Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Freilaufdiode für 10mH Spule im LC-Tiefpass


von Simon851 (Gast)


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Hallo Zusammen,

ich filtere eine 12V DC Versorgungsspannung für ein paar Messgeräte mit 
einem LC-Tiefpass, bestehend aus Spule 10mH (3 Ohm) und einem 
Kondensator 2200µF. Damit funktionieren die Messgeräte einwandfrei. 
Jetzt wollte ich zum Schutz der Messgeräte eine Freilaufdiode 
nachrüsten, z.B. für den Fall, dass der Kondensator defekt ist. Der 
Stromverbrauch der Messgeräte liegt typischerweise bei 200mA und maximal 
bei 500mA.

Berechnet habe ich nun folgendes:
Abklingzeit Tau:
t= L/R = 10mH/3Ohm = 0.0033s

Induzierte Spannung U
U= L*dI/dt = 10mH*0.5A/0.0033s = 1.5V

Nun die Frage: Ist das so richtig? Habe ich mich verrechnet? Induzierte 
1.5V erscheinen mir sehr gering. Dioden vom Typ 1N5408 (1000V, 3A) habe 
ich zufällig zur Hand. Kann ich diese verwenden?

von Didi (Gast)


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Ja, kannst Du verwenden, brauchst Du aber nicht!

von Axel S. (a-za-z0-9)


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Simon851 schrieb:
> ich filtere eine 12V DC Versorgungsspannung für ein paar Messgeräte mit
> einem LC-Tiefpass, bestehend aus Spule 10mH (3 Ohm) und einem
> Kondensator 2200µF.
> Jetzt wollte ich zum Schutz der Messgeräte eine Freilaufdiode
> nachrüsten, z.B. für den Fall, dass der Kondensator defekt ist.

Irgendwie habe ich den Eindruck daß du entweder den LC-Tiefpaß
oder die Freilaufdiode nicht verstanden hast. Oder beides.

von Simon851 (Gast)


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Meine Messgeräte werden solarbasiert versorgt. Wenn die Batterie voll 
ist und die Sonne noch ordentlich scheint, bekomme ich vom 
Solarladeregler Störpulse auf meine Versorgungsspannung. Bei 14.4V ist 
der Puls ca. 1V auf 15.4V und dauert 0.5ms. 14.4V liegen für etwa 2.75ms 
an. Die Messgeräte sind extrem EMV-Empfindlich und messen damit nur noch 
Mist.

Die Frequenz ist demzufolge 300Hz, der LC-Tiefpass arbeitet bei 34 Hz. 
Das reicht aus, obwohl meine Störung nicht sinus-förmig ist. Daher 
brauche ich bei einer DC-Spannungsversorgung einen LC-Tiefpass.

Im Moment funktioniert alles einwandfrei. Jedoch möchte ich auf Nummer 
Sicher gehen, falls z.B. der Kondensator abschmiert ist oder doch durch 
irgendeinen dummen Zufall höhere Ströme geschaltet werden.

von Route_66 H. (route_66)


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Axel S. schrieb:
> Irgendwie habe ich den Eindruck daß du entweder den LC-Tiefpaß
> oder die Freilaufdiode nicht verstanden hast. Oder beides.

Stimmt! Seine Erklärung zeigt das sehr deutlich.

von Simon851 (Gast)


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OK, entweder bin ich auf dem völlig falschen Dampfer oder ich hab 
irgendwo einen Denkfehler. Ich geh nochmal lesen.

von Simon851 (Gast)


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Ich komm nicht drauf.

Solange Strom fließt habe ich kein Problem.
Solange der Kondensator OK ist habe ich kein Problem.

So betrachtet bräuchte ich die Diode nicht. Aber es sind mehrere 
Stromkeisläufe nachgeschaltet, teils mit Geräten mit extrem kleiner 
Stromaufnahme. Bevor ich jetzt lange rechne, ob das passt oder nicht, 
löte ich lieber noch kurz eine Diode mit ein. Schaden tut sie ja nicht 
und nachdem die 10 Messgeräte insgesamt über 100k€ wert sind, fallen die 
Kosten für die Diode nicht wirklich ins Gewicht.

von Route_66 H. (route_66)


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Hallo1
Die serielle Spule des Tiefpasses verhindert bei einem schnellen Anstieg 
der Eingangsspannung einen schnellen Anstig des Laststromes 
(Anstiegsflanke wird abgeflacht). Bei einem schnellen Abfall der 
Eigangsspannung liefert die Spule den Laststrom weiterhin aus seinem 
zusammenbrechenden Magnetfeld (Abflachung der abfallenden Flanke). 
Beides zusammen ergeben den Filtereffekt des LC-Gliedes.
Was willst Du jetzt mit der Diode unterbinden?

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Simon851 schrieb:
> So betrachtet bräuchte ich die Diode nicht.
Richtig. Das wars.

> Bevor ich jetzt lange rechne, ob das passt oder nicht, löte ich lieber
> noch kurz eine Diode mit ein.
Das hat mit "Rechnen" gar nichts zu tun. Simples "Denken" reicht hier 
aus. Was macht eine Spule? Sie hält den Strom konstant. Na gut, nicht 
über Jahre, aber für eine kurze Zeit betrachtet durchaus.

> fallen die Kosten für die Diode nicht wirklich ins Gewicht.
Die Diode ist nicht nur unnötig, sondern sogar kontraproduktiv. Zeichne 
einfach mal einen Schaltplan, trenne irgendwo was auf und überlege, was 
passiert, wenn die Spule den bisherigen Strom einfach weiterfließen 
lässt. Dann wird dir auf einmal klar, warum man an anderen Stellen eine 
Diode braucht, und hier nicht...

Route 6. schrieb:
> Was willst Du jetzt mit der Diode unterbinden?
Die unbestimmte Angst...

: Bearbeitet durch Moderator
von Georg (Gast)


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Simon851 schrieb:
> nachdem die 10 Messgeräte insgesamt über 100k€ wert sind, fallen die
> Kosten für die Diode nicht wirklich ins Gewicht.

Wenn, dann würde ich eine Überspannungsschutz-Diode einbauen. Aber 
Geräte, die kEuro kosten, sollten das schon selbst eingebaut haben.

Georg

von Jorge (Gast)


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Der Denkfehler in der Spulengleichung ist dI und dt. dI ist eine 
Stromänderung, nicht der Maximalstrom, dt entsprechend die Zeitdauer, in 
der sich der Strom ändert. Aber warum soll sich der Strom großartig 
ändern, wenn der Kondensator wegfällt? Die Spule an sich wirkt doch 
trotzdem noch als Dämpfungsglied.
Ansonsten hilft auch, das ganze mal zu simulieren, z.B. in LTSpice.
Und natürlich vorher nachdenken, was man eigentlich erreichen möchte :)

Andererseits... wenn ich schon Messtechnik im k€-Bereich herumstehen 
habe, warum fehlen dann zwei € für eine vernünftige integrierte 
Spannungsversorgung, die so gut vor Spannungsspitzen und Fehlerfällen 
schützt, dass die Messgeräte in jedem Fall gut messen?

von Simon851 (Gast)


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Jetzt habe ich gerade meinen ersten Stromkreis simuliert. LT Spice ist 
zum Glück so einfach zu bedienen, dass das auch ich mit meinem 
Halbwissen gut hinbekomme. Das Ergebnis überrascht nicht. Im 
Normalbetrieb ist die Diode unbelastet (-1.7pA).

Legende der Grafik:
Grün: Ungefilterte Spannung
Blau: Gefilterte Spannung
Rot: Strom über die Diode

Ich wollte folgenden Fehlerfall unterbinden: Es werden alle Geräte bis 
auf den Datenlogger getrennt. Dieser hat im Ruhemodus eine kaum messbar 
kleine Stromaufnahme. Daher nehme ich Stromaufnahme=0 an. Meine Änderung 
dI ist demnach mein Maximalverbrauch (500mA). Da Abschalten sehr schnell 
geht, ist dt auch sehr klein. Somit könnte ich unter Annahme Kondensator 
defekt und Stromverbauch Datenlogger=0 eine große Spannungsspitze 
bekommen. Wenn ich mich im Eingangspost nicht verrechnet habe, beträgt 
diese aber nur 1.5V, was selbst ohne Kondensator nicht weiter tragisch 
wäre. Wenn jetzt keine größeren Lasten plötzlich abgeschalten werden, 
währen nur eine sehr sehr kleine Last verbunden ist, ist alles kein 
Problem.

Aber genau den Fall größere Lasten abschalten und Kondensator defekt 
würde ich aber gerne absichern. Die Geräte sind im Outdooreinsatz. Wenn 
vor Ort etwas schief geht, kann es schon sein, dass mal eine 
Stromversorgung quer genutzt wird. Daher kam ich auf diesen Gedanken.

Ich kann noch nicht ganz nachvollziehen, wieso die Diode sogar 
kontraproduktiv sein kann. Ich suche mir jetzt mal in LT Spice die 
Möglichkeit, wie ich einen Schalter einbauen und verschiedene Zustände 
simulieren kann.

Jorge schrieb:
> Andererseits... wenn ich schon Messtechnik im k€-Bereich herumstehen
> habe, warum fehlen dann zwei € für eine vernünftige integrierte
> Spannungsversorgung, die so gut vor Spannungsspitzen und Fehlerfällen
> schützt, dass die Messgeräte in jedem Fall gut messen?

Leider ist es so, dass teuere Messtechnik nicht gleich heißt, dass sie 
ausgereift ist. Mit einem Work-Around würden die Messgeräte auch mit der 
ungefilterten Spannung zurecht kommen, aber da verliere ich massiv 
Empfindlichkeit. Das ist in der Wissenschaft nicht so der Brüller.

von Didi (Gast)


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Wenn Du fürchtest, daß durch einen defekten Kondensator was beschädigt 
werden könnte, schalte einfach noch einen parallel. Immer noch Angst? 
Dann eben noch einen dritten Kondensator. Das nützt im Gegensatz zu 
Deiner Diode noch am ehesten was.

von Simon851 (Gast)


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OK, dann mach ich das so.
Vielen Dank, jetzt hab ich wieder ordentlich was gelernt!

von Route_66 H. (route_66)


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Simon851 schrieb:
> Ich kann noch nicht ganz nachvollziehen, wieso die Diode sogar
> kontraproduktiv sein kann.

Weil sie die fallende Flanke des Eingangssignales an der Spule vorbei 
leitet. damit ist die Filterwirkung geringer und der Ripple am 
Kondensator wird größer.

von Achim S. (Gast)


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Simon851 schrieb:
> Wenn ich mich im Eingangspost nicht verrechnet habe, beträgt
> diese aber nur 1.5V, was selbst ohne Kondensator nicht weiter tragisch
> wäre.

Leider hast du dich verrechnet.

Simon851 schrieb:
> t= L/R = 10mH/3Ohm = 0.0033s

diese Zeitkonstante der Stromabsenkung wäre relevant, wenn die Spule 
"sich selbst überlassen wird" (z.B. beide Enden der Spule niederohmig an 
GND und der zuvor eingprägte Strom sinkt langsam ab). Die induzierte 
Spannung ist in dem Fall grade so groß, dass sie den jeweiligen 
Spannungsabfall am ohmschen Widerstand der Spule kompensiert. Mit der 
Induktionsspannung bei einem extern aufgeprägten schnellen Stromwechsel 
hat das nichts zu tun.

Dein Worst-Case wäre, wenn deine Geräte schlagartig vom maximalen 
Stromverbrauch auf den minimalen Verbrauch umschalten. Dann kann die 
induzierte Spannung sehr viel größer werden als die von dir berechneten 
1,5V, und um den Spannungsanstieg zu begrenzen ist der Kondensator da.

Zudem haben deine Geräte, wenn sie mit DC versorgt werden und starke 
Lastwechsel durchführen, normalerweise selbst Kondensatoren am 
Versorgungseingang. Wenn dir beides noch zu unsicher ist, wäre der schon 
zuvor vorgeschlagene Überspannungsschutz die sinnvolle Lösung.

Die Freilaufdiode würde (wie auch schon geschrieben) dafür sorgen, dass 
negative Spannungsspitzen an der Spule vorbei direkt auf die Versorung 
durchschlagen.

von Simon851 (Gast)


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Vielen Dank für die weiterführende Erklärung. Ich hätte niemals gedacht, 
dass sich die Freilaufdiode negativ auswirken kann, aber das tut sie.

Spontan würde ich diese hier nehmen mit 20V Durchschlagspannung. Der 
empfindlichste Eingang ist bis 26V spezifiziert. Das sollte passen, 
oder?.
http://de.rs-online.com/web/p/suppressordioden-tvs/8129266/

von Simon851 (Gast)



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So sieht die Schaltung simuliert sieht das mit den 2 Kondensatoren und 
der Suppressordiode aus. Ich glaub so bleibts :-)

von Georg (Gast)


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Simon851 schrieb:
> Das sollte passen,
> oder?.

Ja. Es sei denn du willst auch direkten Blitzeinschlag und 
Nuklearwaffeneinsatz mit NEMP abdecken...

Eine Sicherung davor ist auch nicht dumm. Die Suppressordioden opfern 
sich für die Schaltung dahinter, d.h. sie werden bei Überlastung dauernd 
leitend, dann fliegt die Sicherung anstatt dass ein Dauerstrom nach GND 
fliesst.

Georg

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