Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Grundsätzliche Frage zu Digitaltechnik


von Jack (Gast)


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Hallo zusammen,

ich bin Elektrotechnikstudent im zweiten Semester und wir hatten im
ersten Semester eine Vorlesung Digitaltechnik. Zurzeit lerne ich für die
Prüfung.

Eigentlich ist alles sehr gut verständlich: UND, ODER, XOR, DeMorgan,
KV-Diagramme, usw. Auch FlipFlops, Zähler, Schieberegister, MUX / DEMUX
und das alles stellen mich vor keine Verständnisprobleme.

Was ich mich aber grundsätzlich frage: Wer baut heute wirklich noch
Schaltungen mit diskreter digitaler Logik (z.B. also diskreten Zählern
und anderen Gattern) auf? Wird das nicht alles sowieso entweder als ASIC
/ FPGA bzw. Mikrocontroller realisiert?

Ich wäre hier für zahlreiche Hinweise von Praktikern dankbar. In der
Vorlesung hieß es immer, z.B. "eine interessante Anwendung ist zum
Beispiel der Volladierer. Danach die Erklärung der Funktion" Allerdings
bleiben die regelmäßig die Auskunft schuldig, wer zum Teufel einen
Volladdierer wirklich diskret aufbaut.

LG,

von Bernd K. (prof7bit)


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Jack schrieb:
> wer zum Teufel einen
> Volladdierer wirklich diskret aufbaut.

Wieso diskret? Hat er wirklich diskret gesagt, oder gehts vielleich 
doch eher nur darum das Funktionsprinzip zu verstehen, die grundlegenden 
Komponenten aus denen such alles (auch heute noch) zusammensetzt?

von Falk B. (falk)


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@  Jack (Gast)

>Was ich mich aber grundsätzlich frage: Wer baut heute wirklich noch
>Schaltungen mit diskreter digitaler Logik (z.B. also diskreten Zählern
>und anderen Gattern) auf?

Nur noch in einer kleinen Nische, wo eine Handvoll ICs ausreicht. AKA 
Glue Logic.
Ein paar Logikgatter, Schieberegister, Zähler etc.
Aber auch das wird schon seit Jahrzehnten mehr und mehr durch kleine 
CPLDs eretzt.

> Wird das nicht alles sowieso entweder als ASIC
>/ FPGA bzw. Mikrocontroller realisiert?

Alles was umfangreicher, schneller und kleiner als eine handvoll ICs 
werden muss, wird so gebaut.

>bleiben die regelmäßig die Auskunft schuldig, wer zum Teufel einen
>Volladdierer wirklich diskret aufbaut.

Keiner. Den gibt es zwar immer noch zu kaufen, z.B. 74HC83, aber damit 
baut praktisch keiner mehr Rechenwerke auf. Von gaaanz exotischen 
Anwendungen mal abgesehen.

von Pandur S. (jetztnicht)


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> Was ich mich aber grundsätzlich frage: Wer baut heute wirklich noch
Schaltungen mit diskreter digitaler Logik (z.B. also diskreten Zählern
und anderen Gattern) auf? Wird das nicht alles sowieso entweder als ASIC
/ FPGA bzw. Mikrocontroller realisiert?


Fuer dich als Student ist die Art und Weise der Umsetzung irrelevant.
Erst muss man die Prinzipien begriffen haben um ueber die Umsetzung zu 
entscheiden. Ja, es gibt immer noch diskrete Aufbauten. Ich hab auch 
schon Logik aus einzelnen Gattern und Flipflops aufgebaut. Teilweise bei 
Clockgeschwindigkeiten oberhalb 500MHz. Teilweise weil die Umsetzung mit 
einzelnen Gattern einfacher war.

von Dergute W. (derguteweka)


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Moin,

Ja, dein Verdacht taeuscht dich nicht: Addierer werden doch eher sehr 
sehr sehr selten aus einzelnen Gattern/ICs aufgebaut. Und wenn man von 
Vintage-Projekten mit dem 74181 absieht, dann noch viel seltener...
Oefter kommts noch vor, dass zwischen einzelnen 
Prozessoren/hoeherintegrierten Chips sog. "Glue Logic" benoetigt wird, 
also z.b. einzelne Gatter, die irgendwelche simple, kombinatorische 
Logik machen, gerne auch zusammen mit Pegelwandlern.
Ansonsten ist Addierer-Know-how sicherlich noch nuetzlich, wenn man in 
ASICs/FPGAs Addierer einsetzt und die "normalen" Addierer zu langsam/zu 
gross/zu irgendwas sind, so dass man sich Chancen ausrechnet, mit was 
handgestricktem besser dazustehen.
Hilft dir aber alles erstmal wenig; bis zur Pruefung musstes koennen :-D


Gruss
WK

Edit: Huups, viel zu langsam getippert...

: Bearbeitet durch User
von Helmut L. (helmi1)


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Jack schrieb:
> Was ich mich aber grundsätzlich frage: Wer baut heute wirklich noch
> Schaltungen mit diskreter digitaler Logik (z.B. also diskreten Zählern
> und anderen Gattern) auf? Wird das nicht alles sowieso entweder als ASIC
> / FPGA bzw. Mikrocontroller realisiert?

Dann koennte man auch die Frage stellen warum in der Schule noch rechnen 
lernt, es gibt ja seit Jahrzehnten Taschenrechner. Das sind halt 
Grundlagen damit man verstehen kann was nachher in so einem FPGA 
implementiert wird.

von Clemens L. (c_l)


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Jack schrieb:
> Wird das nicht alles sowieso entweder als ASIC / FPGA bzw.
> Mikrocontroller realisiert?

Im Prinzip ja. Heutzutage sind Logikbausteine größtenteils als Glue 
Logic interessant, wegen ihrer analogen Eigenschaften (z.B. 
Spannungspegel, stärkere Ausgangstreiber, Eingänge mit Schmitt-Trigger). 
Und wenn du z.B. das Reset-Signal des µCs von mehreren anderen Signalen 
steuern willst, ist ein separater Hilfs-µC nicht unbedingt besser.

von Peter D. (peda)


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Jack schrieb:
> Wer baut heute wirklich noch
> Schaltungen mit diskreter digitaler Logik (z.B. also diskreten Zählern
> und anderen Gattern) auf?

Kaum einer.

Die Produktzyklen sind einfach viel zu kurz und MCs zu leistungsfähig 
und zu günstig, als daß sich aufwendige Schaltungs- und Layoutarbeit 
lohnt.

Auch sind die Aufgaben oft zu komplex bzw. die Auftraggeber wissen 
selbst noch nicht genau, was sie eigentlich wollen. Daher setzt man auf 
Programmierbarkeit und kann dann später Korrekturen vornehmen.

von Michael U. (amiga)


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Hallo

Jack schrieb:
> Eigentlich ist alles sehr gut verständlich: UND, ODER, XOR, DeMorgan,
> KV-Diagramme, usw. Auch FlipFlops, Zähler, Schieberegister, MUX / DEMUX
> und das alles stellen mich vor keine Verständnisprobleme.
>
> Was ich mich aber grundsätzlich frage: Wer baut heute wirklich noch
> Schaltungen mit diskreter digitaler Logik (z.B. also diskreten Zählern
> und anderen Gattern) auf? Wird das nicht alles sowieso entweder als ASIC
> / FPGA bzw. Mikrocontroller realisiert?

was verändert sich an diesen Logikkomponenten, wenn man sie nicht aus 
diskreten Gattern zusammlötet, sondern sie aus dem Logikvorrat eines 
ASIC oder FPGA zusammenklickt? Das Teilkomponenten evtl. schon 
vorverdrahtet im FPGA existieren?

Gruß aus Berlin
Michael

von Rufus Τ. F. (rufus) Benutzerseite


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Michael U. schrieb:
> was verändert sich an diesen Logikkomponenten, wenn man sie nicht aus
> diskreten Gattern zusammlötet, sondern sie aus dem Logikvorrat eines
> ASIC oder FPGA zusammenklickt?

Einerseits die Stromaufnahme des Gesamtsystems, andererseits die 
erzielbare Schaltgeschwindigkeit. "Diskret" aufgebaute 
Digitalschaltungen im Bereich > 50 MHz sind zwar möglich, aber nicht 
mehr trivial aufzubauen, in einem FPGA/CPLD ist das hingegen auch bei 
deutlich höheren Frequenzen kein Problem.

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