - vmtl bräuchtest Du einige 
10uF in Polyesterfolie.

von Alfred B. (alfred_b90)


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Es wäre z.B. auch die geplante Anwendung bzw. abgeschätzte 
Betriebsparameter in Hinsicht auf die wann und wie lange, und in welcher 
Höhe, bereitzustellende (Teil-)Leistung interessant.

Und zwar, weil wir (zumindest ich und voltwide) Dir (ohne Kenntnisse 
über Deine sowie die Qualitäten des Trafos) gerne eine Topologie 
empfehlen würden, die die Parasiten "mitfrißt", was u.a. den Trafobau in 
mancher Hinsicht vereinfachen kann. Aber diese Empfehlungen (und 
weitere, z.B. wegen des Stromrippels) von o.g. abhängen.

Wo genau kommen die 12V her? Und wo sollen die 700V hin? Ich dachte 
eigentlich, da stünde irgendwo, man solle in seine Fragen ein Maximum an 
(halbwegs zum Thema relativen) Infos reinpacken, damit...(oda nich?)

Vorhandene Kenntnisse/Erfahrungen? (Z.B. Minimierung der...blabla)

: Bearbeitet durch User
von B e r n d W. (smiley46)


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Der mittlere Strom beträgt dann 80A, mit etwas Ripple kommt man dann 
möglicherweise auf 120A. Dieser Strom möchte erstmal verlustarm 
geschaltet und per Kupferleitung mit großem Querschnitt (50mm^2 ??) 
übertragen werden. Pro mOhm beträgt die Verlustleistung 10 Watt.

Bei einem Übertrager kommt es darauf an, wie gut die Wicklungen 
verschachtelt werden (können). Es ist zu befürchten, dass die 
Primärwicklung mit dem entsprechenden Querschnitt nur eine Lage zuläßt 
oder es wird mit Kupferfolie gewickelt, welche die gesamte Breite nutzt. 
Darüber und darunter wird dann die Sekundärwicklung verteilt.

Der Koppelfaktor wird zwischen ca. 95...98% betragen. Daraus kann man 
auf die Streuinduktivität zurückrechnen und bekommt wenigstens eine 
Vorstellung von der Größenordnung. Für echte Werte müsste man einen 
Versuchsübertrager anfertigen und vermessen. Hersteller von solchen 
Übertragern lassen auf Messen schon mal durchblicken, dass ein 
Normalsterblicher die 98% nicht auf Anhieb hinbekommt.

Jetzt bin ich erst mal gespannt, wie man ohne Übertrager auf einen 
Rutsch von 12V auf 700V kommt.

von asöldfkj (Gast)


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Alfred B. schrieb:
> Wo genau kommen die 12V her? Und wo sollen die 700V hin? Ich dachte
> eigentlich, da stünde irgendwo, man solle in seine Fragen ein Maximum an
> (halbwegs zum Thema relativen) Infos reinpacken, damit...(oda nich?)
>
> Vorhandene Kenntnisse/Erfahrungen? (Z.B. Minimierung der...blabla)

Ja du hast ja recht. Eine wirkliche Anwendung gibt es nicht. Es ist ein 
Projekt von mir und einem Kollegen, er baut den Konverter von 700V auf 
12V.
Wir studieren beide Elektrotechnik und haben deshalb jede Menge 
theoretische Grundlagen die wir eben gerne Mal in der Praxis umsetzen 
würden. Wir können auf das Labor an der Uni zurückgreifen, die 700V 
kommen aus einem Labornetzteil, "meine" 12V kommen dann aus dem 
Konverter davor oder auch aus einem Labornetzteil. Die Leistung wird zum 
testen einfach in einem Widerstand verheizt.
Es ist auch nicht unser erstes Projekt, wir haben bereits Schaltwandler 
kleinerer Leistung (bis 500W an 12V) und PFC Gleichrichter gebaut und 
bereits vor dem Studium Audioverstärker und ähnliches gebaut. Er hat 
dazu vor dem Studium als Elektriker gearbeitet.

Auf Resonanzwandler würden wir lieber verzichten (schwierigere 
Regelbarkeit und Ansteuerung). Was wir uns noch überlegen ist eine 
Topologie mit einer Spule am Eingang um den Ripple zu reduzieren:
http://www.ijareeie.com/upload/2014/icetes/27_Vazeem.pdf
oder hier, allerdings nur mit IEEE Zugriff
http://ieeexplore.ieee.org/xpl/login.jsp?tp=&arnumber=6646939&url=http%3A%2F%2Fieeexplore.ieee.org%2Fiel7%2F6624149%2F6646663%2F06646939.pdf%3Farnumber%3D6646939

von MaWin (Gast)


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Die Streuinduktivität hängt stark vom Aufbau des Trafos ab, alles was 
nicht Kopplung ist, ist Streu.
Also die Wicklungen sauber Draht neben Draht, und primär inmitten der 
zweigeteilten Sekundärwicklung, und ggf. noch diese zweigeteile genau am 
Mittenabgriff mit primär verbinden.

von asöldfkj (Gast)


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Ja das ist mir bewusst. Die theoretischen Grundlagen habe ich ja, was 
mir helfen würde wäre eher eine Aussage wie:"Kleiner 100nH 
Streuinduktivität sind locker machbar" oder "weniger als 500nH ist 
völlig unmöglich zu erreichen". Dann wüsste ich zumindest ob ich mit der 
Topologie überhaupt weiterkomme oder mir gleich eine andere suchen muss.

Hier trifft halt wieder die Theorie aus dem Studium auf die (noch) 
fehlende Praxis ;)

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