Forum: Mechanik, Gehäuse, Werkzeug Gehäuse temperaturkompensierte Befestigungstellen


von Fpgakuechle K. (Gast)


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Sevus,

ich suche Literatur zu Konstruktion eines Gehäuses/Chassis das sich bei 
Temperaturänderung möglichst wenig verzieht.

Bei einem längliche geschlossenen Gehäuse  ändert sich ja bekanntlich 
die Position von Befestigungstellen im µm-bereich. Im Gehäuse befindet 
sich neben exakt zu positionierender Optik Elektronik die zum Aufheizen 
und damit zur Längenausdehnung des Gehäuses führt. Erschwerend kommt 
hinzu das das Gehäuse geschlossen sein muß (blickdicht) , 
Lüftungsgitter/-schlitze etc nur an wenigen stellen möglich sind. 
Material ist Alu, Länge ist über einen Meter.

Unter welchen Stichwort könnte man nach Standardprozeduren 
(Dehnungsfugen?, Invar?), Berechnungsvorschriften und Simulationen 
suchen?

von metallfunk (Gast)


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Schau dir mal die Arbeit von Herrn Guillaume ( Nobelpreis ) an.
Mit Metallen wird das schwierig.

Polymerbeton oder Kohlefaser haben praktisch auch keine Längen-
änderung.

Grüße Bernd

von oszi40 (Gast)


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Fpga K. schrieb:
> Material ist Alu

Es kommt ja nicht nur auf das Material, sondern auch auf die Farbe an, 
die bei Aufheizung noch eine Rolle spielen kann. Das wird wohl nicht 
ganz einfach bei Alu (WAK 23).
https://de.wikipedia.org/wiki/Ausdehnungskoeffizient
http://www.vision-doctor.de/bv-system-berechnungen/thermischer-ausdehnungskoeffizient-laengenausdehnuung.html

von Sebastian S. (amateur)


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Für praktisch alle, im Handel erhältlichen, Materialien gibt es 
sogenannte, technische Daten Materialkoeffizienten oder wie auch immer 
die Tabellen heißen.
Für praktisch alle Materialien gilt - auch die Stranggepressten – sie 
sind "demokratisch". D. h. dehnen sie sich um 10% in der Länge aus, so 
tun sie das auch in der Breite.
Für praktisch allen Anwendungsfälle reicht somit eine bemaßte Zeichnung, 
hierbei insbesondere mit bemaßten Befestigungspunkten, aus. Damit ist es 
dann - etwas Fleiß vorausgesetzt - möglich jeden der "Bewegtpunkte" zu 
verfolgen.

Also falls Du nicht auf einen Tipp zur Verhinderung der Ausdehnung 
hoffst, was ist das Problem?

Letzteres lässt sich natürlich recht einfach dadurch verhindern, indem 
man für entsprechende Kühlung sorgt. Damit beißt sich aber dann die 
Katze in den eigenen Schwanz.

von oszi40 (Gast)


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Fpga K. schrieb:
> die Position von Befestigungstellen im µm-bereich

µm-Bereich wäre schön. Je nach Temperaturdifferenz sind das 2 mm auf den 
Meter bei Alu. Ein Langloch auf der Leiterpaltte hilft zwar gegen 
Ausdehnungsdifferenzen, aber der hochgenaue Laserstrahl wird evtl. ein 
paar km weiter sein Ziel nicht erreichen? Evtl hilft eine mittige 
Befestigung?

von Flip B. (frickelfreak)


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In manchen optischen anordnugnen wird das mittels eines peltiers gelöst. 
das pumpt gleichzeitig die verlustleistung weg und regelt die 
längenaudehnung. Temperatur wird über eine rückkopplung aus dem 
optischen pfad geregelt also sowas wie ein swr. Literatur kenn ich keine 
dazu.
Video:
https://www.youtube.com/watch?v=3zkTlTWyNGw

von Sebastian S. (amateur)


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Ach so, ich vergaß:

Manchmal hilft eine clevere Befestigung.

Also eine Befestigung an zu stabilisierender Position. Alle anderen 
Halter sind elastisch, haben Langlöcher oder sind so ausgeführt, dass 
das Innenleben gleiten kann (einfache, flächige Pressung).

von Mani W. (e-doc)


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Sebastian S. schrieb:
> Für praktisch alle Materialien gilt - auch die Stranggepressten – sie
> sind "demokratisch". D. h. dehnen sie sich um 10% in der Länge aus, so
> tun sie das auch in der Breite.

10 Prozent würde zum Tod jedes Schaltschrankes führen, bei 50 Grad
wäre er schon am verbiegen...


Bei Eisen waren es so ein mm pro Meter um 100 Grad erwärmt, Erinnerung
aus der Lehrzeit...

von Georg (Gast)


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Fpga K. schrieb:
> im µm-bereich

Man könnte natürlich die theoretische Ausdehnung berechnen und aktiv 
kompensieren, aber wenn es um µ geht, wird das nicht genau genug 
funktionieren - die Ausdehnung ist wohl um das mehrhundertfache grösser 
als die zulässige Abweichnung.

Ich würde daher eine Regelung vorsehen statt einer Steuerung: die Lage 
wird mit Laserinterferometer vermessen und mit Stellgliedern auf die 
Abweichung Null geregelt. Dann ist es auch egal, wodurch die Abweichung 
verursacht wird.

Georg

von butsu (Gast)


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Naja, die Berechnung hängt natürlich von den genauen Einbaubedingungen, 
Materialien etc. ab. Wieviel darf sich was verziehen? Um wieviel darf 
die Form / Länge des Gehäuses sich verändern? Oder geht es um die 
Einbauten? Könntest du die Optik auf einem anderen Träger montieren, der 
flexibel mit dem Gehäuse verbunden ist?

Was diese Verbindung können muß, ist ja recht leicht abzuschätzen. Die 
Wärmeausdehnungskoeffizienten sind ja bekannt.  Bei Alu sind es z.B. 
23.1*10^-6 K^-1, also 23.1µm pro Meter und Kelvin. Nimmst du Glaskeramik 
(Ceran) sind es eben nur 0.1µm pro Meter und Kelivin, bei Invar ca. 1.8 
µm pro Meter und Kelvin.

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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Das Uhrenpendel wurde noch nicht erwähnt
https://de.wikipedia.org/wiki/Kompensation_%28Uhr%29#Temperaturkompensation
speziell die Konstruktion des "Rostpendel (synonym Harrisonsches 
Kompensationspendel)" circa 1725 erfunden. Zwei Metalle, die 
gegeneinander laufen kompensieren die Wärmeausdehnung.

von Thomas (Gast)


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Stichworte für Google:
Athermal optomechanics

von oszi40 (Gast)


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butsu schrieb:
> µm pro Meter und Kelvin.

Wahrscheinlich wäre es einfacher, das Metallgefäß auf die höchste 
vorkommende Temperatur aufzuheizen (ähnlich wie bei manchem 
Quarz-Thermostat)? Isolierung+Thermostat=? Dann ist zumindest im Sommer 
bei 30 Grad im Büro noch etwas Genauigkeit vorhanden, sofern die 
Bauteile es vertragen?

von Fpgakuechle K. (Gast)


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Danke für die Tipps, im Prinzip gibt es also 4 Möglichkeiten:
a) auf eine Stützkonstruktion aus INVAR oder Kohlefaser setzen
b) durch entgegengesetzte Ausdehnung wie beim Rost-pendel kompensieren
c) auf Betriebs-temperatur bringen und diese halten
d) Strahlgangverschiebung messen und optisch kompensieren

a und b haben die Vorteil das sie passiv ist, man muss also nicht 
ständig aktiv eingreifen damit sind diese Varianten sicherer als c und d

b) scheint mir recht "wacklig" abhämgig von der Anzahl der zu 
kompensierenden Befestigungspunkte

c) scheint standard zu, das Problem ist hier das der "Kasten" ziemlich 
lang ist und mehrere unterschiedliche Hitzequellen einwirken. Sollte man 
da mehrere heatpads einplanen und getrennt ansteuern um eine möglichst 
gleiche Temperaturverteilung zu erhalten? Peltierelemente scheinen im 
Vergleich deutlich aufwendiger zu sein.

Für a) könnte man nur ein Grundgerüst aus Material mit TK=0 aufbauen das 
alle Befestigungspunkte "trägt". Das Gerüst wird dann so mit dem Alu 
beplankt das dessen thermische Verformung nicht als elastische 
Verformung auf das Grundgerüst überträgt.

d) wurde ich technisch vorsehen also Abweichungsmessung und Aktorik zur 
Kompensation vorsehen. Sollte ohnehinschon aus anderen Gründen 
vorgesehen sein.


Die vorgeschlagene Lit. zu "Athermal optomechanic" sichte ich noch, ich 
würde liebend gern auf einen fachtext zurückgreifen der die gesamte 
Problematik der diesbezüglichen Geräteentwicklung beschreibt. ich hatte 
auf alte Uhrmacherbücher gehofft aber die gehen das Thema Kompensation 
eher anders an. Die Probleme einzeln anzugehen könnte sich dann beim 
"zusammenfügen" fatal erweisen. wenn besipielsweise die thermisch 
stabile Konstruktion Bodenvibrationen oder Körperschall aufnimmt oder zu 
schwer oder zu spröde ist.

MfG,

von Mani W. (e-doc)


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Was soll das werden???



Fpga K. schrieb:
> Bei einem längliche geschlossenen Gehäuse  ändert sich ja bekanntlich
> die Position von Befestigungstellen im µm-bereich.


 Im Gehäuse befindet
> sich neben exakt zu positionierender Optik



Elektronik die zum Aufheizen
> und damit zur Längenausdehnung des Gehäuses führt. Erschwerend kommt
> hinzu das das Gehäuse geschlossen sein muß (blickdicht)...

von Pandur S. (jetztnicht)


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Ein Laser muss sowieso luftdicht sein. Denn sonst gibt es 
Staubablagerungen auf den Spiegeln.

Ja, es gibt Legierungen, haben null ausdehnung. Sowas wuerde ich zB im 
Weltraum verwenden, wenn es beliebig lange ohne wartung funktioneren 
muss. Und die Waerme hinreichend homogen auftritt, oder verteilt werden 
kann.

Ja, man kann sowas thermisch stabilisieren, das wuerde man mit einem 
sogenannten Chiller machen, der bei kleinen Leistungen mit Peltier, bei 
hoeheren Leistungen, ab zB 50W thermisch mit einem Kompressor laeuft. 
ein externes Gerate mit Schlaeuchen angeschlossen. Also das ganze 
Mainboard, resp das Gehaeuse ist mit Wasser Rippen versehen und 
durchflutet.

Ja, das Einfachste ist aktive Stabilisierung mittels Elektronik. 
Allenfalls muss man so einen Servoantrieb irgendwann wechseln.

von metallfunk (Gast)


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Das müsste sich doch einfacher lösen lassen.

Die Elektronik mit Optik in einem Kohlefaserrohr.

Das Ganze in das Alurohr verfrachten. Gleichbleibende Temperatur
sicherstellen ( Heizen oder Kühlen ).

Fertig.

Grüße Bernd

von Fpgakuechle K. (Gast)


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metallfunk schrieb:
> Das müsste sich doch einfacher lösen lassen.
>
> Die Elektronik mit Optik in einem Kohlefaserrohr.
>
> Das Ganze in das Alurohr verfrachten. Gleichbleibende Temperatur
> sicherstellen ( Heizen oder Kühlen ).

Und das Kohlefaserohr schwebt frei im Alurohr? Eher nicht, irgendwoe 
sind die beiden miteinander verbunden. Das gibt Wärmebrücken und 
mechanische spannungendie sich vom Alu aufs Kohlefaserrohr übertragen.

Gleichbleibende Temperatur ist auch einfacher gesagt als getan. Da ist 
elektronik dabei die flott auf 60° aufheizt. die muss man wegkriegen, 
mit Wärmestrahlung allein ist es kaum getan. Viel besser ist natürlich 
zwangsbewegte Luft. Aber einen Miefquirl wie beim PC kann man auch nicht 
so schnell mal in die Optik stellen ohne die optischen Verhältnisse zu 
ändern.

Mani W. schrieb:
> Was soll das werden???

Laser-Anwendung in der Medizin.
Keine Panik -> ich bau nicht das Gehäuse das machen die Experten. Ich 
will mich nur schlau machen um beim Systemdesign mitreden zu können: Was 
kann die Elektronik zur Problemlösung beitragen , wo muß die 
Mechanik-konstruktion ihren Anteil zum technischen Wunder leisten.

MfG,

von oszi40 (Gast)


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Fpga K. schrieb:
> d) Strahlgangverschiebung messen und optisch kompensieren

Wenn Du etwas "genau" messen möchtest, brauchst Du einen recht genauen 
Anhaltspunkt, der wahrscheinlich schon durch thermische Differenzen sich 
um einiges verschiebt? Du könnte4st höchstens anhand bekannter Fehler 
den Strahl einigermaßen kalibrieren (Tabelle mit Korrekturdaten).

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