Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik DC-DC Wandler; Trafo surrt beim Berühren


von Michael W. (Gast)


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Hallo !

Wie in vorausgegangenen Postings erwähnt, baue ich einen ungeregelten 
Vorwärtskonverter in H-Brücken Topologie, der mit 512kHz getaktet wird. 
Nach einigen Anpassungen und vor allem der Auswahl eines entsprechenden 
Übertragers läuft das eigentlich sehr zufriedenstellend. Für die 
Ansteuerung der N-MOSFETs verwende ich einen integrierten Gate Treiber 
mit Bootstrap-Ansteuerung der High-Side. Ausgangsseitig entnehme ich 15W 
bei 48V. MOSFETs erwärmen sich auf 29°C, der Trafo wird lauwarm. Da ist 
aber der Punkt: Beim Berühren des Trafokerns (Ferrit) mit dem Finger 
höre ich ein starkes Klingeln (also hochtoniges Quietschen - 
wahrscheinlich aus dem Kern) und die Schaltung geht kaputt - und zwar 
nicht die FETs, sondern die beiden Treiber ICs.

OK, ich habe das ganze auf einer Lochrasterplatte aufgebaut und die 
Masseleitung ist durchgeschleift, Laboraufbau mit langen Strippen vom 
Netzteil zum Testaufbau, etc..., trotzdem bin ich ob dieses Verhaltens 
sehr verunsichert. Ist das bei einem ordentlichen Layout dann weg? Was 
passiert da? Ich selbst stehe auf Erdpotenzial und stelle wohl eine 
kapazitive Kopplung über den Finger und die Wicklungskapazitäten her. 
Wieso schaukelt sich das System so wild auf? Woher kommt das Geräusch? 
Geht der Trafo hier evtl.in Sättigung? Falls ja, wieso? Da der Aufbau 
dies bisher immer nur einige Sekunden überlebte, kann ich auch nicht 
nachmessen.

Ich kann bei Bedarf die konkrete Schaltung senden, würde aber zunächst 
einmal fragen, ob jemand diese Symptomatik kennt und falls ja, wie man 
sowas in den Griff bekommt und ruhig schlafen kann. Würde es etwas 
bringen, die DC-Ein- und Ausgänge induktiv abzukoppeln. Bei der 
endgültigen Schaltung mache ich dies, aber eher wegen EMV...

Vielen Dank für Hinweise!

PS. Mit Aussagen wie "baue erst mal was einfacheres" etc, ist mir nicht 
geholfen ;-)

von Sébastien M. (sebi211)


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Guten Abend

In so einem Falle wäre ein Schema und vielleicht sogar ein Bild von dem 
Aufbau noch nützlich... schöner Beschrieb der Schaltung aber alles im 
Kopf vorstellen ne danke ;)

von Michael W. (Gast)


Angehängte Dateien:

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Hier drei Bilder frei gezeichnet, da ich nicht in der Arbeit bin:
Entspricht aber der Realität.

FETS: FDC86244 (4x)
Ansteuersignal: Kommt aus einer Logik, die eine Schaltlücke von 100ns 
bei 500kHz erzeugt. Ich denke, hier ist nicht das Problem.

Verwendete Laborgeräte:

Netzteil 12V
Netzteil 48V (H-Brückenspannung, 200u am Eingang der Schaltung)
Signalgenerator: aus einem 1Mhz mit 90% Duty Cycle wird über Flipflop 
ein 500kHz Signal mit 100ns Lücke erzeugt
Oszilloskop, Tastkopf 10:1, hängt meist an einer Sekundärwicklung gegen 
sekundäre Masse.

Die Gerätemassen hängen alle am Eingang der Platine zusammen.
Keine Erdung verwendet.

Es ist so aufgebaut wie im Bild. Lochrasterplatte, ... Alle ICs haben 
Stütz-Kos 100nF sehr nahe dran. Über beide Halbbrücken geht jeweils ein 
100nF 48V gegen Masse.

Die Layout Considerations des Treibers (Datenblatt) weisen natürlich 
scharf darauf hin, dass es auf das richtige Layout ankommt. Trotzdem 
wüsste ich gerne, was hier surrt und wieso die Berührung mit dem Finger 
etwas ausmacht.

von R. F. (rfr)


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Wenn es beim Berühren quietscht, kann der Kern einen Riss haben. Der 
wirkt wie ein Luftspalt und versaut die Characteristik des Übertragers 
enorm.

Prüfe das doch mal.

Robert (noch nicht wissend, welcher Ferrit das ist)

von Mark S. (voltwide)


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Mir stellen sich da folgende Fragen:
Wieso eine so hohe Taktfrequenz? Wenn es keinen zwingenden Grund gibt, 
macht man sich nur unnötig das Leben schwer.
Wieso eine Vollbrücke für 15W Ausgangsleistung? Das geht mit einer 
LLC-Halbbrücke wesentlich einfacher, bzw reicht da auch ein 
Sperrwandler.
Gibt es irgendwo eine Strombegrenzung?
Eine Vollbrücke kann im Fehlerfall beliebig viel Gleichstrom liefern - 
wird dem Rechnung getragen?

Und was die beschrieben Symptomatik betrifft, habe ich nicht den Hauch 
einer Idee. Lochrasteraufbau kann durchaus gehen, das hängt im 
Wesentlichen von Deinen Fähigkeiten ab.

von Michael W. (Gast)


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Mark S. schrieb:
> Mir stellen sich da folgende Fragen:
> Wieso eine so hohe Taktfrequenz? Wenn es keinen zwingenden Grund gibt,
> macht man sich nur unnötig das Leben schwer.

den gibt es: eine sehr sensible Signalverarbeitung hat ein Nutzband bis 
500kHz.
Es hat früher Linien im Spektrum aufgrund des Wandlers gegeben.

> Wieso eine Vollbrücke für 15W Ausgangsleistung? Das geht mit einer
> LLC-Halbbrücke wesentlich einfacher, bzw reicht da auch ein
> Sperrwandler.

wegen der geringeren EMV Belastung

> Gibt es irgendwo eine Strombegrenzung?
> Eine Vollbrücke kann im Fehlerfall beliebig viel Gleichstrom liefern -
> wird dem Rechnung getragen?
>

Ja

> Und was die beschrieben Symptomatik betrifft, habe ich nicht den Hauch
> einer Idee. Lochrasteraufbau kann durchaus gehen, das hängt im
> Wesentlichen von Deinen Fähigkeiten ab.

Abgesehen von diesem Problem arbeitet die Schaltung sehr gut. Ichhabe 
mich bemüht, die Abstände und das Layout auf der Lochraster möglichst 
kompakt zu halten. Würde es etwas bringen, die DC Ein- und Ausgänge über 
Drosseln abzukoppeln?

von Michael W. (Gast)


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R. F. schrieb:
> Robert (noch nicht wissend, welcher Ferrit das ist)

Ein N87:
http://www.distrelec.at/Web/Downloads/_t/ds/E20-10-6_eng_tds.pdf?mime=application%2Fpdf

Der Übertrager wurde von einem Hersteller für uns als Muster 
angefertigt.

von R. F. (rfr)


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Mit welchem Spalt?
Gruss

Robert

von Michael W. (Gast)


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Mehr weiß ich nicht:

-
Kernmaterial N87 oder äquivalent
Abmessungen (max.): 21,5x21,5x12,0mm
Pinlänge: 3,5±0,6mm
Bohrlochdurchmesser: 1,0mm
Serieninduktivität(N1+N2+N3): 1,49mH±30% (20kHz/50mV)
Hauptinduktivität(N1): 1,65μH±32% (50kHz/50mV)
Streuinduktivität(N1 - N2&N3 kurzgeschlossen): 1,0μH±32% (50kHz/50mV)
Primärwiderstand(N1): 98,85mOhm±10%
Übersetzungsverhältnis: N1:N2:N3 = 4-5:1-2:7-8 = 1:1:1
Hochspannung: N1:N2:N3 = 2kV/AC/2s
Stoßspannung: N1:N2:N3 = 2,4kV (Normblitz)
Luftststrecke: 2,0mm
Kriechststrecke: 2,3mm

Es muss 165uH heißen für Hauptinduktivität.

von Michael W. (Gast)


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Warum quietscht ein Kern mit Luftspalt bei Berührung?

von oszi40 (Gast)


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Fast jeder Oszillator wo man anfasst wird verstimmt. Ohne jetzt den 
Aufbau gesehen zu haben, behaupte ich mal leichtfertig, daß Deine Finger 
die Antenne ersetzten und das Signal weiter vorn wieder eingekoppelt 
wird?

von R. F. (rfr)


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Im Kern mit Luftspalt wird im Spalt sehr viel mehr Energie gespeichert 
als im Kernmaterial selbst. Das Berühren mit dem Finger kann daher große 
Mengen Energie in den Kern freisetzen und diesen sogar in die Sättigung 
gehen lassen. Das bedeutet erhebliche Rückwirkungen auf Quelle und Last.

Der schwächere stirbt zuerst. Das ist in der Regel nicht die Last.
Warum der Kern dabei quietscht, weiß ich auch nicht, ich vermute einen 
Riss, wie bereits oben geschrieben.

Mit den Angaben im Datenblatt ist ersichtlich, dass ohne Luftspalt ca 
100 Wdg erforderlich sind, um auf einem kern ohne Spalt eine 
Induktivität von 165 µH herzustellen. Damit liegt ein kern mit Luftspalt 
vor, denn hier haben wir Windungszahlen um die 30 Wdg.

Ich würde nun gerne wissen, wozu? Mit Luftspalt hat man eine 
Speicherdrossel. Die braucht man aber nicht bei deiner Schaltung, sie 
ist nur für Sperrwandler erforderlich, die auch  Energie in die Last 
abgeben müssen, wenn primärseitig kein Strom fließt. Für deine Anwendung 
ist ein Trafokern ohne Spalt ausreichend. Schau mal bei Schmidt-Walther 
auf der Homepage nach, die ist recht brauchbar.

Gruss

Robert

: Bearbeitet durch User
von Der Andere (Gast)


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Was mich irritiert:
Serieninduktivität(N1+N2+N3): 1,49mH±30% (20kHz/50mV)
Hauptinduktivität(N1): 1,65μH±32% (50kHz/50mV)
Streuinduktivität(N1 - N2&N3 kurzgeschlossen): 1,0μH±32% (50kHz/50mV)

Die Induktivitäten sind bei 20 bzw, 50 kHz angegeben, du nutzt das Teil 
aber mit 500 kHz?

Da das kein ideales Kernmaterial ist, variieren die Werte doch auch mit 
der Frequenz.

von R. F. (rfr)


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Das kernmaterial schafft 500 kHz noch so gerade eben.
Gruss
Robert

von Michael W. (Gast)


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Der Kern erwärmt sich bei Nennlast 15W nur auf ca. 40°C, damit bin ich 
zufrieden. Das nächstbeste Material N97 würde man nehmen, wenn die 
Kernverluste zu hoch wären. Dies ist nicht der Fall. Hat das beobachtete 
Verhalten denn etwas damit zu tun?

von Gerd E. (robberknight)


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Evtl. kann man aus dem Defekt an dem Treiber auf den Fehlermechanismus 
schließen.

Wie gehen denn die Treiber genau kaputt?

Überhitzen die langsam, also fangen das rauchen an? Oder platzen die 
schlagartig?

Oder hast Du einfach plötzlich Durchgang zwischen allen möglichen Pins?

Wie sieht es eigentlich mit der Masse aus? Also vor allem der Verbindung 
zwischen der Masse der Brücke, den Treibern und der Stromversorgung? Das 
kann bei Lochraster leicht mal zum Problem werden.

von Michael W. (Gast)


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Es geht der Treiber kaputt (werden sehr heiss, platzen aber nicht...), 
die FETs überleben meist.

Ich nehme an, dass die beiden Brücken-Spannungen gegen Masse (d.h. Ugs 
an den unteren FET) negativ werden und zu einer Zerstörung des Treibers 
führen. Das UH darf beim vorliegenden Teil -5V nicht unterschreiten. Da 
ich wahrscheinlich zu große parasitäre Induktivitäten im 
Source-Gate-Kreis habe, kann das dadurch laut Datenblatt zu großen 
Problemen führen.

von ArnoR (Gast)


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R. F. schrieb:
> Mit den Angaben im Datenblatt ist ersichtlich, dass ohne Luftspalt ca
> 100 Wdg erforderlich sind, um auf einem kern ohne Spalt eine
> Induktivität von 165 µH herzustellen.

Nö, es sind nur 11Wdg.

> Damit liegt ein kern mit Luftspalt
> vor, denn hier haben wir Windungszahlen um die 30 Wdg.

Aha, ein Kern mit Luftspalt, also geringerem AL-Wert braucht weniger 
Wdg. für die gleiche Induktivität? Mal ganz was Neues.

Er hat wahrscheinlich einen Kern mit AL=227, Gap=0,17mm, N1=27Wdg.

R. F. schrieb:
> Ich würde nun gerne wissen, wozu? Mit Luftspalt hat man eine
> Speicherdrossel.

Wozu wohl? Mit Luftspalt hat man nicht automatisch eine Speicherdrossel, 
auch ein Trafo funktioniert damit genauso wie einer ohne Luftspalt. Der 
geringere AL-Wert bedingt höhere Windungszahlen, reduziert aber 
entsprechend die Flussdichte und damit die Kernverluste. Das ist der 
Grund.

von ArnoR (Gast)


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R. F. schrieb:
> Das Berühren mit dem Finger kann daher große
> Mengen Energie in den Kern freisetzen und diesen sogar in die Sättigung
> gehen lassen.

Man, was hast du denn für Finger?

von Michael W. (Gast)


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ArnoR schrieb:
> Nö, es sind nur 11Wdg.

nein, es sind laut Hersteller 12 ;-)

von ArnoR (Gast)


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Michael W. schrieb:
> nein, es sind laut Hersteller 12 ;-)

Was sind nur 12Wdg? Die bei dir wirklich drauf sind, oder die beim 
spaltlosen Kern für 165µH nötig wären?

Deine Antwort kann eigentlich nur das erste sein. Aber dann frag ich 
mich, wieso du oben gesagt hast du hättest keine weiteren Infos über den 
Kern und wieso du die Windungszahl nicht angegeben hast?

von Michael W. (Gast)


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weil ich das erst nachfragte. Verrennen wir uns jetzt nicht?

von ArnoR (Gast)


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Wo liegt jetzt die Primärwicklung im Wickelaufbau? Die 3 Wicklungen sind 
doch gleich, also kannst du die untereinander mal tauschen. Was passiert 
dann? Womit sind die Wicklungen eigentlich gewickelt (Draht, Litze, 
Folie)? Bei 3x12Wdg. und so hohem Widerstand (~0,1mm²) muss da ja noch 
viel Platz sein. Evtl. kann man die Kapazität zum Kern hin noch 
verkleinern.
Warum erdest du den Kern nicht? Dann hast du wenigstens erstmal 
definierte Verhältnisse. Manche haben dazu sogar direkt Lötanschlüsse 
(z.B. RM-Kerne). Ich habe an die Klammern von ETD, EFD usw. -Kernen oft 
Erdungen angelötet. Aber nicht wegen der Empfindlichkeit gegen Anfassen, 
sondern wegen verminderter Störabstrahlung in die Umgebung.

von Mark S. (voltwide)


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ArnoR schrieb:
> Wo liegt jetzt die Primärwicklung im Wickelaufbau? Die 3 Wicklungen sind
> doch gleich, also kannst du die untereinander mal tauschen. Was passiert
> dann? Womit sind die Wicklungen eigentlich gewickelt (Draht, Litze,
> Folie)? Bei 3x12Wdg. und so hohem Widerstand (~0,1mm²) muss da ja noch
> viel Platz sein. Evtl. kann man die Kapazität zum Kern hin noch
> verkleinern.
> Warum erdest du den Kern nicht? Dann hast du wenigstens erstmal
> definierte Verhältnisse. Manche haben dazu sogar direkt Lötanschlüsse
> (z.B. RM-Kerne). Ich habe an die Klammern von ETD, EFD usw. -Kernen oft
> Erdungen angelötet. Aber nicht wegen der Empfindlichkeit gegen Anfassen,
> sondern wegen verminderter Störabstrahlung in die Umgebung.

In dem EMV-Zusammenhang wäre der konkrete Wicklungsaufbau schon 
interessant.
Im Sinne einer möglichst geringen Koppelkapazität wäre die 
2-Kammer-Anordnung klar im Vorteil. Die resultierende schwächere 
magnetische Kopplung passt dann gut zusammen mit einem LLC-Konverter.

Und Erdung des Kernes ist unter EMV-Aspekten dringend angeraten.

: Bearbeitet durch User
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