Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik OPV: Slew Rate Messung + Schaltung für Offset


von much (Gast)


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Hallo,

ich möchte mit einem Operationsverstärker (TL072) ein Sinussignal mit 
1Vss auf 5Vss verstärken und einen Offset von 2.5V hinzufügen.

Zunächst wollte ich die Slew Rate des Operationsverstärkers messen. Laut 
Datenblatt (min. 8V/µs, typ. 13V/µs) sollte der TL072 dies noch 
schaffen. Um die Werte aus dem Datenblatt zu überprüfen habe ich mit 
einem Attiny13 ein Rechtecksignal mit ca. 300kHz erzeugt und dieses an 
den als invertierenden Verstärker beschalteten OPV gelegt. Das 
Angehängte Bild zeigt das Ausgangssignal des OPV's. Es ergibt sich eine 
Slew Rate von ca. 9V/µs.

Die Spannungsspitzen auf dem Bild kann ich mir allerdings nicht 
erklären. Ich hätte ein Trapez oder ein leichtes Überschwingen erwartet, 
aber woher kommen die Spannungsspitzen auf dem Bild?

Nun zur Offsetspannung:
Immer wieder sieht man die Schaltung eines invertierenden Verstärkers 
bei dem die Offsetspannung über ein Potentiometer am + Eingang 
eingestellt wird. In folgendem Beitrag
Beitrag "Re: Offsetspannung OPV-schaltung eliminieren"
wird erwähnt, dass diese Schaltung im "mV Bereich" eingesetzt werden 
kann. Interpretiere ich das jetzt richtig, dass dies heist ich kann den 
Offset mit einer Genauigkeit im mV-Bereich einstellen? Oder ist damit 
gemeint dass der Offset im mV-Bereich liegen sollte?

von ArnoR (Gast)


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much schrieb:
> woher kommen die Spannungsspitzen auf dem Bild

Durch die zu schnellen Flanken wird der OPV überfordert, das 
Ausgangssignal kann nicht so schnell steigen/fallen wie nötig -> die 
Gegenkopplung funktioniert nicht -> die Eingangsstufe wird total 
übersteuert und vom Signal "übergangen" -> die Ausgangsstufe wird direkt 
etwas angesteuert (daher die Fortsetzung der Flanken von den 
Spitzenwerten).

Da du einen inv. Verstärker hast, kannst du einen beliebigen Offset ganz 
einfach durch hinzufügen eines Widerstandes vom Summierpunkt zu einer 
Referenzspannung erzeugen.

von Uwe S. (regionalligator)


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much schrieb:
> Es ergibt sich eine
> Slew Rate von ca. 9V/µs.

Das wird ein Gemisch aus der echten typ. Slewrate, und der Bandbreite 
des OPs sein. Also eigentlich noch sehr gut.

Da die Spikes erheblich schneller sind als 9V/us, muss es ein anderer 
Effekt sein, also das kommt ziemlich sicher nicht vom OP. Koppelt der 
Eingang irgendwie kapazitiv zum Ausgang durch? Oder stimmt was nicht mit 
der Masse?
Dein Rechteck erscheint quasi wieder am Ausgang, und zwar so lange, bis 
der OP wieder gegensteuern kann...

von Uwe S. (regionalligator)


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much schrieb:
> ein Rechtecksignal mit ca. 300kHz erzeugt und dieses an
> den als invertierenden Verstärker beschalteten OPV gelegt

Und genau dieses Rechteck schlägt direkt zum Ausgang durch, unabhängig 
vom OP. Dazu genügen ja nach weiterer Beschaltung kleinste Kapazitäten.

von ArnoR (Gast)


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Uwe S. schrieb:
> Und genau dieses Rechteck schlägt direkt zum Ausgang durch, unabhängig
> vom OP. Dazu genügen ja nach weiterer Beschaltung kleinste Kapazitäten.

Nö. Denn diese Kapazitäten bilden mit der Tastkopfkapazität einen 
Spannungsteiler. Wenn man mal 0,5pF Durchkoppelkapazität und 10pF 
Tastkopfkapazität annimmt, dann dürfte am Ausgang nur 1/20tel des 
Einganssprunges zu sehen sein. Das würde bedeuten, dass der Kanditat 
60Vss an den Eingang gelegt hat.

von much (Gast)


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Uwe S. schrieb:
> Koppelt der
> Eingang irgendwie kapazitiv zum Ausgang durch? Oder stimmt was nicht mit
> der Masse?

Uwe S. schrieb:
> Und genau dieses Rechteck schlägt direkt zum Ausgang durch, unabhängig
> vom OP. Dazu genügen ja nach weiterer Beschaltung kleinste Kapazitäten.

Dass der Effekt von irgendwelchen Kapazitäten kommt klingt einleuchtend. 
Der Tastkopf des Oszilloskopes war abgeglichen. Wenn ich die Verbindung 
zwischen µC und OPV trenne habe ich ein sauberes Rechtecksignal am 
Ausgang des µC. Wird der Ausgang mit dem invertierenden Verstärker 
verbunden schaut der Rechteck am µC-Pin aus wie ein überkompensiertes 
Rechtecksingal.

Es liegt also nicht an den internen Kapazitäten im OPV?

ArnoR schrieb:
> Da du einen inv. Verstärker hast, kannst du einen beliebigen Offset ganz
> einfach durch hinzufügen eines Widerstandes vom Summierpunkt zu einer
> Referenzspannung erzeugen.

Ich kann also die verlinkte Schaltung mit dem Poti am positiven Eingang 
des Operationsversärkers verwenden oder muss ich bzgl. der 
Referenzspannung noch etwas beachten (Innenwiderstand?)? Die Genauigkeit 
der Offsetspannung ist nicht besonders kritisch.

von ArnoR (Gast)


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much schrieb:
> Ich kann also die verlinkte Schaltung mit dem Poti am positiven Eingang
> des Operationsversärkers verwenden

Die kannst du auch verwenden, allerdings hatte ich die nicht gemeint. 
Der Summierpunkt ist der inv. Eingang des OPV. Von dort einfach einen 
passenden Widerstand nach +Vcc oder -Vcc, je nach Offset-Wunsch.

von Achim S. (Gast)


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Uwe S. schrieb:
> also das kommt ziemlich sicher nicht vom OP.

Hätte ich auch gedacht, bin mir aber inzwischen nicht mehr so sicher. 
Denn der Effekt wird auch in der Simu (ohne externe Kopplungspfade) 
bestätigt. Sicher koppelt da was durch, aber wohl innerhalb des OPV, 
nicht "außenrum".

Die kräftigen Überschwinger zeigen sich nur beim Inv-Verstärker, nicht 
beim Spannungsfolger. Und der Effekt ist stärker bei kleinen 
Widerständen/großen Strömen. Aber das kann ja mit der tatsächlichen 
Situation bei much übereinstimmen.

von Nachtaktiver (Gast)


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Schau dir mal die Ströme in den Eingängen an. Bei deinen Spannungsfolger 
sind diese nicht begrenzt.

von much (Gast)


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Achim S. schrieb:
> Aber das kann ja mit der tatsächlichen
> Situation bei much übereinstimmen.

Ich verwende 22k Widerstände für den Invertierenden Verstärker 
(Verstärkung = 1). Der Aufbau ist ganz bestimmt nicht optimal, da die 
Schaltung nur auf dem Steckbrett aufgebaut wurde. Die Betriebsspannungen 
des Operationsverstärkers sind mit 100nF dicht am Versorgungspin 
gebuffert.

von much (Gast)


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Hab jetzt mal den Impedanzwandler aufgebaut um mit der Simulation von 
Achim S. zu vergleichen.

von Achim S. (Gast)


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Nachtaktiver schrieb:
> Schau dir mal die Ströme in den Eingängen an. Bei deinen Spannungsfolger
> sind diese nicht begrenzt.

Liegen in der Simu bei 45pA, und die Peaks beim Umschalten sind in 
beiden Fällen im einstelligen pA-Bereich.

much schrieb:
> Ich verwende 22k Widerstände für den Invertierenden Verstärker

bei 22k sieht man in der Simu nichts mehr vom Übersprechen.

von Uwe S. (regionalligator)


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OK, der TL072 ist ja nun nicht gerade ein moderner OP. Aber daß der 
solche Kapazitäten hat, ist ja ein Ding. Hätte da eher an eine externe 
Kapazität gedacht, z.B. weil alles auf Steckboard aufgebaut ist oder 
so...da wirklich nur pF benötigt würden, wäre das immer noch 
vorstellbar.

: Bearbeitet durch User
von Jens G. (jensig)


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Das hat nix mit Kapazitäten zu tun.
Da der OPV als invertierender Verstärker benutzt wird, hängt das 
Eingangssignal direkt am Gegenkopplungsnetzwerk. Und über dieses geht 
des Einganssignal unter Umgehung des OPV auf dessen Ausgang. Da der OPV 
vergleichsweise träge ist, regelt er das nicht sofort aus, und damit ist 
die Spitze zu sehen (und deswegen klappt sogar die Simulation dieser 
Peaks).

von Achim S. (Gast)


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Tja: die Erklärung ist so wahr (und eigentlich auch so naheliegend). Ich 
gehe mich eine Runde schämen, weil ich nicht selbst drauf gekommen bin 
;-)

von ArnoR (Gast)


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Ich denke nicht, dass diese Erklärung stimmt, denn die sich daraus 
ergebenden Pulsformen passen nicht zum Oszillogramm ganz oben. Der 
Tiefpass aus der Beschaltung und der Tastkopfkapazität ergibt viel 
langsamere Flanken als oben gezeigt. Außerdem müsste der OPV dann einen 
für die Flanken wirksamen Ausgangswiderstand von 22k haben. Die 10pF 
sind noch optimistisch, zumal weil da keine Streukapazität und keine 
Ausgangskapazität des OPV berücksichtigt sind.

von Jens G. (jensig)


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Vielleicht kommt noch ein Masseführungsproblem hinzu. Oder Tastkopfmasse 
nicht direkt am OPV angeschlossen.
Jedenfalls sind diese Durchschläge übers Rückkopplungsnetzwerk nicht 
ganz unbekannt, wenn der OPV mit zu steilen Flanken überrascht wird.

von Uwe S. (regionalligator)


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ArnoR schrieb:
> Ich denke nicht, dass diese Erklärung stimmt

Die stimmt ja auch nicht. Allein schon, weil der OP-Ausgang zwar träge, 
aber dennoch an jedem Punkt laständerungsstabil ist. Niemals gibt es 
dort durch resistive Effekte einen Spannungssprung in Höhe der vollen 
Eingangsspannung. Ausnahme: der OP ist ausgangsseitig schon voll 
ausgesteuert. Dann ist der Ausgang für höhere Spannungen in diese 
Richtungen hochohmig.

@much: welche Spannungen nutzt du denn an den Rails? Der TL072 ist kein 
RRO.

von Frank (Gast)


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Das Problem mit der Spitze bei der Erstmessung kann man wie bereits 
kommentiert dadurch vermeiden, in dem man keinen invertierenden 
Verstärker nimmt.

Man baut einen Spannungsfolger auf und steuert ihn mit einem schnellen 
Impuls an und misst die Anstiegszeit am Ausgang. Dann gibt es das 
erwartete Bild mit geringem Übersteuern.

von Jens G. (jensig)


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@ Uwe S. (regionalligator)

>ArnoR schrieb:
>> Ich denke nicht, dass diese Erklärung stimmt

>Die stimmt ja auch nicht. Allein schon, weil der OP-Ausgang zwar träge,
>aber dennoch an jedem Punkt laständerungsstabil ist. Niemals gibt es
>dort durch resistive Effekte einen Spannungssprung in Höhe der vollen

Und Du meinst, der OPV hält sich an Dein "niemals"?

Der ist nur laststabil, solange er der Änderung folgen kann. Und das 
kann er mit zunehmender Frequenz immer schlechter.
Nach den Ausführungen von ArnoR könnten da aber noch andere Effekte 
mitwirken, da die Anstiegszeit offensichtlich nicht nur reinweg durch 
das Gegenkopplungsnetzwerk erklärt werden kann. Also kapazitive 
Einkopplungen, schlechte Masseführung, ...
Unser TO könnte ja mal testweise das Rechteck über 22k (bzw. 44k) direkt 
auf den OPV-Ausgang einspeisen, und das Ausgangsverhalten beobachten.

: Bearbeitet durch User
von much (Gast)


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Uwe S. schrieb:
> @much: welche Spannungen nutzt du denn an den Rails? Der TL072 ist kein
> RRO.

Der OPV wird mit +-15V versorgt. Der µC der das Rechtecksignal erzeugt 
wird mit 5V versorgt. Die Verstärkung beträgt ja -1. Es geht sich also 
aus ohne dass der OPV in die Nähe der Rails kommt.

Jens G. schrieb:
> Vielleicht kommt noch ein Masseführungsproblem hinzu. Oder Tastkopfmasse
> nicht direkt am OPV angeschlossen.

Der Aufbau ist wie gesagt auf dem Steckbrett. Die Masse des Tastkopfes 
ist über die Kroko-Klemme des Tastkopfes angeschlossen. An sich auch 
nicht optimal. ich hatte gedacht. für die 300kHz reichts noch.

Jens G. schrieb:
> Unser TO könnte ja mal testweise das Rechteck über 22k (bzw. 44k) direkt
> auf den OPV-Ausgang einspeisen, und das Ausgangsverhalten beobachten.

Bin mir nicht ganz sicher wie du das meinst. Ausgangssinal des µC über 
44kOhm auf den Ausgangspin des OPV und die Eingänge offen lassen?

von Jens G. (jensig)


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>Bin mir nicht ganz sicher wie du das meinst. Ausgangssinal des µC über
>44kOhm auf den Ausgangspin des OPV und die Eingänge offen lassen?

Die Eingänge ganz normal beschalten, also mit Rückkopplung, wie Du sie 
schon hattest, so daß am Ausgang 0V Ruhepegel wird. Dann einfach via R 
das Rechteck vom µC auf den Ausgang geben, und schauen. Ist einfach nur 
ein Test, um zu sehen, ob und wie der OPV die (Stör-)Flanken an seinem 
Ausgang unterdrückt.

von Uwe S. (regionalligator)


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Jens G. schrieb:
>>Die stimmt ja auch nicht. Allein schon, weil der OP-Ausgang zwar träge,
>>aber dennoch an jedem Punkt laständerungsstabil ist. Niemals gibt es
>>dort durch resistive Effekte einen Spannungssprung in Höhe der vollen
>
> Und Du meinst, der OPV hält sich an Dein "niemals"?
>
> Der ist nur laststabil, solange er der Änderung folgen kann.

Das glaube ich nicht. Wäre vielleicht bei einem diskret aufgebautem OP 
noch so. Halbwegs moderne OPs haben in der Ausgangsstufe 
hochverstärkende Spannungsfolger. Die Spannung, die intern gerade 
ausgegeben wird, bleibt am Ausgang auch unter sehr schnell wechselnder 
Last bestehen. Solange man mit der Last im normalen Rahmen bleibt, 
versteht sich. Aber es ist ja eh nicht der Rede wert, denn der 
Spannungssprung hat ja ca. die Höhe der Eingangsspannung. Viel zu viel 
für irgendwas resistiv Verursachtes.

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