Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Verstärkerschaltung sinnvoll?


von Bastian H. (lucky66)


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Hallo Leute,

ich hatte bereits vor wenigen Wochen einen Beitrag verfasst, der mir 
helfen sollte mich vernünftig mit Software zur Schaltungssimulation 
auseinanderzusetzen (Vielen Dank nochmal dafür ;) ).

Jetzt versuche ich gerade eine Verstärkerschaltung zu designen (siehe 
Anhang).

Mein Problem ist, dass ich angeblich mit einer 9V Batterie aus einem 
0.01V Signal eine Ausgangsspannung von ca. 15-16V erzeuge (Anhang).

Jedoch ist der Strom dort nahe 0 , also würde man am Lautsprecher doch 
auch nichts hören???

Ich würde gerne folgendes Model nehmen: 
http://www.reichelt.de/Miniaturlautsprecher/VIS-K50WP-16/3/index.html?&ACTION=3&LA=5&ARTICLE=145461&GROUPID=6559&artnr=VIS+K50WP-16

Wie simuliere ich den Lastwiderstand richtig ? Wenn ich einen 
Lastwiderstand mit 16 Ohm für den Lautsprecher hinter den Kondensator 
schalte , bekomme ich über diesen nur einen Spannungsabfall von 0 Volt 
bzw. Gleichspannung ?

Wodurch entsehen die Verzerrungen ? (siehe Simulation)

Das Wichtigste: Würde diese Verstärkerschaltung so funktionieren, wenn 
ich sie aufbaue (meinetwegen auch mit viel Verzerrung und zu 
leise/laut), einfach noch ob lauffähig?


Mfg und Danke im voraus,

Lucky66


PS: Die Werte kommen daher, dass ich nur 1,10,100,1000,... Ohm 
Widerstände habe und für z.b. 30kOhm je 3 100kOhm parallel schalte.

: Bearbeitet durch User
von Sascha (Gast)


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Das sind 2 Class A Verstärker in Reihe. Das macht schonmal wenig Sinn.

Deine rechte Verstärkerstufe arbeitet nur mit einem Spannungsteiler an 
der Basis. Wenn da genug Strom von der ersten Stufe rausgezogen wird, 
sperrt der Transistor komplett, das werden deine Verzerrungen sein.

Normal würde ich sagen dass die Arbeitspunkteinstellung nicht stimmt, 
aber da ne doppelte Class A Verstärkung eh keinen Sinn macht ist das 
eigentlich nicht so wichtig.

Aber trotzdem, für die Zukunft: Du hast 2 Verstärkerstufen mit genau 
gleicher Beschaltung.

Deine erste Stufe hat aber schon nen Verstärkungsfaktor von grob 100. 
Also ist das Eingangssignal für die zweite Stufe viel zu groß und die 
entwickelt dann starkes Clipping.

Und dann kommen da bestimmt noch unschöne Effekte wegen Sättigung dazu.

Vorgehensweise:
- 1. Transistor ordentliche Arbeitspunktberechnung machen
- 2. Rechte Seite Komplementär-Gegentaktstufe mit Dioden als 
Basisvorspannung.

von DAC (Gast)


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Ich empfehle zur Berechnung das kostenlose Programm Transistoramp.

http://www.transistoramp.de/

Man kann es quasi intuitiv bedienen.

Für einen Spannungsverstärkung brauchst du die Emitterschaltung.

von Nemesis (Gast)


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Bastian H. schrieb:
> Mein Problem ist, dass ich angeblich mit einer 9V Batterie aus einem
> 0.01V Signal eine Ausgangsspannung von ca. 15-16V erzeuge (Anhang).

Was für ein Signal soll denn das sein? Rechteck oder Sinus?
Man sollte auch solche Angaben in der Schaltung unterbringen.
Um mehr Spannung raus zu holen muss man schon eine entsprechende
Schaltung nutzen, z.B. Ein Schwingkreis mit einer Spule, oder
einer Dioden-Kaskade, die aber mit NF-Verstärkern gewöhnlich
nichts gemein haben.
So eine Schaltung, sofern sie korrekt dimensioniert wäre, kann
das nicht leisten. Da werden kaum Spannungen über 7Volt am Ausgang
raus kommen.

>
> Jedoch ist der Strom dort nahe 0 , also würde man am Lautsprecher doch
> auch nichts hören???

Strom fließt nur bei angelegter Spannung an einer Last.
(Ohmsches Gesetz). Gewöhnlich misst man Spannungen und rechnet den
Strom bei Bedarf aus. Man kann den zwar auch messen, aber das wird nur
selten gemacht.

> Wodurch entsehen die Verzerrungen ? (siehe Simulation)

Weil die Stufen wegen falscher Bauteile-Dimensionierung wohl
übersteuert sind oder für die Anwendung schon der falsche Plan sind. 
Einige Werte sind da nicht plausibel. Man kann die in der Simualtion
ja leicht ändern und sieht dann, wie sich das Signal verändert.

> Das Wichtigste: Würde diese Verstärkerschaltung so funktionieren, wenn
> ich sie aufbaue (meinetwegen auch mit viel Verzerrung und zu
> leise/laut), einfach noch ob lauffähig?

Die Schaltung wird so funktionieren wie du die simuliert hast,
also verzerrt.
Je nach Eingangssignal wirken sich aber auch die Kapazitäten in der
Schaltung verzerrend aus.

> PS: Die Werte kommen daher, dass ich nur 1,10,100,1000,... Ohm
> Widerstände habe und für z.b. 30kOhm je 3 100kOhm parallel schalte.

Das ist ja mathematisch auch korrekt, aber manche Werte können schon 
falsch gewählt sein. Simulieren kann man besser mit realen Werten. 
Praktisch kann man dann ja tricksen. Woher stammt denn die Schaltung?

Bastian H. schrieb:
> Wie simuliere ich den Lastwiderstand richtig ? Wenn ich einen
> Lastwiderstand mit 16 Ohm für den Lautsprecher hinter den Kondensator
> schalte , bekomme ich über diesen nur einen Spannungsabfall von 0 Volt
> bzw. Gleichspannung ?

Bei Gleichspannung lädt/entlädt sich ein Kondensator nur. Bei
Wechselspannung wirkt ein Kondensator mit seinem kapazitiven
Blindwiderstand (und das noch frequenzabhängig), den man mit einem 
Multimeter oder Oszilloskop gewöhnlich nicht messen kann.

Wenn man ein Sinussignal verstärken will, muss man zunächst dafür
sorgen das man das Nutzsignal im Bereich von UB/2 hält, weil sonst
die Spitzen abflachen könnten, was dann zu Verzerrungen führt.

Irrtum vorbehalten

von Michael B. (laberkopp)


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Bastian H. schrieb:
> Mein Problem ist, dass ich angeblich mit einer 9V Batterie aus einem
> 0.01V Signal eine Ausgangsspannung von ca. 15-16V erzeuge (Anhang).

Stimmt schon, im Prinzip eine Spannungsverdopplerschaltung.

Sie verhält sich allerdings anders, wenn du die Frequenz verändert, oder 
die Grösse der Kondensatoren.

> Jedoch ist der Strom dort nahe 0 , also würde man am Lautsprecher doch
> auch nichts hören???

Und was du hören würdest, würde grausam klingen, denn es besteht quasi 
nur aus Verzerrungen.

Die fehlen noch viele Grundlagen der Verstärkerkonstruktion.

Bastian H. schrieb:
> Ich würde gerne folgendes Model nehmen:

Das wirkt an einem 2000 Ohm Ausgang wie ein Kurzschluss. Der Ausgang 
wird damit also vollkommen überlastet.

> Wie simuliere ich den Lastwiderstand richtig ? Wenn ich einen
> Lastwiderstand mit 16 Ohm für den Lautsprecher hinter den Kondensator
> schalte , bekomme ich über diesen nur einen Spannungsabfall von 0 Volt
> bzw. Gleichspannung ?

Ach.
16 Ohm sind schon mal ein guter Anfang, jedenfalls besser als nichts.

> Wodurch entsehen die Verzerrungen ? (siehe Simulation)

Übersteuerung und unterschreiten der unteren Grenzfrequenz.

von Uwe B. (uwe_beis)


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Im Großen und Ganzen hat der Sascha Recht, aber ich möchte noch einiges 
hinzu fügen:

Wenn ich jetzt schreibe, dass deine Schaltung teilweise höherer Blödsinn 
und die Herangehensweise zur Simulation von Ahnungslosigkeit geprägt 
ist, klingt das wie eine Beleidigung, aber:

Wir alle haben mal angefangen (zumindest die, die jetzt weiter sind), 
wir alle sind ähnlich im Dunkeln getappt, und ich finde es gut, wenn du 
es auch versuchst! Mach weiter!

Zur Schaltung:

1. Zunächst hat Sascha die Arbeitspunkte angezweifelt. Das habe ich 
auch. Arbeitspunkt heißt: Die Spannung, die am Kollektor des Transistors 
anliegt. Um eine hohe maximale Ausgangsspannung zu erreichen, sollte sie 
in der Mitte zwischen den Spannungen liegen, die sich ergibt, wenn der 
Transistor voll durchgesteuert ist und wenn er voll gesperrt ist. Wie 
man das berechnet ist 1000-fach im Internet zu finden, hier kommt die 
1001ste Version:

R1 und R2 bilden einen Spannungsteiler, in diesem Fall auf 1/4 von VCC. 
Am Emitter will sich diese Spannung (-0,6 V) einstellen, sagen wir 
ebenfalls 1/4 * VCC. Weil der Strom in RC (fast) genau so groß wie in RE 
ist, fällt über RC eine Spannung von 2,5 * 1/4 * VCC = 0,625 * VCC ab. 
Gegenüber Masse ist das 0,375 * VCC, während am Emitterwiderstand 0,25 * 
VCC abfallen. Bleiben 0,125 * VCC über den Transistor (in der Praxis 
etwas mehr). Der Transistor ist fast voll durchgesteuert, das ist gar 
nicht gut, funktioniert aber gerade noch so eben.

Das kann man auch mit der Simulation sehr schnell und viel genauer 
heraus finden, Stichwort DC Bias Points oder ähnlich.

2. Wieso hast du einen Koppelkondensator von 100 µF im Eingang, aber nur 
10 nF zwischen den Stufen? Ok, das hast du übersehen.

3. Wieso hast du am Ausgang 10 nF nach Masse gelegt? Ok, weil du es 
nicht besser weist. C11 hat da nix zu suchen, der muss weg, solange 
nichts Weiteres folgt.

Zur Simulation:
Mit welcher VCC simulierst du?

Cin würde eine untere Grenzfrequenz von ca. 0,07 Hz erlauben, die 10 nF 
von Cout ca. 300 Hz, RE ca. 1 bis 10 Hz. Zu erklären, warum, spare ich 
mir jetzt. Diese Grenzfrequenzen kann man angleichen. Aber auch jetzt 
müsste eine Simulation mit 1 kHz ein sinnvolles Ergebnis liefern.

100 mV hast du geschrieben. Bei der geschätzten Gesamtverstärkung von 
10000 (s. Sascha) würdest du den Verstärker schon bei 1 mV übersteuern, 
zumal der Arbeitspunkt so unglücklich ist. Da kann nur so ein vergurktes 
Signal am Ausgang erscheinen. Prinzipiell kann man auch exakt erklären, 
warum das genau so aussehen muss, aber das tue ich mir hier nicht an.

Ca. 10000 ist nur die Leerlaufverstärkung, wenn nichts am Ausgang 
angeschlossen ist. Der Ausgangswiderstand deiner Schaltung ist ca. = 
R16, also 3,3 kOhm. Nun schreibst du, das du dort einen 16 
Ohm-Lautsprecher anschließen willst. Das geht (bzw. ginge über einen 
Koppelkondensator), nur bricht die Ausgangsspannung auf 1/200stel 
zusammen, auch die maximale Ausgangsspannung. Im Lautsprecher hörst du 
fast nix mehr. Daher Saschas Empfehlung, eine Komplementär-Endstufe 
vorzusehen, aber ich glaube, da liegt er erheblich mit seiner 
Einschätzung deine Kenntnisse daneben.

Ich habe jetzt genug Grundlagen erläutert, Komplementär-Endstufen werde 
ich jetzt nicht auch noch versuchen.

Ich empfehle, erst mal die Simulationsschaltung zu bereinigen, und eine 
saubere Simulation zu erreichen.

Ich kann's nicht lassen:
DAC schrieb:
> Für einen Spannungsverstärkung brauchst du die Emitterschaltung.
Was, zum Teufel, will uns der Autor damit sagen? Warum schrieb er nicht:
Für eine Gleichrichter brauchst du Dioden???

von Axel S. (a-za-z0-9)


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Sascha schrieb:
> Das sind 2 Class A Verstärker in Reihe. Das macht schonmal wenig Sinn.

Was ist das denn für eine schwachsinnige Bemerkung?

In einem mehrstufigen Verstärker sind i.d.R. alle Stufen, bis eventuell 
die letzte vom Klasse-A Typ. Überhaupt baut man nur Leistungsstufen 
nicht als Class A (und manche Leute sogar die).

> Deine rechte Verstärkerstufe arbeitet nur mit einem Spannungsteiler an
> der Basis.

Wieso denn "nur"? Bei einer Emitterstufe mit Emitterwiderstand stellt 
man den Arbeitspunkt immer mit einem Spannungsteiler an der Basis ein. 
Die Frage ist halt, ob der TE den Arbeitspunkt korrekt eingestellt hat. 
(Hint: hat er nicht)

> Deine erste Stufe hat aber schon nen Verstärkungsfaktor von grob 100.
> Also ist das Eingangssignal für die zweite Stufe viel zu groß und die
> entwickelt dann starkes Clipping.

Und das weißt du aus welcher Kristallkugel? Wir wissen nicht, welchen 
Pegel der TE an V_in anlegt. Und die Verstärkung der Stufen ist mangels 
(Wechselstrom-)Gegenkopplung auch nicht klar anzugeben. Dazu müßte man 
erstmal r_be des Transistors im Arbeitspunkt kennen.


@Bastian:

1. du hast sicher mehr als 9V für die Betriebsspannung der Schaltung 
angegeben. Sonst würdest du nicht einen Spitzenwert von 15V 
rausbekommen.

2. die Arbeitspunkte deiner Transistoren stimmen nicht. Ziel ist es, ca. 
die halbe Betriebsspannung zwischen Kollektor und Emitter abfallen zu 
lassen. Beachte, daß sowohl am Kollektorwiderstand als auch am 
Emitterwiderstand Spannung abfällt.

3. es ist zwar richtig, den Emitterwiderstand mit einem Kondensator zu 
überbrücken (damit die Wechselspannungsverstärkung der Stufe höher ist 
als die Gleichspannungsverstärkung) aber man macht trotzdem einen 
Widerstand in Reihe zu diesem Kondensator, aus dem sich dann die 
Wechselspannungsverstärkung ergibt.

4. die Koppelkondensatoren von 10nF sind viel zu klein, zumindest wenn 
es dir um einen NF-Verstärker geht. Auf jeden Fall ist da ein deutliches 
Mißverhältnis zwischen den Emitter-Kondensatoren mit 100µF und den 
Koppelkondensatoren mit 10nF.

5. wenn du wissen willst, was an einem Lautsprecher ankommt, dann muß 
der Lautsprecher mit in die Simulation. Also C11 mit dem rechten Bein 
nicht direkt an GND, sondern dort deinen Lautsprecher als z.B. 8R 
Widerstand einfügen. Was soll überhaupt C11 so wie er jetzt beschaltet 
ist?

6. für einen Lautsprecher brauchst du eine deutlich niederohmigere 
Ausgangsstufe. Normalerweise eine Gegentakt-Endstufe.

von Bastian H. (lucky66)


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Ich danke euch allen für eure Antworten ;)

Besonderen Dank auch an Sascha, der sich bereits an meinem letzten Thema 
beteiligt hat.

An Axel und Uwe natürlich nicht zu vergessen mit zwei sehr detaillierten 
Beiträgen, welche ich gerade noch durcharbeite bzw. nacharbeite.

Alles in allem, fasse ich aus den Beiträgen zusammen, dass ich nicht - 
wie ich vorher erhofft habe - mein Wissen aus der Uni mit 
Learning-by-Doing vertiefen kann, sondern mir dessen Bewusst sein muss, 
dass ich in der praktischen Umsetzung nicht mit unseren idealisierten 
Schaltungen und Entwürfen weiterkomme, sondern noch viel mehr 
Fehlerquellen zu beachten und praktische Grundlagen / Erfahrungen zu 
sammeln habe.

Damit ich nun also nicht mehr bei jeder Kleinigkeit den helfenden 
Forum-Mitgliedern die Nerven raube, hab ich mir nun Literatur dafür 
angeschafft um hoffentlich in ein paar Monaten ein deutliches Mehr an 
Verständnis im Gepäck zu haben ;)

Momentan habe ich mir folgende Bücher bestellt:

http://www.amazon.de/gp/product/3826588258?psc=1&redirect=true&ref_=oh_aui_detailpage_o02_s00
(Grundlagen der Elektronik. Halbleiter, Bauelemente und Schaltungen)

http://www.amazon.de/gp/product/3446425888?psc=1&redirect=true&ref_=oh_aui_detailpage_o01_s00
(Hochfrequenztechnik: Grundlagen der mobilen Kommunikationstechnik)

Ich suche noch Literatur in folgende Richtungen und bin für jeden guten 
Buchtipp dankbar:

-Hochfrequenztechnik
-Analoge Schaltungen
-Microcontroller


Mit freundlichen Grüßen

Lucky66


PS: Mit angepassten Kondensatoren und passendem RL (16 Ohm 
Lautsprecher)sieht es schon einmal ein wenig besser aus (siehe Anhang).

: Bearbeitet durch User
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