Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Defekter Audio-Endstufen-Trafo?


von Karl-alfred R. (karl-alfred_roemer)


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Hallo zusammen,

mein Bruder hat eine etwa 10 Jahre alte Yamaha P3200 Audio-Endstufe. 
Steckt man den Stecker rein, fliegt eine Träge 4Ampere Feinsicherung vor 
dem Netztrafo. Klemmen wir sekundärseitig alles ab, fliegt trotzdem die 
Sicherung. Wenn wir den Trafo komplett abklemmen, fliegt die Sicherung 
nicht. Es scheint also etwas im Trafo faul zu sein.

Wir haben den (Ringkern) Trafo ausgebaut. Am Eingang gibt es zwei Blaue 
und ein schwarzes Kabel. Am Ausgang gibt es 2x3 Kabel:   Einmal ein Trio 
aus 2 Orangenen und einem Violetten Kabel (Dürfte eine symmetrische 
geringere Spannung sein für den Vorstufenkram und Lüfter..) und ein 
Kabeltrio  aus einem schwarzen und zwei roten Kabeln. (Vermutlich die 
symmetrische Spannung für die Endstufen)

Ich habe die Gleichstromwiderstände gemessen.
Eingang: Schwarz nach Blau jeweils etwa 8 bis 10 Ohm (schwankt etwas, je 
nachdem wie man die Strippen in die Kabelschuhe hält)

Ausgang:
Violett nach Orange: 1,2 Ohm
Schwarz nach rot: 1,8 Ohm.

Ich kenne die Sollwerte ja nicht, aber die Widerstandswerte sind 
zumindest nicht völlig unplausibel.

Laut internet hätten diese Trafos interne Thermosicherungen, die 
gelegentlich mal gerne durchbrennen würden. Die können aber in unserem 
Fall nicht durch sein, denn sonst wäre die Wicklung, die davon betroffen 
wäre, (vermutlich Primär) ja hochohmig.

Nun habe ich spaßeshalber mal ein Wasserdestillationsgerät am 
Trafoeingang in Reihe geschaltet.   Dieses Ding verbraucht 560 Watt, 
wenn man es direkt in die Steckdose steckt und 540 Watt, wenn ich es mit 
der Trafo-Primärspule in Reihe schalte.  Das kommt mit dem ohmschen 
Widerstand der Spule ja auch ungefähr hin.

Wenn man NUR einen Trafo ans Netz anschließt, ohne, dass eine Last 
hinten dran hängt, sollte doch eigentlich gar kein Strom fließen. 
Demnach würde ich auch annehmen, dass bei einem Trafo mit Primärwicklung 
in Reihe mit dem Wasserdestillator auch kein Strom fließen sollte. Oder 
sehe ich das falsch?

Was könnte an dem Trafo kaputt sein?



Vielen Dank für Eure Antworten und viele Grüße
Karl

von Michael B. (laberkopp)


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Karl-alfred R. schrieb:
> Ich kenne die Sollwerte ja nicht

elektrotanya.com hat den Schaltplan, leider für 3 Modelle und die 
Spannungen stehen nicht drin. Er nimmt 1.500VA auf und liefert 2 x 480 
Watt. Ganz schöner Bolide.

Die "kleinen" Wicklungen liefern nicht mal 1A und vielleicht 15V, die 
grossen liefern gleichgerichtet über 100V und viele Ampere.

> Wenn man NUR einen Trafo ans Netz anschließt, ohne, dass eine Last
> hinten dran hängt, sollte doch eigentlich gar kein Strom fließen.

Doch, der Leerlaufstrom, aber der sollte nicht die Sicherung auslösen.
Das Einschalten eines so dicken Ringkerntrafos kann aber schon die 
Sicherung auslösen. Zur Einschaltstrombegrenzung überbrückt ein Relais 
den TH101. Wenn da was kaputt ist und das Relais immer geschlossen ist, 
fliegt bei jedem Einschalten, auch ohne Last, die Sicherung.

Man könnte sich einen Trafo wickeln lassen (alten kaputten hinschicken, 
neuen bekommen), kostet vermutlich weniger als die 220$ des Ersatzteils, 
aber man sollte auf jeden Fall eine Temperatursicherung einweben lassen.

: Bearbeitet durch User
von Karl-alfred R. (karl-alfred_roemer)


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Vielen Dank für die Antwort.
Habe mir den Schaltplan eben gezogen, aber bis ich da als Halblaie 
durchblicke, kann wohl noch etwas dauern.

>> Wenn man NUR einen Trafo ans Netz anschließt, ohne, dass eine Last
>> hinten dran hängt, sollte doch eigentlich gar kein Strom fließen.

>Doch, der Leerlaufstrom, aber der sollte nicht die Sicherung auslösen.

Aber der Leerlaufstrom sollte doch eigentlich eher im Bereich von 
wenigen Milliampere liegen, denke ich. Mit meinem Wasserdestillator 
zusammen sind es aber über 2 Ampere. Wäre das auch bei intaktem Trafo 
so?

Kannst du kurz erklären, wie die Einschaltstrombegrenzung bei dem Gerät 
hier funktioniert?  So wie es aussieht scheint das Relais ja eine der 
beiden blauen Primäranschlüsse des Netztrafos verzögert zuzuschalten. 
Was ist das TH101 für ein Ding?

von Michael B. (laberkopp)


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Karl-alfred R. schrieb:
> Was ist das TH101 für ein Ding?

Ein Heissleiter, current inrush limiter, NTC.

> So wie es aussieht scheint das Relais ja eine der
> beiden blauen Primäranschlüsse des Netztrafos verzögert zuzuschalten.

Verzögert direkt. Über den Heissleiter ist er immer dran. Klebt das 
Relais, könnte beim Einschalten die Sicherung rausfliegen.

Karl-alfred R. schrieb:
> Aber der Leerlaufstrom sollte doch eigentlich eher im Bereich von
> wenigen Milliampere liegen

Na ja, bei dem Boliden schon fast 100mA.

von Karl-alfred R. (karl-alfred_roemer)


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Hm.

Also nehmen wir an, der Leerlaufstrom würde bei diesem Trafo, wenn er 
perfekt in Ordnung wäre, 100mA betragen, kann es dann sein, dass der 
Leerlaufstrom 2 A beträgt, wenn ich ein 560Watt Wasserdestillationsgerät 
(vermutlich rein ohmsche Last, wie ein Bügeleisen oder so) in Reihe mit 
der Primärspule schalte?

Ich hätte eher angenommen, dass der Leerlaufstrom dadurch mehr oder 
weniger absinken würde.

: Bearbeitet durch User
von Dergute W. (derguteweka)


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Moin,

Der Trafo wird wohl einen Windungsschluss haben, d.h. Intern sind Teile 
der Wicklung kurzgeschlossen, weil z.b. die Lackisolierung 
durchgescheuert/-gebrutzelt/-geschlagen ist, sowas in der Art.
Da kann man natuerlich noch wie wild dran rummessen und -rechnen, aber 
im Endeffekt ist er halt hinueber...

Gruss
WK

von A-Freak (Gast)


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Der Leerlaufstrom vom Trafo müßte deutlich kleiner 100mA sein.

Egal ob jetzt die Sicherung durchbrennt oder das Destilationsgerät als 
Vorwiderstand den Strom begrenzt - der Versuch zeigt zweifelsfrei daß 
der Trafo einen dicken Windungsschluß hat.

Die Thermosicherung muß in solchen Fällen nicht unbedingt auslösen, sie 
soll vor allem vor langsamer Überhitzung schützen.

von Elektrofan (Gast)


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> Am Eingang gibt es zwei Blaue
> und ein schwarzes Kabel.

Und die sind auch für 230 V (und nicht für 115 V) geklemmt ?      ;-)

von Karl-alfred R. (karl-alfred_roemer)


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Im Moment sind sie gar nicht mehr geklemmt. Vorher waren sie so, wie sie 
vom Werk aus geklemmt waren. Ich denke, sie wird aber wohl richtig 
geklemmt gewesen sein, denn sie hat ja doch noch ein zwei Jahre ihren 
Dienst getan.  Die Endstufe ging von einem Tag auf den anderen plötzlich 
nicht mehr.  Danach hat sie einfach nur irgendwo in einem Regal 
gestanden. Erst jetzt hat ein anderer Bruder sie geöffnet, in der 
Hoffnung, direkt irgend etwas sehen zu können.

Ich weiß aber auch nicht, ob es rein steckermäßig möglich ist, den Trafo 
versehentlich an 115 zu klemmen.

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