Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik 500 W Bassverstärker tut nicht mehr


von koocky (Gast)


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Hallo Forengemeinde,

folgendes Problem:
Ein Kollege hat bei seinem Bass-Amp versehentlich während des Betriebs 
den Spannungswahlschalter von 230 V AC auf 120 V AC umgestellt. Danach 
wurde der Schalter zurückgestellt und die innen verbaute Gerätesicherung 
(10 A T) ausgetauscht. Wenn man den Amp nun einschaltet, kommt sofort 
der Leitungsschutzschalter für das betreffende Zimmer in der Wohnung 
(nicht der FI!). Die Sicherung löst nicht aus (vermutlich zu langsam).

Im Schaltplan (siehe Link) sieht man den Voltage Switch nach dem 
Brückengleichrichter. Welches Bauteil hat am wahrscheinlichsten Schaden 
genommen und sollte auf Verdacht getauscht werden? Was passiert in der 
Schaltung nach dem Schalter (2 Dioden ?)

Ich bin für jeden Rat dankbar.


Link zum Schaltplan: 
http://bmamps.com/Schematics/ampeg/Ampeg_PF500_MAIN_POWER_SUPPLY_2034544-01-C02-SCH.pdf

von Franz B. (rcs)


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Das liegt ganz an dem Aufwand, den du treiben möchtest.
Deine Endstufen haben kurzzeitig 328 Volt gesehen.
Ebenso wurden alle weiteren Bauelemente mit doppelter Spannung 
beaufschlagt.

Als ersten Ansatz mal ganz vorne beginnen: Die Brücken im 
Schaltnetzteil.

von MM (Gast)


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koocky schrieb:
> versehentlich

Eher nicht. Mal testen ob es 1000 Watt werden ist wahrscheinlicher.

koocky schrieb:
> Welches Bauteil hat am wahrscheinlichsten Schaden
> genommen

D1 und D60 wäre ein Anfang.

koocky schrieb:
> und sollte auf Verdacht getauscht werden?

Mit messen repariert es sich besser. Auf Verdacht könnte man das gesamte 
Netzteil tauschen.

von MM (Gast)


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Franz B. schrieb:
> Deine Endstufen haben kurzzeitig 328 Volt gesehen.

Bei einem geregelten SNT?

von Klaus R. (klara)


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Hallo,
die doppelte Spannung ist natürlich ein Supergau. Aber Du könntest Glück 
haben. D1 und D60 sind m.E. Überspannungsschutzdioden.

http://pdf1.alldatasheet.com/datasheet-pdf/view/32838/TRSYS/1.5KE200A.html

Laut Datenblatt haben die einen Breakdown min von 190V. Die dürften 
jetzt als Leiter funktionieren und erzeugen einen Kurzschluss.

Der Brückengleichrichter könnte durch den Kurzschlussstrom durch sein. 
Den Brückengleichrichter kann man mit einem Ohmmeter testen. Wenn er 
durch ist, dann sieht man das.

mfg klaus

von oszi40 (Gast)


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koocky schrieb:
> (10 A T) ausgetauscht.

Da hat er noch Glück, wenn nicht alle Leiterzüge weg sind. Die MOSFETS 
und deren Ansteuerung werden es wohl nicht überstanden haben? Den Rest 
kannst Du nur ausmessen und später mit kleiner Spannung prüfen ob der 
Kurze weg ist. Für einen, der noch nie Schaltnetzteile repariert hat, 
eine mühsame und gefährliche Operation, weil sich oft die Katze in den 
Schwanz beißt.

von koocky (Gast)


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MM schrieb:
> koocky schrieb:
>> versehentlich
>
> Eher nicht. Mal testen ob es 1000 Watt werden ist wahrscheinlicher.

Nee, der Kollege ist nicht so dumm. Er hat das Ding auf der dunklen 
Bühne Aus- und Einschalten wollen und dabei gründlich daneben gegriffen. 
Umso ärgerlicher.


Danke erstmal für die ersten Anhaltspunkte. Ich melde mich nochmal, wenn 
ich mehr weiß oder sich weitere Fragen ergeben.

von Bassman (Gast)


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früher hat man solche Schalter mit einem angeschraubtem Blech gesichert. 
War offensichtlich das richtige Vorgehen.

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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koocky schrieb:
> Welches Bauteil hat am wahrscheinlichsten Schaden genommen und sollte
> auf Verdacht getauscht werden?
Man sollte kein Bauteil "auf Verdacht" tauschen, sondern einfach mal 
messen.

Du kannst ja nach dem Tauschen zum Testen dann einen 500 Baustrahler in 
Reihe davor schalten, dann musst du nicht immer zum Sicherungskasten 
rennen...

von Armin X. (werweiswas)


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MM schrieb:
> Franz B. schrieb:
> Deine Endstufen haben kurzzeitig 328 Volt gesehen.
>
> Bei einem geregelten SNT?

Ich würdel eher behaupten, dass der Primärteil des Netzteils mal eben 
flockige 650V zu den Transistoren geliefert bekommen hat... Anstelle 
325VDC.

Www

von Klaus R. (klara)


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Armin X. schrieb:
> MM schrieb:
>> Franz B. schrieb:
>> Deine Endstufen haben kurzzeitig 328 Volt gesehen.
>>
>> Bei einem geregelten SNT?
>
> Ich würdel eher behaupten, dass der Primärteil des Netzteils mal eben
> flockige 650V zu den Transistoren geliefert bekommen hat... Anstelle
> 325VDC.
>
> Www

Du hast meinen Beitrag wohl übersehen.

Klaus R. schrieb:
> die doppelte Spannung ist natürlich ein Supergau. Aber Du könntest Glück
> haben. D1 und D60 sind m.E. Überspannungsschutzdioden.
>
> http://pdf1.alldatasheet.com/datasheet-pdf/view/32838/TRSYS/1.5KE200A.html
>
> Laut Datenblatt haben die einen Breakdown min von 190V. Die dürften
> jetzt als Leiter funktionieren und erzeugen einen Kurzschluss.

mfg klaus

von Armin X. (werweiswas)


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Klaus R. schrieb:
> Du hast meinen Beitrag wohl übersehen.

Jup hab ich. Sorry

von Old P. (Gast)


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koocky schrieb:
>
>> Eher nicht. Mal testen ob es 1000 Watt werden ist wahrscheinlicher.
>
> Nee, der Kollege ist nicht so dumm. Er hat das Ding auf der dunklen
> Bühne Aus- und Einschalten wollen und dabei gründlich daneben gegriffen.
> Umso ärgerlicher.

Ich habe mir gerade ein Video zu dem Ding angesehen, der Umschalter ist 
verseknt angeordnet, nur mit Schraubenzieher, Schlüssel o.ä. zu 
verstellen.... Unbeabsichtigt geht es also eher nicht ;-)

Neben den Dioden wären auch die Elkos Todeskandidaten ;-) Der Umschalter 
schaltet die Graetzbrücke (und ihre Elkos) in 
Spannungsverdopplerbetrieb, das sollten auch die Elkos übel genommen 
haben.

Old-Papa

von Peter D. (peda)


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koocky schrieb:
> Gerätesicherung
> (10 A T) ausgetauscht. Wenn man den Amp nun einschaltet, kommt sofort
> der Leitungsschutzschalter

Das ist mit Abstand die schlechteste Idee, sofort wieder volle Pulle 
dranzugeben. Damit vergrößert man den Schaden nur noch um ein 
Vielfaches.
Eine Sicherung kommt niemals ohne Grund!

Erstmal aufmachen und gründlich nachsehen, ob Schäden zu erkennen sind. 
Sind die Leiterzüge nicht durchgebrannt, ist das schonmal ein gutes 
Zeichen.
Ist die Platine aber schon an Stellen verkohlt, hilft nur noch 
wegschmeißen. Da haben sich dann leitende Bereiche gebildet. Man kann 
höchstens diese Kohlestellen weiträumig rausdremeln und Drähte ziehen.

Die Endstufe wird wohl überlebt haben durch die Anlaufschaltung, aber 
das Netzteil wirds gerissen haben. Die aktiven Bauteile kann man mit 
einem Ohmmeter durchmessen (Kurzschluß). Ist ein Transistor/Diode 
kaputt, dann immer auch den komplementären Part wechseln, der ist 
nämlich vorgeschädigt.

Zur Inbetriebnahme würde ich erstmal die Endstufe abklemmen. Und 
natürlich nur mit Trennstelltrafo und ganz langsam hochdrehen.
Die Steuerstromversorgung dürfte überlebt haben, die kann man zuerst 
prüfen und dann mit 230V versorgen, damit sie die Hauptversorgung 
freigibt.
Die Hauptversorgung ist nur ein ungeregelter Zerhacker, deshalb ja auch 
die Umschaltung. Die kann man daher erstmal mit kleiner Spannung prüfen.

Das muß ja wohl eine recht billige Kiste sein, daß nichtmal 1..5€ für 
eine automatische Umschaltung da sind (Komparator + Relais).

: Bearbeitet durch User
von Peter D. (peda)


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Die 500W sind aber stark übertrieben, am Netzanschluß steht nur max 125W 
Input drauf.

von Krankerbruder (Gast)


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Old P. schrieb:
> ch habe mir gerade ein Video zu dem Ding angesehen, der Umschalter ist
> verseknt angeordnet, nur mit Schraubenzieher, Schlüssel o.ä. zu
> verstellen.... Unbeabsichtigt geht es also eher nicht ;-)


Eine meiner Bekannten ist Krankenschwester in der Notaufnahme. Die 
erzählt auch immer von Leuten die sich "unbeabsichtigt" wo drauf gesetzt 
haben :D

von Paul B. (paul_baumann)


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koocky schrieb:
> Ein Kollege hat bei seinem Bass-Amp versehentlich während des Betriebs
> den Spannungswahlschalter von 230 V AC auf 120 V AC umgestellt.

Das war wohl ein sog. Basstölpel?
https://de.wikipedia.org/wiki/Basst%C3%B6lpel

MfG Paul

von koocky (Gast)


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Um den Thread mal zu beenden:

Die TVS-Dioden waren tatsächlich auf der Unterseite mit Löchern 
versehen, sprich abgeraucht. Ich habe die Dioden und die Elkos mitsamt 
Widerständen (47 Ohm) getauscht. Das Ding läuft wieder reibungslos. 
Vielen Dank für die Tipps !

von Old P. (Gast)


Angehängte Dateien:

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Hmmmm,
nicht jede Diode mit Löchern (oder Rissen) ist defekt ;-)

Das Ding hier (Foto) stammt aus meinem Fluke Calibrator (5100B) und hat 
bis zum Ausbau an der Stelle (Netzteile) bestens funktioniert.
Die wurde natürlich ersetzt.

Old-Papa

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