Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Typ-2-Kompensation, Ausgangs-C, ESR, Verständnis/Erklärung?


von Nik A. (nik_a)


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Hallo alle :)

Ich beschäftige mich seit einiger Zeit mit DCDC-Konvertern (Buck) bzw 
nutze diese auch schon.
Da gibt es meist eine Beschaltung des Fehlerverstärkers und ich fange 
gerade an, diese genauer zu berechnen anhand der Formeln im Datenblatt, 
damit ich dort auch mal angepasste Werte einsetze, anstatt Werte aus 
Beispielschaltungen.

Das Problem ist, ich verstehe noch nicht ganz den Sinn und die 
Funktionsweise.

Ich habe mir dazu mal den TPS54232 ausgesucht und mit den Formeln im 
Datenblatt ein paar Rechnungen gemacht. Die erhaltenen Werte für meinen 
Schaltungsaufbau weichen dabei oft stark von Beispielschaltungen ab.

Vielleicht hat hier jemand mehr Einblick in das Thema und kann mir ein 
paar Dinge (kurz und/oder einfach) erklären?

Dazu ein paar Fragen:
In den Beispielen wird oft ein recht kleiner Ausgangskondensator 
verwendet, z.B. 22µF Keramik. Durch eigene Messungen hab ich mich 
entschieden, etwas zwischen 220µ und 470µ zu verwenden, da die Spannung 
glatter ist. Dadurch ändern sich auch die Werte der Bauelemente für die 
Kompensierung. Außerdem habe ich parallel meist noch kleine Keramik-Cs.

Ist es denn allgemein besser, eher kleine Ausgangs-Cs zu verwenden oder 
kann man auch größere nehmen und muss lediglich die Werte der 
Kompensations-Beschaltung anpassen?

Ich fand bisher nur sehr komplizierte Beispiele, aber gibt es eine 
einfache Formel, bei mehreren parallelen Ausgangskapazitäten den 
Gesamt-ESR zu bestimmen, wenn der für alle einzelnen bekannt ist?
Ich bin dabei immer von einfacher Parallelschaltung der Widerstände 
ausgegangen und nahm bei 3 paralleln Kondensatoren dementsprechend z.B. 
200 mOhm des Elkos, sowie je 2x 5 mOhm der Keramik-Cs and und komme bei 
diesem Beispiel auf 2.469 mOhm. Aber kann das so einfach sein?


Und jetzt noch 2.5 Rechenbeispiele:

Das erste ist aus dem Datenblatt (und ich komme beim Nachrechnen auf 
andere Werte, als in deren Rechnung. Im Datenblatt wird ein ESR von 5 
mOhm angenommen, beim Nachrechnen erhalte ich die Ergebnisse des 
Datenblatts aber für einen ESR von 2.5 mOhm, sehe aber nirgends, warum 
die mit der Hälfte gerechnet haben)

edit: crossover-freq. ist auf 50 kHz festegelegt, Schaltfreq. ist 1 MHz, 
phase margin = 60°

Vout = 2.5 V
Iout(max) = 2 A
K (für ripple) = 0.35 (35% von Iout)
Vin(max) = 15V
damit ergibt sich eine minimale Induktivät von 3.3 µH, mit Irms = 2.01 A 
und Ipk = 2.39 A.
Minimale Ausgangskapazität sollte 2.5 µF sein, man benutzt in diesem 
Beispiel 22µF Keramik mit etwa ESR = 5 mOhm.

Daraus berechnen sich folgende Werte für die Kompensationsbeschaltung:
phase loss = -91.4°, phase boost = 61.4°
pole frequency = 196.2 kHz, zero frequ. = 12.7 kHz
Rz = 17.7 kOhm, Cz = 705 pF, Cp = 46 pF


Jetzt das Rechenbeispiel für meine Beschaltung:
Vout = 5 V
Iout(max) = 2 A
K (für ripple) = 0.35
Vin(max) = 24V
damit ergibt sich eine minimale Induktivät von 5.7 µH.
ich nehme 10 µH mit Irms = 2.01 A und Ipk = 2.25 A.
Minimale Ausgangskapazität sollte 1.3 µF sein, ich nehme nun einen 470µF 
Elko mit etwa ESR = 200 mOhm.

Daraus berechnen sich folgende Werte für die Kompensationsbeschaltung:
phase loss = -11.8°, phase boost = -18.2°
pole frequency = 36.2 kHz, zero frequ. = 69.1 kHz
Rz = 756.4 kOhm, Cz = 3 pF, Cp = 5.8 pF

Nun nochmal die Fragen:
Kann das sein, dass ich tatsächlich diese berechneten Werte einsetzen 
muss?
Sollte ich tatsächlich nur eine kleine Ausgangskapazität verwenden aus 
Keramik?
Oder funktioniert es, wenn ich zum großen Elko noch Keramik-Cs parallel 
schalte?
Wenn ja, welche Kapazitäten sollte ich nehmen? 100nF? 10µ? Oder sogar 
beide?

Ich hoffe, Ihr versteht, worauf ich hinaus will :)

Nehme ich im zweiten Beispiel einen ESR von 2 mOhm an (bei 470µF plus 2 
Keramik Cs von sagen wir 100 nF), ändern sich die Werte in:
phase loss = -83.4°, phase boost = 53.4°
pole frequency = 151.2 kHz, zero frequ. = 16.5 kHz
Rz bleibt 756.4 kOhm, Cz = 12.7 pF, Cp = 1.4 pF

Hauptproblematik sehe ich hier beim Errechnen des Gesamt-ESR sowie die 
recht unterschiedlichen Werte von Rz, Cz und Cp.

Danke für Aufklärung, das würde mir zum Verständnis in Zukunft sehr 
helfen :)

: Bearbeitet durch User
von Mark S. (voltwide)


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Vor einiger Zeit habe ich mich mit TypIII-Kompensatoren beschäftigt und 
bin dabei auf die exzellenten papers von Dean Venable gestoßen. Leider 
scheint er sie mit ins Grab genommen zu haben, denn auf seiner Homepage 
sind sie nicht mehr.

Jedenfalls scheint es mir keine gute Idee zu sein eine große 
Ausgangskapazität mit nur mäßig gutem ESR zu wählen. Das ESR-zero 
rutscht dadurch auf recht niedrige Frequenzen ab - und das macht die 
Kompensation mit passendem ESR-Pol nicht einfacher.

Damals hab ich mir meine eigenen spreadsheets gebastelt (open office), 
komplexe Zahlenberechnung innerhalb von Tabellenkalkulationen sind ja 
recht gewöhnungsbedürftig. Wenn Interesse besteht, könnte ich die mal 
rauskramen.

Abgesehen von der theoretischen Behandlung stößt die praktische Messung 
des Bode-Diagramms auf Schwierigkeiten: Wie will man denn bis Fc und 
höher messen in Anwesenheit der störenden Taktfrequenz des Wandlers?

von Sascha (Gast)


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"Ist es denn allgemein besser, eher kleine Ausgangs-Cs zu verwenden oder
kann man auch größere nehmen und muss lediglich die Werte der
Kompensations-Beschaltung anpassen?
"

Guck dir mal das ESB eines Kondensators an. Da erkennt man einen 
Reihenschwingkreis drin.

Der sorgt dafür, dass es eine Frequenz gibt, wo dieser Kondensator einen 
unendlich hohen Widerstand hat.

Also verwendet man zur Störungsunterdrückung häufig mehrere 
Kondensatoren parallel:
- 100µF Elko
- 100nF Keramik

Dann liegen die Nullstellen auseinander und bei jeder gegebenen Frequenz 
gibt es mindestens einen Kondensator, der noch seinen Job macht.

Ein Elko verhält sich ab einer gewissen Frequenz wie eine pefekte Spule. 
Ist für HF eine extrem unpraktische Eigenschaft.

von Mark S. (voltwide)


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Wo hat ein Reihenschwingkreis einen unendlichen Widerstand? Bei 
Gleichspannung.
Die paar 10nH Eigeninduktivität eines Elkos sind, in Verbindung mit den 
ESRs, im interessenden Frequenzbereich wohl eher vernachlässigbar.

von Sascha (Gast)


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Mh ja du hast Recht mit dem Reihenschwingkreis. Aber der Rest bleibt. 
Andernfalls würden die Vorlesungen Hochfrequenztechnik und 
Automobilelektronik lügen.

Und der interessante Frequenzbereich ist halt so ne Frage. 
Rechteckschwingungen wie bei PWM haben ein unendlich breites Spektrum.

Bei 100kHz Grundfrequenz kommt man deutlich in die Mhz-Bereiche rein. 
Und da ist ein Elko schon deutlich von idealen 90° Phasenverschiebung 
entfernt.

von Nik A. (nik_a)


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uh, ok ... also leite ich jetzt einfach daraus ab, dass ich das quasi 
schon richtig mache und den Gesamt-ESR mit den Keramik-Cs niedrig halte 
und auch einfach wie parallele ohmsche Widerstände errechnen kann.

Die recht "krassen" Unterschiede zwischen den Werten aus dem Beispiel 
und meinem Anwendungsfall (17 kOhm -> 750 kOhm, 700 pf -> 12 pF und 47 
pF -> 1.4 pF) sind also ganz normal?

Was die Kompensation betrifft, vermute ich einfach mal: man möchte die 
gain-Kurve über einem Frequenzbereich möglichst gerade halten?

von Mark S. (voltwide)


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Nik A. schrieb:
> Was die Kompensation betrifft, vermute ich einfach mal: man möchte die
> gain-Kurve über einem Frequenzbereich möglichst gerade halten?

Die Kompensation erfolgt vorrangig unter dem Aspekt des 
Phasenspielraumes, die gain-Kurve ist dabei nicht möglichst gerade 
sondern eher ziemlich verbogen. Wie man das macht, hat Dean Venable 
beschrieben, s. meinen vorigen Beitrag.

von Alfred B. (alfred_b979)


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Mark S. schrieb:
> hat Dean Venable
> beschrieben

Sind die Dokumente nicht "unauffindbar"? Dann hilft ihm das doch leider 
auch nicht. Ich wollte gar nix schreiben, weil ich da selbst noch nicht 
recht durchblicke, aber ich kenne z.B. ein Dokument mit versch. 
Herangehensweisen, die Regelung eines Buck stabil / besser hin zu 
kriegen. Hoffentlich hilfts...

https://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=4&cad=rja&uact=8&ved=0ahUKEwj2nv2vuvjKAhUChg8KHY5ACMwQFgg9MAM&url=http%3A%2F%2Fweb.cecs.pdx.edu%2F~tymerski%2Fchap1.pdf&usg=AFQjCNHuDCak9liCcfAbxG7g24LaCqlxug&sig2=jqcaWFmKxhWb_Fqxfz2F5A

Ansonsten kann ich nur raten, sich erstens mal an die Literatur zu dem 
benannten Baustein, und anderer Lit. des Herstellers zu halten. Das 
vereinfacht teils den Bezug. Zweitens aber ist Englisch nicht unsere 
Muttersprache, daher sollte man nach deutscher Literatur suchen.

Solange man keine solche oder nicht genug davon findet, kann man aber 
wenigstens Dokumente verschiedener Autoren lesen - denn verschiedene 
Formulierungen und Bedeutungen gehen bei nur einem Autor mit seiner 
besonderen Art zu schreiben dann eher mal "lost (in translation)". Ich 
hoffe, Du weißt, was ich meine.

P.S.: Hast Du diese Website schon mal gründlich zu dem Thema durchsucht?
Geht z.B. auch bei Google, Eingabe "Schlagworte 
site:Mikrocontroller.net" - in Deinem Fall wären diese halt PI Regler, 
Kompensation, ... nicht zu viele auf einmal, sonst keine Treffer.

: Bearbeitet durch User
von Mark S. (voltwide)


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Mit deutscher Literatur zum Thema sieht es da wohl eher schlecht aus.
Ansonsten sollte die Suche nach "k-factor"  "venable" einiges zu Tage 
fördern.

: Bearbeitet durch User
von Nik A. (nik_a)


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Danke, ich guck mal :)

von voltwide (Gast)


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Bei Bedarf kann ich Dir die papers von venable zu posten. Sie sind 
offenbar im Netz nicht mehr auffindbar.

von Nik A. (nik_a)


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@voltwide: wenn ich die verstehe, gern ;D

ich hab das heute mal in der Praxis probiert und die errechneten Werte 
benutzt. Die Schaltung war danach nicht stabil. Sehr eigenartig ...
Die Spannung war schon da und brach auch nicht ein, allerdings bekam die 
Drossel kein Rechteck bzw nur manchmal.
Nachdem ich wieder meine stark von der Rechnung abweichenden 
Bauelement-Werte genommen habe, war alles wieder ok ...

Mit den errechneten Werten konnte ich am Comp-Pin zumindest ein 
deutliches Rechteck sehen (min. 150 mV), mit den vorher eingesetzten 
Werten war es kaum zu sehen bzw sah sehr verrauscht aus. Allerdings 
bekommt die Spule (wie erwähnt) kein ordentliches Rechteck mit den 
errechneten Werten, und ich behaupte mal, da sollte doch eignetlich eins 
sein, wenn kein Leerlauf vorliegt :o

von Alfred B. (alfred_b979)


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voltwide schrieb:
> Bei Bedarf kann ich Dir die papers von venable zu posten. Sie sind
> offenbar im Netz nicht mehr auffindbar.

Würdest Du die bitte auch mir vermitteln?

(Habe keine Ahnung, wie es mit Urheberrechten aussieht, deshalb frage 
ich nicht gleich nach einer "Öffentlichmachung" hier im Forum.)

von Mark S. (voltwide)


Angehängte Dateien:

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Die Venable papers waren für mich das mit Abstand Verständlichste zu dem 
Thema das zu finden war. Es gibt immer noch diverse Zitate dieser 
Quelle, die auf die homepage von Venable verlinken. Jedoch sind diese 
kurz nach dessen Tode von der Seite verschwunden.
Das was ich davon noch gesichert habe, hänge ich hier mal an.

von Nik A. (nik_a)


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besten Dank :)

von Alfred B. (alfred_b979)


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Auch von mir: Vielen Dank!

von voltwide (Gast)


Angehängte Dateien:

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Aus 2010 habe ich mal ein paar Unterlagen zum Thema herausgekramt: 
spreadsheet, LTspice-simulation und etwas text.

von Nik A. (nik_a)


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und nochmal besten Dank :)

von Mark S. (voltwide)


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Gern geschehen!

von Alfred B. (alfred_b979)


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@Mark: Thank you... ;-)

von Mark S. (voltwide)


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